Von Sanktionen die “nix bringen”

Eine festgefügte österreichische Überzeugung die HC Strache und Sebastian Kurz mit den Gemüsebauern des Landes teilt.

Auch Zeitungen, die das Treffen Donald Trumps mit Kim Jong-un im ersten Moment wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit größter Zurückhaltung beurteilten – “War´ s das?” – sind mittlerweile auf eine optimistischere Linie eingeschwenkt: “Ein beträchtliches Ergebnis”, durfte ihr Korea-Experte Hannes Mosler die gemeinsame Erklärung der beiden Staatschefs nennen, “ein Stück Symbolpolitik natürlich, kein Abkommen im legalen Sinne, aber nicht weniger wichtig. Zum jetzigen Zeitpunkt exakt das, was man machen sollte: Ein Sprungbrett für weitere Verhandlungen.”

Ich sehe das ähnlich. Natürlich kann noch alles Mögliche dazwischenkommen- aber die atomare Abrüstung Nord Koreas hat eine echte Chance erhalten. Auch wenn es schwer fällt, einem sprunghaften, narzisstischen Psychopathen wie Trump dafür einen Kranz zu flechten, ist das sein Verdienst: Er hat die offenbar richtige Mischung aus verschärften Sanktionen, Drohung und Verlockung gefunden.

Vielleicht weil er sich so gut in Kim hineinversetzen kann.

Entscheidend war freilich die Bereitschaft Chinas, an den Sanktionen mitzuwirken: Erst indem es das letzte Handels-Schlupfloch schloss, wurde die wirtschaftliche Situation für Kim unerträglich. Wenn dieser gemeinsame US-chinesische Druck aufrecht bleibt, könnten die Verhandlungen erstaunlich gut fortschreiten.

Für typische Österreicher – eine Mischung aus Sebastian Kurz, H.C. Strache, und Wirtschaftskämmerer Christoph Leitl- muss das ein befremdliches Ergebnis sein – eint sie doch die Überzeugung, dass “Sanktionen nix bringen”. Obwohl auch das Atom-Abkommen mit dem Iran nur den über ihn verhängten Sanktionen zu danken ist.

Wenn Trump jetzt aus diesem Abkommen aussteigt, sollte man auch das vielleicht nicht so einseitig negativ einschätzen: Er ist überzeugt, dass intensivierte Sanktionen das Mullah-Regime zu einem noch viel stärkeren Einlenken zwingen können.

Wie düster dieses Regime ist, hat erst kürzlich eine ORF-Dokumentation vorgeführt: Es verfolgt seine Bevölkerung wie die Inquisition bis tief in die Privatsphäre; es unterstützt weltweit Terroristen; es nennt die Vernichtung Israels ganz offen sein Ziel und hat zu diesem Zweck nach der Hisbollah im Libanon auch Milizen in Syrien und im Irak etabliert. Man muss sich darüber im klaren sein, dass die Aufhebung der Sanktionen (im Kern die Zulassung des Öl-Verkaufs) dem Iran die finanziellen Mittel verschafft, diese Milizen zu erhalten und auszubauen. Es ist zumindest fraglich, ob das den Frieden wirklich weniger gefährdet, als allfällige Atomwaffen. Denn Atomwaffen wurden bisher noch nie eingesetzt – Milizen sehr wohl.

Ich behaupte: Es ist zumindest nicht absurd, die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen, statt abzubauen. (Auch wenn es starke Gegenargumente gibt: Dass man die Scharfmacher im Iran gegen Hassan Rohani stärkt; dass die unschuldige Bevölkerung leidet und dass der Ölpreis steigt.)

Sicher ist, dass Trumps Politik sich durchsetzen wird. So sehr Franzosen, Deutsche oder Engländer auch schwören, am Atom -Abkommen festzuhalten wird kein EU-Unternehmen gegen den Willen der USA Geschäfte mit dem Iran riskieren. Da China und Russland das nicht ausgleichen können, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Abkommen überlebt. Die EU wird einmal mehr zur Kenntnis nehmen müssen wie wenig weltpolitisches Gewicht sie besitzt so lang sie weder eine Armee noch eine gemeinsame außenpolitische Linie hat.

Österreichs Haltung zu den “Russland-Sanktionen” ist charakteristisch für diese Schwäche. Sie wurden verhängt, nachdem Wladimir Putin in die Krim einmarschiert ist und seine Soldaten auf “Urlaub” in der Ost-Ukraine kämpften – dennoch setzt Vizekanzler H.C. Strache sich energisch für ihre Aufhebung ein. Obwohl seither bekannt ist, dass auch die Maschine MH17 mit 298 Menschen an Bord mit russischen Raketen abgeschossen wurde und obwohl der Minsker Friedensprozess nicht vorankommt. Dennoch kann Strache mit dem oben beschriebenen Verständnis der typischen Österreicher rechnen: Schließlich leidet unser Gemüse Export unter den Sanktionen – wenn das kein Grund ist, sie aufzuheben?

Außerhalb Österreichs teilen bekanntlich Europas Rechtspopulisten Straches Meinung. Österreichs Haltung ist diesbezüglich ausnahmsweise nicht unbedeutend: Wie bei der PLO vermag es die Rolle eines neutralen Schiedsrichters und damit eine Vorreiter-Rolle zu spielen.

Ich wunderte mich nicht, wenn die Sanktionen gegen Russland unter Österreichs EU-Vorsitz fallen.

Wobei ich zugebe, dass sie, nie und nimmer die Kraft besaßen, Putin, wie die Mullahs oder jetzt vielleicht Kim Jong-un zu echtem Einlenken zu bewegen. Sie waren bestenfalls Nadelstiche – wenn auch solche, die russische Oligarchen in Putins Umkreis irritierten. Wirkliche Sanktionen – der Verzicht auf jeden gegenseitigen Handel, voran auf den Einkauf von russischem Erdgas und Erdöl und auf den Transfers von Technologie – hätten Russland vermutlich kaum weniger wehgetan als dem Iran. Aber sie waren für die EU undenkbar. Dazu ist sie viel zu abhängig vom russischen Erdgas und dazu ist ihr wirtschaftliches Interesse am Handel mit Russland viel zu groß.

Eine Armee, um Putin in der Ostukraine Angst zu machen und den Balten die Angst vor einer ukrainischen Entwicklung zu nehmen, hat die EU genau so wenig. Daher bleibt sie auf das Wohlwollen Donald Trumps angewiesen: Das Wohlwollen eines sprunghaften, narzisstischen Psychopaten, der sein Land am liebsten wie Putin regierte.

 

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