“Neos” kommt leider von “Neoliberal”

Die Kurz-Diskussionen der Parteichefs aus ORF 2 sind doch sehr aufschlussreich. Bisher dachte ich, dass der Parteiname “NEOS” sich am ehesten von “Neuerer ” oder “Neues Denken” herleitet – aber er kommt eindeutig von “neoliberal”.

In der Diskussion mit Pamela Rendi-Wagner führte diese, um ihre “Millionärssteuer” zu begründen, an, dass ein Polizeibeamter 400 Jahre arbeiten müsste, um aus seinem zu rund 30 Prozent versteuerten Einkommen, jenes Vermögen anzusparen, das Heidi Horten steuerfrei geerbt hat. Beate Meinl -Reisinger blieb dennoch strikt dagegen, dass Österreicher, den Betrag, den sie über eine Million Euro hinaus erben, wie etwa in der Schweiz, Deutschland oder den USA zu 20 Prozent und ab 10 Millionen zu 35 Prozent versteuern müssen, und begründete das damit, “dass die Steuerlast in Österreich ohnehin derart hoch ist”.

Erbschaftssteuern erlaubten niedrigere Lohnsteuern

Nun sind Österreichs Lohnsteuern zum ersten exakt gleich hoch wie die Deutschlands – die höhere Abgabenquote kommt nur zustande, wenn man auch die Zahlungen an die Sozialversicherung hinzurechnet, die als “Versicherung” freilich auch viel höhere Pensionen als in Deutschland garantiert. Zweitens und vor allem ließen sich Österreichs Lohnsteuern eben genau um das senken, was der Finanzminister durch eine Erbschaftssteuer für Superreiche mehr einnähme. Genau das -die Steuern auf Arbeit zu senken und die Steuern auf Vermögen entsprechend zu erhöhen- ist es, was OECD oder IWF Österreich seit einem Jahrzehnt dringend empfehlen.

Aber für neoliberale Parteien wie die ÖVP und leider auch die NEOS ist es absolut unzulässig, dass der Staat in das einmal auf dem “freien Markt” entstandene Vermögensgefüge eingreift. Er darf den Lohnabhängigen zwar sehr wohl bis zu vierzig Prozent dessen wegnehmen, was sie erarbeiten, nicht aber denjenigen auch nur einen Cent wegnehmen, die geerbt oder geschenkt bekommen haben. Leistungsfrei erworbenes Vermögen ist NEOS-Liberalen heilig – auch wenn es das Gegenteil von “wirtschaftsfreundlich” ist – denn wer die Wirtschaft wirklich befördern will, will dass Vermögen geschaffen, nicht geerbt wird. In ihrer besten Zeit, in der Ära Dwight D. Eisenhowers, besteuerten die “kapitalistischen” USA Erbschaften (1)  mit bis zu 77 Prozent.

(1) Mit der wirtschaftlichen Depression im letzten Jahrhundert, die den Staat seiner Einnahmen beraubte, fanden die Gedanken einer Erbschaftssteuer in den USA neue Nahrung. In den 1930er-Jahren hatte die „Share Our Wealth“-Bewegung sieben Millionen Mitglieder und setzte Präsident Roosevelt so unter Druck, dass er die Nachlasssteuern für Vermögen von mehr als 10 Millionen Dollar auf 60 Prozent anheben ließ. 1940 wurde dieser Steuersatz noch mal auf 77 Prozent angehoben, und dieser Steuersatz galt bis ins Jahr 1976. Auch wenn wir uns das heutzutage kaum noch vorstellen können.

8 Kommentare

  1. 1. Der Lebenslauf von Frau Meinl-Reisinger überzeugt mich nicht. Wie viele andere, die aus privilegierten ÖVP-Kreisen stammen, ist sie ganz begeistert von unserem Wirtschaftssystem, das sie selbst nur vom Hörensagen kennt. Sie hat ihr ganzes Leben im öffentlichen Dienst inklusive Kammern gearbeitet. Die Nachteile unseres Wirtschaftssystem, die viele Beschäftigte der Privatwirtschaft oft als Leiharbeiter oder atypisch Beschäftigte Tag für Tag erleben, hat sie am eigenen Leib nie erfahren.
    2. Es scheint gerade so, dass das amerikanische Wirtschaftssystem, das spätestens seit der Ära Reagan einen schwachen Staat verlangt, gerade gegen das chinesische Wirtschaftssystem mit einem sehr starken Staat, den Kürzeren zieht.

  2. Ich bin für mehr Staat. Als jetzt. Der Staat ist die letzt-verantwortliche und oft einzige Instanz, die wir Bürgerinnen und Bürger im Alltag und besonders in Not anrufen können – Polizei, Gerichte, Finanz, Gesundheit, Bildung … und jedesmal, wenn in der Wirtschaft etwas schief geht, darf es der Staat in Ordnung bringen – zu 100 Prozent verlässlich! Also sollte der Staat auch die letzte, die oberste Instanz sein. (1)
    Wir brauchen ebenso eine gesunde Wirtschaft, mit so wenig Gängelung als möglich, da bin ich ganz auf Seiten der Wirtschaft. Alles was geht, soll sein. Die strittigen Punkte … liebe MitbürgerInnen: die Sozialpartnerschaft war etwas SEHR Gutes. Schlecht ist es immer nur, wenn Institutionen fett werden.
    (1) Wenn, wie zuletzt, eine Wissenschaftlerin von einem großen Konzern geklagt werden kann, ohne dass sich die Universität als Institution zu Wort meldet … dann haben sich die Gewichte unzulässig verschoben.

  3. Das ist es, was mir leider die Neos von Anfang an verdächtig gemacht hat – der neoliberale Touch. Wenn Geld das letzte Wort hat. Sonst sind sie nicht schlecht.

  4. Das wahre Gesicht der NEOS
    Die letzten, großen Worte der derzeitigen NEOS-Führung, waren ziemlich deutlich. Sie sind und bleiben neoliberal. Ihr Ursprung, die Idee eines in der ÖVP abgehalfterten Abgeordnetensekretärs und die neue Chefin hat auch ihre Wurzeln in der Vorarlberger ÖVP. Das ganze Gelaber, man sei für den „kleinen Mann“ da, war nur Augenauswischerei und Wählerfang. Strolz war früher im Parlament Mitarbeiter beim ÖVP-Abg. Graf, also die Nähe zu der Ideologie der ÖVP und zu den Unternehmern ist nach wie vor stark erkennbar. Schellhorn, Haselsteiner, Hoyos, keine Arbeitnehmer, sondern Arbeitgeber. Bei der Abstimmung gegen die Regierung Kurz haben sie sich bewusst herausgehalten, man könnte ja vielleicht die ÖVP in Zukunft brauchen! Und jetzt sind sie auch noch gegen die schon längst fällig gewesene Erhöhung der kleinen Pensionen, weil die Preise für den Lebensunterhalt nach wie vor exorbitant steigen. Besonders die Grundnahrungsmittel wie Brot, Butter, Zucker, Eier und Mehl kosten heute mehr als das Zehnfache zu Schillingzeiten. Und die heutigen Pensionen wurden ja damals für die heute 70 und 80-Jährigen auf Schillingbasis berechnet. Ein Kilo Schwarzbrot zwischen 3 bis 5 €. Das waren damals immerhin zwischen 36 und 63 alte Schillinge. Auch auf Märkten verkaufen die Produzenten ohne Zwischenhandel ihre Waren zu ähnlichen Preisen. Und da behaupten NEOS-Abgeordnete wie ihr „Oberlehrer“, der Vorarlberger NEOS Landessprecher LOACKER, die mit den Großparteien ausgehandelte Pensionserhöhung sei nur ein „Wahlzuckerl“. Wenn man fast 9.000.- € Abgeordnetengehalt als „Sitzungsgeld“ einstreift, wäre es besser, er würde sich einmal in die Niederungen der ASVG-Pensionisten begeben, die 30-40 Jahre ihres Lebens tagtäglich geschuftet haben, um diese Pension zu Recht zu bekommen. Als Jahrgang 1973, der erst 1997 die Uni verlassen hat, steht es ihm bei Gott nicht zu, solche Sprüche zu klopfen. Es sollte einmal als „Ferialpraktikant des Parlaments“ 2 Monate im Sommer hart arbeiten, um die echten Probleme und Sorgen der Lohnanhängigen kennen zu lernen.

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