Wie senkt man Mieten?

So wie die türkis-blaue Koalition glaubt, dass man die Arbeitslosigkeit mit strengen Gesetzten statt Investitionen in mehr Jobs bekämpfen soll, glaubt man zur grünen Linken, dass man hohe Mieten mit strengen Gesetzen statt Investitionen in mehr Wohnungen bekämpfen soll.

Die Arbeiterkammer hat festgestellt, dass die Mieten privater Wohnungen seit 2008 mit 35 Prozent weit über die Inflation gestiegen sind.

Das hat m.E. folgende aktuellen Gründe:

  1. Billiges EZB-Geld ließ Vermögende zunehmend zentrumsnahe Wohnungen kaufen, so dass deren Preis massiv gestiegen ist (In den Außenbezirken hält sich die Steigerung in Grenzen). Wer so eine zentrale Wohnung spät und teuer kaufte, kann sie schwer billig vermieten. Wer sie rechtzeitig kaufte, sieht keinen Grund dazu, obwohl er einen massiven Wertzuwachs erfahren hat. (Um ihn zu lukrieren müsste er die Wohnung allerdings verkaufen, was bis zu 30 Prozent ImmoESt Steuer vom Wertzuwachs kostete.)
  2. Wiens Bevölkerung ist seit Längerem wegen des allgemeinen Trends zur „Stadt“ und der Zuwanderung geburtenstarker Ethnien bzw. Flüchtlinge stark gewachsen. Weder Gemeinde-Wohnbau noch sonstiger Wohnbau haben damit Schritt gehalten. Der Gemeinde fehlte es an Geld, dem „Wohnungseigentum“ an geförderten Krediten und Rechtssicherheit.

Dazu ist Wohnraum sozial wenig treffsicher verteilt. Es gibt zwar den Friedenszins nicht mehr, wohl aber eine unbekannte Zahl fast so günstiger „Altverträge“, die es „Hofratswitwen“ immer noch gestatten, allein auf 200m² zu leben. Und in Bezug auf Gemeindebauten ermittelte Agnes Streissler für die AK, dass viele ihrer Bewohner längst nicht mehr „bedürftig“ sind. (Oder es, wie viele Journalisten, nie waren.)

Jetzt schlägt die AK folgende Maßnahmen gegen hohe Mieten vor: Mietobergrenzen einziehen, Lagezuschläge auf 25 Prozent begrenzen und Befristungen verbieten.

Das kommt zwar kaum, weil die ÖVP es kaum zulässt, aber ich halte es auch für den falschen Ansatz: Es korrigiert den Markt nicht- es negiert ihn.

Mieten am Graben, 1010 Wien, werden nie nur 25 Prozent, sondern 250 Prozent höher als in Simmering sein – notfalls wieder im Weg illegaler „Ablösen“.

Das komplexe System von Kategorien, Richtwerten und Abschlägen, bei dem der Wohnbau-Stadtrat die finanziell entscheidende Rolle spielt, indem er den Lagezuschlag diktiert, eignet sich sehr viel schlechter, die unterschiedliche Höhe von Mieten zu rechtfertigen, als der Markt, der ermittelt, was Mieter jeweils zu zahlen bereit sind.

Gleichgültig wie man die Mieten im Zaum halten will, sollte sich wenigstens ihre Relation zueinander am Markt orientieren.

Ich bezweifle aber vor allem, dass irgendetwas durch Zwangsbewirtschaftung billiger wird- nur mehr Wohnungen verbilligen Mieten. (Nur im Kommunismus konnte man von der Wohnung bis zur Nahrung scheinbar alles verbilligen – bloß selten bekommen, weil zu wenig davon hergestellt wurde.)

Einig mit der AK bin ich hingegen, dass man sozial schwache Wohnungswerber unterstützten muss. Nur ist das eine gemeinsame Aufgabe aller Österreicher. Man kann sie nicht einseitig denen umhängen, die zufällig eine Wohnung besitzen, indem man befiehlt: „Ihr dürft sie um höchstens x Euro /m² vermieten und die Vermietung nicht mehr befristen“ – womit ihnen die Wohnung in Wahrheit nicht mehr gehört.

Ich halte es für problematisch eine bestimmte Form des Eigentums derart zu diskriminieren. In der relevanteren Aussage eines Investors: „In den Wiener Wohnungsmarkt kann man nicht seriös investieren – man weiß nie, wie weit man enteignet wird“.

Um den Unterschied zu veranschaulichen: Jemand der 500.000 EUR in Autos, Boote, Fahrräder, Werkzeuge usw. investiert, kann diese Güter selbstverständlich zu jedem beliebigen Preis vermieten – jemand der eine 100m² Altbauwohnung gekauft hat, darf sie legal nur zu einem Preis vermieten, den die Wiener Regierung bzw. vielleicht die Arbeiterkammer zulässt.

Diese prekäre Sonderstellung des Wiener Wohnungseigentums ist nicht nur einmalig in der Eigentumsordnung, sie ist es auch in der Welt – es gibt nirgends einen ähnlich verregelten bzw. verriegelten Wohnungsmarkt. Deshalb gibt es auch in fast keinem vergleichbar reichen Land mit Ausnahme von Deutschland so wenig Wohnungseigentum. Bei jüngsten EU- Vermögensvergleichen fiel auf, dass nicht nur Schweizer oder Schweden, sondern auch Spanier und Italiener mehr Vermögen als wir besitzen, weil sie fast durchwegs Eigentümer ihrer Wohnungen sind. Spanier z.B. besaßen schon vor dem ungesunden Euro-Bau-Boom 1,5 Wohnungen pro Haushalt – was sofort die relativ günstigen spanischen Mieten erklärt. Österreicher besitzen demgegenüber „Richtwertmieten“ und „Mieterschutz“.

Mir scheint der spanische Zustand gesünder.

Wie lautet das Problem? Es gibt Menschen, die eine Wohnung zum Marktpreis weder kaufen noch mieten können. Dann gebe man den ersten, einkommensabhängig, staatlich gestützte, langfristige Kredite zum Wohnungskauf und den zweiten – deren Zahl durch mehr Eigentümer schrumpfen sollte – einkommensabhängige Mietzuschüsse. EDV erlaubt die Verwaltung kostengünstig.

Meine Mietrechtsempfehlung sähe daher so aus:

  1. Freie Vermietung mit der Einschränkung, dass der jährliche Mieterlös 3 Prozent des Verkehrswertes der Wohnung nicht übersteigen darf. Nach fünf Jahren wird geprüft, ob es diese Einschränkung weiter braucht.
  2. Der Wertzuwachs einer Immobilie ist –inflationsbereinigt – zu jedem Zeitpunkt mit 30 Prozent zu versteuern.
  3. Die Grundsteuer wird vom Verkehrs- nicht vom „Einheitswert“ erhoben, so dass sie Grundeigentümer drängt, Grund zu verkaufen bzw. zu verbauen. (Am Rande auch Wohnungseigentümer, Wohnungen zu vermieten.)
  4. Der Erlös dieser Grundsteuer wird bis auf weiteres für den Bau von Sozialwohnungen zweckgebunden.
  5. Für den Erwerb von Wohnungseigentum werden langfristige Kredite geschaffen, die dank staatlicher Haftung minimal verzinst sind.

9 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Lingens,

    Vielen Dank für Ihre (fast) immer sehr lesenswerte Kolumne im Falter! Schätze ich sehr!

    Die Sache mit der 50 % Einkommensteuer ist mir, wie dem Franz Frauwallner weiter oben, allerdings auch sauer aufgestoßen. Da hätte Ihnen jeder Möchtegern-Steuerberater wie ich (in Prüfungsvorbereitung) weiter helfen können 🙂

    Für alles Andere Hut ab und Danke.

    Beste Grüße

  2. PML zeichnet sich wieder einmal in einem Bereich mit einem vermeintlichen Lösungsmodell aus, das praktisch auf einen Bierdeckel passt, woran aber (wirkliche) Experten seit Jahren scheitern und schon tausende Seiten an Untersuchungen, Gutachten, Varianten beschrieben haben…
    Sorry, so schauts leider auch aus:
    In entscheidenen Punkten keine Zahlen. Wie hoch soll bspw. diese Grundsteuer (in % vom VKW.) sein?
    Und dann der Begriff ” Miet-ERLÖSE(!)” bei der 3%-Grenze: Soll DAS ernst gemeint sein?…Quer drüber über alle Objekte, unabhängig vom Alter, Zustand, Sanierungs- und Finanzierungssituationen etc…
    Und dazu schwammige Formulierungen: “Der Wertzuwachs einer Immobilie ist –inflationsbereinigt – zu jedem Zeitpunkt mit 30 Prozent zu versteuern.”
    Was soll das konkret heißen, was ist “zu jedem Zeitpunkt” und was ist dann die dabei anzusetzende Inflation? Wird bspw. für jedes Mietobjekt in AT zwingend ein VKW. festgesetzt (also auch jeder private Vermieter zum Zwangs-Bilanzierer mit (Teil-) Vermögensvergleichsrechnung…), dann jährlich nachbewertet, und die Differenz zur “Inflation” dann jährlich als ImmoESt zu versteuern sein? – oder was wäre sonst “zu jedem Zeitpunkt”…?
    Und diese “Inflation” konkret: Soll der VPI bei Gebäuden angewendet werden [völlig unsachlich, wir reden hier nicht von Semmeln oder Handys…] oder doch ein realistischer Baukostenindex für Hochbau für den Gebäudeanteil, oder gar die jährlichen neuen Marktpreise/m2…? – da wird aber dann bundesweit nicht viel überbleiben, bzw am Land klar werden wie sehr viele dieser Objekte verglichen dazu eigentlich real zurückbleiben/ständig abwerten…)
    [das zeigt übrigens auch die grobe Unsachlichkeit der aktuellen ImmoESt seit der Streichung jegl. Inflationsberücksichtigung, wo – in einer ökonomischen Wodoo-Gleichsetzung mit ganz kurzen Behaltezeiten und echten Spekulationsgewinnen… – bei vielen Objekten und langer Behaltedauer praktisch nur Inflation besteuert wird , aber nicht wie der Politsprech lautet “Gewinne”, die Leute verlieren am Land oft kaufkraftbereinigt sogar und zahlen dann als Draufgabe noch ImmoESt…]

    (PS: Es gäbe da wirklich interessante Modelle, der Falter tut sich wirklich nichts Gutes wenn er solche Vorschläge publiziert, das strahlt immer auch aufs Medium ab…)

    1. 1. Der Wertzuwachs der Immobilie ergibt sich schlicht als Differenzen von Ein- und Verkaufspreis in den Kaufverträgen, (die auf der Basis meines Models vermutlich etwas ehrlicher als bisher abgefasst würden.) Wenn man die Inflation bei der Berechnung der Steuer für diese Differenz nicht berücksichtig, wäre das für den Verkäufer ein katastrophales Geschäft. Als Index wäre der üblich Lebenskosten-Index heranzuziehen.

      2. „Zu jedem Zeitpunkt“ bezieht sich darauf, dass es die längste Zeit eine Frist von 10 Jahren gab, nach deren Ablauf der Wertzuwachs nicht mehr versteuert werden musste.

      3. Der 3 Prozent- Grenze für den Mieterlös liegt die Überlegung zum Grunde, dass das in etwa die seinerzeit übliche Verzinsung mündelsicherer Anlagen darstellt. Es ist eine solide, aber eben nicht überragende Verzinsung. Jemand der 500.000 Euro als vermutlich aktuellen Verkehrswert in den Kauf einer 100m2 Wohnung in Wien-Wieden investiert hat, sollte dieses Investment daher mit rund 3% im Jahr verzinst bekommen. Präzise: Sein jährlicher Netto-Erlös aus der Vermietung sollte in diesem Fall 15 000 Euro nicht übersteigen.
      Vermieter die mehr verlangten, riskierten eine Rückforderung durch den Mieter.(Derzeit riskieren sie solche Rückforderungen je nach „Lagezuschlag“ seitens des Wohnbau-Stadtrats) Die Mieten hielten sich also im Allgemeinen in diesen. In meinen Augen vernünftigen sozial zumutbaren Grenzen. (Beide Vertragspartner könnten ihr Risiko ausreichend abschätzen) Es wären aber einigermaßen Markt-gerechte Mieten: Man könnte für eine Wohnung am Graben. die 5 Millionen kostet, mit gutem Recht 150 000 Euro Netto-Miete im Jahr verlangen.

      4. Der „Verkehrswert” eines Objekte berücksichtigt automatisch dessen Alter, Lage und Zustand – der Mieterlös stünde bei meinem Modell daher immer in einem realistischen Verhältnis zum Zustand des Objektes.
      Dass dieser Zusammenhang mit der Miete auf einen Bierdeckel passt und nicht tausende Untersuchungen und Gutachten von Experten braucht, ist sein entscheidender Vorteil.

      5. Bei der Grundsteuer bin ich deshalb so vage geblieben, weil ihre Höhe zweifellos eingehend überlegt werden müsste. Wenn man sie sehr hoch ansetzt, stellte sie erst wieder eine Verteuerung der Wohnung dar. Umgekehrt zwingt sie dann ( wie etwa in den USA) zu rascher Vermietung und vor allem rascherem Verkauf von Baugrund.
      Wahrscheinlich sollte man sich ein Beispiel an vergleichbaren Ländern, z.B. Deutschland, nehmen.

  3. Z.B., Altbau 1940 gebaut,”Führersiedlung” noch heute genannt,!,einer “Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft” in Linz, 100qm um 900 Euro monatlich!? Ohne Heizung, aber inkl.,Nebenkosten! “Wir schaffen das”??

  4. Eher ungewöhnlich für Lingens, diese sachlichen Fehler. Die Immobilienertragsteuer beträgt aktuell 30% nicht 50% und die Spekulationsfrist von 10 Jahren gibt es auch schon lange nicht mehr. Damit wird auch die Forderung, den Gewinn durch Wertsteigerung “zu jedem Zeitpunkt” zu besteuern gegenstandslos, weil das schon jetzt so ist.

  5. Das Wohnungsproblem ist doch nur eine Folge unseres enormen Bevölkerungswachstums. In ca. 10 Jahren 1 Million Menschen mehr ist nicht verkraftbar. Wir müssen auch aus ökologischen Gründen unser Bevölkerungswachstum stark drosseln.

  6. Das Ergebnis der “ewigen” Regierungsbeteiligung” der SPÖ ist einmal mehr das man auch im Bereich Wohnungen an “kommunistischen Scheinlösungen” festgehalten hat statt sich an den Lösungen in Ländern zu orientieren wo die Wohnkosten in einer vernünftiger Relation zu den übrigen Lebenshaltungskosten liegt.

    Die entscheidende Frage wird sein ob die aktuelle Regierung sich traut in einem so emotionalen Bereich eine vernünftige Lösung zu beschließen, die naturgemäß keine schnellen Ergebnisse bringen kann.

    Dr. Michael Schönberg

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