Casino: Wenn ein Hut brennt, dann ein schwarzer

Der erste Teil meiner hier geäußerten Vermutung hat sich erfüllt:

Die Staatsanwaltschaft hat die Verfahren gegen H.C. Strache und Johann Gudenus in Bezug auf ihre unsittlichen Angebote an eine vermeintliche russische Oligarchin zu Recht eingestellt: Diese Angebote haben zwar Straches Charakter offenbart, aber er hätte sie 2017 mangels Amtsgewalt nicht verwirklichen können.

Rothensteiner und Löger haben Erklärungsbedarf

Heikler, allerdings m. E. weniger für ihn als für Aufsichtsrat Walter Rothensteiner und Finanzminister Hartwig Löger, ist die Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casino AG.

Dass es sich um üblen Postenschacher handelt, steht außer Zweifel, aber strafbar ist er nur, wenn eine Strafbestimmung verletzt wurde. Diesbezüglich besteht ein berechtigter Verdacht. Gewiss ist allerdings vorerst nur, dass Sidlo bestellt wurde, obwohl ihm der zuständige Headhunter die Qualifikation absprach. Und gewiss ist, dass der Aufsichtsrat sich mit diesem negativen Bericht des Headhunters gar nicht befasst hat.

“nicht von sachfremden Interessen leiten lassen”

Die Frage ist freilich, ob sich der Aufsichtsratsvorsitzende damit strafbar gemacht hat.

Was vorliegen könnte, ist zweifellos ein Verstoß gegen das Aktiengesetz, denn dieses verlangt von einem Aufsichtsratsmitglied dieselbe Sorgfalt wie von einem Vorstandsmitglied: Es darf sich bei seiner “unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lassen” bzw. muss ” auf der Grundlage angemessener Information annehmen dürfen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.”

Da wird es, wenn die Behauptungen der anonymen Anzeige sich als glaubwürdig erweisen sollten, eng für Walter Rothensteiner, soll er doch geäußert haben, er habe sich bei Sidlos Bestellung dem Druck Hartwig Lögers gebeugt.

Entsprechend heikel wird es in diesem Fall auch für Hartwig Löger, wenn erwiesen würde, dass er diesen Druck ausgeübt hat, indem er die vielleicht doch eher sachfremde Forderung erhob, den freiheitlichen Partner “jedenfalls zu berücksichtigen”.

Ein nahezu sicheres Dementi

Ich gehe freilich davon aus, dass Rothensteiner seine Äußerung heftig dementieren wird und dass Löger ebenso energisch erklären wird, dass er bei seinem Ersuchen, und mehr sei es nie gewesen, natürlich immer davon ausgegangen sei, dass die Gesetze eingehalten würden – nie habe er auch nur in Kauf genommen, dass Sidlo entgegen dem Aktiengesetz bestellt werden könnte. Die negative Beurteilung durch den Headhunter sei ihm nicht bekannt gewesen.

Womit der schwarze Peter bei Rothensteiner bliebe, der nach wie vor begründen müsste, warum der entsprechende Headhunter-Bericht dem Aufsichtsrat nicht vorgelegt wurde.

Ich nehme an, dass er sagen wird, er habe angenommen, dass Sidlos Bestellung sehr wohl “zum Wohle der Gesellschaft” erfolgte, hätte doch der Finanzminister als Miteigentümer der Casino AG drauf Wert gelegt. Dass das Interesse des Hartwig Löger nicht automatisch mit dem Interesse der Republik und der Casino AG ident sein muss, ist eine Behauptung die die Staatsanwaltschaft erst belegen müsste. Im Übrigen wird Rothensteiner zweifellos sagen, dass er persönlich Sidlo sehr wohl für qualifiziert gehalten hat.

 Strache hat vorerst das geringere Problem

Bleibt das Problem, dass, um Sidlo zu bestellen, sein Vorgänger als Finanzvorstand vorzeitig abgelöst werden musste, was die Casino AG ziemlich viel Geld gekostet hat.

Rothensteiner wird also erklären müssen, dass diese Ablöse in Wirklichkeit aus ganz anderen Gründen und rechtmäßig erfolgt ist, wobei Rechtmäßigkeit im Allgemeinen angenommen wird, wenn, wie in diesem Fall, die Billigung durch den Aufsichtsrat – der ja zahlreiche Mitglieder hat – gegeben ist.

Andernfalls sähe sich Rothensteiner nicht zuletzt einer geschmalzenen Schadenersatzklage gegenüber und man könnte ihm auch eine Untreuehandlung gegenüber dem Unternehmen unterstellen.

Angenehm ist die Untersuchung für ihn – natürlich gilt die Unschuldsvermutung – also kaum.

Unangenehm für Strache würde sie m.E. dennoch nur, wenn erwiesen werden könnte, dass die FPÖ im Gegenzug für Sidlos Ernennung gesetzwidrige Änderungen des Glücksspielgesetzes oder Ähnliches in Aussicht gestellt hat.

 

 

 

6 Kommentare

  1. Das ist alles leider richtig, jedoch: Solange man die OsterreicherInnen nicht besser bildet -das Schulsystem also nicht positiv aendert- wird sich das Beurteilungsvermoegen des stimmberechtigten Volkes nicht aendern und es wird weitergehen wie bisher; sehr bequem fuer Politiker, die nur um ihren Machterhalt kaempfen. Die wenigen, die anders sind, bemerkt bzw. erkennen die meisten nicht.
    Und unser Steuergeld wird weiterhin verschwendet.

  2. Genauso wie in diesem Artikel beschrieben ist es und es ist für mich sehr verwunderlich, dass dies in der medialen Diskussion bis jetzt kaum zum Ausdruck gebracht wurde. Die bisherigen in den Medien zitierten Äußerungen von Herrn Rothensteiner als AR-Präsident sind für jemanden, der mit dem Aktienrecht vertraut ist, haarstreubend. Sie kommen fast schon einer Selbstanzeige gleich. Nachdem es die originäre Aufgabe des Aufsichtsrates ist, den Vorstand zu bestellen, kann es nur der Aufsichtsrat gewesen sein, der den Headhunterbericht angefordert hat. Und wenn dann der AR-Präsident einen negativen Bericht seinen AR-Kollegen verheimlicht, nur um einen Kandidaten durchzuboxen, dann hat er sich aktienrechtlich strafbar gemacht. Es sollte eindeutig geklärt werden, wer diesen Bericht angefordert hat, wer ihn gesehen hat und ob er tatsächlich nicht dem gesamten Aufsichtsrat zur Kenntnis gebracht wurde. Man kann immer argumentieren, etwas “zum Wohle der Gesellschaft” getan zu haben. Man kann aber nicht “zum Wohle der Gesellschaft” das Aktienrecht verletzen.

    1. ERGÄNZUNG

      Ich habe soeben Andreas Unterbergers Kommentar zu der Rolle des Aufsichtsrates gelesen, nämlich:

      “Warum hat der Aufsichtsratsvorsitzende Walter Rothensteiner das wenig schmeichelhafte Gutachten über Sidlo nicht allen Aufsichtsräten zukommen lassen? Präziser gefragt: Warum hat der Aufsichtsrat mit Mehrheit ausdrücklich beschlossen, dass das Gutachten nicht allen weitergegeben wird? Diese auf den ersten Blick sehr merkwürdig erscheinende Vorgangsweise findet man jedoch in vielen Aufsichtsräten. Sobald sich vor der eigentlichen Sitzung eine Mehrheits-Gruppe auf etwas geeinigt hat, trachtet sie, ihre Entscheidung möglichst problemlos durch die Sitzung zu bringen. Dabei will man der Minderheit möglichst wenige Gegenargumente in die Hand geben.”

      Die Möglichkeit, dass ein Aufsichtsrat mehrheitlich beschließt, einer Minderheit für eine wichtige Entscheidung kritische Unterlagen gar nicht erst zur Verfügung zu stellen, damit man dieser Minderheit keine Gegenargumente in die Hand gibt, ist mir – offen gesagt – nicht in den Sinn gekommen. Durchaus möglich, dass das de jure Herrn Rothensteiner entlastet. Dass das aber in keinster Weise einer akzeptablen Corporate Governance entspricht, steht auf einem anderen Blatt. Wo bleibt die Kontrollfunktion des Aufsichtsrates, wenn eine einfache Mehrheit bestimmt, die anderen von der Kontrollfunktion auszuschließen?

      1. da kann ich ihnen nur voll und ganz zustimmen;leider ist das wohl ueberall so gelebte praxis;es ist legitim alles, was geht auszunuetzen.hier sollte der gesetzgeber schnellstens abhilfe schaffen.fast allen managernInnen – nicht nur politikernInnen- ist machterhaltung/ausweitung oberstes gebot.und alle reden von teamarbeit,gemensamer verantwortung…ha, ha, ha

  3. Ich bin überzeugt, dass wir in einigen Monaten, die von Herrn Lingens skizzierte Verteidigungslinie der sauberen Herren, fast wortgleich in den Medien lesen können. Und dennoch scheint festzustehen, dass Kurz – der solche Machenschaften nicht nur geduldet, sondern vermutlich forciert hat -wieder Kanzler wird. Versteh einer die ÖsterreicherInnen.

  4. Ich gebe ihnen Recht, aber….

    bei einem Beamten als Amtsträger gilt schon ein Mittagessen als anfüttern, bei einem Vizebürgermeister oder einem Abgeordneten zum NR – nicht zum EP siehe Strasser – scheinen andere Regeln zu gelten.

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