Der Casino-Skandal gehört nicht in Koalitionsverhandlungen, wohl aber in einen U-Ausschuss. Der Finanzminister will keinen „Deal“ abgewickelt, sondern Frieden gestiftet haben.
Werner Kogler tat gut dran, die Turbulenzen rund um Hartwig Löger nicht zum Thema seiner Verhandlungen mit der ÖVP zu machen, denn sie haben dort nichts zu suchen. Gleichzeitig stellte er ebenso klar, dass die Grünen nicht zögern werden, einem sinnvollen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zuzustimmen.
Dieser Ausschuss ist trotz der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sinnvoll. Denn auch wenn die Justiz trotz aller Indizien keine Anklagen erheben sollte, handelt es sich doch jedenfalls um übelsten Postenschacher und massivste Korrumpierung: Der „Novomatic“ -Konzern, von dem Strache in Ibiza behauptete, dass er „alle zahlt“, hat jedenfalls mehr Einfluss auf die Republik als ihr gut tut.
Dem Eigentümer, Johannes Graf, ist enorme Tüchtigkeit nicht zu bestreiten: er hat in Niederösterreich als einer der größten Arbeitgeber des Bundeslandes einen Weltkonzern geschaffen. Aber das ändert nichts daran, dass die horrenden Gewinne dieses Konzerns auch darauf beruhen, dass Menschen einer Spielsucht erliegen, die bis zum Verlust ihrer Existenz führen kann. Während der Besuch eines Kasinos wenigstens auf eine relativ schmale, relativ reiche Schicht der Gesellschaft beschränkt ist, hat das „Kleine Glückspiel“ sein Publikum unter Menschen, die selten reich und sehr oft jung sind. Während offenkundig Süchtige im Kasino auffallen und theoretisch gesperrt werden müssen, fallen sie im kleinen Online-Glückspiel, für das der türkisblaue „Deal“, sofern er stattfand, Novomatic Lizenzen bescheren sollte, niemandem auf.
Das Online-Glückspiel ist die staatlich tolerierte maximale Erweiterung des existenzgefährdenden Suchtpotentials des kleinen Glücksspiels. Und mit Ausnahme der NEOS und der Grünen haben alle Parteien- auch die SPÖ daran Anteil. (Dass die grüne Ex-Obfrau Eva Glawischnig sich um „Nachhaltigkeit“ für Novomatic bemüht, ist einer der Treppenwitze der Geschichte, zeigt freilich, welche Anziehungskraft die enorme Finanzkraft des Konzerns besitzt.)
Mit besonderer Spannung erwarte ich dennoch, wie sehr sich Grüne im Ausschuss dafür einsetzen werden, eine Gretchenfrage zu klären: Was oder wer hat den Finanzminister veranlasst, sich auf so erstaunliche Weise für die Bestellung Peter Sidlos zum Finanzvorstand der Casino-AG (CASAG) einzusetzen.
Die Version des Hartwig Löger
Hartwig Löger gab „im Zentrum“ seine Version dieser Entscheidung zum Besten: Seine zentrale Aufgabe sei es gewesen, den für das Funktionieren der CASAG wichtigen Frieden zwischen ihren ständig streitenden Gesellschaftern, dem tschechischen Mehrheitsaktionär, der Republik Österreich und der Novomatic herzustellen. Das sei gelungen, indem jede Gruppe ihren Vertreter im Vorstand erhalten habe, und von der Novomatic sei ihm Peter Sidlo als ihr Wunschkandidat präsentiert worden. Einen Hintergrunddeal mit der FPÖ könne er zwar nicht ausschließen, weil andere Leute theoretisch immer etwas vereinbart haben könnten, ihm selbst sei aber kein solcher Deal bekannt.
Dieser Darstellung Stehen zwei Aktenvermerke des CASAG Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Rothensteiner gegenüber: „Löger hat mit Graf konferiert, der hat irgendeinen Hintergrund Deal mit den Blauen. Daher ist Sidlo ein Muß.“ Und: „Habe Löger gesagt, dass ich damit eigentlich meine Funktion überdenken muß.“
Dass Löger den Eigentümer der Novomatik Johannes Graf zu einer Besprechung des Themas Sidlo aufsuchte und nicht der ihn sieht der Finanzminister als Notwendigkeit an, den von ihm herbeigewünschten Frieden zu regeln. Dass sein engster Mitarbeiter Thomas Schmid, heute Chef der neuorganisierten staatlichen Beteiligungsverwaltung, Graf unmittelbar vor diesem Treffen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Online- Lizenzen in Photokopie schickte, kann Löger „nicht verstehen“ und sei ihm bisher nicht bekannt gewesen.
Die Verantwortung für die Bestellung Sidlos sieht er ausschließlich beim Aufsichtsrat. Dass das Glückspielgesetz festlegt, dass ein CASAG-Geschäftsführer„aufgrund der Vorbildung fachlich geeignet sein“ und „die für den Betrieb des Konzessionärs erforderliche Erfahrung“ aufweisen muss, sieht er nicht wie Kai Krainer von der SPÖ als gesetzliche Verpflichtung an, Sidlos Eignung persönlich zu überprüfen. Als Staatbürger könnte man freilich meinen, es sei selbstverständliche Aufgabe des Finanzministers, wirtschaftliche Top-Jobs der Republik mit befähigten Leuten zu besetzen. Vom Schweizer Headhunter Walter Zehndner wurde Sidlo jedenfalls jede Eignung zum CASAG- Finanzvorstand abgesprochen, sein Gutachten war aber nicht Gegenstand der Aufsichtsratssitzung, bei der er bestellt wurde, was Walther Rothensteiner und sein Stellvertreter Ex-VP-Obmann Josef Pröll bekanntlich mit „Datenschutz“ begründeten.
Irritation und Unkenntnis
Dass H.C. Strache ein E-Mail an den Finanzminister schickte, in dem es heißt„Lieber Hartwig. Bezüglich Casino-Vorstand ist Peter Sidlo auf Schiene? Danke für Deine Unterstützung!“ habe ihn, sagt Löger, „irritiert“, denn er hätte es sich nicht erklären können. Dass er mit einem aufgestellten Daumen geantwortet habe, hätte purer Höflichkeit entsprochen.
Die Gretchenfrage, ob Sebastian Kurz in die Causa Novomatic eingebunden gewesen sei, beantwortet Löger denkbar energisch: „Nein!“
Der Hinweis auf Straches Handy: „Bitte alle Vereinbarungen, welche mit Löger, Schmidt und Co. getroffen worden sind sammeln und für mich dokumentieren. Kurz will davon nichts wissen und das geht nicht.“ gibt dem Untersuchungsausschuss jedenfalls ein ungelöstes Rätsel auf.
2 Kommentare
Wenn die FPÖ-Skandale abebben und Leitmedien wie der ORF keine entsprechende Stimmung gegen „ganz rechts“ machen, werden die Wahlergebnisse in den nächsten Jahren / Jahrzehnten anders ausschauen. (Dass die ÖVP mittlerweile die meisten Printmedien kontrolliert, ist kein Geheimnis mehr.)
Wenn man sich die veröffentlichte Bevölkerungsentwicklung in Österreich anschaut, kann man auch davon ausgehen, dass die Zukunft nicht friedlicher wird.
Dazu sagt aber diese Prognose nichts: https://www.derstandard.at/story/2000111392260/statistik-austria-oesterreich-hat-2080-9-93-millionen-einwohner?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR3BS41NEE0FCNwlcCLLl4qY9lRnL32O_WuysTVEg2kZVJyyVuKjAIpsnWE#Echobox=1574427839
Vielleicht denkt die SPÖ doch einmal um und orientiert sich an Dänemark. Dann sind vielleicht sogar wieder Wahlsiege möglich …
Wir haben offensichtlich nur Clowns und Lügner in der Spitzenpolitik. Und der SPÖ-Tiroler Dornauer setzt noch eins (wenn’s nur eins wäre) drauf. Dass ihn Rendi-Wagner nicht einfach rausschmeißt – oder zumindest seinen Abgang offen nahelegt -, ist unfassbar.
Demnach haben wir drei Parteien, die nach ehrlichem politischen Verständnis unwählbar erscheinen: die FPÖ (sowieso – Stache, Liederbücher, Gold, …), die ÖVP (verlogen und machtgeil) und die SPÖ (dumm, dass sich die Balken biegen).
Bleiben die Grünen: Mit dem Katastrophenszenario „Klimawandel“ (den es auch ohne menschliches Zutun immer gegeben hat – und im Mittelalter war es wärmer als heute), das unsere Wirtschaft und Arbeitswelt massiv schädigt und dem Migrations-Support, der unseren Kulturkreis nicht zum Besseren wendet (weder wirtschaftlich, sozial, sicherheits- und bildungsmäßig) ist diese – zugegebenermaßen – ehrenwehrte Partei nur für naive Idealisten wählbar.