Bitcoin das Mega-Pyramidenspiel

Bitcoins wuchern. Nachdem man sie eine Zeit lang sogar via “Pornhub” kaufen konnte, kann man jetzt glücklich sogar an der Börse auf ihren künftigen Kurs spekulieren. Ich kenne ihn: nahe Null. Je nachdem wie viel wirkliches Geld -Dollar, Euro, Yen – hineingeflossen ist und was davon noch nach dem Rebbach der Erfinder und Händler noch übrig ist. Das einzige Problem besteht darin, dass ich nicht weiß, wann es so weit sein wird – kann sein, schon in ein paar Monaten, kann sein erst in etlichen Jahren.

Es ist in Zeiten wie diesen unklar, wie lange es dauert, biss alle Beteiligten begreifen, dass man aus Luft nicht Reichtum zaubern kann, auch wenn die Technologie Blockchain “digital” und “Internet” damit verbindet.

Das heißt nicht, dass ich den Erfinder der Bitcoin nicht für genial halte: Er hat begriffen, was der Glaube an diese Worte wert sein kann. Wenn man etwas, das viele Leute haben wollen, weil sie glauben, dass es immer mehr wert sein wird, in seiner Menge begrenzt -und das hat er getan- dann muss es in seinem Wert so lange steigen, als es Leute gibt, die es weiterhin haben wollen. Der Kurs der Bitcoin kann durchaus von derzeit 11.000 Dollar (+/- 20 Prozent) auch auf 100.000 Dollar (+/- 20-50 Prozent) steigen. Es müssen sich nur immer wieder Leute finden, die dran glauben. Wenn sich keine mehr finden, wird es allerdings “Wumms” machen und die Null oder fast Null wird da sein.

“Glücklicherweise sind die Banken diesmal vor dem Crash gewarnt”

Die Frage ist eigentlich nur, ob das mit einem Crash in der wirklichen Wirtschaft verbunden sein wird, wie wir ihn bei den toxischen Derivaten erlebt haben. Denn die waren ja etwas durchaus Ähnliches: Etwas Undurchsichtiges, das in Wirklichkeit fast nichts wert war. Aber die Leute, die diese Derivate kauften, wussten das nicht und die Rating-Agenturen hielten sie bekanntlich in dem Glauben, sie wären sehr wohl sehr viel wert, also wurden sie weiterhin gekauft.

Das wirklich große Problem resultierte daraus, dass auch Banken – voran Lehman Brothers – großen Mengen dieser wertlosen Derivate gekauft hatten, und dass man Lehman pleite gehen ließ, nachdem mehrere Leute diese wertlosen Derivate gleichzeitig verkauften und ihr Kurs ins Bodenlose fiel.

Diesmal scheint diese Gefahr nicht zu bestehen: Der CEO von Goldmann Sachs hat öffentlich erklärt, dass er die Bitcoin für eine Spekulationsblase hält, Andreas Treichl, so entnehme ich dem Kurier, hat seinen Kindern den Kauf verboten und der CEO von JP Morgan Jamie Dimon nannte die Bitcoin “Fraud” (Betrug)

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat ihr Verbot gefordert.

Dennoch – ich hoffe es stimmt nicht- soll auch JP Morgan Bitcoins gekauft haben.

Denn wie mit den toxischen Derivaten kann man, solange das “Wumms” nicht erfolgt, natürlich Geschäfte mit ihnen machen: Man kann Leute finden, die daran glauben und mehr wirkliches Geld, z.B. Dollar, dafür bezahlen, als man selbst dafür bezahlt hat. Es stimmt also durchaus, dass einige Leute durch Bitcoins reich geworden sind oder in Geschäften, die auch an Bitcoins glauben, günstig wirkliche Waren erworben haben.

Zum Glück für die Existenz der Bitcoin waren es nie sehr viele Leute die sich auf diese Weise von ihren Bitcoins trennten -wenn man glaubt, dass etwas immer wertvoller wird, behält man es im Allgemeinen, statt es zu verkaufen – sonst hätte es bereits “Wumms” gemacht.

“Eine Zeitlang wurden Bitcoins sogar via Pornhub verkauft”

Wenn der Kurs einmal ins Rutschen kommt, müssen die Bitcoin-Händler allerdings schleunigst dafür sorgen, dass diese Rutschpartie so rasch wie mögliche (ein gutes Stück vor dem “Wumms” ) zum Stillstand kommt und sich wieder ins Gegenteil verkehrt. Dabei haben sie erstaunlichen Einfallsreichtum bewiesen: Eine Zeitlang konnte man auf “Pornhub”, der Internet-Plattform mit den meisten Aufrufe der Welt (92 Milliarden im Jahr 2016, 6 Millionen pro Tag ), während jedes flotten Dreiers oder ziemlich langen Gangbangs einen Mann erklären hören, wie und warum man mit Bitcoins in kürzester Zeit unendlich reich würde, seine Schulden bezahlen, oder sich ein Haus kaufen könnte. Am Ende des jeweiligen Films schien eine Website auf, die tatsächlich – wie im Text versprochen- keine Kosten bescherte, sondern nur die Möglichkeit eröffnete ab 50 Dollar am Bitcoin- Wunder teilzunehmen.

Wenn nur ein Prozent der Pornhub- Kunden das getan hat, war der alte Bitcoin-Kurs wieder hergestellt.

“Irgendwann wird digitales Geld durchaus gültiges Zahlungsmittel sein”

Dass es so relativ leicht fällt, immer wieder Menschen von der Bitcoin zu überzeugen liegt daran, dass auch sehr ernsthafte Banker und Banken, ja Zentralbanken sich durchaus mit dem Thema einer digitalen Währung befassen. In Wirklichkeit gibt es ja den Euro oder den Dollar auch längst nur mehr zu einem verschwindenden Teil als Münze oder Schein – den mit Abstand größeren Teil gibt es nur mehr als Kontostände die miteinander in allen möglichen Beziehungen stehen, die man durchaus auch per Blockchain erfassen könnte.

Auch dass Dollar oder Euro funktionieren beruht letztlich darauf, dass wir auf ihr Funktionieren vertrauen. Es ist also durchaus möglich, dass Zentralbanken irgendwann zu digitalen Währungen übergehen.

Was ist dann der Unterschied zu Bitcoins?

Dass diese Zentralbanken, bzw. die dahinter stehenden Regierungen erklärt haben, dass der Dollar oder der Euro “gültige Zahlungsmittel” sind, und dass wir dem vertrauen können.

Bezüglich der Bitcoin haben sie das nicht erklärt. Deshalb sollten wir nicht darauf vertrauen

Wohl aber werden die Zentralbanken vielleicht irgendwann eine eigene digitale Währung herausbringen, von der sie sehr wohl erklären werden, dass sie ein gültiges Zahlungsmittel ist. Sie werden Kurse festsetzten, zu denen man seine bisherigen Dollar oder Euro in diese neue digitale Währung umtauschen kann und die wird dann durchaus funktionieren.

Bitcoins hingegen werden sie nicht zum gültigen Zahlungsmittel erklären. Wenn ihre Besitzer daher in größerer Zahl versuchen werden, sie in Dollar oder Euro umzutauschen, wird es “Wumms” machen.

4 Kommentare

  1. Als langjähriger Fan bin ich fast beleidigt, wie wenig Sie sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben, bevor Sie darüber schreiben. Stichworte: dezentral, store of value ohne Inflation. Zusatz: Das Whitepaper informiert über die Ursprünge, man muss sich halt die Mühe machen, es zu lesen.

  2. Sehr geehrter Herr Lingens,
    ich darf höflich in mehreren Punkten widersprechen, beziehungsweise – als Beitrag zu einer offenen Diskussion – ergänzen:

    Es liegt im Wesen sämtlicher von Menschen zur Vereinfachung ihrer Handelsbeziehungen erkorenen Tauschmittel, die man nicht a) essen, b) trinken, c) atmen oder in denen man keinen d) Schutz vor der Witterung finden kann, dass ihr innerer Wert Null ist. Das gilt für Gold, Silber, Kupfer, Kaurimuscheln, Hinkelsteine, sowie sämtliche unserer Fiat-Tauschmittel. Der Wert eines jeden nicht unter die Kategorien a) bis d) fallenden von Menschen benutzten Tauschmittels wird immer ausschließlich durch den Preis festgelegt, den die Menschen ihm beimessen, und durch nichts anderes.

    Um beim Gold zu bleiben: Es ist nicht ohne erheblichen Aufwand zu beschaffen, und die Herstellung eines Prägestempels für Münzen war schwierig; so sollten Goldmünzen möglichst ‘fälschungssicher’ bleiben, das ‘Münzprivileg’ in den Händen Weniger. Kupfer und Blei waren einfacher zu beschaffen, deshalb bei ‘Fälschern’ ja beliebter, und letztlich waren solche Münzen dann auch weniger ‘wert’, weil die Menschen einen niedrigeren Preis dafür bezahlt haben. Davon abgesehen war (und ist) eine Goldmünze genauso ‘unnütz’ wie eine Münze aus Kupfer, Blei oder Bimsstein.

    Dass BitCoin immer wieder als Referenz für ‘Krypto-Währungen’ (Anm.: ‘Währungen’ sind es nicht) verwendet wird, mag an der ‘first-mover’ Position liegen, die Auseinandersetzung mit BitCoin oder der ‘Blockchain’ deckt jedoch nur einen äußerst kleinen Teil der Thematik ab. Dies vorausgeschickt wurden bei BitCoin ziemlich exakt die Eigenschaften von Goldmünzen als Tauschmittel nachgebildet: Die ‘Codezeilen’,die letztlich eine ‘Coin’ ausmachen, sind schwierig zu beschaffen (Mining), der ‘Prägestempel’ kaum zu fälschen (Blockchain). In Relation zu den großen Fiat-Währungen (und, nota bene, nur hier) hat sich der Preis dieser digitalen Tauschmittel bis dato stark erhöht, woraus aber mE nicht unbedingt gefolgert werden sollte, dass sich dieser Preis zwingend in der Zukunft auch wieder dem inneren Wert von Null annähern muss.

    Letztlich fußt der Preis jedes Tauschmittels auf dem Vertrauen darauf, auch in Zukunft noch etwas – im hoffentlich gleichen Gegenwert – dafür zu erhalten, also die heute verkaufte Kuh morgen noch in sechs Schweine, und den Gegenwert der sechs Schweine übermorgen in zwanzig Klafter Buchenholz eintauschen zu können. Dieses Vertrauen ist bei den ‘großen’ Fiat-Tauschmitteln (derzeit) noch sehr groß, weil für die Menschen ‘fassbare’ Institutionen wie ‘der Staat’ oder ‘die Zentralbanken’ vorgeben eben diesen Tauschwert in der Zukunft ‘garantieren’ zu können. Es geht – wie ja auch Sie vollkommen richtig anmerken – ausschließlich um das ‘Vertrauen’ in den zukünftigen Tauschwert.

    Dazu nun eine Ergänzung zu Ihrem Text: Wir leben sowohl weltgeschichtlich, als auch territorial, in einer relativ sicheren ‘Filterblase’ (auch wenn einem bei der globalen Geldmengenentwicklung, vor allem inklusive sämtlicher wieder aufgelegter Derivate ein wenig mulmig werden kann), was den erwarteten zukünftigen Tauschwert ‘unserer’ Tauschmittel wie EUR oder US-$ anbelangt. Aber: Schon gar nicht so weit von uns entfernt, in der Türkei, sieht die Sache aus der Sicht eines in eben dieser Türkei Befindlichen schon ein wenig anders aus. Wenn man seiner Lira mehr oder weniger täglich dabei zusehen kann, wie sie weniger wird, dann hat der Gedanke, in ein digitales Tauschmittel umzuschichten, schon einen gänzlich anderen Beigeschmack. Gleiches gilt für Länder, mit strikten Grenzkontrollen bei der Ausfuhr von Devisen, Gold und dergleichen. Auch in unseren Breitengraden ist es noch gar nicht all zu lange her, dass etwa privater Goldbesitz unter Strafe gestellt war – die global vernetzte digitale Welt ist hier ungleich schwieriger unter Kontrolle zu stellen (ein Darknet zu kontrollieren gelingt zum Beispiel nicht einmal China).

    Ist ein ‚Bitcoin’ (oder irgendeine andere digitale Tauscheinheit) also eher einen US-Dollar ‚wert’, oder deren zehn- fünfzig- oder hunderttausend?

    Wir wissen es nicht. Aber genauso gut könnte man fragen, ob Person X bereit ist, für seinen halben Bitcoin das Badezimmer von Person Y zu reparieren. Macht er’s, dann ist der halbe Bitcoin ein repariertes Badezimmer wert. Und verlangt Person Z für das Reparieren eines Badezimmers zu diesem Zeitpunkt 1.000 US-Dollar, dann ist der ‚Wert’ eines halben Bitcoin – zu diesem Zeitpunkt! – eben genau mit diesen 1.000 US-Dollar gleich zu setzen.

    Das, und nichts mehr oder weniger, macht das Wesen von Tauschmitteln aus (die nicht unter die oben angeführten Kategorien a) bis d) fallen). Der einzige (!) systemische Unterschied ist, dass die Fiat-Einheiten staatlich kontrolliert werden, die digitalen (derzeit noch) nicht. Die – in den meisten Verfassungen verankerte – Definition bestimmter Tauschmittel als ‘gesetzliche Zahlungsmittel’ gilt für Edelmetallmünzen, die nicht auf einen bestimmten Betrag in EUR, US-$ o.Ä. denominiert sind, im Übrigen genauso wenig, wie für BitCoin – Japan hingegen hat BitCoin bereits als offizielles Zahlungsmittel verankert.

    Schlussendlich: Der Themenbereich ist insgesamt zu komplex, um ihn in nur einem oder wenigen Beiträgen abzuhandeln, BitCoin bietet hier einen guten Ansatz, um zu beginnen. Bloß aufgrund der enormen derzeitigen Preisschwankungen und des inneren Wertes von Null jedoch (lediglich) von einem ‘Pyramidenspiel’ zu sprechen, halte ich aus den oben angeführten Gründen für ebenso verfehlt, wie die Voraussage, dass es zwingend zu dem von Ihnen skizzierten ‘Wumms’ kommen müsse.

    Mit bestem Gruß,
    Philipp Marouschek

  3. Vielen Dank für die Entzauberung des Kryptowährungs-Hypes! “Bitcoins” ist ein typisches Beispiel für den Missbrauch neuester Technologien für anachronistische Denkmodelle. Ein digitales Pyramidenspiel mit der Illusion der Überwachungsmöglichkeit durch die “community”.

    Unser Geld wäre völlig OK, wenn es nicht durch die beiden getrennten Geldarten, Bankengeld und Zentralbankgeld, der Einflussmöglichkeit des eigentlichen Souveräns entzogen wäre. Das Recht zur Geldschöpfung darf eben weder den Energie verschleudernden “Minern”, den Goldgräbern des 21.Jhts. zustehen, noch aber dem privaten Bankensystem, das im Interbankenmarkt selbst auch nur auf Zentralbankgeld vertraut.

    So gesehen erscheint das Vollgeldkonzept ein wertvoller Vorschlag für faire realwirtschaftliche Bedingungen zu sein – wenn man die denn auch ernsthaft möchte. Denn Geldschöpfung ist stets eine Frage der Machtverhältnisse.

    Eine Umfrage sollte eigentlich ein klares Ergebnis liefern: Sollten Banken Schuldgeld durch Kredit erzeugen dürfen und damit auch über die Politik eines Landes bestimmen können? Oder sollte eine demokratisch kontrollierte Institution zur alleinigen Geldschöpfung berechtigt sein (“Monetative” als vierte staatliche Gewalt), wodurch ein Staat überhaupt erst seine Souveränität erhielte? Vollgeld muss nicht, könnte aber sogar schuldfrei in Umlauf gebracht werden.

    Näheres dazu auf http://www.vollgeld.de

  4. Bitcoin könnte ich nie auch nur erwägen, alleine wegen des ENERGIEVERBRAUCHS. Wie viel mal ist dieser höher als bei einem normalen Bankkonto? (Sind wir – alle die das tun UND alle die keinen Protest dagegen aussprechen – sind wir denn noch zu retten?)

    derstandard.at/2000068381619/Bitcoin-System-verbraucht-mehr-Strom-als-159-Laender

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