Wie drosselt man “Klimawandel” kostengünstig?

An der CO2-Steuer führt kein Weg vorbei – aber auch sie leistet längst nicht alles, was notwendig ist.

Wie die Steuerexpertin des WIFO, Margit Schratzenstaller sehe ich das größte Manko der korrekt gezielten, wenn auch anspruchslosen “größten Steuerreform aller Zeiten” (Sebastian Kurz & H.C. Strache) in der mangelnden Ökologisierung. (Sie zielt richtig, weil der finanzielle Spielraum aus guter Konjunktur und beibehaltener kalter Progression vor allem genutzt wurde, um Geringverdiener zu entlasten.[1] Anspruchslos ist sie, weil auf jegliche strukturelle Veränderung – die Abschaffung der kalten Progression und eine zusätzliche Senkung der Lohnsteuern im Wege erhöhter Vermögenssteuern- verzichtet wurde.)

Die mangelnde Ökologisierung ist ein fundamentales Manko. Am Rande, weil sie die Regierung bekanntlich teuer kommen kann, wenn Österreich wegen des verfehlten Klimaziels eine Milliardenstrafe zahlen muss. Vor allem aber, weil Greta Thunberg Recht hat, dass es die Zukunft der Menschheit gefährdet, wenn wir die Erderwärmung nicht zu drosseln vermögen.

Der Weg, den unser übliches Vorbild Deutschland dabei beschritten hat, – nämlich alternative Energien staatlich zu fördern- hat sich dabei als extrem kostspielig erwiesen, weil er völlig abseits des Marktes verläuft: Was wie hoch gefördert wird, hängt vor allem von der Stärke der jeweiligen Lobbys ab. Keine staatliche Stelle kann wissen, ob Windparks, Fotovoltaik oder die Nutzung von Wasserstoff die beste Lösung darstellt- dergleichen muss man dem Markt überlassen.

Das beste Marktkonforme Mittel, um die besten Maßnahmen zur Eindämmung des CO2 Ausstoßes zu forcieren, ist nach allen bisherigen Erfahrungen die CO2- Steuer: Indem sie den Ausstoß jeglicher Tonne CO2, wo immer sie anfällt, mit einem (möglichst hohen) Preis belastet, stellt sie sicher, dass die besten Maßnahmen und Technologien sich durchsetzen, weil sie am kostengünstigsten sind. Schweden, jenes von mittlerweile 46 Ländern, das CO2 mit ca. 110 Euro pro Tonne weltweit am höchsten besteuert, hat damit als bisher einziges Land erreicht, dass sich der CO2- Ausstoß vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt hat. Allerdings verteuerte sich der Liter Sprit auf diese Weise noch einmal zusätzlich. Dass die Schweden das akzeptierten, wurde erreicht, indem mehrere besonders unbeliebte Steuern gestrichen wurden. In der ORF Diskussion “Im Zentrum”, wo man die CO2- Steuer kürzlich diskutierte, waren denn auch alle Beteiligten (auch FP- Staatssekretär Hubert Fuchs) einig, dass ihre Einführung sozial wohl durchdacht abgefedert werden muss: Wenn das nicht geschieht, provoziert sie die Gelbwesten -Proteste Frankreichs.

Was es letztlich kostet, die Erderwärmung zu verringern, ist eine denkbar spannende Frage. Es gibt Ökonomen, die es für absurd halten, nicht von gewaltigen Mehrkosten auszugehen und daher meinen, dass wir unser Wirtschaftssystem grundsätzlich überdenken und alle Produktionen zurückfahren müssten. Ich bin optimistischer, weil ich überzeugt bin, dass ein Großteil der Kosten durch den technologischen Fortschritt aufgefangen wird: Weniger CO2 entsteht durch möglichst vollständige Verbrennung; Antriebseinheiten, die das können, brauchen nicht nur weniger Treibstoff, sondern erbringen außerdem noch höhere Leistungen – die Entwicklung der KFZ-Motoren führt das eindringlich vor. Hohe CO2-Steuern werden daher voran einen technologischen Schub bewirken, der uns auf allen Ebenen zugute kommt. Denn natürlich bedeuten weniger Abgase auch weniger Kranke und Tote.

Das zweite Standard-Instrument, den CO2 -Ausstoß zu reduzieren, ist die Ausgabe von Emissionszertifikaten an die großen Industriebetriebe, die die Tonne CO2 einmal mehr mit einem Preis belasten, der im Handel der Unternehmen untereinander ständig steigen sollte, so dass die Reduzierung dort beginnt, wo mit den geringsten Kosten der größte Erfolg erzielt werden kann. Leider wurde dieses grundsätzlich kluge System von der EU zwar eingeführt, aber lasch verwaltet: Lobbys erreichten, dass ständig zusätzliche Zertifikate bewilligt wurden. Damit blieb der Erfolg weit unter den Erwartungen.

Auch CO2 Steuern können aber nur Teil eines Maßnahmenkatalogs sein, der alle Lebensbereiche umfassen muss: Natürlich kann man den Individualverkehr nur reduzieren, wenn man ausreichend in den öffentlichen Verkehr investiert. Die Reduktion des Flugverkehrs setzt Hochgeschwindigkeitszüge voraus, auch wenn Flugzeugmotoren in absehbarer Zeit durch Batterie-elektrische Unterstützung weniger CO2 in die Luft blasen werden. Natürlich kann man Hausbrand weit besser reduzieren, wenn man die Häuser besser dämmt. Aber es gibt auch Dächer und Straßenbeläge, die weniger Wärme zurückstrahlen, und jede Grünfläche mit Bäumen nutzt nicht nur der Gesundheit, sondern auch der CO2-Bilanz. Ein ganz große Chance zur CO2- Vermeidung bietet die Digitalisierung: Wenn mehr Menschen zu Hause arbeiten und Besorgungen von dort erledigen, entfallen zahllose Kurzstreckenfahrten. Ähnlich gewaltig kann die Agrarpolitik den Klimawandel beeinflussen: Wenn sie die Aufzucht von Rindern weniger fördert, verringert sich der Methan -Ausstoß. Wobei ich einmal mehr zuversichtlich bin, dass verbesserte Technologie größere Einschränkungen überflüssig machen wird: Wir werden in absehbarer Zeit jede Menge schmackhaften künstlichen Rindfleisches züchten können.

Auch wenn das in Österreich ein ketzerischer Gedanke ist.

[1] Wer gar keine Steuer zahlt, profitiert vom verringerten Krankenkassenbeitrag und je fünf Prozent weniger Steuer bei den untersten Steuerstufen kommen einmal mehr Geringverdienern zu Gute.

2 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Lingens!

    Da ich glaube, dass sie in ökonomischen Belangen mehr als kompetent sind, generell eine Frage zur Besteuerung: Was halten sie von der von Gegnern von Vermögenssteuern immer wieder angeführten Behauptung, dass eine solche Abgabe zu Kapitalflucht führen würde, da man ja als extrem wohlhabender Mensch sein Vermögen quasi per Knopfdruck ins Ausland transferieren kann?

  2. Ich muss es immer wieder betonen. Die – von Menschen verursachte – Erderwärmung hängt zum überwiegenden Teil von der Größe der Erdbevölkerung ab:
    1950: 2,5 Milliarden – 2000: 6,2 Milliarden – 2050: von der UNO geschätzt über 9 Milliarden
    Und nahezu alle Menschen wollen den “westlichen Standard” (entweder dass sie “zu uns” kommen oder ihn “zuhause” aufbauen wollen).

    Bei “uns” (ca. 8,5 Millionen Einwohner) gibt es ca. 5 Millionen Autos. Oder glaubt wirklich irgendwer ernsthaft, dass die Elektromobilität (Batterienerzeugung usw.) den Planet Erde abkühlen lässt.

    Wer will schon auf etwas verzichten? Wenn sich selbst bei uns eine kleine Gruppe wegen dem Verlust eines Feiertags (Karfreitag) ins Hoserl macht …

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