Trump vs. Deutschland

Die USA leiden unter dem billigen Euro – und der ist eine Folge deutscher Wirtschaftpolitik. Eine Antwort auf einen Einwand Christian Ortners.

Christian Ortner wirft mir in der Wiener Zeitung vor, dass ich, im Zusammenhang mit dem Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands gegenüber den USA absurder Weise gegen ein deutsches Lohndumping anschreibe, das es weit und breit nicht gäbe.

Meine auch von der deutschen Lingens Sarah Wagenknecht vorgebrachte Kritik lese sich eindrucksvoll und hätte nur einen Fehler: Sie sei „Fake News“, weil die US- Lohnstückkosten 25 Prozent unter den deutschen lägen.

Auch Ortners Argumentation liest sich eindrucksvoll und hat nur einen Fehler: Ich habe nicht behauptet, dass der deutsche Leistungsbilanz Überschuss gegenüber den USA aus den niedrigeren deutschen Lohnstückkosten resultiere, sondern dass das deutsche Lohndumping „gegenüber den USA ein Währungsproblem ergibt“: Der niedrige Euro-Kurs begünstige den Export deutscher Waren. (und nebenher erschwert die deutsche Lohnzurückhaltung gleichzeitig den Absatz amerikanischer Waren in Deutschland.)

Das Kursproblem in Ziffern: derzeit ist ein Euro 1,0588 Dollar wert, 2008 waren es noch 1,60 Dollar und 2005 immerhin 1,35 Dollar. Auch Ortner wird mir zustimmen, dass Wechselkurse im großen und ganzen wirtschaftliche Entwicklungen widerspiegeln: Die Wirtschaft der Eurozone hat sich ungleich schlechter als die Wirtschaft der USA entwickelt. Und das hängt, so behaupte ich, sehr wohl mit dem deutschen Lohndumping (der Lohnzurückhaltung trotz steigender Produktivität) zusammen. Sie hat, das war die ausführliche Argumentation meines Textes, mit Gerhard Schröder begonnen und dazu geführt, dass Deutschland sukzessive Marktanteile gegenüber anderen Volkswirtschaften hinzugewonnen hat bzw. dass diese Volkswirtschaften Marktanteile verloren haben. Gleichzeitig hat die deutsche Lohnzurückhaltung die ganze Zeit über die deutsche Kaufkraft entsprechend geschwächt und damit den Absatz ausländischer Waren in Deutschland erschwert. Beides gemeinsam bedingt die soviel größere Arbeitslosigkeit der betroffenen Länder und ist meines Erachtens sehr wohl ein zentraler Grund des schlechteren wirtschaftlichen Funktionierens Europas, voran der Eurozone.

(Zusätzlich verschärft wurde diese negative Entwicklung m.E. durch den ebenfalls von Deutschland initiierten Sparpakt, der Wirtschaftswachstum ganz allgemein behindert. Dagegen wird Ortner einwenden, dass Irland, Spanien und selbst Griechenland derzeit besonders stark wachsen – aber nur weil sie zuvor extrem geschrumpft sind, und weil Spanien wie Griechenland außerdem extrem davon profitieren, dass der Terror den Fremdenverkehr in Afrika und der Türkei fast zum Erliegen gebracht hat. Irland wiederum ist die größte verbliebene Steueroase: Digitale Erlöse sind dort mit Ministeuern belegt, weshalb Alphabet oder Apple mittlerweile die Mehrheit der irischen Arbeitsplätze stellen)

Die Eurozone in ihrer Gesamtheit hat sich – Deutschland natürlich ausgenommen- auf Grund der hier dargestellten Phänomene, in so großem Ausmaß schlechter als die USA entwickelt, dass der schwache Euro eine durchaus logische Folge darstellt. Dessen Hauptprofiteur ist im Verhältnis zu den USA abermals Deutschland. Es kann besonders leicht in die USA exportieren. Und die USA haben es besonders schwer, mehr nach Deutschland zu verkaufen, wo die Kaufkraft trotz der jüngsten deutlichen Lohnerhöhungen erst 2015 wieder das Niveau des Jahres 2000 erreicht hat.

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Ein Exportweltmeister und viele Verlierer

Deutschland exportiert dank eines relativ niedrigen Lohnniveaus mehr als je zuvor. Und führt wegen des gleichen niedrigen Lohnniveaus relativ immer weniger ein. Das irritiert nicht nur Donald Trump – es könnte auch die Eurozone sprengen.

Mit 253 Milliarden Euro verzeichnete Deutschland soeben den größten Leistungsbilanz Überschuss aller Zeiten: um diesen gigantischen Betrag überstiegen seine Exporte 2016 seine Importe.

Regierung, Ökonomen und Bevölkerung feiern die deutsche Tüchtigkeit. Sie führen den Exporterfolg darauf zurück, dass deutsche Produkte so viel besser als alle andern sind, weil deutsche Ingenieure soviel erfindungsreicher und deutsche Arbeitskräfte soviel präziser sind.

Teilweise stimmt das auch und insofern ist der Exportüberschuss teilweise berechtigt.

Aber er hat einen zweiten mindestens so wichtigen Grund: Seit der Regierung Gerhard Schröder erhöht Deutschland seine Löhne nicht mehr im Ausmaß seiner Produktivität. Sie liegen mittlerweile zweistellig unter seinem Produktivitätsniveau. Durch dieses Lohn-Dumping hat Deutschland etwa ab 2000 seinen Konkurrenten sukzessive Marktanteile abgejagt obwohl beispielsweise Frankreich oder Holland auch hervorragende Produkte herstellen. Aber sie können in Deutschland sukzessive relativ weniger davon absetzen, weil die bis vor kurzem niedrigen Löhne Deutschlands Kaufkraft nicht ausreichend steigen ließen.

Die kritische Auseinandersetzung mit Trump´s USA

Derzeit steht dieser Tatbestand im Zentrum der Auseinandersetzung mit US Präsidenten Donald Trump, der deutsche Autos mit 35 Prozent Strafsteuer belegen will. „Sollen die Amerikaner doch bessere Autos bauen“ meint Außenminister und Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Und Leser schreiben mir: Gerade die deutsche Autoindustrie zahlt doch sehr hohe Löhne.

Aber erstens stimmt das nur für die angestellte Belegschaft – tausende Leiharbeiter sind niedrig entlohnt. Zweitens stammen immer mehr Teile jedes Autos von Zulieferern, die vielfach auch keine hohen Löhne zahlen.

Vor allem aber importiert Deutschland auf Grund der niedrig gehaltenen Löhne längst nicht entsprechend viele unzweifelhaft gute amerikanische Produkte – etwa Unterhaltungselektronik.

Die kritische Situation der Eurozone

Fast alle Industrieländer Europas sind gegenüber Deutschland in einer ähnlichen Position wie die USA: Frankreich z.B. erzeugt auch hervorragende Autos, wenn auch in einer niedrigeren Klasse. Nicht zufällig will Mercedes für Kleinwagen Renault-Motoren verwenden und nicht zufällig haben Renault-Motoren die Formel1 dominiert, solange sich die Firma voll im Motorsport engagierte. Aber Frankreich hat die Löhne entsprechend seiner gestiegenen Produktivität erhöht. (Gemäß der alten Benya-Formel: Lohnerhöhung = Produktivitätszuwachs + Inflation) Auch Renault kann daher bei kleineren Autos durchaus vergleichbarer Qualität mit den Deutschen preislich immer schwerer mithalten. Noch weniger kann Frankreich oder Italien oder Holland dank des niedrigen deutschen Lohnniveaus denn Export französischer (italienischer, holländischer) Waren in Deutschland ausreichend steigern.

Die Sprengkraft des Euro

Vor dem Euro hätte es nie eine derart große Kluft ergeben: Die D-Mark hätte gegenüber dem Franc aufgewertet und deutsche Waren wären im Export entsprechend teurer, französische entsprechend billiger geworden.

Aber der gemeinsame Euro hat diesen Ausgleich versperrt. Für deutsche Waren ist er – etwa auch gegenüber dem Dollar – viel zu niedrig bewertet – für französische, italienische oder holländische Waren zu hoch.

Das ist einer der Gründe, der angelsächsische Ökonomen und selbst den ökonomisch nicht rasend gebildeten Donald Trump am Bestand der Eurozone zweifeln lässt. Ich zweifle mit ihnen, wenn Deutschland seine Politik nicht sehr bald drastisch ändert.

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