Brauchen die Unternehmer ein Geschenk?

Und wenn: Ist die von Schelling geplante Senkung der Körperschaftssteuer geeignet Investitionen zu fördern?


Finanzminister Hans Jörg Schelling meint, dass man den Unternehmern etwas geben muss, um die Konjunktur anzukurbeln: Er will die Körperschaftssteuer (Köst) von 25 auf 20 Prozent senken und hofft, dass das ihre Bereitschaft zu Investitionen erhöhen wird.
Das entspricht der neoliberalen These der “Angebotsorientierung”: Je besser es den Unternehmen dank billiger Kredite, geringer Steuerlast und zurückhaltender Regulierung ginge, desto besser würde es uns allen gehen.

Stimmte Schellings Theorie so müssten die Investitionen ab 2005 dramatisch angesprungen sein.

Ich glaube, dass die Realität der letzten Jahrzehnte diese These ganz allgemein falsifiziert hat – aber im besonderen Fall liegen auch jüngere österreichische Erfahrungen vor. Österreichs Köst betrug in den Neunzigerjahren 34 Prozent, die sich aber mit der mittlerweile abgeschafften Umsatzsteuer zu 39 Prozent summierten. In der Folge wurde dieser Prozentsatz auf insgesamt 35 Prozent gesenkt und schließlich 2005 drastisch auf 25 Prozent reduziert. Stimmte Schellings Theorie so müssten die Investitionen ab 2005 dramatisch angesprungen sein. Aber das Gegenteil war der Fall: die Investitionsquote ist von 25,9 Prozent des BIP im Jahr 1996 auf 23,1 Prozent im Jahr 2005 gefallen und liegt heute bei nur mehr 22,9 Prozent.
Gestiegen ist bis zum Einbruch von 2009 nur die Gewinnquote und bis heute der Abstand zwischen Gewinnen und Investitionen.
Dabei liegt Österreichs Investitionsquote international gesehen im Spitzenfeld, die Deutschlands war ständig ca. drei Prozent niedriger und liegt heute mit 19.9 Prozent nur mehr gleichauf mit dem Durchschnitt des Euroraums.

Der britische Ökonom Tom Wolf hat das in der Financial Times als entscheidende Schwäche Europas gebrandmarkt und dafür auch eine Erklärung angeboten, die nur deutsche Ökonomen nicht wahrhaben wollen: in einem Wirtschaftsraum in dem es an Nachfrage fehlt, weil die Kaufkraft der Massen stagniert und in dem die Investitionen des Staates durch einen Spar-Pakt beschränkt sind, wäre jeder Unternehmer der Erweiterungsinvestitionen tätigt schwachsinnig: Es ist absurd, Überkapazitäten auszubauen- darin dürfte mir auch der Betriebswirt Hans Jörg Schelling zustimmen.

Nur die Aussicht auf deutlich mehr Geschäft regte die Unternehmen zu deutlich höheren Investitionen an.
Dennoch hat Schelling Recht, wenn er zumindest etwas für Investitionen in Forschung und Entwicklung tun will, denn die sind die Basis dauerhaften Betriebserfolges. Aber diese Investitionen erreicht man – siehe oben- ganz offenkundig nicht durch Köst-Senkungen – sondern (gegen alle neoliberale Theorie) durch die Subvention von Forschung und Entwicklung.

Es gibt allerdings noch ein weiteres Motiv, die Körperschaftssteuer zu senken.

Im Übrigen entwickeln sich die Investitionen in jüngster Zeit in Österreich sowieso recht passabel – sie haben zuletzt um vier Prozent zugenommen. Es gibt also keinen aktuellen Anlass zur Sorge, wenn man von der allgemeinen europäischen Nachfrage-Problematik absieht.

Es gibt allerdings noch ein weiteres Motiv, die Körperschaftssteuer zu senken. Mit seinen 25 Prozent liegt Österreich derzeit noch im Mittelfeld. Aber die Briten denken angesichts de Brexit über eine Senkung nach um die Ansiedlung von Unternehmen zu begünstigen. Deutschland verrechnet 19 Prozent und Irland gar nur 12 Prozent so wie es bekanntlich auch Gewinne aus dem Internet minimal besteuert.

Natürlich kann sich Österreich an diesem europäischen Abwärts-Wettlauf zu Lasten aller beteiligen. (Bzw. wäre es der Sinn einer potenten EU, eben dies zu verhindern)

In Summe gehen Unternehmen aber bei ihrer Ansiedelungspolitik von einem Gesamtpaket aus, bei dem die reale Steuerbelastung, die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter, die Qualität der Infrastruktur usw. und auf keinen Fall der Köst-Satz alleine eine Rolle spielt. In Wirklichkeit werden den Unternehmen in Österreich derzeit zB. via Köst sowieso kaum mehr als 20 Prozent abgenommen und das ist international bekannt.

Viel kritischer sehen sie die hohen Abgaben auf Arbeit, denn die müssen ja in Wirklichkeit auch vom Unternehmen aufgebracht werden. Wenn irgendwo ein Spielraum für eine Senkung besteht, dann viel eher dort – zumal sich damit gleichzeitig die Kaufkraft erhöhte.

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