ORF Sommergespräch: Ein ungestörtes Kurz-Solo

Obwohl ihm Peter Filzmaier und Petra Stuiber schwache Antworten in Bezug auf Parteispenden und die CO2 Steuer attestierten, bin ich überzeugt, dass Sebastian Kurz beim letzten Sommergespräch Stimmen hinzugewonnen hat: Der geborene Staatsführer, dem eigentlich nichts vorzuwerfen ist.

Das lag an der Gesprächsführung durch Tobias Pötzelsberger. So sympathisch es ist, dass er nicht (wie manchmal Armin Wolf) ausschließlich den Inquisitor gibt, so unhaltbar ist es, dass er kritische Fragen fast durchwegs vermeidet.

So wurde Kurz nicht gefragt:

  • warum er vermögensbezogene Steuern unverändert ablehnt obwohl es auf Erden keinen ökonomischen Thinktank gibt, der Österreich das nicht seit Jahren nahelegt, um im Gegenzug Lohnsteuern zu senken.
  • warum er die “Ausgabenbremse” in der Verfassung verankern will, obwohl sie mittlerweile selbst in Deutschland von führenden Vertretern der Wirtschaft in Frage gestellt wird. Obwohl die Ökonomen des IWF und der OECD meinen, dass Sparen des Staates mehr Schaden als Nutzen erbringt. Obwohl der bedeutendste Thinktank der Finanzindustrie IIF, die Ökonomen von Oxford oder der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman es für die einsetzende Rezession verantwortlich machen.

CO2 -Steuer : Schweden mit keinem Wort erwähnt

Bei Fragen zur CO2- Steuer wies Pötzelsberger zwar immerhin darauf hin, dass alle Fachleute sie befürworten, gab sich aber sofort damit zufrieden, dass Kurz auf die Probleme der Landbevölkerung hinwies, für das Pendeln dann angeblich unerschwinglich würde, oder einwendete, dass die VOEST dann abwanderte. Obwohl mittlerweile jeder Journalist weiß, dass Schweden erfolgreich eine CO2- Steuer implementiert hat, obwohl seiner Landbevölkerung noch viel weniger öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen und es eine Österreich vergleichbare Stahlproduktion betreibt.

Einen so schwachen Widerpart haben Österreichs Parteichefs noch nie gehabt und verdienen die Fernseher nicht.

PS: Das soll keine grundsätzliche ORF-Schelte sein. In ihrer Gesamtheit funktioniert die Wahlberichterstattung; und wie der ORF derzeit den zweiten Weltkrieg abhandelt ist vorbildlich.

 

7 Kommentare

  1. Pötzelsberger hat alle Gespräche souverän geführt. Manche wünschen sich offenbar Pötzelsberger nur für Rendi Wagner und für Meinl Reisinger und dafür Armin Wolf für Kurz und Hofer.
    Sage mir welchen Moderator du wem wünscht, und ich sage dir wen du wählen willst.
    Ich hätte auch nichts dagegen, wenn Armin Wolf die Serie übernommen hätte.

  2. Wieder einmal eine schöne Bühne für den “Tantentäuscher” Kurz gewesen, bestenfalls mal ein skeptischer Seitenblick von Pötzelsberger – also mir wär ein bissl mehr Nachdruck al la Armin Wolf lieber gewesen – obwohl’s trotzdem nichts genutzt hätte, dafür hat der fesche Showmaster einen zu guten Schmäh, schad, dass solche fragwürdigen Talente soviel politische Wirkung haben.

    1. War nicht Kreisky auch ein fragwürdiges Talent mit politischer Wirkung?
      Warum fragwürdig? Na er hat ja Simon Wiesenthal als Nazi-Kollaborateur beschimpft und musste nicht zurücktreten!

  3. Ganz Ihrer Meinung und es schmerzt mich sehr, dass dieses Sommergespräch wieder einmal zu einem Kurz-Monolog ausgeartet ist. Obwohl Herr Pötzelsberger sonst wirklich hervorragend ist.

  4. Sogar Deutschland bzw auch die CDU nähert sich der Idee einer einkommensneutralen CO2-Steuer… Die großen Fragen betreffend Staatsfinanzierung und Besteuerung werden wohl sein wie einerseits Konsum- und Verbrauchssteuern und andererseits Einkommens- und Vermögensbesteuerung neu gestaltet werden sollen. Der erste Block muss auf Basis einer Vollkostenkalkulation die Umweltproblematik bedenken und der zweite Block Wertschöpfungsveränderungen aufgrund Digitalisierung und zunehmenden Vermögenspolarisierungen. Ich sehe derzeit in Österreich dazu keine qualifizierte politische Diskussion.

  5. Herzlichen Dank für den Absatz: “CO2 -Steuer: Schweden mit keinem Wort erwähnt” !
    Wenn ich etwas nicht verstehe, dann das: Schweden lebt etwas vor, das sich als lebensnotwendig erwiesen hat, seit 28 Jahren. Schweden falsifiziert bereits jeden der möglichen Einwände – und die Verantwortlichen tun so, als existiere Schweden nicht.
    (“Aufkommensneutral” ist das Zauberwort. Hätte auch in Frankreich die Aufstände unnötig gemacht.)

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