Was ökonomische Einsicht nicht vermochte, gelingt Wladimir Putin: Die Schuldenbremse fällt, weil sie Aufrüstung unmöglich macht. Widersinnige Defizit-Verfahren bleiben.
Was Putin will, ist klar: Zur Krim auch den Donbas und im Rest der Ukraine ein Satellitenregime, das ihm militärisch ausgeliefert ist. Auch was Trump will, ist klar: Den Friedensnobelpreis, ohne der Ukraine weiter Geld und Waffen zu liefern. Beide sind der Erfüllung ihrer Ansprüche nah: Indem Trump Wolodymyr Selenskyj keine Waffen mehr liefert und ihn von US-Informationen über das Schlachtfeld ausschließt, muss er jedem von Putin & Trump beschlossenen Frieden zustimmen und ist dann womöglich intern so geschwächt, dass er jemandem weichen muss, der Putin genehm ist.
Einzige Hindernisse: Der ungebrochene Widerstand der Ukrainer und die Möglichkeit, dass die EU der Ukraine im Zuge massiver Aufrüstung doch rasch ausreichend Waffen und Munition liefert.
Da Ursula von der Leyen und Europas wichtigste Staatschefs begriffen haben, dass diese massive Aufrüstung unverzichtbar ist, ändert Deutschland die Staatsschuldenbremse erstaunlich rasch: Militärausgaben, über ein Prozent des BIP sollen nicht mehr zur Staatsschuld zählen. Nur so könnte Frankreich, das als einziges auch Atomwaffen besitzt, zusätzliches Geld in Rüstung zu investieren. Viel besser wäre gewesen, gänzlich auf Schuldenbremse wie Maastricht-Kriterien zu verzichten – so wurden beide nur aufgeweicht. Deutschland muss womöglich doch zu „Sondervermögen“ Zuflucht nehmen, Österreich könnte seiner marginalen Militärausgaben wegen nur marginal von der Änderung profitieren.
Kanzler Christian Stocker könnte historische Verdienste erringen, wenn es ihm gelänge, sich mit Emanuel Macron und Giorgia Meloni und weiteren betroffenen Staatschefs zusammenzutun und zu erreichen, dass die EU-Kommission wenigstens auch von den geisteskranken Strafverfahren absieht, mit denen sie derzeit ahndet, dass Österreich die Maastricht-Kriterien nicht eingehalten hat.
Ich habe immer gehofft, dass führende Politiker und Ökonomen das auf Grund der Mathematik einsehen, dass Unternehmen nicht mehr verkaufen können (die Wirtschaft nicht wachsen kann), wenn alle Staaten weniger einkaufen, weil sie sparen müssen. (Dass es deutschen Unternehmen dennoch lange gelang, lag daran, dass andere Staaten, voran die USA sich lange Zeit zu ihren Gunsten verschuldeten. Das aber dürfte mit Trumps Strafzöllen enden.) Wenn es jetzt die Angst vor Russland ist, die zu dieser Veränderung zwingt, muss man trotzdem froh sein. Hauptsache sie findet statt. Auch die USA haben die Angst vor Adolf Hitler gebraucht, um zu sehen, dass ihre Wirtschaft durch Aufrüstung mit bis zu 18,9 Prozent weit stärker wächst als durch den argwöhnisch beäugten und arg gebremsten „New Deal“ Harry S. Trumans.
Dass die USA wirtschaftlich bis heute so viel besser als die EU funktionieren, liegt nicht zuletzt an ihrer ständigen Aufrüstung. Denn auch die meisten US- Politiker sind wie die deutschen der Überzeugung der schwäbischen Hausfrau, dass der Staat keinesfalls Schulden machen darf, obwohl Konsumenten und Unternehmen auch in den USA sparen. Doch weil Republikaner wie Demokraten darauf bestehen, dass die US-Armee immer die mit Abstand stärkste der Welt ist, stimmen sie doch jedes Mal für hohe Militärbudgets.
Ich hatte schon mit 29 Jahren diesbezüglich eine Lehrstunde, wie sie eindrucksvoller nicht denkbar ist: Der Kurier hatte sich damals wahnwitziger Weise von Hugo Portisch getrennt und gemeinsam wollten wir eine neue Tageszeitung gründen, für die ich Investoren suchte. Nach zwei denkbar ungeeigneten Geldgebern wurde ich an einen deutschen Anwalt verwiesen, der sich ausgerechnet als Vertreter des weltgrößten Waffenhandelsunternehmen entpuppte. Um meine offenkundige Skepsis zu zerstreuen, erzählte er mir, dass sein Unternehmen soeben zu einem künftigen Vietnam- Frieden beitrüge, indem es Journalisten über Kriegsverbrechen informiere. Seine durchaus glaubhafte Begründung: Die USA hätten so viel Munition verbraucht, dass die US -Rüstungsindustrie an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sei und Gefahr laufe, Geschäfte an ausländische Konkurrenz zu verlieren. Sie hätte nur die Möglichkeit gehabt, enorme Summen in eine Kapazitätserweiterung zu investieren, die nicht gelohnt hätten, weil der Krieg sicher nicht mehr lang gedauert hätte –„also wollt ma, dass a endet“. „Und jetzt erwarten Sie den Friedensnobelpreis“, reagierte ich boshaft. „Rein rational“, gab er ganz ruhig zurück, „wäre das durchaus berechtigt“: Die Rüstungsindustrie könne nicht dafür sein, dass man einander bombardiert, denn wenn alles kaputt sei, hätten die Staaten kein Geld, um Waffen zu kaufen. Ideal sei Friede durch Angst, in dem sie einander bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstünden. „Aber die maximale Auslastung durch den Vietnam-Krieg dürfte Sie doch gefreut haben“, ließ ich nicht locker. Die Antwort ist mir bis heute im Ohr: „Große Krieche nee, kleene Krieche ja.“ Meinen Einwand, dass ich auch auf kleine Kriege verzichten könnte, schmetterte er ab: „Nee, könn se nich“ – die brauche die Wirtschaft. Denn die Arbeitslosigkeit würde explodieren, wenn die Rüstungsindustrie nicht ständig für Arbeit und Einkommen sorge. „Waffen und Munition werden doch letztlich zu Schrott“, wendete ich ein, da könnte der Staat doch genauso gut große Investitionen in Nützliches beschließen und würde genauso Arbeit und Einkommen schaffen. „Nee, können se nich“, erwiderte mein Gegenüber einmal mehr: Dergleichen würde nur beschlossen, wenn es um Krieg geht.
2 Kommentare
Tatsächlich sehr aufschlussreich. Das Allheilmittel ist Geldausgeben das man nicht hat. Koste es was es wolle. Hilft bei jeder Pandemie, bei der sanktionsbedingten, wirtschaftlichen Selbsverstümmelung und vor allem bei der Kriegsvorbereitung. Bravo!!!
SEHR aufschlussreich, VIELEN Dank!