Niemand will ausreichend würdigen, dass Österreich zwar jede Steuer-Strukturreform unterlassen hat, aber tatsächlich die Staatsschuldenquote Albaniens und die Abgabenquote Griechenlands erreichen könnte.
Es gibt kaum mehr Zweifel: Türkis-Blau schafft das „Nulldefizit“ und womöglich den ersten „Überschuss“ seit 1954. Zugleich ist es gelungen, die Staatsschuldenquote von 83,6 auf 78,7Prozent zu senken, und wenn es so weiter geht, sind sogar Ghanas 72 oder Albaniens 71 Prozent in Reichweite.
Schon jetzt wurde auch die Abgabenquote auf 42,5 Prozent gesenkt und es ist nicht auszuschließen, dass wir irgendwann selbst Griechenlands 38,5 Prozent erreichen.
Ich entschuldige mich, dass ich die, auch aus dieser Aufzählung ersichtliche, unglaubliche ökonomische Bedeutung der genannten Quoten zu wenig kenne, um die grandiose türkis-blaue Leistung richtig einzuschätzen, sondern mich statt dessen „vorprogrammierter Enttäuschung“ (Franz Schellhorn im profil) hingebe:
Die Regierung hat die sich aufdrängende Chance einer substantiellen Steuerreform vergeben, die in der Einführung einer CO2-NOX-Steuer bestanden hätte. Indem man sie auf jedes Gramm dieser Treibhausgase eingehoben hätte, gleich ob sie aus Auspuffen, Rauchfängen von Wohnhäusern oder Schloten von Fabriken kommen, hätte man Klimaziele erreichen, die Gesundheit fördern und den Verbrauch des teuren Rohstoffs Erdöl reduzieren können. Im Ausmaß der erzielten Einnahmen hätte man u.a. die Mehrwertsteuer auf Güter des täglichen Bedarfs senken und damit endlich auch Geringverdiener entlasten können.
Wenn die Regierung bei ihrer schwachsinnigen Ansage „mit uns keine neuen Steuern“ bleibt, wird sie eine solche Reform auch in zwei Jahren nicht durchführen können, aber vielleicht findet sie doch zu der vernünftigen Aussage, dass die Gesamt-Steuerbelastung nicht steigen soll. Dass dann noch unverständlicher wird, warum sie die Vermögenssteuern nicht zu Gunsten verminderter Lohnsteuern erhöht, erwähne ich nur der Ordnung halber, um den Schwachsinn zu unterstreichen.
Ähnlich dumm ist es, Richter und Justizpersonal einzusparen, Schul- oder Bahnbauten aufzuschieben oder die Budgets für Integration zu kürzen.
Gekürzte Sprachkurse werden Flüchtlinge Deutsch langsamer erlernen lassen, daraus werden mangelnde Leistungen in Schule und Beruf resultieren, die zu kritischer Arbeitslosigkeit und Kriminalität führen werden. Beides wird genau den „künftigen Generationen“ auf den Kopf fallen, die Türkis -Blau vor einer hohen Staatsschuldenquote bewahren will – es wird die wirklich gefährliche Schuld dieses türkis-blauen Staates sein.
Ich stelle hier die für Kurz&Strache abwegige Behauptung auf, dass sich keine künftige Generation das Geringste dafür kaufen kann, dass Österreichs Schuldenquote von 83,6 auf irgendwann 60 Prozent gesunken sein wird. Die 60 Prozent entsprechen einer nachgewiesen falschen, u.a. mit einem simplen Rechenfehler behafteten Berechnung, die außerhalb Deutschland und Österreich niemand ernst nimmt. Denn ein Zusammenhang zwischen Staatsschuldenquote und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist nirgends zu beobachten. Sie ist, so sehr mir schwäbische Hausfrauen widersprechen werden, eine Ziffer mäßiger Bedeutung. Allerdings werden selbst Schwaben auf die Frage, ob sie ihr Geld lieber den USA mit einer Staatschuldenquote von 108 Prozent oder Bulgarien mit sensationellen 31,2 Prozent leihen, plötzlich eine der wirtschaftlichen Vernunft entsprechende Antwort geben.
Wirtschaftlich relevant– abseits dramatischer Veränderungen in kurzer Zeit – ist ausschließlich, was der Staatsschuld nicht nur als jährliches BIP, sondern als ständige Infrastruktur und Knowhow eines Staatswesens gegenübersteht. Bei den USA z.B. das mit Abstand stärkste Heer der Welt, Universitäten, die noch immer die weltbesten Wissenschaftler hervorbringen oder das immer noch größte Strom-, Wasser- und Straßennetz der Welt. Auch das US-Daten-Netz würde ich nicht unterschätzen.
Wenn mir etwas an den USA wirtschaftliche Sorge macht, dann nicht die 108 Prozent Staatsverschuldung, sondern ihr mittlerweile desolates Pflichtschulwesen.
Genau das – die Vernachlässigung des Schulwesens oder des Glasfasernetzes um eines völlig sinnlosen Nulldefizits willen- macht mir auch in Deutschland und Österreich Sorgen. Denn von der Qualität de Schulen wird die Qualität der Arbeitnehmer und vom Ausbau des Glasfasernetzes das Tempo der Digitalisierung und damit die Zukunft des Standortes, abhängen.
Gott sei Dank gibt es freilich Franz Schellhorn, der nicht nur die „Agenda Austria“ führt, sondern auch „im Zentrum“ und im Profil die Wirtschaft korrekt erklärt. Indem er die „vorprogrammierte Enttäuschung“ seiner ahnungslosen Kollegen zurückweist, stellt wenigstens er klar, welch großen Dienst Türkis-Blau dem Land mit „Nulldefizit“ und künftigem „Überschuss“ erweist.
„In Österreich“, so rügt er meinesgleichen, „werden Regierungsvertreter nämlich nicht wegen …aus dem Ruder laufender Staatsausgaben an den Pranger gestellt, sondern wegen zu schwach wachsender Ausgaben. Es kommt eben nicht gut an, wenn ein Finanzminister am Jahresende noch Geld in der Kasse findet. Dieses „Missgeschick“ ist der absolute Ausnahmefall… Der letzte echte Budgetüberschuss gelang …überhaupt nur zwei Mal: 1953 und 1954.“
Jetzt ist mir der Konnex zwischen Staatschuld und wirtschaftlichem Erfolg endlich klar: es ist tatsächlich grauenhaft, was bei ständigen Budget-Defiziten passiert. Während sich Österreichs Schuldenquote dadurch seit 1954 stetig nach oben bewegt hat, ist es uns bekanntlich schlechter und schlechter gegangen. Unser Land ist zwar eines der leistungsstärksten und reichsten der Welt geworden – aber das war angesichts dieser, wie ich vom Schnellhorn lerne, total verfehlten Budgetpolitik, das reines Wunder.
4 Kommentare
Staatsschulden sind solange egal, wie Banken ( auch Zentralbanken ) Defizite finanzieren und die eigene Waehrung ( wie z.B. der Dollar als internationale Reservewaehrung ) von Glaeubigern akzeptiert wird. Kleine Laender ohne Reservewaehrungsprivileg haben es etwas schwerer.
Vielen Dank für ihre Analysen – man kommt sich ja manchmal bei Diskussionen wie ein Rufer in der Wüste vor – die Schlagworte wie Reform, Schuldenberg und Belastung der Kinder und Kindeskinder haben sich tief in die Psyche des „Volkes“ gefressen, so dass eine rationale Auseinandersetzung sehr oft nahezu unmöglich wird.
Frustrierend ist, dass diese Einsichten bei der Mehrheit der Österreicher gar nicht ankommen, wie die ungebrochen hohen Zustimmungsraten zu Kurz & Co signalisieren!
Gratulation zu dieser klaren und einfachen Aufklärung für die geistig abgehängte „deutsche Provinzelite“ von Schlage eines Herrn Schellhorn.
Schade nur, das seine Enkerln ihn im Grab dann nicht mehr ökonomisch zur Rechenschaft ziehen können, damit er aus seinem Vermögen für den volkswirtschaftlich angerichteten Schaden zahlt, wenn wir in Österreich in Zukunft zurückbleiben.
Österreich verschläft in der Tat, gemeinsam mit Deutschland, die „Solar-Wende“ die sogar in China schneller vorankommt.
Die Basis und Treibsatz dieser Nachhaltigkeits-Wende ist eine CO+NOx Steuer, und das ist schon seit 15 Jahren bekannt. Danke Herr Lingens für diesen expliziten Hinweis.
Cui bono Herr Schellhorn?