Corona: Es braucht Cash – sofort

In der Theorie stimmt die türkis-grüne Strategie zur Bewältigung des „Shutdown“ der Wirtschaft. In der Praxis fließt viel zu wenig Geld viel zu langsam.

Österreichs Wirtschaftsforscher vermuten, dass „Corona“ das Wachstum um circa 2,5 Prozent vermindern wird. Das ist mehr als optimistisch. Deutschlands Wirtschaftsforscher schätzen, dass jeder Monat „Shutdown“ 5 Prozent Wachstum kostet – in mindestens drei Monaten also 15 Prozent. Wenn die USA nicht kollabieren.

Die Corona -Krise ist mit der Finanzkrise nicht vergleichbar. Damals ging es um einen Krampf des Bankenapparates- diesmal geht um den gleichzeitigen Einbruch von Angebot wie Nachfrage: Unternehmer und gar Dienstleister agieren im Kriechgang – fast niemand kauft mehr als Nahrungsmittel.

Beim Finanzminister besser aufgehoben

Das hat es so noch nie gegeben – daher erfordert es auch Maßnahmen, die es so noch nie gegeben hat. Grundsätzlich halte ich die Strategie der türkis-grünen Koalition für richtig: Es ist richtig „koste es, was es wolle“ aufzuwenden, um die Wirtschaft so über die Runden zu bringen, dass sie ihre Leistung nach „Corona“ wieder hochfahren kann. Das wird, sagt die Regierung ebenso richtig, umso eher gelingen, je schneller und unbürokratischer geholfen wird.

Das Problem ist die Praxis. Zwölfseitige Formulare um Hilfe zu beantragen sind nicht unbürokratisch. Und es wäre, wie die Opposition moniert, sehr wohl besser, die Zahlungen dem Finanzminister zu übertragen, weil er direkten Einblick in die Finanzen aller Anspruchsberechtigten hat. Die Wirtschaftskammer sollte ihm Beamten und Knowhow beigeben.

So bedarf etwa das primär gute Kurzarbeitsmodell dringend der Ergänzung. Gernot Blümel hat am Wochenende angekündigt, dass es Überbrückungskredite für die Lohnzahlungen geben wird, weil das AMS sie ja erst später übernimmt. Aber es muss sie auch für Generalunkosten geben.

Das Geld muss schneller fließen

Wenn kleine Unternehmen nicht demnächst Cash erhalten, bereuen sie nicht nur, das Kurzarbeitsmodell Kündigungen vorgezogen zu haben, sondern sind pleite. Denn Andreas Treichls Annahme, dass die Banken auch illiquiden Unternehmen entgegenkommen, war eher ein frommer Wunsch. In Wirklichkeit sollte der Staat in Zeiten wie diesen „Bank“ spielen und nötige Kredite von sich aus gewähren – und vor allem nie mehr rückfordern, wo es nicht geht. Für diese paar Monate sollte „Helikopter Geld“ sein Vorbild sein. Nationalbank-Präsident Robert Holzmann mag dann zwar bedauern, dass die Krise keine „reinigende Wirkung“ entfaltet – aber es wird noch Unternehmen geben.

Heiner Flassbeck

Fünf dringend konkrete Maßnahmen

Ich habe den Ökonomen und Ex-Staatssekretär im deutschen Finanzministerium Heiner Flassbeck gefragt, ob folgende Vorgangsweise sinnvoll wäre:

  • Niemand muss in den nächsten Monaten Steuern zahlen. Die Abrechnung erfolgt nachträglich und wird meist in Erlässe münden.
  • Niemand muss Sozialversicherung zahlen – der Finanzminister stattet die Sozialversicherung mit den Mitteln aus, die sie zur Erbringung ihrer Leistungen braucht. Abrechnung wie oben.
  • Die Finanz überweist Freischaffenden und EPUs, deren knappe Finanzlage aus den Steuerakten und den aktuellen Corona-Auflagen sofort ersichtlich ist – Kaufläden, Handwerkern, Gastwirten, Kosmetiksalons usw.- sofort Überbrückungshilfen von 20.000 €. Wer sich übergangen glaubt oder mehr braucht, muss es beantragen. Verrechnung und Erlass wie oben.
  • Unternehmen, die von Banken keine Kredite erhalten, erhalten sie vom Finanzministerium das Rückzahlungen der Lage anpasst.
  • Personen arbeitsfähigen Alters, die der Staat nicht sowieso unterstützt und die keiner oder der untersten Steuerklasse angehören, erhalten vom Finanzamt monatlich 850 Euro.

Flassbeck hält diese Maßnahmen durchwegs für sinnvoll: unterlaufende partielle Fehler wären unerheblich neben dem Gewinn an Zeit und Sicherheit.

Die Schulden sind nicht das Problem

Kein Betrag ist zu hoch, um Österreichs Wirtschaft lebendig über die nächsten Monate zu bringen- 38 Milliarden zusätzliche Schulden sind natürlich zu stemmen: Wir erhalten Geld zu Negativ-Zinsen, denn unsere Bonität ist stets höher als die fast aller Corona -betroffenen Länder.

In Wirklichkeit müssen Österreich und Deutschland begreifen, dass genau das ein zentrales Problem ist: Wenn alle, deren Bonität geringer als die Deutschlands oder Österreichs ist, wenn mit Italien die dritt- und mit Spanien die viertgrößte Volkswirtschaft der EU die Krise nicht überstehen, ist Depression in Europa unausweichlich- und die verschlingt auch Deutschland und Österreich.

Wann lernt Deutschland Solidarität?

Leider begreift man das weder hier noch dort. Der „Norden“ wehrt sich unverändert gegen Eurobonds und Ex- EZB-Volkswirt Otmar Issing doziert, dass es „verbotene monetäre Staatsfinanzierung“ wäre, wenn die EZB Spanien oder Italien überproportional durch Anleihekäufe unterstützte. Statt zu begreifen, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden: Italien und Spanien müssen gerettet werden, wenn Deutschland oder Österreich wieder blühen sollen.

Die 750 Milliarden Euro, die die EZB für Anleihe-Ankäufe bereit hält, sind kein Problem wenn man die absurde Angst vor „Schulden“ ablegt: Das Geld, das sie „druckt“, schafft zwar für einige Monate keinen Gegenwert in Gütern und Leistungen, aber es schafft auch keine Inflation, weil in diesen Monaten auch nur wenig Güter und Leistungen gebraucht werden. Wenn die Wirtschaft zu Ende der Krise wieder anspringt, schafft sie die Werte, die dem gedruckten Geld entsprechen. Die angeblich untragbaren Schulden werden, wie die 250 Prozent Staatsschuldenquote Japans, ausschließlich für akademische Diskussionen von Bedeutung sein.

Wichtig ist nur, dass die Wirtschaft tatsächlich wieder hochkommt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Kommentar

  1. Der Bund zählt bei den (bis zu zehn Jahren negativen!) Zinsen zu den vier besten Ländern der Welt. An erste Stelle liegt Deutschland, gefolgt von der Drei-Ländergruppe Finnland, Niederlande und Österreich.

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