Sparsam agieren um mehr auszugeben

Vielleicht werden auch Sebastian Kurz und Hartwig Löger irgendwann begreifen, dass Staaten ökonomisch anders als Hausfrauen funktionieren.

Zwei Berge, August Wöginger und Beate Hartinger-Klein kreisten – und ein Mäuslein ward geboren: Nach der Ankündigung der “größten Strukturreform der 2.Republik” bei der die AUVA entweder zerschlagen würde oder mit 500 Millionen ein Drittel ihres Budget einsparen müsse, bleibt sie Gott sei dank unverändert erhalten. Von der nun triumphal verkündeten Einsparung von 135 Millionen ist nur die (vielleicht) sinnvolle Zusammenlegung zweier Wiener Standorte Hartinger&Wöginger geschuldet. Der weit größere Brocken – 300 Posten werden nicht nachbesetzt – stand schon vorher fest.

Sonstige in den kommenden Jahren angeblich von der AUVA eingesparte 365 Millionen sind eine reine Kostenverschiebungen zu anderen Kostenträgern.

Dennoch dankbar sein kann die Industriellenvereinigung. Denn auch ohne Gewissheit erfolgreicher Einsparung wird der bisher vom Arbeitgeber zu bezahlende Beitrag von 1,3 schrittweise auf bis zu 0,8 Prozent gesenkt, so dass die Arbeitnehmer das Ausfallsrisiko tragen. Bei deren Benachteiligung ist die Regierung konsequent.

Ob man wirklich 300 Angestellte ohne Leistungsverlust pensionieren kann, muss sich auch erst weisen – aber wenn es wider Erwarten klappt, soll es mich freuen. Ich bin sehr dafür, dass der Staat “sparsam agiert” – die gleiche Leistung mit weniger Leuten erbringt. Nur dagegen dass er “spart”: in Summe weniger ausgibt.

Um der Konjunktur willen soll er derzeit vielmehr mehr ausgeben – aber sparsam agieren damit er das auch kann. Das Problem ist, dass “Sparsam agieren” und “Sparen” des Staates” in den selben Topf geworfen wird und sich die meisten Leute für beides im gleichen Ausmaß begeistern.

Das ist das eigentliche Problem des neuen SP -Wirtschaftsprogramms:

Gelingt es Christian Kern den Österreichern klar zu machen, dass die SPÖ sich keineswegs gegen “sparsames Agieren” des Staates ausspricht – nur nicht will dass er in Summe weniger ausgibt. Es tut mir leid, dass ich den Grund schon wieder gebetsmühlenartig wiederhole: Wir leben in einer Nachfragekrise. Die Nachfrage der Konsumenten nach Waren stagniert, weil ihre Gehälter stagnieren; deshalb stagniert auch die Nachfrage der Unternehmen nach Maschinen, weil sie kaum mehr Absatz erhoffen; deshalb darf nicht auch noch der Staat seine Nachfrage einschränken – sonst kann die Wirtschaft nach Adam Riese nicht wachsen und Arbeitslosigkeit verhindern .

Es kann zwar Phasen geben, in denen der Staat sparen müsste. Wenn er z.B. den Unternehmen und den Konsumenten Rohstoffe oder Kredite streitig machte – aber jeder der nur das Geringste von Volkswirtschaft versteht, weiß, dass wir davon derzeit meilenweit entfernt sind: Es gibt ausreichend Rohstoffe und jede Menge Geld.

Wenn der Staat beides nicht nachfragt wird das zu einem zentralen volkswirtschaftlichen Problem.

Vielleich beeindruckt die nebenstehende Grafik die Staats-Spar-Jünger: Sie zeigt wie die Arbeitslosigkeit seit dem Krisenjahr 2009 in den USA, die nicht sonderlich auf ihre Staatsschulden geachtet haben, von … auf unter 3,9 % zurückgegangen ist – und wie sie in der EU noch immer bei 8,5 % liegt. Trotzdem haben die Staatschulden der USA prozentuell weniger zugenommen als die der sparenden EU. Weil ihre Wirtschaft so viel besser – derzeit mit vier Prozent- gewachsen ist.

Sparen ist eben nur für Hausfrauen sinnvoll. Schon für Unternehmer ist es im Fall von Problemen klüger, in bessere Produkte und Maschinen zu investieren.

Im Englischen ist das leichter zu kommunizieren. Dort lädt man mit Schulden nicht “Schuld” auf sich, sondern der Staat nimmt Geld in die Hand um Verpflichtungen nachzukommen. Den hohen Staatschulden der USA steht die weltstärkste Wirtschaft gegenüber, die natürlich auf einer hervorragenden Infrastruktur – z.B. den weltbesten Universitäten- beruht. Und natürlich sind die USA nicht zufällig weltstärkste Militärmacht -obwohl es für sie m. E. derzeit klüger wäre, weniger Geld ins Heer und mehr in ihre Schulen zu stecken.

Aber ist es nicht trotzdem höchst kritisch um die USA bestellt? Stehen sie mit ihrer Staatschuldenquote von 108 % -fast dem Doppelten des vom Spar-Pakt erlaubten- nicht vor griechischen Verhältnissen? Natürlich nicht! Die von Kenneth Rogoff errechnete 60% -Grenze wird nur in Deutschlands so ernstgenommen. Sie entspringt falschen Überlegungen, einer falschen Zusammenstellung der betrachteten Länder und nebenher einem simplen Rechenfehler. Wie absurd diese Grenze ist, zeigt Japan mit seiner Staatsschuldenquote von 236 %. Gemäß der von Herwig Löger nachgebeteten Rogoff-Logik müsste das die Zinsen, die Japan für Kredite bezahlt, in ungeahnte Höhen katapultieren – aber das Gegenteil ist der Fall: sie sind mit steigender Verschuldung stetig gesunken. Denn Japans Unternehmen sind eben unbestritten erstklassig und der Staat stellt ihnen – im Gegensatz etwa zu Griechenland- eine erstklassige Infrastruktur zur Verfügung. Viel eher als die USA oder Japan könnte die Türkei mit ihrer Schuldenquote von nur 28 % Kredit -Probleme kriegen.

Die Staatsschuldenquote sagt eben – im Gegensatz zur ahnungslosen Behauptung heimischer Politiker aller Couleurs – fast nichts über die Wirtschaft eines Landes aus.

Aber sind die 236 % Japans nicht doch anders als die77,2 % Österreichs zu beurteilen? Wo doch jeder weiß, dass Japan seine Schulden fast nur bei der eigenen Bevölkerung hat? Nein! Zum einen hat auch Österreich seine Schulden voran bei Österreichern. Zum anderen spricht es nur für die Bonität seiner Staatsanleihen, dass sie wie jene der USA auch von Ausländern gekauft werden.

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