Lehrt uns Trump Schulden zu machen?

Die von Donald Trump geplanten Zölle auf deutsche Luxuslimousinen werden uns nicht nur doppelt schmerzen, sondern könnten eine rundum neue Finanzpolitik der EU erzwingen.

Donald Trumps angedrohte Zölle auf Exporte lehren das Fürchten. Österreich, das sich wie Deutschland im zweiten Jahr einer Rezession befindet, träfen sie gleich doppelt, sind die USA doch unser zweitgrößter Handelspartner nach Deutschland, dessen größter Handelspartner sie sind. Es litten also nicht nur unsere direkten Exporte in die USA, sondern in dem Ausmaß, in dem Deutschlands Exporte von Luxuslimousinen in die USA litten, litten auch unsere Zulieferer mit.

Es ist nötig, sich trotzdem auch mit der Ursache der Rezession zu befassen: Wir danken sie jenen vorwiegend deutschen  Ökonomen, die die zögernde EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu einer harschen Zinserhöhung drängten, weil ihre lockere Geldpolitik angeblich der Inflation zu Grunde läge. Den Widerspruch, dass diese Geldpolitik bis zur Explosion des Gaspreises durch zehn Jahre fast von Deflation begleitet war, löste „Starökonom“ Hans Werner Sinn mit der Behauptung auf, dass die Inflation sich in dieser Zeit wie in einer Plastikflasche angestaut hätte, um nun „herauszupflatschen“. Dass man eigentlich nur eine Inflation, die, wie in den USA, auch extrem gestiegene Löhne zur Ursache hat, mit Zinserhöhungen bekämpft, um durch erhöht Arbeitslosigkeit Lohnerhöhungen zu verhindern, war diesen Ökonomen offenbar fremd – so fremd wie das Wissen, dass in der EU „Lohnzurückhaltung“ vorgeherrscht hat. Jedenfalls gab die überforderte Lagarde dem Drängen nach und bescherte uns damit die aktuelle Rezession. Man sollte vielleicht doch darüber nachdenken, wie man ökonomische Top-Jobs der EU besetzt: Lagarde war eine fähige Juristin, nicht aber, wie etwa Mario Draghi, jemand, der etwas von Geldpolitik versteht.

Damit zur Verschärfung der Rezession durch Trumps vermutliche Zölle. DerStandard zitiert mehrere Ökonomen, die meinen, diese protektionistische Abwehr von Importen würde die Preise in den USA steigern und damit die Inflation wieder anheizen; zugleich würde die geplante Massenabschiebung von Migranten  kritischen Arbeitskräftemangel bewirken. Letzteres ist möglich, nur scheint es mir begrenzt: beschäftigte Migranten wird man gegen den Widerstand der Unternehmen kaum abschieben; Künstliche Intelligenz wird viel menschliche Arbeit erübrigen; und die US- Geburtenrate ist hoch. Ersteres halte ich für viel komplexer: Wenn Zölle die Billig-Einfuhren aus China massiv reduzieren, wird das zwar Teile der keineswegs starken, oft veralteten, traditionellen US-Industrie schützen, dürfte die Inflation aber tatsächlich anheizen, weil sehr viele Alltagswaren teurer würden. Reduzieren Zölle hingegen Deutschlands Automobil- Exporte in die USA, so hilft das einer US-Automobil -Industrie, die- siehe Tesla – keineswegs schwach ist und sofort ihre Produktion steigern wird. Ich bezweifle, dass es die Inflation anheizt, wenn Amerikaner wieder mehr Cadillacs als Mercedes kaufen -hier dürfte „Protektionismus“ kaum selbstbeschädigend sein. Vor allem wenn man den Handel rundum aus dem Blickwinkel der USA betrachtet: Seit den späten 1990er Jahren verzeichnen sie nämlich ständig steigende Handelsbilanzdefizite von zuletzt durchschnittlich 1000 Milliarden Dollar. So lag lag ihr Defizit gegenüber China etwa 2022 bei 422 Milliarden Dollar und gegenüber der EU bei 219 Milliarden, wobei der Anteil Deutschlands daran mit 78 Milliarden Dollar der mit Abstand größte war. Ich weiß, dass Leser und Redaktion der Saldenmechanik überdrüssig sind, aber im Klartext heißt das: Die USA müssen sich ständig gewaltig verschulden, damit China gewaltig und Deutschland trotz Null-Defiziten passabel wachsen konnte. Schon Barack Obama bezweifelte, dass diese Einseitigkeit auf Dauer funktioniert und überlegte Zölle, Donald Trump drohte in seiner ersten Amtszeit an, sie in spürbarer Höhe zu beschließen und dürfte das jetzt tun. Das bremste Chinas Wirtschaftswunder ein und könnte Deutschland und die EU zwingen, die Schuldenbremse aufzugeben, wenn ihre Wirtschaft wachsen soll. Zugleich sicherten nur Lohnabschlüssen gemäß der Benya-Formel dieses Wachstum ab, denn sie hat den ökonomischen Sinn, die Kaufkraft der Bevölkerung so zu steigen, dass sie theoretisch in der Lage wäre, die von ihr produzierten Güter und Leistungen zu kaufen.

Das aber ist voran in Deutschland längst nicht mehr der Fall. Im Lauf von 25 Jahren „Lohnzurückhaltung“ hat sich die deutsche, österreichische, holländische und Schweizer Kaufkraft so vermindert, dass Deutschland zwingend mehr und mehr seiner Luxuslimousinen in die USA verkaufen musste, was dank niedriger Lohnkosten und damit günstiger Preise auch nicht schwer fiel – nur dass es US- Luxuslimousinen zwingend Marktanteile kosten musste. Weil Trump das nicht mehr akzeptieren will, wirft Deutschland ihm Protektionismus vor, während alle US-Präsidenten voran Deutschland seit 25 Jahren Dumping-Löhne vorwerfen könnten.

Ja, Trump dürfte Deutschland (und damit uns) harte Zeiten bescheren, denn die niedrigen Lohnkosten hatten noch eine zweite Wirkung: Sie ließen Produktivität und Innovation viel langsamer steigen, als höhere Löhne das erzwungen hätten – die versäumte Elektromobilität ist dafür das klassische Beispiel.

Ich bezweifle nicht, dass Trump derzeit katastrophale Minister bestellt, die Gefährlichkeit Wladimir Putins verkennt und demokratiepolitisch lebensgefährlich ist, aber ökonomisch hätte er aus US-Sicht mit Zöllen gegenüber Deutschland leider Recht.

Ein Kommentar

  1. Lieber Herr Lingens,
    Wenn Sie den Morgenthauplan vom amerikanischen Finanzminister berücksichtigen würden, wären auch für sie und den viel zitierten Starökonomen die derzeitigen Geschehnisse etwas plausibler. Alles was geschieht beruht auf Ursachen. Unendliche Geldverschwendung bewirkt jedenfalls Armut. Wir liegen gut im Plan.

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