Die Basis von Strache und Trump

Sie leben von den Ängsten und der Wut der Deklassierten.


Die Wähler des Kandidaten sind gemäß Wahlanalysen, Umfragen und soziologischen Untersuchung vorwiegend Modernisierungsverlierer: sie sagen zu 75 Prozent, dass es ihnen heute schlechter als früher geht und sorgen sich mehr als andere um ihre wirtschaftliche Zukunft und die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Durchweg haben sie Angst um ihren Job und sind öfter als andere arbeitslos. Vielfach waren sie durch Jahre Nichtwähler. Zwei Drittel bejahen das Statement „Leute wie ich haben in diesem Land nichts zu sagen“ und lasten ihre Probleme dem politischen Establishment an.

Unter wenig Gebildeten schneidet der Kandidat wesentlich besser als unter Gebildeten, unter Männern besser als unter Frauen ab. Er gewinnt seine Wähler in erster Linie mit seinen Versprechungen: Seine Ankündigung, einen Zaun an der Staatsgrenze zu errichten, ist unter seinen Anhängern besonders populär. Hinzu kommt ein nicht unerhebliches Maß an Fremdenfeindlichkeit und Rassismus: über 60 Prozent haben Angst vor einer Überfremdung des Landes. Zwar glaubt nicht einmal die Hälfte der Fans des Kandidaten, dass eine Abschottung vor illegaler Einwanderung tatsächlich möglich ist und dass tatsächlich alle illegalen Immigranten deportiert werden können, dennoch begründen viele seiner Wähler ihr Votum mit der harten Rhetorik des Kandidaten gegenüber illegalen Einwanderern. Ähnlich populär ist seine Stellungnahme gegen Freihandelsabkommen. Seine Erfahrungsdefizite werden in den Augen seiner Fans durch anderes kompensiert: Härte und Durchsetzungsvermögen, sowie die Bereitschaft, Dinge zu sagen, die andere sich nicht zu sagen getrauen.

Die Basis des Trump-Erfolges ist unzweifelhaft die wirtschaftliche Entwicklung: dass drei Viertel seiner Wähler der Ansicht sind, dass es ihnen heute schlechter als früher ginge.

Nein, die Rede ist nicht von Norbert Hofer oder Heinz Christian Strache, sondern von Donald Trump, wobei ich die Sätze mit denen die Frankfurter Allgemeine Zeitung die bisher eingehendste amerikanische Untersuchung seiner Wählerschaft referiert, weitgehend wörtlich übernommen habe.

Die Basis des Trump-Erfolges ist unzweifelhaft die wirtschaftliche Entwicklung: dass drei Viertel seiner Wähler der Ansicht sind, dass es ihnen heute schlechter als früher ginge, wird in den Analysen der zitierten Untersuchungen durchwegs als entscheidend angesehen. Der Umstand, dass die USA die Krise des Jahres 2008 weit besser als die EU überwunden haben, (das reale BIP pro Kopf liegt 2000 Dollar über dem höchsten Vorkrisenniveau) ist für die US- Unterschicht so unerheblich, wie für die Unterschicht Österreichs, das die Krise zumindest besser als die meisten andren EU-Staaten überwunden hat. (Das BIP pro Kopf liegt auch über Vorkrisenniveau) Aber in den USA wie in Österreich oder selbst Deutschland sagt die Entwicklung des BIP nichts über die Entwicklung der Einkommen aus: Es sind die obersten Einkommen, die höher denn je sind – die Einkommen der Mehrheit und vor allem der Unterschicht liegen real in den USA wie in Österreich unterhalb des Niveaus des Jahres 2000. Hier wie dort schrumpft der Mittelstand. In den USA beginnt er bei einem Jahres-Einkommen von 42.000 $ und reicht bis 125.000 $ – diese Schicht ist seit 2008 um acht Prozent geschrumpft und macht erstmals weniger als die Hälfte aller Amerikaner aus. Gewachsen ist die Schicht der Armen und der Reichen. Wardas Jahreseinkommen eines Top-Managers noch 1980 nur 80 mal höher als das eines Arbeiters so ist es heute 330 mal höher. In Europa dürften die Zahlen nicht viel anders aussehen.

Menschen messen ihre wirtschaftliche Lage nicht daran, ob es ihnen objektiv katastrophal geht – katastrophal geht es den meisten von Ihnen auch heute nicht, auch wenn das soziale Netze der USA dünner als das österreichische ist – sondern sie messen sie an den hinter ihnen liegenden „besseren Jahren“: Dass es ihnen heute schlechter als damals geht, deklassiert –erniedrigt- sie.

Die Deklassierung ist es, die Wut erzeugt.
(Deshalb ist es richtig, dass „Armut“ nicht absolut, sondern relativ zum Median-Einkommen gemessen wird, auch wenn ein armer Amerikaner oder armer Österreicher gegenüber einem Mexikaner oder Slowaken unglaublich wohlhabend ist.)

Die Konkurrenz wird nicht nur am Arbeitsplatz, sie wird insbesondere auch bei den Sozialleistungen empfunden.

Ich sehe deshalb in dem Reallohnverlust, den voran die untere Schicht der österreichischen Bevölkerung in den letzten zwanzig Jahren erlitten hat, die entscheidende Ursache des Wahlerfolges von Strache, Hofer und Co und der Wahlniederlagen der SPÖ.

Nur unter den angeführten tristen Voraussetzungen schlängt die „normale „Ablehnung von Zuwanderung in Fremdenfeindlichkeit um und werden Zäune gefordert: Nur in dieser unbefriedigenden wirtschaftlichen Situation sieht der mäßig ausgebildete Einheimische im Zuwanderer eine gefährliche, ja existenzbedrohende Konkurrenz, die sich mit einem leisen Rassismus paart.

Die Konkurrenz wird nicht nur am Arbeitsplatz, sie wird insbesondere auch bei den Sozialleistungen empfunden. Es ist lehrreich sich gelegentlich bei der Magistratsabteilung 40 einzufinden und zuzuhören, wie die Zuteilung der Mindestsicherung von einheimischen Antragstellern wahrgenommen wird: „Ich muss weiß Gott welche Beweise mitbringen, dass ich weniger als 850 Euro im Monat habe – der Asylant reicht seinen Zettl hin und bekommt das Geld“, sagte mir eine Altenpflegerin, die nach einem Herzinfarkt nicht mehr arbeitsfähig ist.

In ihrer aktiven Zeit hat sie um die tausend Euro im Monat verdient – mehr als jene 827 Euro bei denen man Wohnbeihilfe, Heizkostenzuschüsse, usw. erhält. Gegen Ende des Monats ist schon die Fernsehgebühr ein echtes Problem für sie.
Sie wählte zweifellos die FPÖ wenn sie nicht zufällig mit mir befreundet wäre.

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