Wer kann die sozialen Medien eindämmen?

Die Information der Massen nicht den „Sozialen Medien“ zu überlassen, ist eine Jahrhundert- Aufgabe. Nur ein völlig anderer ORF-Stiftungsrat ermöglicht ihre Bewältigung. 

Was passiert, wenn ein Staat kein Medium mehr hat, dem das Gros der Bevölkerung zubilligt, nach bestem Wissen und Gewissen wahr zu berichten, hat sich in den USA gezeigt: Ihre Information wurde von den „Sozialen Medien“ und den Sendern zweier Milliardärs-Gruppen übernommen: Fox von „republikanischen“ Milliardären, die für Donald Trump trommelten, CNN von Milliardären, die ihn- korrekt- kritisierten. Aber im Zusammenhalt mit den „Sozialen Medien“ hatte Trump ein Übergewicht, das sich zwingend aus ihrem Geschäftsmodell ergibt: Um für Inserenten möglichst interessant zu sein, brauchen sie möglichst viele Inhalte, die von möglichst vielen Menschen angeklickt werden und das erreichen sie, indem Algorithmen die besonders süffigen Informationen immer weiter nach vor reihen. Besonders süffig sind aber nicht sachliche Informationen, sondern Informationen, die möglichst stark polarisieren- etwa Verschwörungstheorien oder die Lügen Trumps über Hillary Clinton oder Joe Biden.

Das hat entscheidend zur Niederlage Clintons beigetragen, denn zugleich stellen „Soziale Medien“ ideale Einfallstore für Wahlmanipulation dar: Bekanntlich kann man den Wahlkampf dort exakt auf die Menschen zuschneiden, deren emotionales Profil man durch das Filtern der von ihnen hinterlassenen digitalen Spuren exakt ermittelt. Man füttert etwa Leute in prekären Arbeitsverhältnissen mit Informationen, wonach immer mehr Zuwanderer aus Mexiko sie um ihre Jobs bringen- gefolgt von Informationen über Trumps Mauer an Mexikos Grenze. Die Firma Cambridge Analytics hat sich dieses Mittels bekanntlich beim Votum der Briten über den Brexit ebenso bedient wie beim Votum der Amerikaner über Trump. Wenn man hinzuzählt, dass sich auch noch russische Hacker in diese Voten einklinken konnten, indem sie Informationen und Klicks für den Brexit und für Trump einfügten, ahnt man, wie massiv die Wahlmanipulation ausgefallen ist.

Dass Trump die Wahl gegen Joe Biden dennoch verlor, ist fast ausschließlich seiner katastrophalen Corona-Politik zu danken, deren viele Tote sich beim besten Willen nicht wegklicken ließen. Und beinahe hätte Trump seine Niederlage mittels des über die sozialen Medien ausgelösten Sturms aufs Kapitol ungeschehen und seine Lüge von der gestohlenen Wahl zur neuen Wahrheit gemacht.

Die Vorstellung, dass die sozialen Medien der korrekten Information und der Demokratie dienen, ist eine völlige Verkennung der Realität, auch wenn sie in Diktaturen tatsächlich manchmal korrekte Informationen verbreiten helfen. Denn die Diktaturen wissen das meist schnell zu unterbinden. 

Man muss sich darüber klar sein, dass die Verfügungsgewalt über Information heute bedeutsamer ist als die über Geld und selbst Waffen: Ein Staat, der auf Grund seiner  Informationsüberlegenheit in der Lage wäre, der Bevölkerung eines von ihm angegriffenen Staates zu vermitteln, dass ihr Heer geschlagen und ihre Regierung auf der Flucht ist, trüge einen denkbar schnellen Sieg davon.

Die Verfügungsgewalt über Information bedarf daher dringend eingehender gesetzlicher Regulierungen, damit sie nicht zu asozialen Katastrophen führt. Der erste entscheidende Schritt dazu ist, dass sie für die Korrektheit ihrer Informationen genau so haften wie Printmedien oder der ORF und bei Verstößen Strafen zahlen müssen, die ihren Mega- Gewinnen angemessen sind. 

Zu Recht haben alle Kandidaten für die Funktion des ORF-Generalintendanten in den Vordergrund gestellt, dass sie mit ihren seriösen, gesetzlich zur Ausgewogenheit verpflichteten Informationen ins riesige Areal der sozialen Medien vordringen und sich dort etablieren wollen und müssen. Das ist die sicher schwierigste Aufgabe, die ein ORF-General je zu lösen hatte. Roland Weißmann hat bei seinem Hearing, anders als bei seinem Interview durch Armin Wolf, keinen so schlechten Eindruck gemacht- ob er der beste Mann ist, diese Jahrhundert-Aufgabe zu lösen, wage ich zu bezweifeln. Internationale Medienmanager hatten gar keine ernsthafte Bewerbungschance, stand Weißmann doch als VP-Wunschkandidat von vornherein als Sieger fest. Die noch dazu nicht geheime Wahl durch den Stiftungsrat war eine Farce- es braucht (siehe Armin Thurnher) ein neues Volksbegehren, um ein unparteiisches Wahlgremien durchzusetzen, in dem zum Beispiel die Präsidentin der Richtervereinigung, des Presseclub Concordia, Auslandkorrespondenten der Süddeutschen und der Neuen Zürcher Zeitung und Theaterdirektoren der Burg oder der Josefstadt dank Unabhängigkeit und medialer Expertise Sitz und Stimme hätten. 

So wie der Stiftungsrat jetzt gestaltet und seine Wahl abgelaufen ist, hat Armin Wolf sie zu Recht „zum Weinen“ befunden. Dass die Grünen dabei mitgespielt haben, setzt ihr übertrieben feiges Verhalten fort.

PS: Die Debatte um „Freiheitsentzug“ durch „indirekten Impfzwang“ verläuft seltsam: Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet bewusst das Leben von 82Jährigen mit Vorerkrankungen wie ich es bin. Normalerweise begrenzt schon Rücksicht diese Freiheit. Dass Herbert Kickl die nicht kennt, war zu erwarten. Bei Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer hätte ich gedacht, dass das zumindest das Wissen um die katastrophalen wirtschaftlichen Folgen eines vierten Lockdown ihm Rücksicht näherlegt, aber die Zurückweisung der Vorschläge von Pamala Rendi-Wagner -die Impfung als Voraussetzung aller gemeinsamen Tätigkeiten in geschlossenen Räumen- belehrt mich eines Besseren. Das wird zwar kommen; aber zu spät. 

5 Kommentare

  1. Geschätzter Herr Lingens!

    Wenn Sie hier Kritik üben dass die Wahl von Weißmann in geheimer Abstimmung erfolgte, dann möchte ich gerne Ihr Erinnerungsvermögen auffrischen.,

    1974 wurde in brutaler SPÖ-Machtausübung Gerd Bacher vom ORF-Chefsessel runtergestoßen, und zwar durch einen Günstling des SPÖ Justizministers Broda; das war zur Erinnerung Otto Oberhammer, ein Justizbeamter ohne Medienerfahrung.

    Und dann kam es 1978 zu einer geheimen Wahl mit dem Ergebnis, dass plötzlich wieder Gerd Bacher ORF General wurde.

    Den größten Spass lieferte dabei die sozialistische Arbeiterzeitung mit der damaligen Schlagzeile:

    Kreisky in Paris!
    Benya in Bukarest!
    ‚Bacher im ORF!

    SPÖ Zentralsekretär Charly Blecha flippte damals regelrecht aus und forderte, dass in Hinkunft Abstimmungen über den ORF Chef nicht mehr geheim erfolgen dürfen.

    Und dabei blieb es auch.

    Lustig daher, dass bei Kenntnis dieser Vorgänge jetzt auf einmal von SPÖ Proponenten gefordert wird, dass der Stiftungsrat nur geheim abstimmen darf.

      1. Es ist doch schön, wenn der Inhalt des Artikels gleich in diesem kleinen Forum bestätigt wird, indem als Kommentar gleich einmal eine alternative Wahrheit kommt.
        Ich kann mich noch an den Witz erinnern (glaube Profil, eventuell Tramontana?):
        Inhaltlich in etwa:
        1. Wahl von Bacher – Blecha: wer waren die Verräter, die Bacher gewählt haben?
        2. Wahl mit weniger Stimmen als erwartet – Blecha: wer waren die Verräter?

    1. Geschätzter Herr Megaphon!
      Zu ihrer „Kenntnis“: Die geheime Wahl wurde mit der 1. Schwarz-Blau Regierung unter Kanzler Schüssel abgeschafft. Wer anschließend die Wahl gewonnen hat werden sie ja noch wissen …

  2. Ich halte nichts von Eindämmen, den Geist kriegt man nicht mehr in die Flasche. Einzig und allein Aufklärung angefangen bei den ganz Jungen kann dem ansatzweise was entgegensetzen. Falschmeldungen und Desinformation gibt es leider auf vielen Kanälen und nicht nur in den „Sozialen Medien“. Lesenswert Rosemarie Schweiger: https://www.profil.at/oesterreich/medialer-mainstream-in-manchen-fragen-sind-sich-journalisten-zum-fuerchten-einig/401036564. Darüber hinaus tragen die Berichterstattung zu den Massenvernichtungswaffen des Irak, die Affäre Claas Relotius, etc… nicht dazu bei das Vertrauen zu steigern. Es hilft nichts, als Leser muss man mehr den je Fakten checken so gut es geht und mitdenken. Letztlich aufwendig, aber es zahlt sich aus. Offen bleibt das Kapitel worüber gar nichts berichtet wird aber das ist ein andere Geschichte.

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