Macron ist chancenlos

Emmanuel Macron hat sich bei der Bevölkerung entschuldigt, er hat Zusagen gemacht, die nach menschlichem Ermessen die Defizitgrenzen des Sparpaktes sprengen und er hat den „sozialen Notstand“ ausgerufen, um sich gerade noch im Amt zu halten.

Die Proteste der „Gelbwesten“ gehen dennoch weiter.

Denn je nach Umfrage 60-70 Prozent der Franzosen identifiziert sich mit ihren Zielen, die man, so unterschiedlich sie auch sind, auf die Forderung reduzieren kann: Wir wollen endlich wieder steigende Reallöhne anstelle schrumpfender Familieneinkommen. Und wir lehnen die Rezepte Macrons zur Verbesserung unserer wirtschaftlichen Situation entschieden ab.

In Deutschlands Medien weiß man, dass das französische Volk eben nicht reif genug ist, Macrons für Frankreich so dringende Wirtschaftsreformen zu verstehen, dass es ablehnt, seine „Hausaufgaben“ zu machen.

Macrons Problem besteht darin, dass er Frankreich aus seiner Misere nicht heraushelfen könnte, selbst wenn er dafür ein Rezept besäße und es von der Bevölkerung akzeptiert würde.

Frankreichs Problem ist deutsch

Denn das entscheidende Problem der französischen Wirtschaft besteht in der Lohnpolitik Deutschlands. Seit 2000 erhöhen deutsche Unternehmen bekanntlich ihre Löhne nicht mehr im Ausmaß von Produktivitätszuwachs plus Inflation. Frankreich hingegen tut es sehr wohl und entspricht damit dem bei der Einführung des Euro vereinbarten Inflationsziel von 2 Prozent pro Jahr. Indem Deutschland dieses Ziel seit 2000 negiert, hat es einen Lohnstückkostenvorsprung von 20 Prozent gegenüber französischen Waren erzielt. Dementsprechend hat es gegenüber Frankreich überall, von der EU bis in die USA oder China, Marktanteile gewonnen. Gegenüber Frankreich selbst exportiert es beispielsweise 40 Mal so viele Waren wie es von dort importiert. Auf diese Weise sind deutsche Produktionsanlagen immer besser, französische Produktionsanlagen immer schlechter ausgelastet. Dem entspricht die Vollbeschäftigung in Deutschland und die in Frankreich unverändert hohe Arbeitslosigkeit von 9 Prozent.

Ein Minus von 6.000 Dollar pro Kopf

Hat sich das BIP pro Kopf ( also die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) Frankreichs von der Deutschlands 2008 nur minimal unterschieden ( bei beiden lag sie knapp über 46.000 USD), so unterscheidet sie sich 2017 um 6.000 USD zu Lasten Frankreichs. So viel an Einkommen haben die Franzosen gegenüber Deutschland durch dessen „Lohnzurückhaltung“ verloren.

Maximale Hilfe für Salvini und Le Pen

 Natürlich haben auch die Deutschen Arbeitnehmer durch diese Lohnzurückhaltung Einkommen verloren. Aber das irritiert die Politik nicht, haben doch gleichzeitig die Unternehmen ihre Gewinne entsprechend steigern können und ist Deutschland doch in Summe besser dran, als jedes andere Land der EU.

Wirtschaftswissenschaftlich nennt man dieses Erzielen des Vorsprungs des eigenen Landes durch die gleichzeitige Benachteiligung aller anderen Länder Merkantilismus und er hat sich historisch insofern nicht bewährt, als die Wirtschaft der benachteiligten Länder irgendwann zusammenbricht und damit auch das Land von dem der Merkantilismus ausgegangen ist, letztlich Nachteile erlitten hat.

Das könnte auch Deutschland passieren, wenn Frankreich unter Marine La Pen aus dem Euro austritt und Italien unter Matteo Salvini das gleiche tut.

3 Kommentare

  1. Vermutlich richtig. Aber ich denke die Sichtweise ist zu Europa-zentriert. Die Wirtschaftsideologie wird von den USA vorgegeben und ist seit mehr als 30 Jahren gegen die eigenen Arbeitnehmer gerichtet. Vermutlich zum Schaden für die ganze Gesellschaft.

  2. Danke, Herr Lingens. Ein sehr wichtiger und gut geschriebener Beitrag. Die Grafik zeigt deutlich, dass Frankreich (die grüne Linie) sich streng an die vereinbarte Inflationsrate gehalten hat. Deutschland hat die anderen Länder unterboten.

    Ich verlinke ein Video von Heiner Flassbeck (den Sie, Herr Lingens gut kennen): Flassbeck argumentiert ähnlich wie Sie https://www.youtube.com/watch?v=1MYgb76efi8&t=183s

  3. Sollte eigentlich heißen “Merkelantilismus” – auf Deutschland bezogen.
    Aber wie man es dreht und wendet: Aus Europa wird ohnehin nix mehr werden …

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