Die heikle Frage nach „Neuwahlen“

Wenn man so alt ist wie ich, kann man (muss man) in Kauf nehmen, sich notfalls auch bei Kollegen unbeliebt zu machen:

Ich halte die Frage diverser ZIB-Moderatoren -darunter auch der großartige Armin Wolf – ob Sebastian Kurz an Neuwahlen denkt, weil seine Partei an der absoluten Mehrheit kratzt für höchst problematisch und im öffentlich rechtlichen ORF für beinahe unzulässig.

Am Rande weil sie Kurz` Intelligenz beleidigt: Er weiß natürlich ganz genau, dass er diese absolute Mehrheit sicher nicht erreichte, wenn er jetzt Wahlen vom Zaun bräche.

Vor allem aber weil Fragen wie diese die sowieso problematische Einstellung der Österreicher zu Diskussionen befördern. In einem Land, in dem jede Abstimmung zwischen zwei Kandidaten als „Kampfabstimmung“ diffamiert wird, trägt man zu solchen Diffamierungen bei, indem man die erste sachliche Auseinandersetzung innerhalb der türkis-grünen Koalition zum Anlass nimmt, Neuwahlen für möglich zu halten.

So unterbindet man mündige, sachliche Diskussion innerhalb koalierender Parteien.

Vor allem aber befördern derartige Fragen bei den am meisten gesehenen Sendungen des ORF den Eintritt des Ereignisses nach dem der Moderator fragt: Die ständige ZIB-Frage an Christian Kern und Reinhold Mitterlehner, wie lange ihre Koalition denn noch hielte, war natürlich ein wesentlicher Beitrag zu ihrem Scheitern.

Noch zehn ZIB-Sendungen, bei denen nach „Neuwahlen“ gefragt wird, bringen auch die türkis-grüne Koalition an den Rand des Scheiterns

15 Kommentare

  1. Nach dem bisherigen Wirken von Herrn Kurz und dem beginnenden Grummeln („Koalitionspakt neu verhandeln“) halte ich die Frage für legitim.

  2. Vermögens- und Erbschaftssteuern wären wichtig und richtig, zumal sich der Staat die – notwendigen – Geschenke nicht mehr allzu lange leisten kann. Die SPÖ und Grünen fordern sie, ÖVP, FPÖ und NEOs lehnen sie kategorisch ab. Auch die Menschen in Österreich lehnen sie mit deutlicher Mehrheit ab.
    „Verteilungsfragen“ (Vermögen, Einkommen, Arbeit, …) sind jedoch die wichtigsten in einer funktionierenden Gesellschaft.

    Es ist daher absolut unbedeutend – außer für ein paar Funktionäre -, wann die nächsten Wahlen stattfinden und wie sie ausgehen. Rot-Grün ist meilenweit von einer Mehrheit entfernt.

    Nachsatz: Warum greift die Linke nicht die Kirchen an, die über gigantische Vermögen verfügen? Über deren Beitrag zur Lastenverteilung hat man bis heute noch nicht all zu viel gehört …

  3. CORONA wird der Eisberg für die Kurz-Regierung
    Es ist das unverhersehbare Ereignis für die Regierung Kurz, das Virus hat seine selbstherrlichen Pläne durchkreuzt. Jetzt hat er noch die Gunst seiner Bewunderer, die ihn tagtäglich in den ihm geneigten Medien, zujubeln und beweihräuchern. In seiner hilflosen Politik versucht er uns tagtäglich vorzumachen, es hätte alles im Griff und seine Regierung arbeite für uns, für Österreich. Tatsache ist aber, nur ein Teil Österreichs und seiner Unternehmen bekommen echte finanzielle Hilfe zur Überbrückung ihrer Notlage. Tagtäglich erhöhte man die Hilfe-Milliarden, tagtäglich erhöhte sich aber auch bis heute die Zahl der Arbeitslosen. Fast ein Zehntel aller Österreicher sind bereits arbeitslos oder in Kurzarbeit. Müssen sich mit wenig Geld über Wasser halten. Tausende Kleinunternehmer wissen nicht, wie es weitergehen soll. Was helfen die paar Tausender vom Staat als Almosen, die manche trotz Zusage vom Kanzler, bis heute noch gar nicht bekommen haben. Friseure, Taxler, Zimmervermieter, Marktstandler, Musiker und Schauspieler und viele andere. Sie alle haben Fixkosten, Investitionsraten und Raummieten, die sie momentan gar nicht abdecken können. Viele befürchten schon, dass ihnen der Konkurs droht. Die Stimmung kippt bereits, die Kleinstunternehmer haben nichts von 1.000.-€ von Soforthilfe. Schön langsam erkennt auch Kurz das Problem. Fast tagtäglich hat man in den letzten Wochen die Milliarden erhöht. Wie lange noch? Wie groß ist schon das Loch im Staatssäckel? Wenn keine Steuern hereinkommen, verringert sich auch das verfügbare Geld. Jede Woche neue Richtlinien, jede Woche neue Verordnungen. Das locker am Anfang hinausposaunte Motto: „Koste es was es wolle“ wurde schon zum Rohrkrepierer. Den Österreichern dämmert es von Tag zu Tag mehr, die Hilflosigkeit und die gebrochenen Versprechen dieser Regierung werden zum Waterloo oder zum Titanic-Eisberg für Kurz und dann kann er uns ein neues Motto „verkünden“, nach uns die Sintflut!

    1. Ich finde es schon interessant, für wie selbstverständlich es genommen wird, dass der Staat und seine Regierung einzuspringen und zu helfen hat, wenn etwas Unvorhersehbares wie diese Pandemie passiert. Sich heulend hinzusetzen und darauf zu warten, dass der Staat die Miete zahlt, ist zu wenig. Viele Unternehmer haben kreativ reagiert und das Beste aus der Situation gemacht. Für alle heißt es jetzt den Gürtel enger schnallen.
      Und was die „hilflose Politik“ betrifft: das schnelle Handeln und die durchaus unpopulären Maßnahmen haben dafür gesorgt, dass Österreich zumindest was die Todesrate betrifft glimpflich davon gekommen ist.

      1. Wenn der Staat den Menschen die Lebensgrundlage entzieht (wie begründet auch immer) ist es wohl nur Recht und Billig den Staat für das (wirtschaftliche) Überleben in die Pflicht zu nehmen.

  4. Es ist wohl die in Österreich weit verbreitete Sehnsucht nach Harmonie. Auseinandersetzungen werden nur indirekt und verdeckt ausgetragen, jede sachliche Diskussion wird sofort zu einem Streit aufgebauscht. Es fehlt an Streitkultur, was auch die Lust am Streiten beinhalten würde, eine Trennung zwischen sachlicher und emotionaler Diskussion fällt uns schwer.
    Davon abgesehen: eine schwarz-türkis-grüne Koalition ist keine Liebesheirat, sondern eine Zweckehe, davon getragen, dass es Kurz & Kogler ein persönliches Anliegen zu sein scheint, für das Land etwas weiterzubringen. Und das ist schon einmal wesentlich mehr, als ich den Mitwirkenden der letzten großen Koalitionen nachsagen könnte.

  5. Ich glaube nicht, dass die türkis-grüne Koalition daran scheitern wird, dass nach Neuwahlen gefragt wird. Viel eher könnten Fragen nach der Rechtmäßigkeit bestimmter Erlässe oder Verordnungen dazu führen, dass den Grünen vor Augen geführt wird, worauf sie sich mit der Koalition unter Kurz eingelassen haben: mit dem Abnicken jeder in verfassungsrechtlicher Hinsicht eher fragwürdigen Maßnahme opfern die Grünen einen Teil ihres Wählerpotentials: „mitgegangen – mitgehangen!“ lautet ein Sprichwort, oder: wer sich anfängt zu verbiegen oder sich verbiegen zu lassen, den könnte man bei der nächsten Wahl als verbogen eigentlich außen vorlassen. Es geht also weniger darum, ob Kurz eine Alleinregierung schaffen kann, als viel mehr darum, warum man den Grünen bei den nächsten Wahlen noch eine Stimme geben soll.

  6. Ich gebe Ihnen völlig recht! Jetzt inmitten der Krise über Neuwahlen daherzufaseln ist unverantwortlich, ja eine Frechheit! Die patzige Antwort von Kanzler Kurz auf diese Frage war goldrichtig. Warum der ORF hier Zwietracht in eine funktionierende Koalition sät, ist unverständlich.

  7. Und Ihre Einleitung? Dergemäß Sie sich gleich unbeliebt machen könnten, wenn Sie die fragwürdigen fragekorsette des orf in Frage stellen?

  8. Da haben Sie uneingeschränkt recht. Solche Fragen sind entbehrlich, bringen uns in dieser Situation nicht weiter und suggerieren der Bevölkerung, dass Neuwahlen nur gemacht werden um den eigenen Machterhalt zu verbreitern.
    Was in normalen Zeiten durchaus passieren kann, aber doch nicht in einer so prekären Situation. in der wir uns befinden.
    Sogar wenn BK Kurz so denken würde, wäre er nicht so dumm, diese Frage mit einem Ja zu beantworten, das sollte auch Herr Wolf wissen und das tut er auch. Also stellte er eine Frage, deren Antwort er bereits wissen müsste.
    Es wäre besser gewesen, hätte er Kurz bei der Anhebung des Arbeitslosenbezugs stärker in die Pflicht genommen. Die reale Antwort hätte hunderttausende Menschen mehr interessiert als das Blabla des BK.

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