Das „goldene Zeitalter“, das Donald Trump den USA mit seinem Amtsantritt prophezeite, begann mit einer Korrektur an der Wall Street, der ein kräftiges Minus in Tokio, Peking und Frankfurt folgte. Weil Börsen als Orakel gelten, wurden eilig Erklärungen gesucht.
Die einfachste fand die geringste Beachtung: Trumps Wahlsieg hatte ein Kursfeuerwerk entfacht und diese Überreaktion wurde korrigiert. Doch weil die Korrektur unmittelbar auf Trumps Ausführungen zu Zöllen gegen China, Kanada und Mexiko folgte, machten viele Medien Europas Trumps „Handelskrieg“ auch für den US-Kursverlust verantwortlich, indem sie die These vertieften, dass er auch die Zölle, die er der EU allen voran Deutschland, androht, noch bereuen würde: Ohne preisgünstige Importe stiege das US-Preisniveau, und die steigende Inflation könnte die Notenbank Fed zu neuerlichen Zinserhöhungen bewegen, die die US-Konjunktur empfindlich träfen.
Das hat zwar manches für sich, doch das wäre erstaunlich, wenn die US-Aktienkurse schon jetzt darauf reagierten. Noch erstaunlicher ist, dass die Börsen in Frankfurt und Wien nicht längst korrigieren, denn ihre heimischen Werte müssen Trumps Zöllen am meisten fürchten, sind deutsche Kfz-Exporte doch hauptverantwortlich für das 80 Milliarden-Dollar-Defizit der USA im Handel mit Deutschland, das Trump so irritiert. Auch unsere Handelsbilanz erklärt seine Irritation: Es gibt einen ständig steigenden Überschuss von heute 6,8 Milliarden Euro zu unseren Gunsten. Denn wenn auch nicht im Ausmaß Deutschlands erhöhten auch wir unsere Löhne nicht mehr gemäß Produktivitätszuwachs + Inflation und erlangten dadurch einen steigenden Wettbewerbsvorteil gegenüber US-Waren.
Mit Trumps Zöllen verlören wir ihn, und das kostete bekanntlich doppelt: Indirekt als Zulieferer der deutschen Kfz-Industrie und direkt, weil unser Export in die USA mit 14,7 Milliarden Euro der größte hinter dem Export nach Deutschland ist. Er umfasst vor allem Maschinen und Geräte, Pharmazeutika und Getränke sowie Zugmaschinen, Kraftfahrzeuge und Metallwaren. Alle diese Branchen litten unter Trumps Zöllen. Einziger Lichtblick: Österreichische Unternehmen, die auch in den USA produzieren – Paradebeispiel VÖEST -, steigerten ihren US-Absatz. In Summe sorgen sie in den USA für 60.000 Arbeitsplätze, und solche weiterhin zu schaffen, ist mindestens so sehr Ziel von Treumps Zollpolitik wie der Schutz der eigenen Waren. Ich glaube daher nicht, dass ihn eine kurze Kurskorrektur an der Wall Street von dieser Politik abbringt, und auch nicht, dass der Zollkrieg Grund dieser Korrektur war.
Donald Trumps „goldenes Zeitalter“
begann mit Korrekturen an der Wall Street,
die die EU seinem Handelskrieg zuschreibt.
Doch ökonomisch gefährdet
vor allem Elon Musk die USA
Das viel größere Risiko für die US-Wirtschaft schein Elon Musk zu sein: An der Seite Donald Trumps wahlkämpfend hat er behauptet, die Ausgaben der Regierung ließen sich durch Bürokratieabbau um bis zu 30 Prozent senken, und Trump hat ihm den US-Verwaltungsapparat daruf als Spielzeug überlassen, und so behandelt er ihn auch: setzt ihn Kündigungsorgien aus, schloss nach Gutdünken Behörden, entriss ihm nach Belieben Datensätze, bis ein Gericht es stoppte – vorerst scheint das nicht die Effizienz zu steigern, sondern Chaos auszulösen. Dabei werden die USA der vielen Partikularinteressen der Bundesstaaten wegen tatsächlich kostspielig verwaltet, und der Abstand zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen wird, freilich auch der Steuersenkungen für Reiche wegen, immer größer. Die Verwaltungsausgaben zu senken machte also Sinn. Allerdings nur, wenn der Staat Geld, das er derzeit kostspielig (schlecht) investiert, in Zukunft gut investierte.
Bliebe es hingegen beim reinen Senken der Staatsausgaben, so litte die US-Wirtschaft, denn auch für sie gilt seit Jahrzehnten, dass Konsumenten und Unternehmen sich nicht mehr ausreichend verschulden, sodass nur steigende Staatsausgaben (Staatsverschuldung) ausreichende Nachfrage (Wachstum) gewährleisten. Dass man das in der EU nicht begreift, bedingt ihr Zurückbleiben hinter der USA. Dort wird es zwar intellektuell vielleicht auch nicht begriffen, aber zumindest um ihre militärische Überlegenheit zu erhalten, haben sich die USA stets verschuldet.
Elon Musk mag die besten E-Autos und Raketen bauen – die Mathematik zu widerlegen vermag er nicht. Senkt er die US-Verwaltungsausgaben tatsächlich um volle zwei Billionen Dollar, ohne dass die Investitionen an anderer Stelle steigen, so schrumpft die US-Wirtschaft.
Die Folgen wären katastrophal: Sie könnte weder die lahmende Wirtschaft der EU in Gang halten, indem sie deren Exporte aufnimmt, noch könnte China wie bisher wachsen, wenn ihren Exporten in die USA nicht nur Zölle, sondern auch wirtschaftliche Schrumpfung entgegenstehen. Zölle können nützlich sein um alle Beteiligten zu gleichartiger, fairer Verschuldung zu bewegen, aber wenn die stärkste Volkswirtschaft der Welt in den Krisenmodus verfiele, beschleunigten sie die Abwärtsspirale.
Doch ich zähle auf Trumps Wunsch „Make America Great Again“: er merkte ziemlich bald, dass Massenkündigungen vor allem aber drastisch reduzierte Verwaltungsausgaben ohne deutlich erhöhte andere Investitionen das Gegenteil dessen bewirken, was er geglaubt hat, und agierte wohl wie seinerzeit Ronald Reagan: der senkte im Glauben an Milton Friedmans neoliberale Ökonomie anfangs auch die Staatsausgaben, bis er nach zwei Jahren merkte, wie schlecht das der Wirtschaft tat, und zum Gegenteil überging. Trump so glaube (hoffe) ich, merkte es schneller und feuert Musk.
2 Kommentare
Keine Antwort auf unfaire Bewertungen aber fairer Verschuldung ist mein Statement.
Rein theoretisch bestünde ja die Möglichkeit, dass Friedman recht behält, nämlich dass die Ressourcen, die beim Staat freigemacht werden, im Privatsektor wesentlich mehr Wachstum generieren würden als beim Staat verloren geht. Unter ’normalen‘ Verhältnissen würde das eher nicht geschehen, weil der Privatsektor sich nicht so schnell begeistert. Sollte es jedoch dem allgemeinen Umfeld gelingen, den Esprit einer Zeitenwende zu zünden, die ‚animal spirits‘ mit Begeisterung zu erfüllen und die Überzeugung zu schaffen, dass „the business of America is business“, dann könnte es funktionieren. Nie waren die Voraussetzungen in den USA so günstig, diese Alternative zu testen. Mal sehen, wie es läuft.