Mit Putin gut reden können ist gut

Man kann Karin Kneissl, soweit ich sie aus aktuellen Äußerungen oder ihren Vorträgen an der Webster-Universität kenne, wirklich nicht unterstellen, die mit Vladimir Putins Russland verbundenen Probleme zu leugnen oder zu negieren.

  • Natürlich hat er die Krim völkerrechtswidrig annektiert (obwohl die Mehrheit der Bevölkerung auch bei einem korrekten Vorgehen für den Anschluss an Russland gestimmt hätte)
  • Natürlich unterstützt er die Separatisten in der Ostukraine und verhindert damit, dass die Ukraine sich stabilisiert und irgendwann zu einem Teil der EU wird.
  • Natürlich unterstützt er mit Bashir al Assad in Syrien einen düsteren Despoten, der auf seine eigene Bevölkerung schiesst.
  • Natürlich wünscht er sich keine geschlossene starke sondern eine gespaltene schwache EU und sucht daher ein Naheverhältnis zu allen EU-kritischen Parteien vom Front National über Orbans Fidesz bis hin zur FPÖ.
  • Und natürlich hat er (erfolgreich) versucht, Donald Trump gegen Hillary Clinton zu unterstützen und damit die USA zu spalten.

Ich bin, nach allem was ich von ihr weiß, sicher, dass Karin Kneissl diese meine Diagnose vollinhaltlich teilt – auch wenn sie sie derzeit nicht laut ausspricht.

Erst die Medien haben den Nutzen für Putin hergestellt

Dass sie das nicht tut hat zwei Gründe: Sie wurde von der FPÖ, deren Granden dümmliche “Putinversteher” sind, nominiert. Und es wäre diplomatisch unklug, ihr offenkundig gutes persönliches Verhältnis zu Putin auf diese Weise aufs Spiel zu setzen.

Man kann natürlich einwenden, dass sie ihr und Österreichs gutes Verhältnis zur EU aufs Spiel setzt, in dem sie ihr gutes Verhältnis zu Putin durch die erfolgreiche Einladung zu ihrer Hochzeit bewiesen hat.

Das ist eine Abwägungsfrage.

In meiner Abwägung überwiegt der Vorteil für Österreich und die EU in den eigenen Reihen jemanden zu haben, der gut mit Putin sprechen kann, ohne ihm gleichzeitig hereinzufallen. Denn gleich um welche Probleme es geht, ist es etwas leichter es in einem guten, als einem schlechten Gesprächsklima zu lösen. (Auch wenn ich persönlich das Ost-Ukraine Problem für nahezu unlösbar halte)

Ich meine, dass erst die empörten Zeitungskommentare mit denen dieser Hochzeitsbesuch im Sommerloch zu einem “Ereignis” gemacht wurde den Eindruck heraufbeschworen haben, dass es Putin mit diesem Besuch gelungen ist, einen Keil in die EU zu treiben. Hätte man lockerer darüber berichtet, hätte Putin diesen Erfolg nicht erzielt und es wäre nur übrig geblieben, dass Karin Kneissl mit ihm, wie mit diversen auch nicht unbedingt sympathischen arabischen Potentaten zum Vorteil Österreichs, der EU und der Welt ein gutes Gesprächsklima unterhält.

PS: Ich hatte diesen Blog schon geschrieben, als ich die Filmsequenz gesehen habe, in der sich Karin Kneissl mit einem tiefen Kicks bei Wladimir Putin für den Tanz bedankt. Ich glaube zwar, dass das schlicht davon herrührt, dass es in ihrer Generation, die der meinen relativ nahe ist, üblich war, sich als Mädchen so für die Ehre zu bedanken, von einem Mann zum Tanz gebeten worden zu sein – aber 2018 muss man als Außenministerin bedenken, wie es nach außen wirkt, wenn es gegenüber einem Despoten geschieht. Ziemlich unmöglich.

5 Kommentare

  1. ich meine, Karin Kneissl wird total überinterpretiert. Sie hat während des letzten Putin Besuches ohne viel nachzudenken gemeint: “ Hey Vlad, möchtest du nicht zu meiner Hochzeit kommen?“ Nie hätte sie damit gerechnet dass er JA sagt. Hat er aber.
    Und als Außenministerin kann man wohl schlecht sagen“ Ehh, das war nur ein höflicher Nebensatz um die Stimmung zu verbessern. “ Und so kam Putin in die Steiermark, saß wohl neben der Anna Tant` und dem Peppi Aungl, hat von den Käferbohnen zwei Wochen Blähungen und alle Fragen sich welche Strategie dahinter stand. Wohl keine, außer dass die liebe Karin die Stimmung verbessern wollte, um sich als Brückenbauerin anzudienen…

    1. Fürs nebenbeiplappern ist Kneissl zu gscheit bzw. Profi. Und Putin zu gscheit um ohne Strategie so einen Umweg nach Deutschland zu nehmen.
      Wenn man sich den Beruf von Kneissels Mann ansieht (Handel mit jedem und Dienstleistungen aller Art) macht die Beziehungspflege zumindest für ihn und einem Staat unter Boykott schon mehr Sinn…

  2. Klar war es “völkerrechtswidrig”, was die Russen gemacht haben, war aber (auch) im Sinne der dort ansässigen Bevölkerung.
    Was “der Westen” so alles Vergleichbares “veranstaltet” hat, darüber schweigen “unsere” Qualitätsmedien geflissentlich.

    Ja, und dann bleibt noch ein – unbewiesener – Giftanschlag …

  3. Einer der bedeutendsten Sozialdemokraten – Bruno Kreisky – hat immer persönlichen Kontakt zu politischen “Outlaws” (Arafat, Gaddafi, …) gehalten. Aber wann das eine (fast) Blaue macht, fallen Tiefrote und Kommentatoren der “Qualitätsmedien” in Schnappatmung.

    Viele Rote (und auch Grüne) haben noch immer nicht begriffen, warum sie abgewählt wurden und trösten sich mit ” … aber wir sind die Guten …

  4. Ich möchte hier nur Einiges in Erinnerung rufen:

    Van der Bellen hat zum heurigen Opernball den ukrainischen Präsidenten Poroschenko eingeladen mit dem Ergebnis, dass Femen-Damen aus Protest ihr Dekolleté lüfteten.

    Heinz Fischer ist in seinen letzten Amtstagen als Bundespräsident im April 2016 noch in den Kreml geeilt um Putin seine Aufwartung zu machen.

    Ja und da war doch die seinerzeitige Landung am Moskauer Flughafen vom Gusenbauer, der voller Freude sowjetischen Boden küßte.

    An all das wollen sich die Linken nicht erinnern!

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