Das beste grüne Budget sähe anders aus

Die Zukunft gehört grünem Wasserstoff. Großinvestitionen in seine Erzeugung ersparten Subventionen für E-Autos und Wärmepumpen. Wie bei Sanktionen zählen auch Unkosten.

Die “Opec plus”, angeführt von Saudi Arabien und Russland, hat die Ölförderung gedrosselt, nachdem der Ölpreis unter die 100 USD Marke gefallen ist, weil Chinas ob der “null Covid”-Politik schwächelnde Wirtschaft weniger Öl braucht und die EU einer Rezession entgegengeht. Dass Öl dennoch teuer bleibt, nutzt dem Planeten, verfestigt aber die Inflation. Die USA, die in der Vergangenheit immer für einen mäßigen (in Wahrheit zu geringen) Ölpreis gesorgt haben, indem sie ihre Waffenlieferungen an die Saudis davon abhängig machten, vermochten ihn diesmal nicht zu drücken, obwohl Joe Biden dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman einen bemühten Besuch abstattete, weil die hohe Inflation seine Chancen bei den Midterm-Wahlen minimiert. Aber Bin Salman blieb hart: er verzeiht Biden nicht, dass der ihn des Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi zieh und weiß zu drohen, dass er auch russische Waffen kaufen könnte. Nicht nur die Russen, auch die Saudis sind keine absolut verlässlichen Erdöl-Partner mehr.

Dass wir Putin im Ukrainekrieg in die Knie zwingen, indem wir ihm weniger Erdöl abkaufen, ist gleichfalls eine Illusion – er hat genug andere Abnehmer. Ihm weniger Erdgas abzukaufen träfe ihn zwar härter, denn nach China oder Indien fehlen vorerst Leitungen – nur dass Österreich oder Deutschland sich selbst damit am meisten schadeten. Man muss, wenn man Herbert Kickl nicht die Chance geben will, “Sanktionen” insgesamt zu desavouieren, deren Kosten evaluieren. Mit Abstand am wirksamsten und in keiner Weise selbstbeschädigend war es, Putin von jeder Hochtechnologie abzuschneiden – das hindert ihn wichtigste Waffensysteme nachzurüsten und zwingt ihn, von zwei Boeing -Flugzeugen eines als Ersatzteillager zu nutzen. Putin weniger Öl und Gas abzukaufen bestraft ihn hingegen nicht, sondern bewahrt Russland in Wahrheit vor Ausbeutung: Nicht umsonst nennen wir es in raren Momenten kritischer Selbstreflexion koloniale Ausbeutung, dass unsere Wirtschaft dank der Rohstoffe florieren kann, die wir unterentwickelten Ländern billig abnehmen. Kurzfristig bleibt es auch jetzt wirtschaftlich vorteilhaft, russisches Erdöl und Erdgas einzukaufen, solang sie fließen – diesbezügliche Sanktionen sind kontraproduktiv. Nur ist es, anders als bei Geschäften mit der dritten Welt, berechtigt, bei diesen Einkäufen den niedrigsten Preis durchzusetzen. Das gelingt am ehesten, indem sich die Staaten der EU zu einem Abnehmer-Kartell mit entsprechender Marktmacht zusammenschließen, statt gegeneinander um die Wette zu bieten. (Einen Moment wird Putin das Gas jedenfalls abdrehen – einfach um zu sehen, wie weit uns das schreckt und den Kickls und Le Pens die Chance gibt, die Sanktionen in ihrer Gesamtheit zu Fall zu bringen).

Das große Problem besteht darin, dass alles, was kurzfristig wirtschaftlich sinnvoll ist, indem es fossile Energie verbilligt, langfristig schädlich ist, indem es die Erschließung alternativer Energien verlangsamt. So haben die USA bereits begonnen, wieder mehr in ihr Fracking zu investieren, nachdem dessen Umweltschädlichkeit reduziert werden konnte. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat anlässlich seines Wien-Besuches dafür plädiert, die Reserven gegenüber dieser Technik auch in der EU zurückzustellen und Fracking befristet zu akzeptieren. Das gilt in Wahrheit für alle Techniken, gegen die die Grünen revoltieren: Kurzfristig muss man selbst Steinkohle und natürlich Atomenergie akzeptieren, um den aktuellen Energie -Engpass hinter sich zu lassen. Bei Erdöl wird er sich sowieso bald wieder geben, weil sowohl Putin wie Bin Salman letztlich auf diese Einnahmen angewiesen sind. Daher bleibt es kurzfristig wirtschaftlich richtig, auch Erdöl zu kaufen.

Mittelfristig gibt es freilich nur eine richtige Strategie, um sowohl die Abhängigkeit von Putin oder Bin Salman los zu werden, als auch den Planeten vor der Klimakatastrophe zu bewahren: “Koste es, was es wolle” in die Erschließung alternativer Energien zu investieren. Das geschieht im aktuellen schwarz – grünen Budget sicher nicht optimal, sonst sähe es Milliarden- Investitionen in die Gewinnung grünen Wasserstoffs vor. Denn so unsinnig Sparen des Staates in diesem Zusammenhang ist, so recht hatte Sebastian Kurz mit der Behauptung, dass die Zukunft grünem Wasserstoff gehört: Er kann die Energie von Sonne, Wind und Wasser speichern und gibt sie ab, indem er mit Sauersoff zu Wasser verbrennt. Es ist in Österreich diesbezüglich in aller Stille eine Menge geschehen: Es wurden einige der weltbesten, effizientesten Anlagen errichtet, um grünen Wasserstoff zu gewinnen. In Linz produziert die VOEST bereits Stahl mit grünem Wasserstoff.

Das hätte die Rangordnung der Staatsausgaben verändern müssen: Noch bevor man überall Brennstoffzellen einsetzt, um Wasserstoff zu nutzen, könnte man bisherige Gasthermen mit geringen Umbauten weiter verwenden, wenn man dem Erdgas bis zu 30 Prozent Wasserstoff beimengt. Ebenso kann man bisherige Autos mit Wasserstoff fahren, indem man sie kostengünstig adaptiert und Wasserstofftankstellen schafft. Milliarden in Anlagen zur Herstellung grünen Wasserstoffs zu investieren schafft nicht nur die Energieform der Zukunft, sondern ersparte auch, alle Gasthermen hoch subventioniert gegen Wärmepumpen und alle Autos gegen hoch subventionierte E-Autos zu tauschen. Eleonore Gewessler sähe das ähnlich, wäre sie der Einladung zum letzten österreichischen “Wasserstofftag” gefolgt.

 

2 Kommentare

  1. Und es bleibt trotzdem: Die USA haben Deutschland verboten, Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. Alleine das ist ein Beweis, dass die USA über die Ukraine Krieg gegen Russland führt. Ja, es stimmt, die Russen haben die Ukraine überfallen …
    Aber viele bekannte, renommierte (linke) Politiker haben gewarnt, dass es gefährlich werden könnte, wenn sich die NATO an die russische Grenze ausbreiten möchte.
    Dass Sie, sehr geehrter Herr Lingens, die Sanktionen (Gas) in Frage stellen und auch als Schuss ins eigene Knie bezeichnen, freut mich. Übrigens hat eine Frau von der Leyen mit dem Gasboykott begonnen …

    Nebenthemen: Frauen in der Spitzenpolitik sind auch nicht das Gelbe vom Ei: siehe heute die UK-Tante Truss, von der Leyen, bei uns die Gewessler und die Maurer … “Hauptsache Frau” ist zu überdenken, meiner Meinung nach.
    Gerne hätte ich auch Ihre Gedanken zu unserem frisch gewählten Bundespräsidenten. Beim Strache, der “nur” Scheiße geredet hat, war er mächtig aufgebracht. Bei den tatsächlich durchgeführten Schweinereien der ÖVP hält er ganz auffällig sei Goschn!

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