Hure für die Reichen

Der Chef der Industrie-nahen Agenda Austria Franz Schellhorn hat in einer Diskussion mit der Chefin des ÖGB-nahen Momentum-Instituts Barbara Blaha über Andreas Bablers Erbschaftsteuer gemeint, die anderthalb Milliarden, die man daraus vielleicht erziele, könne man vergessen, denn sie wären doch ein völlig unzureichender Betrag.

Ähnlich äußerte sich der Chef des Instituts für höhere Studien IHS, Holger Bonin, der meint der Freibetrag könne nicht bei anderthalb Millionen Euro sondern müsse deutlich darunter liegen. Beide haben insofern recht, als die Erbschaftssteuer in ihrer auch vom ÖGB erwogenen Ausgestaltung sicher nicht die Beträge einbrächte, die Babler für eine Unzahl von Wohltaten ausgeben will – aber anderthalb Milliarden derart zu verachten scheint mir bei Ökonomen trotzdem etwas befremdlich.

Wesentlich war eine Tafel, die Babler im Zuge seiner Auseinandersetzung um dieses Thema viel zu kurz im Fernsehen zeigte: Nur in zwei Staaten, der Slowakei und Mexiko sind Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern geringer als in Österreich, wo sie bei nur 0,6 Prozent des BIP liegen, während es im Schnitt der OECD 2,5 Prozent sind. Würden sie auf dieses Niveau angehoben, so nähme der Staat um die sieben Milliarden mehr ein um die man – und auch das ist wesentlich- die Steuern auf Arbeit senken könnte. Vor der Erbschaftsteuer, die man tatsächlich nicht mit einer Freigrenze von anderthalb Millionen ausstatten muss, um das berühmte Enkerl zu schonen, dem die Oma ihre Wohnung vermacht, ist fast überall die Grundsteuer die wichtigste der vermögensbezogenen Steuern, während bei uns diesbezüglich jene lächerlichen Einheitswerte gelten, die den Verfassungsgerichtshof veranlassten, die Erbschaftsteuer aufzuheben, weil jemand, der ein Grundstück im Wert von einer Million Euro erbte eine ungleich geringere Steuer bezahlte, als jemand der eine Million in bar erbte. Der VfGH trug der rot-schwarzen Regierung auf, das zu reparieren, nicht aber die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Doch die ÖVP war nicht bereit, diese Reparatur innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist mit zu beschließen und so blieb es bei den lächerlichen Einheitswerten und war die Erbschaftsteuer gestorben. Wie schrieb doch der abgesetzte Ex-Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid angesichts der Steuersache Siegfried Wolf  einem Mitarbeiter: “Vergiss nicht. Du hackelst im ÖVP-Kabinett. Du bist die Hure für die Reichen“. Charakteristischer Weise will auch der angebliche “Volkskanzler”  Herbert Kickl keine Erbschaftssteuer und das Volk ist schlicht genug, der FPÖ demnächst die Mehrheit zu verschaffen.

8 Kommentare

  1. Die wirklich Reichen werden ihr Vermögen (Geld und Wertpapiere) ins Ausland bringen (Banken in Dubai oder Singapore warten), Wohnsitze verlagern etc. Betriebsvermögen werden von der Erbschaftssteuer befreit sein weil sonst viele Betriebe gar nicht überleben würden.

    1. Mit dem Verlagern von Wohnsitzen wäre ich mir nicht so sicher.
      ZB ist Wien nicht ohne Grund mehrmals zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt worden.

    1. Danke, gut erklärt. Die Grundsteuerbemessung müsste doch bei gutem Willen reparierbar sein. Die Erbschaftssteuer als flat Tax ohne Schlupflöcher und ohne Freigrenze würde auch dafür sorgen, dass das große Geld nicht abfließt. Die menschengemachte, sanktionsbedingte Rezession steht erst am Beginn. Die Not macht erfinderisch und treibt, über kurz oder lang, nicht nur die Huren der Reichen, sondern auch die Huren der Waffenschmieden und Pharmakonzerne ans Licht.

  2. Lieber Herr Lingens,

    Andreas Babler hat einige sehr gute Argumente,
    er bringt diese nicht noch nicht immer gut rüber,
    aber das wird immer besser werden.

    Off topic:
    Die Frage der Imker als Orchideenthema zu bezeichnen lässt tief blicken.
    Babler hat dieser Einstellung in der Veranstaltung im Salzburger Landestheater
    (das war eine Art Elefantenrunde) eine schallende Ohrfeige versetzt.
    Hat mir sehr gut gefallen – da entsteht etwas.

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