Land der Luxus-Pensionen

Sozialminister Alois Stöger will sie diesmal ernsthaft kürzen. In der Vergangenheit endete dieses Vorhaben bei Gericht. In Österreich geht nichts über den Erhalt des ungerechten Status quo. Nutznießer ist die FPÖ.

Die SPÖ eröffnet den Wahlkampf an der Pensionsfront – schließlich sind Pensionisten ihre wichtigste Klientel. Sozialminister Alois Stöger will “Luxuspensionen” kürzen und die Mindest-Pension auf 1000 € anheben. Frauen sollen davon profitieren, dass Kindererziehungszeiten eingerechnet werden.

Jede dieser Forderungen ist berechtigt.

Bezüglich der “Luxuspensionen” ist Österreich Weltmeister. Allen voran die Nationalbank bei der man ab 55 mit 80% des Gehaltes in Pension gehen konnte. Dies bei fürstlichen Gehältern: Der Lohnzettel des Portiers ließe jeden Facharbeiter vor Neid erblassen, der Gouverneur verdient mit 300 000 € jährlich um 120 000 € mehr als die Chefin der US-Notenbank. Dabei ist das bereits Folge einer Gehaltsreduktion: “Altverträge” ermöglichen Ex ÖNB- Präsidenten wie Adolf Wala eine Pension von 31.915 € im Monat.

Gemeinsam erhalten die zehn ÖNB-Spitzen-Pensionisten 3,2 Millionen € im Jahr.

Der Betrag wurde bekannt, weil die Regierung den Luxus- Pensionisten 2014 einen solidarischen “Pensionssicherungsbeitrag” von 3,3 Prozent abverlangte. Dagegen wehren sich Wala und weitere 1400 Angestellte mit einer Klage. Die ÖNB hat vorgesorgt: Sie sitzt für “Altansprüche” auf einer “Pensionsreserve” von 1.9 Milliarden €. (Zum Vergleich: Stögers geplante Anhebung der Mindestpensionen kostete 50 Millionen € im Jahr.)

Als ich das Budget der ÖBB kürzlich dem Umstand gegenüberstellte, dass sie bei der Aufsicht über die Hypo-Alpe Adria kläglich versagt hat und im Übrigen seit Gründung der EZB viel weniger Verantwortung trägt, warf mir ein ÖNB-Mitarbeiter einen “Neidkomplex” vor. Ich sehe eher einen “Überwertigkeitskomplex” von Leuten, die jeden Bezug zur Realität verloren und H.C. Strache den Weg geebnet haben.

Zu den Luxuspensionen der ÖNB addieren sich die Luxuspensionen ehemaliger Minister, Staatssekretäre und Landesfürsten, des ORF, der Kammern, der Sozialversicherungsträgern und mit großem Abstand aber in großer Zahl der ÖBB. Zusammen bilden sie einen gewaltigen Brocken, den wir gemeinsam finanzieren.

Für ASVG-Pensionisten wie mich wurde anlässlich der beschriebenen Mini-Reduktion der Luxuspensionen im Jahr 2014 die Inflationsanpassung reduziert. So tragen selbst die Pensionisten zum Erhalt der Luxuspensionen bei.

Diesmal will Stöger die Luxuspensionen ernsthaft kürzen. Sozialforscher Berndt Marin hält das für rechtlich möglich: Der Schutz von “Eigentum” durch die Verfassung ende, wo Zusatzpensionen nicht mehr durch eigene Beiträge gedeckt sind. Ich bezweifle diese Rechtsansicht, weil es auch um den Schutz des Vertrauens in “Verträge” geht. Aber es wäre zweifellos ein Dienst an der Demokratie, wenn die Höchstgerichte – am Ende wohl der EUGH – eine ersthafte Kürzung der Luxuspensionen zuließe. Denn obwohl man in allen genannten Institutionen den Übergang zu ASVG-Pensionen eingeleitet hat, spielen “Altpensionen” noch lange eine gewaltige Rolle.

In Wirklichkeit sind die Parteien zur Rechenschaft zu ziehen deren Parlamentarier diesen Pensions- Wahnsinn zugelassen haben. Leider geschieht das nur auf wenig verheißungsvolle Weise: die FPÖ hat SPÖ und ÖVP eingeholt und versorgt jetzt auch ihre Leute.

Obwohl unser Pensionssystem also an dramatischer Ungerechtigkeit leidet ist es solide. Unser Umlagesystem, bei dem meine Kinder meine Pension finanzieren und ihre Kinder ihre Pension finanzieren werden, hat den Vorteil, das Wirtschaftswachstum automatisch zu berücksichtigen: Meine Enkeln werden dafür ein entsprechend höheres BIP pro Kopf zur Verfügung haben. Die oft geäußerte (von der Opposition geschürte) Angst junger Leute – “wenn ich so alt bin, wird es die heutigen Pensionen nicht mehr geben” – ist unberechtigt.

Vorausgesetzt, dass Alois Stöger den roten Widerstand gegen eine Anpassung der Pensionen an die gestiegene Lebenserwartung aufgibt: Es muss entweder höhere Beiträge, oder geringere Pensionen oder längere Einzahlungszeiten nach sich ziehen, wenn länger ausgezahlt werden soll. Das ist Mathematik.

Die SPÖ wehrt sich gegen die automatische Anpassung, weil “Verhandlungen” die aktuelle Wirtschaftslage berücksichtigen und Vorteile für Mindest-Pensionisten herbeiführen können. Aber diese berechtigte Asymmetrie kann man auch in einer Automatik verankern und zusätzliche Verhandlungen sind immer möglich.

Natürlich ist zu prüfen, ob wir 30 Trägerorganisationen brauchen. Und vor allem ist die Grundsatzdiskussion zu führen, die Stögers Gutachten der London School of Economics herausfordert: Österreichs Volkwirtschaft wird ihr steigendes BIP mit zunehmend weniger Beschäftigten produzieren. Das BIP ist immer die eigentliche Basis jeder Pension. Ist es daher nicht sinnvoll den dafür nötigen Betrag verstärkt als Anteil der Wertschöpfung einzuheben?

Hans Jörg Schelling sagt: “Sicher nicht mit mir” – aber das lässt uns ja eine Chance.

Die ÖVP hat sich bisher kaum zu den Pensionen geäußert – auch Stöger nicht sofort widersprochen -aber Sebastian Kurz hat Andeutungen in Richtung zu “mehr Eigenverantwortung” gemacht.

Die gab es in diversen Ländern, in denen man die “private Säule” der Pensionsgestaltung stark forcierte: Wertpapier-Depots wurden angelegt und verloren in der Krise dramatisch an Wert.

Ich glaube daher, dass die “private Säule” nie Voraussetzung einer ausreichenden Pension sein darf: Sobald “Eigenverantwortung” das staatliche Pensionssystem ablöst, ist das eine Form des Sozialabbaus.

Ist die staatlich garantierte Mindestpension hingegen ausreichend hoch, so ist die Ergänzung durch “Eigenverantwortung” ein Fortschritt.

2 Kommentare

  1. ÖNB-Pensionisten wollen klagen?
    Diese Privilegienritter, die sich jahrzehntelang überhöhte Zuwendung gegenseitig vertraglich zugeschoben haben, wollen jetzt wegen eines Solidarbeitrages von 200€ Verminderung ihrer hohen Pension, klagen? Ja was bilden sich denn diese Herrschaften eigentlich ein? Durch die EU ist die Bedeutung der ÖNB wesentlich gesunken. Außerdem wurde uns lange Zeit bewusst verschwiegen, welche Privilegien diese Herrschaften noch haben. Billige Wohnungen und Ferienhäuser in den schönsten Lagen, Golfplätze usw. Luxuspensionen für rund 40% der schon länger Dienenden, da diese alle noch unkündbare Verträge haben, im Durchschnitt jährlich an die 60.000€. und schon mit 55 in Pension gingen! Waren die womöglich Hackler? Jedem österr. Durchschnitts-PensionistIn kommt da die Galle hoch. Dass die Gier nicht einzubremsen ist, hat ja in jüngster Zeit der Fall Duchatczek bewiesen. Dieser ÖNB-Vizegouverneur wurde wegen dubioser, langjähriger Betrügereien beim Banknotendruck für ausl. Staaten, sofort vom Dienst suspendiert. Der Grund, es entstand ein Schaden für die Republik in Millionenhöhe. Jetzt klagt er die ÖNB und die stellte fest: „Ex-OeNB-Vize-Gouverneur Wolfgang Duchatczek hat als Folge seiner Suspendierung und des darauffolgenden Rücktritts von allen Ämtern und Funktionen “keine Ansprüche auf eine Abfertigung oder eine Anwartschaft auf eine von der OeNB zu leistende Pension”. Es gilt natürlich wie immer, die Unschuldsvermutung. Es wird Zeit, dass diese Augiasställe der Republik endlich ausgemistet werden.

  2. Mich würde eine Antwort auf folgende Frage interessieren: Der SPÖ Bürgermeister Schaden wurde ja strafrechtlich verurteilt. Steht ihm nach Rechtskraft des Urteils eine fürstliche Politikerpension samt fetter Abfertigung zu? Oder bekommt er das alles gleich nach seinem Rücktritt ausbezahlt?

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