Niemand weiß, für wen Trumps totaler Zollkrieg am schlechtesten ausgeht. Was spricht für oder gegen die EU? Was dafür, dass die USA am meisten verlieren?
Wer die Rede gesehen hat, mit der Donald Trump der Welt den totalen Zollkrieg erklärte, musste ihn für high halten. Er hielt Tafeln, die die Staaten anführt, die die USA nach seiner Überzeugung über den Tisch ziehen und die er mit seinen Zöllen zur Rechenschaft ziehen will, verzückt wie eine Geliebte im Arm und sprach so inkohärent, dass es schwerfiel, das Wichtigste herauszufiltern: Für jede Einfuhr in die USA gilt ab sofort ein Basiszoll von 10 Prozent, für Waren aus Südkorea werden es 26, Indien 27, Schweiz 32 oder Vietnam gar 46 Prozent sein. China hat auf angedrohte 34 Prozent bereits mit 34 Prozent Gegenzoll reagiert. Die EU kommt mit 20 Prozent Zoll günstiger davon, wobei Chips und Pharmazeutika ausgenommen sind, weil Trump sie für die USA nicht derart verteuern will. Autos dagegen belastet er mit 25 Prozent ganz speziell, was uns bekanntlich am meisten trifft. Aber auch wenn 7 Prozent unserer Exporte -darunter viele Pharmaka- in die USA gehen, gehen doch 93 Prozent anderswohin, so dass der Schaden für unser BIP überschaubar scheint -Wirtschaftsforscher schätzten das Minus auf 0,38 Prozent, die freilich zwei Milliarden Euro entsprechen. Deutschland mit der weltgrößten Autoindustrie hat mit 0,49 Prozent das größte Minus.
Was es bedeutet, dass Trumps Zölle die Export-Einnahmen Duzender Länder fast gleichzeitig vermindern, weiß niemand: Es gibt dafür keine Modellrechnung. Optimisten hoffen, dass Trump sich mit „Deals“ zufriedengibt: die Zölle aufgibt, wenn ihm angeboten wird, mehr US-Waren zu kaufen. Die EU glaubt sich diesbezüglich im Besitz eines verlockenden Angebots: Sie könnte sich verpflichten, um viele Milliarden US-Waffen zu kaufen – allerdings muss sie das sowieso, weil es viele unverzichtbare Waffensysteme (Patriot, F 16) nur in den USA gibt.
Auch etwas mehr als Harley Davidson Motorräder, Whisky oder Jeans mit Gegenzöllen belegen könnte die EU, nur dass die USA es kaum spürten und mit noch höheren Auto-Zöllen reagierten. Was sie spürten, wären Zölle auf ihre Dienstleistungen, von Facebook über X bis Google, nur dass deren Verteuerung den Europäern ziemlich wehtäte, denn sie besitzen nichts Vergleichbares. Das ist ein Grundproblem: Die USA können alles, was wir besonders preiswert produzieren- etwa Autos- nicht so viel schlechter auch selbst erzeugen, während wir, anders als China, kaum digitale Dienstleistungen zu bieten haben. Wirtschaftlich ist die EU den USA im Zollkrieg daher zwingend unterlegen.
Man hofft deshalb, dass es Trump politisch massiv schadet, dass viele US-Produkte sich durch seine Zölle zweifellos verteuern – am meisten Apples I- Phons, die es in China erzeugt, aber auch viele andere, die nicht mehr mit günstigen Produkten aus dem Rest der Welt konkurrieren müssen. Und nicht nur die Bevölkerung reagiert empfindlich auf steigende Preise, sondern die FED könnte die Zinsen wieder erhöhen, was den USA sogar eine Rezession bescheren könnte. Der Kurssturz auch amerikanischer Aktien ist diesbezüglich eine Warnung. Da Aktienbesitz in den USA weit verbreitet und Grundlage der Pensionen ist, könnte das auch für verbreitete Wut sorgen. Trump verkündet zwar, mit einer kurzen, schwierigen Phase zu rechnen, ehe die USA das größte Wirtschaftswunder aller Zeiten erlebten, aber seine Zoll-Keule differenzierte nicht. Sie selbst gegen Kanada und Mexiko zu nutzen, muss US-Produkte massiv verteuern, denn auch GM oder Ford fertigen in Mexiko und aus Kanada beziehen die USA Stahl und Uran. Diese Zölle dürften daher bald einem „Deal“ weichen. Dagegen dürfte der Sinkflug der Aktien und der Anstieg der Preise länger anhalten. Zusammen mit der Unruhe, die Elon Musks Kündigungen verbreiteten, kann die „schwierige Phase“ für Trump sehr lang ausfallen, auch wenn er Musks Vollmacht bereits gekappt hat. Einiges spricht dafür, dass die USA erstes Opfer seiner Zölle sind.
Allerdings ist Trump zwar lebensgefährlich für Demokratie und Rechtsstaat, aber volkswirtschaftlich war er in seiner ersten Amtszeit erfolgreich: Schon seine Drohung mit Zöllen hat etliche Unternehmen bewogen, Produktionsstätten in den USA einzurichten und das wird diesmal noch viel intensiver geschehen, auch wenn fraglich ist, wie rasch es geht. Zugleich gibt es Millionen Amerikaner, die Arbeitsplätze in der traditionellen Industrie verloren haben und in der boomenden digitalen Industrie keine finden, weil ihnen dafür die Skills fehlen. Sie, die sich oft nur durch mehrere Mini-Jobs über Wasser halten, verehren Trump für Sätze wie diesen: „Verrostete Fabriken sind wie Grabsteine über das Land verteilt…eine nach der anderen wurden sie geschlossen… ohne auch nur einen Gedanken an die Millionen Arbeiter zu verschwenden, die zurückgelassen wurden. Ihr Vermögen wurde ihnen entrissen und über die ganze Welt verteilt.“ Schon 2018 wies Trump das Treasury Department deshalb an, zu untersuchen, wie es zu den riesigen US-Handelsbilanzdefiziten kommt: „Der Finanzminister wird (soll) die Länder benennen, die sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen“. Deutschland zählt darunter und im zugehörigen Text begründet das Treasurry Department Trumps Autozölle so:
„Deutschland hat durch Maßnahmen, die darauf abzielten, die Löhne der Arbeitnehmer im Verhältnis zur Produktivität zu drücken, den Binnenkonsum ihrer eigenen Bürger unterdrückt, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Exportprodukte künstlich zu steigern“.
2 Kommentare
Lieber Herr Lingens,
Sie haben leider nicht durchschaut, dass jeder Staat mit der Weltleitwährung den Weg des graduellen Verfalls gehen muss – so sehr er anfangs auch von dieser Stellung profitierte. Dazu mehr in meinem jüngsten Artikel „MASA – Make America Small Again« (https://www.gerojenner.com/wp/masa-make-america-small-again/.)
Auch mit Halbwahrheiten ist der totale Informationskrieg nicht zu gewinnen. Hinter dem Wort Zollkrieg verstecken sich die unsäglichen nichttarifarischen Handelshemmnisse, die zwar verboten sind, aber bilateral praktiziert werden. Ein ehemaliger Journalist von Welt sollte sich die Mühe machen ein wenig ins Detail zu gehen und aufhören vorgegebene Narative zu bedienen. Zuerst in die Gentherapie hetzen, dann in die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Schuldenorgie zu führen, ist einfach pfui. An den Taten wird man sie erkennen. Was hat der gute Merz, der gute Scholz, Nehammer, die Volksverräterin Beate,…bisher gemacht? Die Prügelknaben Trump, Musk, Putin, Orban können ruhig ein wenig differenziert betrachtet werden.