Die Wirtschaftsforscher sind vorsichtig optimistisch. Milliarden für Infrastruktur und Rüstung sprechen dafür. EU-Defizit-Verfahren und Trumps Zölle sprechen dagegen.
Die Institute für Wirtschaftsforschung (WIFO) und höhere Studien (IHS) meinen vorsichtig optimistisch, dass Österreichs Wirtschaft 2025 wieder wächst. Als sie 2023 eine ähnliche Prognose abgaben, lagen sie gründlich daneben. Aber im Zweifel sind sie besser zu optimistisch als umgekehrt, denn die Wirtschaft braucht Optimismus: Theoretisch könnten die relativ großen (für die Metallindustrie zu großen) Lohnerhöhungen der letzten Zeit die Österreicher zu vermehrten Einkäufen bewegen und das könnte, wie WIFO und IHS hoffen, die Wirtschaft beleben. Nur dass ihre Chefs, Gabriel Felbermayr und Holger Bonin sich bei ihren öffentlichen Äußerungen bloß in Nuancen vom Chef des Fiskalrates Christoph Badelt abheben, der fordert, dass der Staat dringend sparen müsse, um der Forderung der EU-Kommission zu genügen. Zu hoffen, dass die Bürger mehr ausgeben, wenn täglich vom Sparen die Rede ist, scheint mir freilich kühn.
Massivstes Hindernis für den Aufschwung sind die von der EU-Kommission gegen neun Staaten eingeleiteten Defizitverfahren, die sie zum gleichzeitigen Einsparen von Milliarden zwingen. Es ist absurd zu meinen, dass es die Wirtschaft beflügelt, wenn neben 18 wie immer sparenden Staaten, neun noch intensiver sparen, während die Konsumenten seit jeher sparen und Unternehmen seit zwei Jahrzehnten ebenfalls Nettosparer sind. Lauter Sparer können denkunmöglich Wachstum generieren.
Die daher eher überraschende Hoffnung der Wirtschaftsforscher auf Wirtschaftswachstum beruht darauf, dass Deutschland wieder zu dessen Lokomotive werden könnte, weil es im nächsten Jahrzehnt 500 Milliarden in seine Infrastruktur und 1000 Milliarden in seine Aufrüstung investieren wird, und weil andere Staaten ebenfalls rüsten können, seit die EU zusätzliche Militärausgaben von 1,5 Prozent des BIP erlaubt.
Bekanntlich geht die NATO bei ihrem Fünf-Prozent-Ziel davon aus, dass 1,5 Prozent nicht der Rüstung, sondern der Sanierung der Infastruktur dienen und natürlich profitieren zumindest österreichische Baukonzerne, wenn Deutschland zu zig Milliarden seine Infrastruktur, Straßen und Brücken, saniert. Die Frage, zu der im Falter zu Recht eine heftige Diskussion entbrannt ist, lautet: Wie sehr helfen auch Rüstungsausgaben der Wirtschaft und wie nötig sind sie, um Krieg zu vermeiden. Ich meine, dass man das getrennt diskutieren muss. Der Ökonom Kurt Bayer hält das Nato -Fünfprozentziel (in Wirklichkeit ein 3,5 Prozentziel für Rüstung) in einem Leserbrief für „hirnrissig“, solange man nicht wisse, wieviel Waffen man brauche. Ich fürchte, dass man das insofern nicht wissen kann, als niemand weiß, wie die USA sich in Zukunft verhalten. Verhielten sie sich wie unter Joe Biden, wären 3,5 Prozent des EU- BIP tatsächlich hirnrissig, aber unter Donald Trump muss man für möglich halten, dass die USA einem angegriffenen NATO-Land in Europa nicht zur Hilfe kommen, obwohl sich Trump beim Nato-Gipfel mit den erhöhten Ausgaben zufrieden zeigte. Es gibt leider absolut nichts, worauf man sich bei ihm verlassen kann.
Unter diesen Umständen entspricht es meiner Vorstellung von Verantwortung, die EU so aufzurüsten, dass sie Wladimir Putins Russland auch ohne US-Hilfe in absehbarer Zeit Paroli bieten kann. Dafür scheinen mir 3,5 Prozent des BIP in keiner Weise zu viel. Die USA geben diese 3,5 Prozent jedes Jahr aus, obwohl ihre Armee seit Jahrzehnten hochgerüstet ist und sie während des kalten Krieges sogar 7 Prozent dafür ausgegeben haben- dagegen wurden die Heere der EU-Staaten durch zwei Jahrzehnte kaputtgespart. Deshalb halten selbst Deutschlands SPD- Verteidigungsminister Gert Pistorius oder Österreichs roter EU-Mandatar Hannes Swoboda die 3,5 Prozent für „durchaus angebracht“. Ich wagte auch nicht, Polens oder Lettlands Regierungen Hirnlosigkeit zu unterstellen, wenn sie sogar 4,2 Prozent ihres BIP in Rüstung investiert – vielleicht schätzen sie Russland aus Erfahrung richtiger ein.
Dass Investitionen in Rüstung der Wirtschaft viel weniger nützen als Investitionen in die Infrastruktur steht außer Zweifel – dass sie ihr überhaupt nützen, aber genauso: Anders ist nicht zu erklären, dass Russlands Wirtschaft trotz Sanktionen besser als unsere gewachsen ist, anders ist nicht zu erklären, dass die USA die Weltwirtschaftskrise erst endgültig hinter sich gelassen haben, als sie Unsummen in Rüstung gegen Deutschland und Japan investierten. Der zughörige ökonomische Mechanismus: Die Rüstungsindustrie stimuliert eine riesige Zulieferindustrie und in beiden Industrien gutverdienende Arbeitskräfte erhöhen Nachfrage und Produktion aller Güter.
Die EU hat beim Rüsten allerdings mindestens zwei große Probleme: Natürlich, da hat Bayer Recht, sollte man längst wissen, wie ihre Streitmacht beschaffen sein soll, und sollten Einkauf und Produktion der Waffen längst gemeinsam erfolgen. Ähnlich groß ist das Problem, dass nur die USA eine militärisch nutzbare Satelliten-Aufklärung und Abfangjäger von der Qualität der F 35 besitzen. Dassault in Frankreich entwickelt zwar ein vergleichbares Flugzeug, aber es ist nicht fertig und eine EU- Satellitenaufklärung ist es schon gar nicht. Man wird also vorerst beides von den USA kaufen müssen und damit nur ihr Milliarden-Leistungsbilanzdefizit gegenüber der EU etwas verringern. Dass das Donald Trump von Zöllen gegen die EU abhält, glaube ich eher nicht. Es wird spannend, ob WIF0 und IHS mit ihrem Optimismus diesmal richtig liegen.
Ein Kommentar
Wie sollen wir Wirtschaftswachstum generieren, wenn Großfirmen wegen der unsicheren Energieversorgung Europa verlassen und Förderungen für energiesparende Wohnbausanierungen derzeit gestoppt werden. Europa sanktioniert Russland und versinkt in die Bedeutungslosigkeit. Russland ist Teil von Europa und hat den Warschauer Pakt aufgelöst. Eine Aufrüstungshysterie kann nur erzeugt werden, wenn Putin als Imperialist gestempelt wird. Die Invasion in der Ukraine wurde vom Westen durch das imperialistische Gehabe der nato provoziert. Eine immerwährende Neutralität der Ukraine, die Aufhebung der suizidalen Russlandsanktionen und eine Instandsetzung von Nordstream könnte die Wirtschaft in Europa stabilisieren. Sonst geht der freie Fall weiter. Die Bürokratie bleibt gleich die produzierenden Betriebe gehen pleite oder wandern ab. Wir brauchen keine Kriegsspielzeuge, die wir selbst nicht lenken dürfen/ können. Wir Europäer ruinieren unseren Wohlstand schon durch sinnlose Lockdowns, lebensbedrohliche, zwangsangeordnete Genspritzen, ungezügelten Zuzug von Fachkräften usw. Politische Parteien, alternative Medien, die die Bevormundung durch abgehobene Institutionen zugunsten einer Souveränität anstreben, werden auf mieseste Art ausgebremst. Mein Optimismus hält sich bei diesen unprofessionellen Politmarionetten und gemästeten, systemtreuen Medien in Grenzen.