Falsche Aufregung ums Schreddern

Meine Annahme, dass es selbstverständlich und auch gerechtfertigt sei, Festplatten des Kanzleramtes oder wichtiger Ministerien anlässlich eines Regierungswechsels zu schreddern, hat sich unerwartet rasch bestätigt. Natürlich wurden auch unter Christian Kern Druckerfestplatten des Kanzleramtes vernichtet.

Dass er es nicht angeordnet und bis gestern nichts davon gewusst hat, halte ich für zumindest wahrscheinlich. Denn so blöd, Sebastian Kurz für dessen Behauptung, es sei so gewesen, eine Klage anzudrohen, ist Kern beim schlechtesten Willen nicht. Allerdings zeigt sich einmal mehr, wie wenig er wusste, was in seiner engsten Umgebung vorging

Ich wollte es gäbe nichts Schlimmeres

Die Aufregung in der Öffentlichkeit halte ich unverändert für übertrieben: Kein Mensch, der große Verantwortung in einer hohen politischen oder sonstigen Funktion getragen hat, kann es für wünschenswert halten, dass jedes jemals von ihm getippte Wort zu Kenntnis seines Nachfolgers gelangt. Auch ich hätte es nicht geschätzt, wenn mein Nachfolger als Chefredakteur des profil, jedes jemals von mir getippte Wort gelesen hätte.

Wenn dieses Land keine anderen Probleme hätte, als dass Amtsträger bei ihrem Ausscheiden Druckerfestplatten schreddern, wäre ich hochzufrieden.

Ich teile die Rechtsansicht jenes Rechtsgelehrten, der bezweifelt, dass das Gesetz des Staatsarchivs, wonach ihm die Daten aller Verwaltungsvorgänge abzuliefern wären, tatsächlich auch die Ablieferung von Druckerplatten erzwingt.

5 Kommentare

  1. Der Punkt an der ganzen Schredderaffäre ist doch nicht, dass hier ordnungsgemäß Festplatten mit möglicherweise sensiblen Daten vernichtet wurden. Das Problem sind die Umstände unter denen dies an einem Standardprozedere vorbei unter offensichtlich höchster Paranoia durchgeführt wurde. Das heizt Spekulationen über die Qualität der so vernichteten Daten an (eine eventuelle Involvierung der ÖVP in die Ibiza-Affäre etc.)

    Niemanden hätte es interessiert, wenn ein paar Festplatten von Mitarbeitern von Kurz einfach an die Firma Reißwolf zur Vernichtung übergeben worden wären. Offensichtlich waren die Daten darauf aber so heikel, dass die Mitarbeiter Panik davor hatten, diese könnten trotz Vernichtungsauftrag an die Öffentlichkeit gelangen, sodass sie das gewählte Prozedere (falscher Name, etc.) für notwendig erachteten…

    1. Es ist ein Unterschied, ob ein Akt ordnungsgemäße skartiert wird, allenfalls im elektronischen Bereich durch physische Zerstörung der Festplatte, oder ob jemand Festplatte unter dubiosen Umständen außer Haus shreddern lässt und nicht einmal bezahlt.

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