Covid-19 besiegt man nur überparteilich  

Pamela Rendi Wagner hat dem neuen Epidemie- Gesetz zu Recht zugestimmt- es war dringlich. Die Regierung sollte rasch den von ihr geforderten Schnelltests zustimmen.

Herbert Kickl, der vor zwei Jahren den Bundestrojaner einführen wollte, will Österreich davor bewahren, durch das neue Epidemie-Gesetz zum “Überwachungsstaat” zu werden- so zynisch vermag nur ein Freiheitlicher zu agieren. Gott sei Dank hat Pamela Rendi-Wagner dem Gesetz zur nötigen Verfassungs-Mehrheit verholfen, denn ein funktionstüchtiges Epidemie-Gesetz war dringlich. Wie der Verfassungs-Experte Heinz Mayer behaupte ich, dass es zwangsläufig massiv in Grundrechte eingreifen muss: Schließlich muss man damit auch Ebola oder die Pest bekämpfen können. Ein gutes Epidemie-Gesetz zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es keine rigorosen Bestimmungen enthält, sondern dadurch, dass deren Anwendung ständiger institutionalisierter Kontrolle unterliegt und zeitlich klar befristet ist.

Dass sich Rendi-Wagner als konstruktive Partnerin von Grünen und ÖVP erwiesen hat, erhöht ihre Glaubwürdigkeit- es ging ihr um die Sache und nicht um die Partei. Ich hoffe, dass die Regierung diese Haltung übernimmt und sich jetzt Rendi-Wagners Forderung anschließt, so rasch wie möglich die neuesten Corona-Schnelltests von Roche einzusetzen- denn auch schnelleres Testen ist dringlich.

Zur Illustration: Einer meiner Söhne hatte Kontakt mit einem Covid-19- Infizierten- es dauerte zwei Tage, bis er bei der Telefonnummer 1450 durchkam; zwei Tage später wurde der Test durchgeführt; das negative Ergebnis erhielt er nach weiteren fünf Tagen; allerdings mit dem Hinweis, dass es nicht ganz sicher sei und daher durch einen weiteren Test überprüft werden müsse. Insgesamt dauerte es neun Tage, bis er wusste, dass er Covid-19 negativ ist. Solange wäre er als Arbeitskraft ausgefallen- wenn er als Schauspieler nicht sowieso arbeitslos gewesen wäre. Vor allem aber: Wäre der Test positiv gewesen, so hätte erst jetzt das berühmte Contact-Tracing begonnen, und man kann sich ausmalen, was es bedeutet hätte, erst jetzt alle die Personen ausfindig zu machen, die er vor neun Tagen vielleicht angesteckt hätte und die diese Ansteckung durch neunTage weiter verbreitet hätten.

Der Schnelltest ist also von der Bedeutung, die Rendi-Wagner ihm zumisst und anders als die bisher bekannten Schnelltests scheint der von “Roche” auch zuverlässig. Der Schweizer Pharmakonzern gibt an, dass sein Test in nur 15-30 Minuten ein Resultat liefert, das eine Spezifität von 99,68 und eine Sensitivität von 96,52 Prozent besitzt. Damit wären falsch-positive Ergebnisse fast ausgeschlossen, und die Wahrscheinlichkeit falsch-negativer Ergebnisse läge unter 4 Prozent. Diese Zahlen wurden laut Roche anhand von 426 Probanden in zwei unabhängigen Testzentren ermittelt; die US-Gesundheitsbehörde hat den Test zugelassen; und bei einem ersten Groß- Einsatz in Österreich hat er funktioniert. Ich meine, dass der enorme Zeitgewinn, den er verspricht, eine so große Chance darstellt, dass man das Risiko, dass er sich doch als weniger genau als der PCR-Test herausstellt, vernachlässigen kann.

Auch für die Korona-Ampel wäre es ein Segen, wenn sie überparteilich betrachtet würde. Die Grundidee, mit ihrer Hilfe eine lokale Differenzierung zu ermöglichen- nicht die Sperrstunde in Salzburg zu verändern, weil in Kufstein ein Covid-19-Cluster aufgebrochen ist- bleibt grundvernünftig, auch wenn drei Konstruktionsfehler vorliegen:

  • In der Ampelkommission sollten nur Virologen, Epidemiologen und Public Health-Experten, nicht auch Politiker sitzen, so dass sie ein reines Fachurteil fällt.
  • Es sollte aber offenkundig und klar sein, dass sich die Politik über dieses Fachurteil hinwegsetzen kann: Sie muss es nur begründen und trägt damit auch eindeutig die politische Verantwortung.
  • Am Rande ist es ein Fehler, dass “grün” nicht die völlige Abwesenheit von Covid-19 signalisiert- aber daran kann man sich gewöhnen.

Was der Ampel den Erfolg versagt, ist der Umstand, dass die Politik ohne jeden Zusammenhang mit ihr agiert: Sebastian Kurz hat damit begonnen, die Maßnahmen für ganz Österreich zu verschärfen, ohne es mit dem Urteil der Ampelkommission zu begründen und jetzt machen die Landeshauptleute das gleiche. Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass sie derzeit rigorosere, großflächige, Maßnahmen vorziehen, weil sie Reisewarnungen des Auslandes fürchten, aber das kann man der Öffentlichkeit in exakt dieser Form erläutern: In formalisierten Pressekonferenzen, wie die Regierung sie liebt, soll ein Sprecher der Ampel erklären, was die Ampel sagt, und die Landeshauptleute sollen erklären, warum sie davon abweichen. Man nennt dergleichen “transparente Kommunikation” und sie ist den Bürgern durchaus zuzumuten.

Wie Rudolf Anschober durch die Ampel hat auch Heinz Faßmann durch den Schulbeginn an Zustimmung eingebüßt: Bei Eltern und Lehrern herrscht Verwirrung. Aber das liegt nicht an ihm, sondern am Föderalismus: Bildungsminister, Schuldirektoren und Lehrer können nicht entscheiden, was zu geschehen hat, wenn der Verdacht auf eine Covid-19 Infektion auftaucht- das kann nur die Gesundheitsbehörde, und die ist in jedem Bundesland anders organisiert. Das Gesundheitsministerium hat eine zwar eindeutige, aber unendlich komplizierte Anweisung verfasst, wie sie zu entscheiden hätte – ich habe sie drei Mal durchgelesen, und es fiele mir denkbar schwer ihr zu folgen. Es gibt gelegentlich auch die Notwendigkeit, allzu große Differenzierung um der Verständlichkeit Willen zu unterlassen- ich weiß davon ein Lied zu singen.

 

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