Jörg Leichtfried (SPÖ)hält die Maßnahmen von SPD, FDP und Grünen im Kampf gegen die Inflation für viel besser als die von Grünen und ÖVP. Ein Versuch das zu überprüfen
Der Abgeordnete der SPÖ Jörg Leichtfried verwahrt sich gegen meinen Vorwurf, die oft wortgleiche Fundamentalkritik Herbert Kickls und Pamela Rendi Wagners an der Arbeit der Regierung befördere faschistoide Politikverdrossenheit und trüge zur ökonomischen Verdummung bei: „Die Lage ist dramatisch, die Regierung ratlos. Dabei zeigen andere Länder vor, wie die Inflation gedämpft, die Preise gesenkt werden können Der Regierung in Deutschland, die einen Gaspreisdeckel und Sofort-Hilfen für Unternehmen und Haushalte fixiert hat, wird man kaum ökonomische Verdummung vorwerfen.“
Zur faschistoiden Politikverdrossenheit hat das SORA -Institut für den inkriminierten Zeitraum Zahlen ermittelt: Das Vertrauen in die Regierung ist von 42 auf 33 Prozent gesunken; erstmals lehnt nur eine Minderheit (48 Prozent) einen „starken Führer“ ab, „der sich nicht mehr um Parlament und Wahlen kümmert.“ Nicht dass das nur an der rot-blauen Fundamentalopposition gelegen wäre – doch dass sie dazu beigetragen haben könnte, sollte Leichtfried nachdenklich stimmen.
Damit zu seiner Behauptung, dass die schlechte Leistung der im Kampf gegen die Inflation „ratlosen“ Regierung den Vertrauensverlust rechtfertigt. Ich hoffe, dass man sich darauf einigen kann, dass sich die Leistung von Regierungen im Kampf gegen die Inflation nur vergleichen lässt, indem man auch vergleicht, wie die jeweilige Inflation beschaffen ist. Die mit Abstand geringste gab es im Oktober mit 3 Prozent in der Schweiz – gegenüber 11 Prozent in Österreich. Aber nicht weil die Schweizer Regierung sich jetzt so genial, sondern weil sie sich in der Vergangenheit so klug verhalten hat: sie hat die Wasserkraft maximal ausgebaut und dazu Atomkraftwerke errichtet – sie ist Energieautark. Österreich hat seine Wasserkraft weitgehend genutzt, aber etwa auf das Kraftwerk Hainburg verzichtet und sich mit Bruno Kreiskys Atomsperrvertrag von der Kernkraft entkoppelt. Die wieder ist der Hauptgrund, weshalb Frankreich, obwohl derzeit nur die Hälfte seiner Atommeiler läuft, im Oktober nur eine Inflation von 6,2 Prozent verzeichnete. Ähnlich niedrig war sie mit 7,5 Prozent in Spanien, weil es weiter preiswertes Erdgas aus Algerien bezieht, während Österreich – nicht zuletzt auf Grund der Politik SP-geführter Regierungen – doppelt so stark wie selbst Deutschland von extrem verteuertem russischen Erdgas abhängt. So gesehen ist es erstaunlich, dass Österreichs Inflation im Oktober mit 11 Prozent nur 0,7 Prozent über der deutschen von 10,3 Prozent lag. Auch dort ist sie übrigens wie bei uns seit August ständig gestiegen, ehe der milde November sie überall etwas sinken ließ. Ich möchte daher auf die in Deutschland angeblich so erfolgreiche „Deckelung“ eingehen. Einen echten Deckel – ich hoffe darauf kann man sich einigen – gibt es nicht, denn dazu müsste man Putins Krieg und Xi Jinping Null-Covid -Politik beenden. Aber eine Regierung kann ihre finanzschwächsten Bürger durch Subventionen und Steuerermäßigungen besser oder schlechter vor Elend und sie kann ihre Wirtschaft besser oder schlechter vor einem Absturz bewahren. Der diesbezüglich erste Versuch der „Ampel“ hat darin bestanden, die Steuer auf Treibstoff zu senken – mit dem Erfolg, dass dem Staat Milliarden entgingen, die der Treibstoffhandel eingesackt hat, so dass die Treibstoffpreise dennoch kaum stärker als in Österreich sanken. Ein vergleichbares Fiasko hat Österreichs Regierung vermieden.
Was den Schutz finanzschwacher Österreicher betrifft, verweise ich auf das gewerkschaftsnahe „Momentum“- Institut: Die Beträge, die Geringverdienern zugeflossen sind, waren mindestens so groß, wie die ihnen durch die Inflation erwachsenen Mehrkosten. Gleichzeitig hat Schwarz Grün vor der Ampel zwei Reformen beschlossen, die den Menschen mehr Geld in der Tasche lassen: Die kalte Progression wurde abgeschafft; vor allem aber werden zum langfristigen Vorteil Finanzschwacher Beihilfen automatisch mit der Inflation erhöht.
Die „Gaspreisbremse“ der Ampel, ist umstritten: Vorerst weiß niemand, ob sie bringt was sie kostet. Genau so wenig weiß vorerst jemand, wie gut unsere Strompreisbremse – das Liefern bestimmter Stromkontingente zu einem subventionierten Festpreis – funktioniert. Der größte Fehler – dass durch „deckeln“ keiner mehr Strom sparen muss – wurde jedenfalls vermieden – ob Bedürftigkeit erfolgreich berücksichtigt wurde wird sich zeigen. Der Versuch wurde jedenfalls unternommen.
Entscheidend wird wohl sein, welche Regierung ihre Wirtschaft letztlich besser davor bewahren konnte, auf Grund verteuerter Energie einzubrechen. Für das laufende Jahr erwarten IHS und WIFO für Österreich ein BIP-Plus von rund 4,7 Prozent. In Deutschland geht die Mehrheit der Institute von 1,6 Prozent Wachstum aus, was zumindest nicht zwingend für die bessere deutsche Politik spricht.
PS: Ich möchte meinen vorwöchigen Text über Auswege aus der Klimakrise ergänzen: Den besten Wirkungsgrad haben immer E-Motoren. Bisherige Autos subventioniert gegen Batteriebetriebene zu tauschen freut zwar die deutsche Autoindustrie, senkt den CO2 -Ausstoß aber solange nicht, als der zusätzlich benötigte Strom nicht fast nur grün erzeugt wird. Brennstoffzellen statt Batterien, wie bei Toyota brauchen allerdings grünen Wasserstoff, der derzeit noch rarer ist. Höhere Reichweite und kurzes Tanken begünstigt nur Fernlaster sicher- bei PKWs hängt alles an der Fortentwicklung. Die warte ich ab.
3 Kommentare
Es ist leider so, dass die Opposition oftmals vergisst in welcher Tonart Kritik angebracht ist. Kritische „Hetze“ stärkt, wie Lingens einmahnt, eine Partei die mit radikalen Mitteln einen Führungsanspruch erhebt und deren ungefilterte Aussagen unsichere Mehrheiten begeistern. Unsicherheit sehnt sich nach Klarheit – unabhängig ob wahr oder unwahr.
Wie ein Leichtfried und Karner in die erste
Reihe der SPÖ gespült werden konnte ist
mir schleierhaft!
Ein Enigma. Insbesondere wie es Karner in die erste Reihe der SPÖ gespült hat.
🙂