Sebastian Kurz – perfekter Promotor falscher Thesen

Wenn ich mich nach den zahllosen TV-Duellen, Sommergesprächen und Pressestunden der letzten Wochen frage, wer seinen Standpunkt am besten vertreten hat, komme ich zu einem für mich überraschenden Ergebnis: Mit deutlichem Abstand Sebastian Kurz.

Er vermochte wirtschaftlich in meinen Augen grundfalsche und international zumindest höchst umstrittene Thesen – Nulldefizit, Ausgabenbremse, Verzicht auf CO2-Steuer, Verzicht auf Erbschaftssteuer- ohne den kleinsten Kratzer über die Rampe zu bringen. Nicht ein einziges Mal kam es so weit, dass er gezwungen gewesen wäre, zu erklären, warum er so sehr an „Austerity“ festhält, obwohl nicht nur Wirtschaftsnobelpreisträger wie Paul Krugman, „Wirtschaftsweise“ wie Bert Rürup, Thinktanks wie IIF oder Wirtschaftsorganisationen wie der IWF ihr „mehr Schaden als Nutzen“ bescheinigen und mittlerweile sogar deutsche Arbeitgeber davon abrücken.

Ich bescheinige Kurz neidlos eine argumentative Meisterleistung – dank stets perfekter Vorbereitung, der Fähigkeit langsam, einfach und volksnah zu sprechen und dabei dennoch stets als Staatsmann zu wirken, der über kleinlichen Zwist erhaben ist.

Kraft-und saftlose Gegenspieler

Dass er das so perfekt auf die Bühne zu bringen vermochte, lag freilich auch an der eklatanten Schwäche seiner jeweiligen Gegenüber, insbesondre auch der interviewenden Journalisten, sobald es um wirtschaftliche Fragen ging. Um es an einem Beispiel aus der letzten Pressestunde zu illustrieren: Um seinen Verzicht auf eine CO2-Steuer zu rechtfertigen, argumentierte Kurz fürs Publikum sicher erfolgreich, dass er die VOEST nicht durch eine solche Steuer aus dem Land treiben wolle und lieber darauf setze, dass sie ihren CO2-Ausstoß mittels Wasserstofftechnologie in den Griff bekäme.

Keiner seiner Interviewer kam auf die Idee, einzuwenden, dass Schweden, das über die stärkste Bergbauindustrie Europas und die weltgrößten Eisenerzvorkommen verfügt, sehr wohl mit Erfolg, und ohne dass diese Industrie ausgewandert wäre, eine CO2-Steuer eingeführt hat.

Ähnlich unwidersprochen blieb seine wohlklingende Behauptung, dass er eben skeptisch gegen die Annahme sei, dass man das CO2 -Problem mit einer einzigen Maßnahme – eben der CO2-Steuer – in den Griff bekäme. Obwohl nicht ein Verfechter der CO2-Steuer – von Werner Kogler über Beate Meinl-Reisinger bis Peter Pilz – diese Meinung vertreten hat, weil natürlich jeder von ihnen weiß, dass es selbstverständlich auch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, einer Umstellung der Landwirtschaft oder des Handels mit CO2-Zertifikaten bedarf. Es sind nur alle befassten Fachleute darin einig, dass die CO2 -Steuer innerhalb dieses Mix unverzichtbar ist.

Peter Pilz hängt am Umfrage-Galgen

PS: Wenn man mich danach fragte, wer von den Beteiligten nach Sebastian Kurz am besten argumentiert hat, ist meine Antwort wieder eindeutig: Mit Ausnahme eines einzigen Durchhängers war das Peter Pilz. Nur er vermochte seinen jeweiligen Standpunkt so klar, so einfach und auch immer so langsam und eindringlich vorzutragen, dass auch zuhörende Laien sofort mitkamen.

Wenn er, wie es aussieht, nicht mehr ins Parlament kommt, wird er dort ob dieser Fähigkeit in hohem Ausmaß fehlen. Denn er war, zumindest im Fernsehen, mehr und wirksamere Opposition als alle anderen Oppositionsführer zusammen. Wenn die Zuseher, die nach seinen jeweiligen Auftritten einen ähnlichen Eindruck hatten., ihn trotz der vernichtenden Umfragewerte dennoch wählten, steht zu fürchten, dass sie ihre Stimme vergeuden, käme er mit einiger Wahrscheinlichkeit doch ins Parlament.

Insofern bewirken die Umfragen das Ergebnis, das sie prophezeien.

 

13 Kommentare

  1. Lieber Herr Lingens, nachdem uns bis heute kein einziger Wissenschaftler einen wasserdichten Beweis für die Eistenz eines von Menschen gemachten Klimawandels, auch nicht für den Treibhauseffekt, vorlegen konnte, sollten auch Sie diesen als das ansehen, was er der Sache nach ist: Ein Schwindel, an dem sich von Al Gore über das Greta-Mannagement bis zur Rockefeller Stiftung eine Menge Leute deppert verdienen.

  2. Das Ziel jedweder Umweltmaßnahme sollte sein, die Menge zu reduzieren. Deswegen wäre es interessant, bei einzelnen Maßnahmen immer gleich Beispiele der damit verbundenen Mengenreduzierung zu nennen. Hat die schwedische CO2-Steuer Auswirkungen auf die Menge gehabt? Hat der CO2-Zertifikatenhandel Auswirkungen auf die Menge gehabt? Hat die x-Millionen verschlingende, 20 Km lange neue Bahnverbindung zwischen Gmunden und Vorchdorf positive Auswirkungen auf die Umweltbilanz gehabt oder haben leere Züge diese Bilanz sogar verschlechtert? Gibt es vielleicht andere, neue Technologien, deren erfolgreiche Umsetzung die Menge reduzieren könnte? (z. B. liest man ja hin und wieder etwas über eine neue Technologie des CO2-Recycling).

    Zu Beginn meiner Bankerkarriere, vor über 40 Jahren, wurde an mich ein Projekt der Nuclear Fusion herangetragen. Da ich keine Ahnung hatte, worum es bei Nuclear Fusion ging, erkundigte ich mich in der Fachabteilung der Großbank. Mir wurde gesagt, dass Nuclear Fusion eine Zukunftsvision ist, die möglicherweise früher oder später einmal erfolgreich umgesetzt werden würde, aber sicherlich nicht mehr zu meinen Lebzeiten. Allerdings: sollte sie einmal erfolgreich umgesetzt werden, dann wäre der Energiebedarf der ganzen Welt erledigt.

    Ich verstehe auch heute nicht mehr von Nuclear Fusion als damals. Wenn es aber Visionsprojekte gibt, die den Energiebedarf der ganzen Welt erledigen würden, dann sollte man – zusätzlich zu Kurzfristmaßnahmen – auch auf diese Projekte setzen.

    Zu Kurz: man muß schon von extremen Vorurteilen geprägt sein, um nicht zu erkennen, dass Kurz ein außergewöhnliches politisches Talent ist. Wenn er bei Sachthemen in der Meinung von Experten schief liegt, dann sollten sich die Experten darauf konzentrieren, Kurz entsprechend aufzuklären. Der Mann ist noch jung genug, um “jeden Tag klüger zu werden” (Adenauer).

  3. Kurz ist und bleibt ein Phrasendrescher und Rattenfänger. Er ist zwar sehr gut gebrieft, aber wenn man ihm abseits seines Klischees eine Frage stellt, dann wirkt er plötzlich ertappt. Er schwadroniert von CO2 Autos und Anlagen und hat nicht einen Funken Ahnung davon. Er und seine türkise Regierung haben in 525 Tagen das gute und anerkannte Sozialsystem Österreichs so ziemlich an den Abgrund geführt, die KK wurden ihrer Rücklagen, die die Mitglieder einbezahlt haben, so ziemlich beraubt und durch den Zwang mit der FPÖ regieren zu müssen, hat Österreich viel Ansehen in aller Welt verloren. Er ist und bleibt ein 110%-iger EGOMANE, der, wenn es sein muss, auch über Leichen geht. Nie wiedwer KURZ muss das Motto lauten!!

  4. „dank stets perfekter Vorbereitung, der Fähigkeit langsam, einfach und volksnah zu sprechen und dabei dennoch stets als Staatsmann zu wirken.“
    Vielleicht könnten ja die politischen Gegner es auch zur Abwechslung versuchen so zu argumentieren, statt über „kleinlichen Zwist“ zu diskutieren.

    Wenn die Liste Jetzt aus dem Parlament fliegt und dafür Kogler und seine Parteifreunde wieder einziehen, werde ich mich darüber freuen.

  5. Kurz ist nicht überraschend gut vorbereitet und auch rhetorisch brillant, er hat sein Können schon unter Beweis stellen können, egal ob man nun mit ihm und den Ausführungen einverstanden ist. Ich sehe es aber genauso, dass die Schwächen der Gegenspieler ihm nützen, auch das ist Kurz offensichtlich bekannt. Ich denke er hat die besseren Ratgeber und weiss genau seine Stärken einzusetzen , wie in der gestrigen Runde der Privat TVs zu sehen war. Staatsmännisch … man kann nur den Kopf schütteln über manche Teilnehmer/innen, die sich so exponiert haben, dass man sich genieren muss. Persönliche Angriffe gehen meistens nach hinten los…

    Pilz wird fehlen in der Opposition… ja…

    1. Dieser ganze Klamauk mit den Privaten gehört abgestellt. Ungelernte Journalisten interviewen ungelernte Politiker. Damit züchtet man nur Nichtwähler!!

  6. Danke, Herr Lingens, dass Sie auch die Argumente für eine C02-Steuer (Schweden) immer wieder erwähnen, zu der Assymetrie in der Geldpolitik zugunsten Deutschlands – die zu kurz gedacht ist, wenn man sich ein stabiles Europa wünscht.
    (Sollte man nicht auch die Personenfreizügigkeit einmal kritischer betrachten? Aus den Blickwinkeln von Ländern, die gefühlt genug Probleme haben, oder etwa Englands als Insel? Wer lässt man sich schon gerne etwas von außen vorschreiben?)
    Das politische Talent Sebastian Kurz’ erstaunt immer wieder. Eine Zeitlang sagte er, die Tagespolitik aussparend, immer wieder Kluges mit Weitblick. Jetzt scheint es mir, dass ihm doch zu früh im Leben etwas zu viel abverlangt wurde. Und manche Verlockungen der Popularität sich als einfachen, schnellen Ausweg anbieten.

  7. Das mit der mangelhaften Nachfragebereitschaft der Kollegen (bin selber Journalist) sehe ich genau so.

    Jetzt gegen Ende können sie wahrscheinlich einfach alle nicht mehr, aber das war leider von Anfang an so.

    Und gestern in der Runde bei den Privatsendern ging es ja gleich GAR nicht mehr um Inhalte. Das ist zumindest Frau Meinl-Reisinger aufgefallen, aber die hat dann auch nur mehr gelacht und dann war es aus damit…

  8. Zu(K)urz: Es gibt kein Richtig in einer falschen empirischen Welt. Zu Pilz: Seine Youtube-Videos sind auch Delikatessen. Die wird es ja hoffentlich weiter geben. Schön wäre es, wenn sich welche für kleines Geld finden, die das mitfinanzieren.

  9. Nein, Peter Pilz wird mir nicht abgehen. Bei der letzten Wahl konnte ich noch etwas Sympathie für ihn aufbringen, aber er ist ein Alphatier, welches zwar gut formulieren kann aber mit kaum jemanden kompatibel ist und nicht einmal seine eigene Partei zusammenhalten kann.

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