Hure für die Reichen

Der Chef der Industrie-nahen Agenda Austria Franz Schellhorn hat in einer Diskussion mit der Chefin des ÖGB-nahen Momentum-Instituts Barbara Blaha über Andreas Bablers Erbschaftsteuer gemeint, die anderthalb Milliarden, die man daraus vielleicht erziele, könne man vergessen, denn sie wären doch ein völlig unzureichender Betrag.

Ähnlich äußerte sich der Chef des Instituts für höhere Studien IHS, Holger Bonin, der meint der Freibetrag könne nicht bei anderthalb Millionen Euro sondern müsse deutlich darunter liegen. Beide haben insofern recht, als die Erbschaftssteuer in ihrer auch vom ÖGB erwogenen Ausgestaltung sicher nicht die Beträge einbrächte, die Babler für eine Unzahl von Wohltaten ausgeben will – aber anderthalb Milliarden derart zu verachten scheint mir bei Ökonomen trotzdem etwas befremdlich.

Wesentlich war eine Tafel, die Babler im Zuge seiner Auseinandersetzung um dieses Thema viel zu kurz im Fernsehen zeigte: Nur in zwei Staaten, der Slowakei und Mexiko sind Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern geringer als in Österreich, wo sie bei nur 0,6 Prozent des BIP liegen, während es im Schnitt der OECD 2,5 Prozent sind. Würden sie auf dieses Niveau angehoben, so nähme der Staat um die sieben Milliarden mehr ein um die man – und auch das ist wesentlich- die Steuern auf Arbeit senken könnte. Vor der Erbschaftsteuer, die man tatsächlich nicht mit einer Freigrenze von anderthalb Millionen ausstatten muss, um das berühmte Enkerl zu schonen, dem die Oma ihre Wohnung vermacht, ist fast überall die Grundsteuer die wichtigste der vermögensbezogenen Steuern, während bei uns diesbezüglich jene lächerlichen Einheitswerte gelten, die den Verfassungsgerichtshof veranlassten, die Erbschaftsteuer aufzuheben, weil jemand, der ein Grundstück im Wert von einer Million Euro erbte eine ungleich geringere Steuer bezahlte, als jemand der eine Million in bar erbte. Der VfGH trug der rot-schwarzen Regierung auf, das zu reparieren, nicht aber die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Doch die ÖVP war nicht bereit, diese Reparatur innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist mit zu beschließen und so blieb es bei den lächerlichen Einheitswerten und war die Erbschaftsteuer gestorben. Wie schrieb doch der abgesetzte Ex-Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid angesichts der Steuersache Siegfried Wolf  einem Mitarbeiter: “Vergiss nicht. Du hackelst im ÖVP-Kabinett. Du bist die Hure für die Reichen“. Charakteristischer Weise will auch der angebliche “Volkskanzler”  Herbert Kickl keine Erbschaftssteuer und das Volk ist schlicht genug, der FPÖ demnächst die Mehrheit zu verschaffen.

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Zwei Getriebene ihrer Strafverfahren

Wenn Benjamin Netanjahu nicht siegreicher Staatschef bleibt und Donald Trump nicht neuerlich Präsident wird, droht beiden Gefängnis. Das schürt ihre Gewaltbereitschaft.

In ihrer perfekten Antrittsrede als Kandidatin der Demokraten versprach Kamala Harris, gemeinsam mit Joe Biden alles zu tun, um mit Israel eine haltbare Lösung des Gaza -Konflikts auszuhandeln: Bekanntlich soll Waffenruhe und die Freilassung von 33 der vielleicht fünfzig noch lebenden Geiseln (nachdem zuletzt 6 nur mehr tot geborgen wurden) zu einem Waffenstillstand führen, der in einem Stufenplan, bei dem Israels Armee den Gazastreifen nur noch befristet kontrolliert, letztlich im Verein mit dem Westjordanland in einen Palästinenserstaat mündet.

Aber dazu braucht es meines Erachtens ein Wunder: Die Hamas hofft unverändert, dass die Hisbollah nicht nur wie jüngst hunderte Raketen auf Tel Aviv feuert, sondern voll in den Krieg gegen Israel eintritt; und selbst der Generalstreik bewegt Benjamin Netanjahu nicht zu einem echten Waffenstillstand. Zwar hat er Feuerpausen zugestimmt, um die Kinder im Gazastreifen gegen Polio zu impfen – aber nur, weil das Fernsehen andernfalls nach den vielen im Krieg getöteten Kindern auch noch ständig die verkrüppelten Opfer einer Polio-Epidemie zeigte,  die die Weltgesundheitsorganisation ihm zum Vorwurf machte. Vor allem hat er gleichzeitig eine massive Militäraktion im Westjordanland begonnen, die seine ultrareligiösen Regierungspartner begeistert, aber sicher nicht auf die Bereitschaft schließen lässt, dort Israels Siedlungen zu reduzieren. Netanjahu weiß:  nur solange er Krieg führt, bleibt er gestützt auf die Ultraorthodoxen Staatschef – und nur solange er Staatschef ist, entgeht er einem anhängigen Strafverfahren wegen Korruption.

Der gesamte Gaza -Konflikt wäre anders verlaufen, wenn es dieses Strafverfahren nicht gäbe. Denn als Netanjahus Versuch den Obersten Gerichtshof zu entmachten, ihn die Zustimmung der Arbeiterpartei zu seiner Regierung kostete, konnte er nur Premier bleiben, indem er die abstruse Koalition mit den Ultrareligiösen einging. Deren extrem offensive Siedlungspolitik zog nach sich, dass Truppen, die die Grenze zum Gazastreifen schützen sollten, ins Westjordanland verlegt wurden, um Siedler zu schützen. Das aber hat es der Hamas am 7. Oktober so leicht gemacht, diese Grenze zu durchbrechen und in Israel ein Massaker anzurichten. Seither gibt es den Gaza-Krieg, den Netanjahu nur deshalb als Staatschef führen kann, weil alle Israelis in dieser Situation Einigkeit demonstrieren wollen.

Nachdem Netanjahu die Hamas zuvor gefördert hat, um einen Palästinenserstaat zu verhindern, will er sie jetzt bekanntlich auslöschen und zerbombt im Gazastreifen auch Schulen und Spitäler, da die Hamas dort ihre Hauptquartiere hat. Das ist zwar ein permanentes Kriegsverbrechen der Hamas, aber vierzigtausend Palästinenser zu töten, um die Hamas auszulöschen, gerät ebenfalls zum Kriegsverbrechen, wenn der Bevölkerung ausreichende Hilfe versagt bleibt.

Eine Lösung für das entstandene Mega- Problems weiß ich nicht – aber ohne Netanjahus Angst vor einem Strafurteil wäre es nie in dieser Dimension entstanden. Und weil Netanjahu einem Strafverfahren nur entkommt, solange er Premier einer Kriegsregierung ist, wird er meines Erachtens versuchen, so lange Krieg zu führen, bis sich seine Hoffnung auf eine neuerliche Präsidentschaft Donald Trumps erfüllt. Dann nämlich kann er das Westjordanland und den Gazastreifen annektieren und würde sein Strafverfahren ob dieses historischen Verdienstes wohl eingestellt.

Während Netanjahu Trumps Wahl also erhofft, herrscht in den USA und in Europa unter Demokraten wachsende Freude über die immer besseren Umfrage-Ergebnisse Kamala Harris`. Dabei wird ein eminentes Risiko verdrängt: Es ist höchst ungewiss, dass Trump eine Niederlage hinnimmt. Schon als er die Wahl gegen Joe Biden verlor, hat er seine Anhänger bekanntlich zum Marsch aufs Kapitol aufgestachelt – das Risiko, dass er sie diesmal zum Bürgerkrieg aufruft, ist eminent. Denn bisher kamen diverse ihm drohende Strafverfahren nicht zustande, weil die US-Justiz langsam funktioniert und weil von ihm ernannte Richter den Republikanern die klare Überzahl im Supreme Court verschafft haben. Aber wenn er nicht neuerlich Präsident wird, lassen sich Strafurteile gegen ihn nach menschlichem Ermessen nicht mehr vermeiden: Wenn er in Georgia, wo es darum geht, dass er dessen Wahlleiter Brad Raffensperger aufgefordert hat, ihm dringend die für seinen Sieg in diesem Bundestaat nötigen 12.000 Wählerstimmen zu beschaffen, verurteilt wird, geht er bis ans Lebensende ins Gefängnis. Und diese Verurteilung abzuwenden ist nicht leicht: Es gibt nicht nur die Aussage Raffensbergers, sondern auch Geständnisse anderer in die Vorgänge in Georgia involvierter Mitangeklagter. Auch dass Trump beim Supreme Court erreicht hat, dass er bezüglich aller Handlungen, die er in seiner Funktion als Präsident gesetzt hat, Immunität genießt, hilft ihm in Georgia wenig, denn einen Anruf, ihm dringend fehlende Stimmen zu beschaffen, können selbst von ihm ernannte Höchstrichter schwer unter seine Funktion als Präsident subsumieren. Dennoch, und das ist das Absurde an der Situation, hielte ich es für ein Glück, wenn es so wäre. Denn dann müsste Trump nicht Angst haben, im Fall seiner Wahlniederlage im Gefängnis zu landen – so hingegen muss er sie sehr wohl haben, und das Risiko, dass er es vorzieht, seine Anhänger zum Bürgerkrieg aufzurufen, weil ihm “zum zweiten Mal der Wahlsieg gestohlen wurde”, ist gewaltig.

 

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Die hilflosen Programme unserer Parteien

Die Spar-Vorschriften der EU schließen gutes Wirtschaften aus. Es ist daher fast egal, wie die Wirtschaftsprogramme der Parteien beschaffen sind- es gibt nur Abstufungen.

 Ursula von der Leyen, die sich für ihre kommende Amtszeit vor allem vorgenommen hat, die Wirtschaft der EU zu stärken, tut mit deutscher Gründlichkeit das Gegenteil: Indem die EU- Kommission ihre stärksten Volkswirtschaften (von Österreich über Italien und Frankreich bis Deutschland) mit Strafe bedroht, sofern die öffentliche Hand (der Staat) nicht spart, vertieft sie die aktuelle Rezession, die die EZB ausgelöst hat, indem sie nicht verstand, dass die Teuerung durch verknapptes Erdgas etwas völlig anderes ist, als eine durch überhöhte Löhne beschleunigte Inflation. Ich berufe mich auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz, indem ich, so sehr Sie dessen überdrüssig sein mögen, wiederhole, dass die Wirtschaftspolitik der EU der Mathematik widerspricht: Wirtschaftswachstum bedeutet, dass Unternehmen mehr (oder Wertvolleres) verkaufen; das ist nur möglich, wenn andere mehr  einkaufen; die Konsumenten tun das in Krisenzeiten nicht, sondern sparen lieber; kauft der Staat ebenfalls weniger ein, weil auch er spart (zum Sparen gezwungen ist) wären Unternehmen schwachsinnig, wenn sie ihre Anlagen dennoch erweiterten, um mehr zu produzieren, denn sie fänden keine Käufer. Allfällige Mehreinkäufe durch Staaten, Unternehmen und Konsumenten außerhalb der EU machen dieses Manko nicht wett. Deshalb wächst die Wirtschaft der sparenden EU seit 24 Jahren so ungleich weniger als die der USA, die keine entsprechende Spar-Vorschrift kennt. Obwohl die Republikaner, aber auch viele Demokraten aus ideologischen Gründen auch dafür wären, dass der Staat seine Leistungen kürzt, geschieht das nicht, weil beide Seiten immer ein hohes Militärbudget akzeptieren, das via Zulieferunternehmen ein gewisses Wirtschaftswachstum sicherstellt, während die strikte Leugnung der wirtschaftlichen Logik in der EU beziehungsweise der Eurozone  in die aktuelle Rezession gemündet ist.

Kein Programm spart ein

Vor diesem tristen Hintergrund sind die Wirtschaftsprogramme zu beurteilen, mit denen Österreichs Parteien in den Wahlkampf ziehen: Es ist ziemlich egal, was sie vorschlagen, denn sie können es unter der Aufsicht der EU nicht einhalten. Der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, der, anders als Stieglitz, offenbar nichts an den wirtschaftlichen Grundsätzen der EU auszusetzen hat, hat sehr klar erläutert, warum das so ist: Österreich muss, um den Vorschriften der EU-Kommission zu genügen, 2,5 Milliarden Euro im Jahr einzusparen, und das schließt Steuersenkungen oder gar zusätzliche Leistungen aus. Wenn die ÖVP in ihrem Wirtschaftsprogramm meint, man käme ohne Einsparungen aus, indem man die Körperschaftssteuer und die Lohnnebenkosten senkt, weil das die Wirtschaft ankurbelt, so ist das für Badelt wie für mich blanke Illusion. (Die Gesellschaftssteuern wurden mit der Begründung, dadurch die Investitionen zu befördern, bereits halbiert und diese sind dennoch so niedrig wie nie, weil Investitionsentscheidungen der Unternehmen in erster Linie davon abhängen, ob sie in Zukunft bessere Geschäfte erwarten.) Die von der ÖVP gleichfalls geforderte Senkung der Lohnnebenkosten ist für Badelt wie mich ein Nullsummenspiel, weil dann eben der Familienlastenausgleich und die Sozialversicherung Zuschüsse aus dem Budget erhalten müssten. Völlig ausgeschlossen ist unter den gegebenen Umständen die von allen Parteien angestrebte Senkung der Lohnsteuern, denn sie erhöhte das staatliche Defizit dramatisch, statt es zu vermindern.

Aus den gleichen Gründen wie das Wirtschaftsprogramm der ÖVP, ist für Badelt wie für mich auch Wirtschaftsprogramm der Neos blanke Illusion, das dem der ÖVP weitgehend gleicht. Einig sind sich beide Parteien auch in der massiven Ablehnung  vermögensbezogener Steuern, wie der Erbschafts- oder der Grundsteuer, obwohl uns die Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts oder der OECD beides seit Jahren dringend empfehlen, weil sie dazu beitrügen, die Steuern auf Arbeit zu senken. Dass auch Beate Meinl-Reisinger das nicht versteht,  hatte ich bisher für unwahrscheinlich gehalten.

Restlos absurd ist erwartungsgemäß das Wirtschaftsprogramm der FPÖ: Auch sie, die angeblich den kleinen Mann vertritt, lehnt vermögensbezogene Steuern aufs Energischste ab und verspricht dennoch eine unmögliche Lohnsteuersenkung. Die notwendigen Einsparungen will sie erzielen, indem man Migranten keine Mindestsicherung mehr ausbezahlt, obwohl das erstens EU-rechtswidrig wäre und zweitens nur einen Millionenbetrag einbrächte. Die Grünen drücken sich um dumme konkrete Aussagen und verweisen nur darauf, dass ökologische Maßnahmen Arbeit schaffen, wobei sie darauf vergessen, dass sie auch Geld kosten.

Nur Babler hätte Chancen

Das einzige Wirtschaftsprogramm, das den Ansprüchen der EU theoretisch genügen könnte, ist das der SPÖ unter Andreas Babler: Indem er die Erbschaftssteuer und die Gesellschaftssteuer erhöhte, erzielte er Mehreinnahmen, die noch höher sein könnten, wenn er auch eine adäquate Grundsteuer forderte. Nur will Babler diese Mehreinnahmen nicht nutzen, um das Budget zu sanieren, sondern um daraus weitere Sozialausgaben zu bestreiten, so dass ihm Parteikollegin Doris Bures bekanntlich mangelnde Ernsthaftigkeit vorgeworfen hat. Wenn man die wirtschaftlichen Grundsätze der EU mit Christoph Badelt für richtig hält, bleibt Österreich in den kommenden Jahren in der Tat nichts anderes übrig als unter Schmerzen die genannten 2,5 Milliarden pro Jahr einzusparen. Nur dass das zu einer immer massiveren Rezession führen wird: Man kann Wirtschaftspolitik nicht gegen Mathematik und Logik betreiben.

 

 

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Der zunehmend entmachtete Wähler

In den USA hat das Große Geld gewaltigen Einfluss darauf, wer Präsident wird. In Europa weiß der Wähler zunehmend seltener, welcher Koalition er zur Regierung verhilft.

Wenn US-Kommentatoren begründen, warum Kamala Harris gute Chancen hat, Donald Trump zu schlagen, führen sie an erster Stelle an, wie viele Spenden-Millionen  sie in kurzer Zeit zu mobilisieren vermochte. Auch mich freut ihre gute finanzielle Lage im konkreten Fall – nur dass es eigentlich gespenstisch ist, dass die Wahl zum US-Präsidenten offenbar stark davon abhängt, wie viel Geld ein Kandidat zur Verfügung hat. Es wäre nicht ganz so problematisch, wenn durchwegs der die meiste Spenden einnähme, der sich eben von vornherein der größeren Beliebtheit erfreut, denn ein einzelner Sympathisant darf ihm maximal dreitausend Dollar spenden. Nur tun sich Kandidaten, die voran die weiße Oberschicht ansprechen, dabei sehr viel leichter als Kandidaten, die stark auf Farbige und Latinos angewiesen sind. Soeben wurde die mögliche Höhe der Spende zudem erhöht: Ein republikanischer Spender aus Alabama klagte gegen die Begrenzung der Spenden auf eine Person, weil das der Meinungsfreiheit widerspreche und der Supreme Court gab ihm mit 5 Stimmen republikanischer Höchstrichter gegen 4 Stimmen demokratischer Höchstrichter recht. Seither kann man die dreitausend  Dollar mehreren Kandidaten, vor allem aber zusätzlich der Partei des bevorzugten Kandidaten spenden.

Der angebliche Schutz der Meinungsfreiheit spielt aber eine für die US-Demokratie noch viel verheerendere Rolle:  2010 entschied der Supreme Court, dass Meinungsfreiheit nur gewährleistet sei, wenn  auch Unternehmen, Gewerkschaften oder andere Lobbys Geld dafür einsammeln und ausgeben dürfen, bestimmte politische Inhalte zu propagieren und Kandidaten zu unterstützen. Damit war die Möglichkeit geschaffen, den Wahlkampf mit Hilfe sogenannter “PACs” (Political action commitee)oder “Super-PACs” zu gewinnen. Der Hauptunterschied  besteht darin, dass ein PAC sein Geld direkt an Kandidaten und Parteien vergeben kann, beim Einsammeln aber massiven Beschränkungen unterliegt. Super-PACs hingegen sind zwar verpflichtet, ihr Geld nicht in Hinblick auf eine bestimmte Partei oder einem bestimmten Kandidaten, sondern “unabhängig” für ihre politischen Anliegen zu verwenden, unterliegen beim Einsammeln des Geldes aber keinerlei Beschränkung. Dass sie nachträglich bekannt geben müssen, wer ihnen wie viel gespendet hat, schafft zwar eine gewisse Transparenz, mindert ihre Problematik aber kaum: Mit den gewaltigen Summen, die Superpacs einsammeln können, ist ihr Einfluss auf die Politik zwangsläufig gewaltig. Ein Unternehmen Elon Musks darf Donald Trump zwar kein Geld überweisen, wohl aber dem Super-PAC MAGA Inc. 40 Millionen Dollar, denn warum soll es nicht dessen unabhängiges Interesse sein, to Make Amerika Great Again. Dazu interviewte Musk Trump drei Sunden auf X (vormals Twitter), ohne dass es als Spende gilt.

Die zitierte Entscheidung des Supreme Court von 2010 gilt nicht nur für die Wahl des Präsidenten, sondern auch jedes einzelnen Gouverneurs, Senators oder sonstigen Mandatar und sorgt damit zwangsläufig für einen gewaltigen Einfluss des großen Geldes auf die Politik – bösartig könnte man sagen: In den USA lassen sich politische Entscheidungen kaufen. Man kann sich nur damit trösten, dass Kandidaten der Demokraten nicht zwingend weniger Pacs und Superpacs als Kandidaten der Republikaner an ihrer Seite haben. So hatte die Demokratin Hillary Clinton zum Beispiel ein größeres Wahlkampfbudget als Donald Trump und unterlag ihm dennoch. Denn ein Wahlsystem, bei dem bestimmte Staaten viel mehr “Wahlmänner” pro Einwohnerschaft haben und bei dem in machen Staaten alle Wahlmänner dem Kandidaten gehören, der dort gesiegt hat (The Winner Takes It All), selbst wenn dieser Sieg ein ganz knapper war, machte möglich, dass Hillary Clinton die Wahl auch verlieren konnte, obwohl sie insgesamt fünf Millionen Stimmen mehr als Trump bekommen hatte.

Europas Wahlsysteme sind dem der USA also sowohl rein technisch weit überlegen als auch ungleich weniger dem großen Geld ausgeliefert, obwohl es natürlich auch in Österreich von Bedeutung ist, wenn Millionäre wie die Brüder Fellner oder Christoph und Eva Dichand  mit den größten Zeitungen Meinung machen. Trotzdem lehrt der Vergleich mit den USA hoffentlich, unser System der hohen staatlichen Parteienfinanzierung, der Spenden- und Wahlkampfkosten Obergrenzen zu schätzen, statt es zu kritisieren. Bei uns und in vielen anderen Ländern Europas schränkt ein ganz anderes Problem die Durchsetzung des Wählerwillens zunehmend ein: Indem es zunehmend weniger Länder mit zwei extrem großen Parteien gibt, hängt die tatsächliche Regierung zunehmend von Koalitionen ab. Und da Parteien nicht gezwungen sind, vorher bekanntzugeben, mit wem sie koalieren, hat der Wähler immer weniger Einfluss, zu welcher Regierung es kommt. Dass es in Deutschland zur eher links dominierten Regierung aus SPD, Grünen und FDP statt zur rechts dominierten aus CDU/CSU, FDP und Grünen gekommen ist, entschied nicht der Wähler, sondern Christian Lindner als FDP-Chef. Und wer demnächst ÖVP oder SPÖ wählt, weil er sich deren Koalition wünscht und auf keinen Fall Herbert Kickl zum Kanzler haben will, kann ihn dennoch bekommen, wenn Karl Nehammer  den Hut nehmen muss, weil die ÖVP nur Dritte geworden ist. Die ständige Politiker-Aussage “Das wird der Wähler entscheiden”, wird so zunehmend zur Frotzelei. Die Medien müssen dringend Koalitionsaussagen einfordern, sonst wird die Politikverdrossenheit wachsen.

 

 

 

 

 

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Kursrückgang: Ein Wahlgeschenk für Trump

In bundesweiten Umfragen zurückgefallen, kann Donald Trump die Demokraten dank gesunkener Aktienkurse für angeblich katastrophales Wirtschaften verantwortlich machen.

Donald Trump lag, wenn auch nur bundesweit, in Umfragen erstmals hinter Kamala Harris, als ihm am vergangenen Montag ein Wahlgeschenk zuteil wurde. das er in den kommenden Wochen ausschlachten wird: Der Einbruch der US-Börsen gibt ihm die Möglichkeit zu behaupten, dass die Administration Biden-Harris katastrophal gewirtschaftet hätte- so wenig das der Wahrheit entspricht. Weil viele Amerikaner Aktien besitzen können die hohen Verluste sehr prominenter, (populärer) Aktien auch direkten Einfluss auf das Wahlverhalten haben.

Anlass der Kursverfalls (S&P -4 Prozent Nasdaq 100 -5,5 Prozent) waren bekanntlich überraschend schlechte Daten vom US-Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosigkeit war signifikant gestiegen und die Zahl neuer Jobs lag signifikant unter den Erwartungen. Das konnte die Sorge wecken, dass die US- Wirtschaft einer Rezession entgegengeht und als Lokomotive “westlichen” Wirtschaftswachstums ausfällt, nachdem schon Deutschland als Lokomotive europäischen Wirtschaftswachstums ausgefallen ist. Jedenfalls führte diese Sorge zu einer Panik an der Börse von Tokio, weil dort drei Ängste  zusammentrafen:

  • Das gestiegene Risiko eines Flächenbrandes in Nahost schürte die Angst, dass sich Öl und Lieferungen durch den Suezkanal neuerlich verteuern.
  • Eine Aufwertung des Yen schürte die Angst, dass Japans Waren im Export zu teuer wären.
  • Wenn mit den USA  Japans größter Exportmarkt tatsächlich schwächelte, so  musste das begreifliche Angst vor einem dramatischen Rückgang japanischer Exporte schüren.

Summiert bewirkten diese Ängste Japans schlimmsten Börsencrash seit Jahrzehnten. (Nikkei -12,4 Prozent) Die Schockwelle, die der Mega-Crash der fünftgrößten Börse der Welt auslöste, ließ, den Zeitzonen folgend, zuerst Europas Börsen einbrechen und erreichten vergangenen Montag Mittag unserer Zeit ihren Ausgangspunk USA. Dort brachen voran die Aktien massiv ein, die zuvor einen vielleicht übertriebenen Hype erlebt hatten- allen voran NVIDIA (- 14,5 Prozent) das Chips für “Künstliche Intelligenz” herstellt: Die Investoren zweifelten plötzlich, dass KI so rasch Gewinne generieren wird. Der allen Börsen eigene Herdentrieb riss alle Technologie-Werte mit nach unten. Ebenso unter die Räder kam die seit jeher massiv überbewertete Aktie von Tesla, weil der Gewinn aus dem E-Auto-Geschäft zuletzt sehr dürftig ausgefallen war. Und weil Starinvestor Warren Buffet sich von der Hälfte seiner Apple-Aktien trennte, stürzte auch diese prominente Aktie ab und das riss sämtliche Kurse mit, so wenig das dem Zustand der US-Wirtschaft entsprach.

Dass die Arbeitslosen-Zahl, die am Beginn dieser Kettenreaktion steht, so hoch ausgefallen war, hatte nämlich einen speziellen Grund: Weil es in den USA, wie in der EU, 2022 eine Inflation gegen 10 Prozent gegeben hat, hatte die US-Notenbank FED schon vor der EZB die Zinsen erhöht. Sinn dieser Maßnahme laut Lehrbuch: ein Boom soll abklingen, die Auslastung der Unternehmen soll sinken und die Arbeitslosigkeit soll steigen, so dass es Arbeitskräften schwer fällt, Lohnerhöhungen durchzusetzen. Denn offenbar sah die FED die Hauptursache für die Inflation in überhöhten Löhnen. Diese Sicht war in den USA nicht so unberechtigt wie in der EU, denn sowohl unter Donald Trump wie unter Joe Biden waren die Löhne stark gestiegen. Der größere Teil der Inflation wurde auch in den USA durch die weltweite drastische Verteuerung von Öl und Gas bewirkt, die die Kürzung der Öl-Förderung durch Russland und die OPEC mit sich gebracht hat.

Allerdings gingen der Öl und Gaspreis schon sehr bald wieder zurück, weil die USA mehr in ihr Fracking investierten, weil Norwegen mehr Gas förderte, weil kleine Produzenten außerhalb der OPEC mehr Öl lieferten und alternative Energiequellen zunahmen. Im gleichen Ausmaß ging die Inflation zurück, die ich lieber Teuerung nenne, solange es sich nicht um einen sich selbst verstärkenden Prozess handelt, bei dem Lohnerhöhungen die entscheidende Rolle spielen. War die von der EZB extrem rasch vorgenommene massive Zinserhöhung mit Sicherheit falsch, weil die Reallöhne in der EU vielfach sogar gefallen waren, so war die Zinserhöhung der FED  insofern besser  gerechtfertigt, als hohe Löhne jedenfalls eine Rolle für die Teuerung spielten, vor allem aber, weil die USA unter Biden reichlich investierten, so dass Geld nach der Überwindung der Pandemie, anders als in der EU, nicht mehr billig sein musste, um Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Dennoch war die FED vorsichtiger als die EZB vorgegangen, indem sie ihre Zinsen in viel kleineren Schritten erhöht hatte, obwohl die starke US -Wirtschaft teureres Geld viel besser als die schwache EU-Wirtschaft vertrug Vorerst hat die US-Börse die Hälfte ihrer Verluste jedenfalls schon aufgeholt und die FED dürfte bald einen größeren Zinsschritt nach unten vornehmen. Ob er reichen wird, die Wahlchancen von Kamala Harris und Tim Walz durch perfekte Konjunkturdaten zu unterstützen erhöhen, ist schwer zu sagen.

 

 

 

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Die Kirche bleibt frauenfeindlich

Polens Unterhaus lehnt es ab, das geltende Abtreibungsverbot auch nur minimal zu mildern. Angesichts der Frauenfeindschaft des Islam wird die unserer Kirchen vergessen.

 Polens Unterhaus hat abgelehnt, das geltende Abtreibungsverbot so zu mildern, dass ein Schwangerschaftsabbruch wenigstens bei Vergewaltigung oder Missbildung des Fötus möglich wäre. Das Versprechen einer solchen Reform war der vermutlich entscheidende Grund dafür, dass eine Koalition unter Führung der Bürgerplattform  Donald Tusks 2023 die Regierung der konservativen PIS ablösen konnte. Doch die Abstimmung über die Abtreibung zeigte, dass es im katholischen Polen selbst in Tusks Koalition Abgeordnete gibt, die in Abtreibung “Mord” sehen.

Zwangsläufig stärkt das Scheitern der Reform die PIS, die für sich alleine genommen nach wie vor stimmstärkste Partei Polens ist. Denn wirtschaftlich war sie durchaus erfolgreich: Es war nicht zuletzt ihr Verdienst, dass Polen seine Staatswirtschaft von allen Staaten des einstigen Ostblocks am besten in eine  Marktwirtschaft überführte. Die Landbevölkerung kam nicht unter die Räder der Industrialisierung, und die christlich-soziale Prägung der Gesellschaft sorgte dafür, dass die für viele ex-kommunistische Volkswirtschaften so typische Spaltung in weiterhin Arme und extrem Reiche in Polen nicht so drastisch ausfiel. Es ist daher keineswegs sicher, dass die liberale Regierung Tusks wirtschaftlich vergleichbar erfolgreich sein wird und zusammen mit der gescheiterten Reform der Abtreibung kann sie das sehr bald die Zustimmung der Mehrheit kosten – man muss die Rückkehr Polens unter die Fittiche der EU-kritischen, fundamental katholischen PIS leider für jederzeit möglich halten.

Angesichts eines Islam, der Frauen im Extremfall zwingt, im Gefängnis einer Burka mit vergittertem Sehfeld zu leben, wird vergessen, wie frauenfeindlich auch das Christentum ist. Indem es gebietet, mit Gott-Vater und Gott-Sohn zwei Männer als allgewaltig und allwissend anzuerkennen, sorgt es für jene patriarchalen Herrschaftsverhältnisse, die ich für eine zentrale Ursache von Krieg und Unterdrückung halte. Restlos undemokratisch organisiert, war voran die katholische Kirche Stütze noch jedes faschistischen Regimes, ob Benito Mussolinis, Engelbert Dollfuss` oder Francisco Francos und natürlich steht die orthodoxe Kirche heute fest hinter Wladimir Putin. Noch nie haben christliche Kirchen Massenmördern, sei es Adolf Hitler, sei es Josef Stalin, offen die Stirn geboten, sondern sich selbst mit ihnen arrangiert. Österreichs Bischöfe unterschrieben bekanntlich mit “Heil Hitler.”

Dazu passt, dass alle faschistoiden Regime Abtreibung als “Mord” qualifizieren und zu Lasten der Frauen mit besonderer Schärfe verfolgen, sahen mit ihnen verbündete Kirchenväter in Frauen doch Menschen zweiter Klasse. Hatte es in vorchristlichen Gesellschaften, etwa Ägyptens, auch weibliche Götter gegeben und konnten Frauen Herrscherinnen sein, so konnte die hebräische Frau im alten Testament des Christentums verstoßen, ja getötet werden, wenn sie dem Mann nicht gehorchte und war “unrein”, wenn sie die Regel hatte. Mit Jesus gab es zwar eine kurze Zwischenphase, in der sich die Stellung der Frau verbesserte – bekanntlich erlaubte er Maria Magdalena sogar seine Lehre zu verbreiten – aber schon hundert Jahre später wies das Thomas- Evangelium der Frau wieder die alte Stellung zu: “Ein Weib lerne in der Stille und in aller Untertänigkeit”. Das fand der polnische Papst Johannes Paul II noch 1988: “Eine Frau soll still zuhören und sich ganz unterordnen. Ich gestatte es keiner Frau zu lehren und sich über den Mann zu erheben. Zuerst wurde ja Adam geschaffen und dann erst Eva”. Die diesbezügliche katholische Tradition ist beeindruckend. Schon 200 nach Christi hatte der Kirchenlehrer Tertullian in Eva die “Eingangspforte des Bösen” gesehen:  “Du bist es, die dem Teufel Eingang verschafft hat.” “Allein das Bewusstsein ihres Wesens muss die Frau mit Scham erfüllen”, assistierte ihm sein Kollege Clemens Alexandrinus. Augustinus als wichtigster aller Kirchenlehrer wies der Frau im 5. Jahrhundert endgültig wieder den Platz zu, den sie vor Jesu` Geburt innehatte: “Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbild geschaffen wurde.”

Das ist der katholische Hintergrund, vor dem das Recht der Frau, über ihren Körper zu verfügen, gesehen werden muss: Wenn ein Mann ihr ein Kind gemacht hat, hat sie es zu kriegen – den Fötus abzutreiben ist “Mord”. Dass es nichts Inhumaneres gibt, als einer Frau zuzumuten, ein Kind zu bekommen, das sie nicht bekommen will und einem Kind zuzumuten geboren zu werden, obwohl die Mutter es nicht wollte, sieht die Kirche nicht. Sie meint der Wissenschaft zu folgen, indem sie davon ausgeht, dass aus der mit einer Samenzelle vereinigten Eizelle zweifellos ein Mensch werden kann, obwohl noch kein Botaniker einen Zwetschgenkern einem Zwetschgenbaum gleichgesetzt hat,  obwohl er zweifellos dazu werden kann und obwohl jemand, der ein angebrütetes Ei zerschlägt, sich nicht der Tierquälerei schuldig macht, obwohl daraus ein Huhn würde.

Die Kirche war -in für sie typischen absurden Grenzen- schon einmal weiser: 1771 nahm sie an, dass der männliche Fötus erst nach 40, der weibliche erst nach 80 Tagen eine Seele bekommt, so dass davor nicht zwingend Mord vorliegt.

Sobald die Frau ein zweites Wesen in sich spürt, wird Abtreibung auch für sie selbst zum Problem, sieht es die Fristenlösung ohne absurde Unterscheidung im männliche und weibliche Föten gar nicht soviel anders.

 

 

 

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Der keineswegs gebremste Klimawandel

Allen österreichischen, deutschen und europäischen Erfolgsmeldungen zum trotz wird weltweit nicht weniger, sondern mehr CO2 in die Atmosphäre geblasen.

Um ausnahmsweise einen Erfolg zu vermelden, präsentierte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Grafik, die illustriert, wie sehr der CO2- Ausstoß in seiner kurzen Amtszeit zurückgegangen ist. Die Opposition spricht zwar von getürkten Daten, weil nicht die neuesten herangezogen worden seien, aber tendenziell steht der Rückgang außer Zweifel. Ähnliches gilt für Österreich, wenn Leonore Gewessler entsprechende Erfolge vermeldet und auch Ursula von der Leyen sagt die Wahrheit, wenn sie den Erfolg ihres “Green Deal” feiert: Die EU hat ihren CO2 Ausstoß tatsächlich gesenkt.

Nur kommt es fürs Klima nicht darauf an wie viel CO2 die EU in die Atmosphäre entlässt, sondern wie viel weltweit dorthin entlassen wird. Und da gilt es einen simplen ökonomischen Tatbestand zur Kenntnis zu nehmen: Jeden Liter Öl und jeden Kubikmeter Gas, den wir in der EU weniger verbrennen, verbrennen andere Volkswirtschaften, von Brasilien über Indien bis China mehr. Alles Öl und Gas, das gefördert wird, wird gekauft, verbrannt und entlässt CO2 in die Atmosphäre. Nur wenn weltweit weniger fossile Brennstoffe gefördert werden, verringert sich der CO2 -Ausstoß. Deshalb war der grauenhafte Krieg in der Ukraine eine Zeit lang gut für den Planeten, denn um ihn vorzubereiten, brauchte Russland mehr Geld und einigte sich mit der OPEC, die Förderung zu drosseln, um den Preis durch Knappheit zu erhöhen. Die USA, die Saudi-Arabien sonst immer bewegt hatten, die Förderung nicht zu drosseln und den Preis moderat zu halten, indem sie drohten, dem Königshaus sonst keine Waffen zu liefern, akzeptierten die Preiserhöhung dieses Mal, weil sie durch Fracking selbst zum größten Öl/Gas Produzenten der Welt geworden waren.

Die Drosselung der weltweiten Förderung hielt freilich nur kurz an. Nicht zuletzt, weil voran der erhöhte Gaspreis zu einer gewaltig erhöhten Inflation führte, unter der voran Europa litt, wurde die Gasförderung bald wieder erhöht, indem Norwegen sie verstärkte und die USA ihr Fracking wieder hochfuhren. Die weltweite Förderung fossiler Brennstoffe nahm zu Lasten des Planeten wieder zu und sorgte – viel mehr als die Zinserhöhungen der Notenbanken – dafür, dass die Inflation sukzessive zurückging.

Man kann die Menge fossiler Brennstoffe, die jährlich gefördert werden dürften, um den weltweiten CO2-Ausstoß so zu reduzieren, dass man das gesetzte Klimaziel erreicht, in etwa errechnen und das geschieht auch. Es gibt von den Vereinten Nationen seit 2017 einen jährlichen Bericht über die sogenannte “production gap”: Das ist die Lücke zwischen dem, was an Einschränkung bei der Förderung und Produktion fossiler Energieträger auf Weltebene notwendig wäre und dem, was tatsächlich geschieht. Im Vorwort des Reports von 2023 heißt es: „Die Regierungen planen, bis 2030 mehr als die doppelte Menge an fossilen Brennstoffen zu produzieren und zu verbrauchen als es mit dem Pfad zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°C vereinbar ist. Mit anderen Worten: Die EU, Deutschland oder Österreich können ihren CO2 Ausstoß noch so sehr reduzieren – es bewirkt nichts, solange weltweit weiter munter Öl, Gas und Kohle gefördert werden. “Nur wenn es gelingt, die Produzenten fossiler Energieträger, von denen es auf der Welt rund zwanzig gibt (darunter die USA als eine der größten), davon zu überzeugen, dass sie ihre Produktion Schritt für Schritt herunterfahren müssen”, formuliert der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck, “kann mit einer rationalen Klimapolitik begonnen werden.”

Ich bin diesbezüglich zurückhaltender: Es ist zu jeder Zeit rational, Technologien zu entwickeln, die den CO2-Ausstoß vermindern. Nur versprächen weniger Hektik und mehr Nachdenken dabei größeren Erfolg. So bewirkte nur eine viel höhere CO2-Steuer, dass immer die Technologie zum Zug käme, die am billigsten das meiste CO2 eliminiert, während man derzeit im Dunklen tappt. So ermittelte etwa der Think-Tank “Transport und Environment” erst jetzt, dass Schweröl verbrennende Schiffe im Hafen von Rotterdam mehr CO2 als alle Autos der Niederlande ausstoßen und dass die Schifffahrt -Kreuzfahrt- und Containerschiffe- zu den zweifellos größten CO2 Emittenten zählt. Es brauchte also vermutlich weniger Fördermilliarden für die überwiegend europäischen Großreedern und ihren rund sechstausend Schiffe CO2-arme Motoren vorzuschreiben, als es für abermillionen Autos zu tun.

In keiner Weise verstehe ich freilich, warum man das Tempolimit für Autos nicht sofort auf 100 km/h senkt. Und wenn man Wiens öffentlichen Verkehr mit Steuern statt Fahrscheinen finanzierte, erreichte man vermutlich rasch, dass Wiener kaum mehr Auto führen. Zwar müsste man dann wohl mehr Garnituren einstellen, aber im Verhältnis zum Erfolg wäre der Aufwand gering. Auch dass man dann auf die Fahrscheine von Touristen verzichten müsste, ist kein gewichtiger Einwand -sie gäben mehr Geld in Restaurants und Geschäften aus. Es gibt also Wege den CO2-Ausstoß  relativ simpel und rasch stark zu senken.

Das oben beschriebene Grundproblem, ist freilich nur zu lösen, wenn man die 20 Produzenten fossiler Brennstoffe überzeugen kann, dass es auch für sie am besten ist, sehr viel länger vom Erlös ihrer fossilen Bodenschätze zu profitieren als durch immer größere Fördermengen im Moment noch reicher zu werden und eine Klimakatastrophe zu erleben.

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Österreichs künstliche und echte Probleme

Unsere Schuldenquote von 77,8 Prozent ist ein Scheinproblem.  Dass wir zu den höchsten Lohnstückkosten der EU produzieren ist ein echtes. Was macht den Unterschied?

Österreich wird bekanntlich demnächst, wie Frankreich oder Italien schon jetzt, von der EU dafür bestraft werden, dass sein Budgetdefizit drei Prozent überschreitet und dass es sich der Staatsschuldengrenze von 60 Prozent des BIP kaum genähert hat. Der Chef des Fiskalrates Christoph Badelt hat pflichtgemäß vor der kommenden Strafe gewarnt und Sparsamkeit gefordert, aber immerhin auch kurz darauf hingewiesen, dass die Corona-Krise und die hohe Inflation zu bewältigen waren, Holger Bonin, Chef des Instituts für höhere Studien, hat das immerhin sehr deutlich getan. Beide hätten freilich auch darauf hinweisen können, dass die Drei- wie die 60 Prozentgrenze der EU höchst umstritten sind. Die Studie von Kenneth Rogoff, auf die sie sich beruft, enthält bekanntlich einen erwiesenen Rechenfehler, hat Staaten, deren Daten seiner These von der Schädlichkeit hoher Staatsschulden widersprechen, ungenügend berücksichtigt und sein Resultat kam überhaupt nur auf der Basis einer einzigen Wirtschaftskrise – der Neuseelands im Jahr 1951- zustande. Dazu hätten sie auch in Frage stellen können, ob die von der EU verhängten Strafzahlungen weise sind? Was sie Frankreich, Italien oder Österreich kosten, können diese Staaten weniger in ihre Wirtschaft investieren.

Alle Diskussionen zu diesem Thema leiden darunter, dass “Schulden” des Staates stets negativ mit “Schuld” assoziiert werden, während Sparen des Staates mit der positiven Tugend der Sparsamkeit verwechselt wird. Natürlich soll Österreich “sparsam” wirtschaften: Natürlich ist es verfehlt, den Flughafen Schwechat zum vielfachen Preis des vergleichbaren Flughafens von Malaga auszubauen; das größte mir diesbezüglich bekannte Fiasko bestand darin, das AKH zum sechsfachen Preis eines gleich großen, gleich ausgestatteten Klinikums in Aachen zu errichten. Dennoch hat man das den beiden Bauherrn, Wiens Bürgermeister Leopold Graz und Finanzmister Hannes Androsch nie zum Vorwurf gemacht, denn zumindest Androsch konnte ins Treffen führen, dass er Österreich auf andere Weise massiv voran gebracht hat: Er hat zwar stets Budgetdefizite gemacht, aber unser Wohlstand ist nie stärker als in seiner Ära gewachsen, hat der Staat sein Geld doch höchst erfolgreich investiert.

Die Unsinnigkeit, der Staatsschuldenquote überragende Bedeutung zuzumessen, ist am besten am Beispiel Japans zu illustrieren. Sie ist mit 252,4 Prozent die höchste der entwickelten Welt und müsste laut Rogoff die größte Pleite der Geschichte bedingen. Aber Japans Wirtschaft wuchs heuer mit 1,2 Prozent besser als die sparende deutsche  und Japans Rating liegt wie das deutsche bei Tripple A. Leute, die Japans Daten als Einwand gegen die Staatsschuldenhysterie nicht gelten lassen wollen, weisen darauf hin, dass es seine Schulden voran bei der eigenen Bevölkerung hat – aber warum soll es schlimmer sein, dass Österreich sie bei Deutschen, Amerikanern oder auch Japanern hat?  Wobei man allerdings auch das Rating der führenden Agenturen von Moodys bis Fitsch nicht so ernst nehmen sollte: Sie beurteilten auch die toxischen US-Derivate von 2009 mit Tripple A und vergaben die gleiche Note an Spanien, das Tage später seine größte Immobilienkrise erlebte. Am vernünftigsten ist es, sich die größten Unternehmen eines Landes anzusehen und da weiß man gleich, warum Japan nicht pleite ist: Sein größtes Unternehmen, Toyota, verzeichnete 2022 mit einem globalen Umsatz von 338,5 Milliarden US-Dollar ein Umsatzwachstum von 18,4 Prozent; das Konglomerat Mitsubishi, steigerte seinen Umsatz um 24,8 Prozent auf 196,5 Milliarden.

So wie man sich also Japans beste Unternehmen anschauen soll, soll man das auch in Österreich tun: Da verzeichnete unser größtes Unternehmen, die OMV, dank Ölpreisexplosion seinen höchsten Umsatzerlös von 39 Milliarden. Und trotz denkbar schlechter Stahlkonjunktur stieg selbst der Umsatzerlös der VOEST von 2021 auf 2022 um 39 Prozent, auch wenn das nur Millionen, statt wie davor Milliarden einbrachte. Ähnlich gut funktionieren unsere vielfach weltmarktführenden Mittel- und Kleinbetriebe. Natürlich hätte die Regierung sie treffsicherer durch Corona und Inflation führen können – aber sie hat sie über diese Krisen hinweggebracht und daher sind unsere 77,8 Prozent Staatsschuldenquote für Leute, die etwas von Wirtschaft verstehen- anders als die EU-Kommission- ein Scheinproblem.

Es gibt allerdings zwei echte Probleme:

  • Unsere Löhne wurden anlässlich der Inflation  zu stark erhöht, weil man von der Benya-Formel ausging, die auf Grund der Ölpreisexplosion nicht mehr anzuwenden war und weil unser Haupthandelspartner Deutschland sie wie stets am wenigsten erhöhte. Das kostet unsere Exportindustrie Konkurrenzfähigkeit und muss bei der nächsten Lohnrunde berücksichtigt werden.
  • Wir leiden an Facharbeitermangel. Dank unserer zuvor sehr zurückhaltenden Lohnpolitik haben wir, wie Deutschland, von anderen Ländern viele Aufträge hinzugewonnen, die abzuwickeln sind. Am ehesten ließe sich der Fachkräftemangel lindern, indem die vorhandenen Arbeitskräfte später in Pension gehen – aber das tun sie nicht, obwohl sie auf Grund der steigenden Lebenserwartung auch immer mehr Pensionisten finanzieren müssen. Vernünftiger Weise muss die Lebensarbeitszeit der dramatisch gestiegenen Lebenserwartung automatisch angepasst werden. Aber das geschieht nicht, weil Pensionisten die größte Wählergruppe sind.

 

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Biden tritt zur Seite- Kamala Harris folgt nicht zwingend

Joe Biden hat Sonntag Abend mitteleuropäischer Zeit die erwartete letzte Gelegenheit wahrgenommen, in einem einseitigen Brief mitzuteilen, dass er sich nicht mehr um seine Wiederwahl bemühen wird sondern sich seine ganze Kraft darauf konzentrieren die letzten Monate seiner Präsidentschaft so erfolgreich wie möglich zu gestalten.

Obwohl er in seinem Brief schreibt, dass er mit Kamala Harris die denkbar beste Vizepräsidentin nominiert hat und ihr dafür dankt, dass sie ihm so hervorragend zur Seite gestanden ist, und obwohl sie auch nach ihm an zweiter Stelle der aktuellen Liste demokratische Kandidaten steht ist nicht absolut sicher, dass sie an seiner Stelle kandidieren wird. Sie hat als Farbige zwar den Vorteil, jene farbigen Wähler in den Swing-States zurückzugewinnen, die sich von Joe Biden wegen seines Alters abgewendet hatten und seine dort so viel schlechter Umfragewerte bedingten. Aber nicht alle führenden Demokraten sind überzeugt, dass sie die beste Wahl ist Biden zu ersetzen. Es unverändert möglich, dass auch andere Frauen und vor allem Männer Anspruch auf die Kandidatur erheben werden. Einer ihrer Vorteile ist, dass die für Biden gespendeten Wahlkampfmillionen von ihr auf jeden Fall in Anspruch genommen werden können, es ist aber denkbar, dass ein anderer Kandidat neue Geldspender aufzutreiben vermag. Harris ist zwar die sowohl durch Bidens Empfehlung wie durch ihr bereits erhaltenen Delegierten-Stimmen die Favoritin, aber zwingend ist es nicht, dass sie die nächste Gegnerin Donald Trumps wird. Bessere Chancen als Biden hat sie laut internen Umfragen jedenfalls.

PS: Ich tippe auf einen weißen Kandidaten, damit zugesagte Wahlspenden erhalten bleiben und weiterhin mit Kamala Harris als Vizepräsidentin.

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Ein einsamer britische Hoffnungsschimmer

Großbritannien wird sich unter Labour wirtschaftlich erholen. Frankreich nur, wenn Deutschland seine Lohnpolitik ändert. Sonst regiert 2027 Marine Le Pen.

 Es gibt noch Erfreuliches! Großbritanniens neuer Premier Sir Keir Starmer ist das Gegenteil von Herbert Kickl oder Donald Trump. So sehr er eine Gesinnung hat, so wenig ist er ein Extremist. Der Sohn eines Werkzeugmachers und einer Krankenschwester, der dank Stipendien in Oxford studierte, mit Auszeichnung promovierte und für seine Leistung als Staatsanwalt geadelt wurde, kam als Quereinsteiger zu “Labour”. War das unter dem Vorsitz von Jeremy Corbyn eine extrem linke Partei, so rückte sie Starmer, der Corbyn 2020 ablöste, energisch in die Mitte, wo sie schon 1997 unter Tony Blair Erfolge gefeiert hatte. Dass eine Maßnahme “links” ist, reicht Starmer so wenig wie Blair – sie muss ein Problem lösen und das kann auch mit Ideen einhergehen, die als “rechts” gelten.

In seiner erste Rede forderte er den vernichtend geschlagenen Kurzzeit – Premier der Torys Rishi Sunak zu respektieren: Auch der hätte sein Bestes gegeben. (Tatsächlich rettete Sunak das Land vor einem, von seiner Vorgängerin Liz Truss ausgelösten Finanz- Fiasko.) Zur Finanzministerin bestellte Starmer die ausgewiesene Ökonomin Rachel Reeves, zum Außenminister den schwarzen Anwalt David Lammy, der wie er mit Auszeichnung promoviert hatte. Dessen erste Initiative: Blitzbesuche in Berlin, Warschau und Stockholm, während Verteidigungsminister John Healey Wolodymyr Selenskyj in Odessa versicherte, dass Großbritannien weiter voll hinter der Ukraine steht. Bezüglich der EU erhofft Lammy Wiederannäherung (“Reset”) und die sollte auch die EU anstreben, statt sich zu freuen, wie sehr der Brexit den Briten schadet. Er ist als “Volksentscheid” zwar kaum rückgängig zu machen, aber die EU könnte mit Großbritannien zu ähnlichen Verträgen wie mit der Schweiz gelangen und Handelsbarrieren abbauen. Schließlich ist die britische Atommacht ihr militärisch mit Abstand wichtigster Partner, wenn sie sich nach einem Sieg Donald Trumps nicht mehr voll auf die USA verlassen kann.

Starmers dringendstes Anliegen ist das Ankurbeln der Wirtschaft. Haben Deutschlands Konservative die EU im Geist der schwäbischen Hausfrau niedergespart, so sparten die britischen Torys aus tiefster neoliberaler Überzeugung: Das Kaputtsparen des “National Health Service” war dafür symptomatisch. Großbritanniens wirtschaftlicher Vorsprung vor der EU (gemessen in realem BIP pro Kopf) schrumpfte voran zu Lasten der Unterschicht von 17.000 auf 10.000 Dollar – entsprechend wuchs die Schere zwischen “arm” und “reich”. Labour plant daher ein gewaltiges Sozialbau-Programm, das sowohl die Wohnungsnot lindern als die Wirtschaft beleben sollte. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.

Ähnliche Zuversicht  gegenüber Frankreich fällt mir schwer. Präsident Emmanuel Macron wird es politisch zwar bis 2027 auf Kurs gegen Wladimir Putin halten – aber wirtschaftlich wird die Regierung, wer immer sie anführt, angesichts eines restlos gespaltenen Parlaments, kaum erfolgreicher als bisher sein. Das aber wird den Wunsch der Bevölkerung nach totalem Wechsel hin zu Marine Le Pen beflügeln. Denn so sehr das Migrationsproblem die Franzosen mit Terror und Bandenkriegen in Atem hält, scheint mir ihre wirtschaftliche Misere doch zentrale Ursache ihrer Unzufriedenheit: Lag ihr reales BIP pro Kopf 2008 mit 45.516 Dollar noch um 8.472 Dollar über dem der EU, so sind es 2023 nur mehr 3.637 Dollar. Für die Mehrheit der Franzosen bedeutete das fünfzehn Jahre wirtschaftlichen Abstiegs. Zentrale Ursache dieser Entwicklung sind nicht, wie man voran in deutschen Zeitungen liest, “versäumte Hausaufgaben” (bis 2000  lagen Frankreich und Deutschland wirtschaftlich fast gleichauf), sondern ist- tut mir leid es zu wiederholen- der Umstand, dass Deutschland seine Löhne seit 2000 weniger erhöhte als seinem Produktivitätszuwachs entsprach. Spätestens 2008 waren deutsche Waren damit so viel billiger als französische, dass Käufer sie trotz aller Produkttreue zunehmend bevorzugten. Frankreich verlor dramatisch Marktanteile an Deutschland. Allein nach Deutschland exportierte es 2022 um 47 Milliarden Euro weniger als Deutschland nach Frankreich. Während in Deutschland Arbeitskräfte fehlen (es herrscht Vollbeschäftigung bei nur 4,3 Prozent Jugendarbeitslosigkeit) liegt Frankreichs Arbeitslosigkeit noch immer bei 7,4 Prozent, bei Jugendlichen bei gespenstischen 27 Prozent. Verursacht die hohe Arbeitslosigkeit dem Staat hohe Kosten, so lieferten ihm Frankreichs Betriebe immer weniger Steuern ab, weil sie mangels Auslastung weniger Gewinne machen. Da sich Frankeich in der EU (anders als US-Bundesstaaten in den USA) neues Geld zu deutlich höheren Zinsen als Deutschland leihen muss, wuchs seine Verschuldung so deutlich, dass die Neue Zürcher Zeitung sogar den Euro gefährdet sieht.

All das hätte auch ein ökonomisch viel versierterer Präsident als Emmanuel Macron nicht abwenden können. Denn hätte er versucht, die Löhne der Franzosen massiv zu senken, um Marktanteile zurückzuerobern, so hätte er nicht nur einen  Aufstand ausgelöst, sondern auch noch Frankreichs Binnenkonjunktur erstickt. Besserung erlebte Frankreich nur, wenn Deutschlands Gewerkschaften deutlich höhere Löhne durchsetzten, aber das Gegenteil war bei der letzten Lohnrunde der Fall: Deutschland erhöhte seine Tariflöhne am wenigsten und wird daran angesichts seiner Rezession kaum etwas ändern. Damit macht es Marin Le Pen nach menschlichem Ermessen 2027 zu Frankreichs Präsidentin.

 

 

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Fünf Zentimeter machen Weltgeschichte

Im Allgemeinen ist man geneigt, anzunehmen, dass große gesellschaftliche Entwicklungen den Gang der Geschichte bestimmen – aber auch pure Zufälle können die Weichen stellen: Wäre Donald Trump bei seinem Wahlkampfauftritt in Philadelphia um fünf Zentimeter weiter links gestanden oder hätte er den Kopf auch nur etwas anders gehalten, er wäre einem Kopfschuss erlegen.

Evan Vucci, photo AP

Seine Söhne und Töchter hätten sich vermutlich gekränkt; aber die USA erhielten einen Präsidenten, der, selbst wenn es ein Republikaner wäre, die Nato so wenig wie die Unterstützung der Ukraine in Frage stellte (auch wenn er genau so verlangte, dass die Mitglieder der EU das zwei-Prozent- Ziel beim Verteidigungsbudget einhalten) und der vor allem kaum versuchte und auch kaum imstande wäre, das Land von einer rechtsstaatlichen Demokratie in einen autoritären Staat zu verwandeln. So hingegen wird Donald Trump, der dazu sehr wohl in der Lage ist und Vergleichbares auch schon angekündigt hat, mit noch viel größerer Wahrscheinlichkeit Amerikas nächster Präsident. War er für seine Anhänger schon bisher von Gott gesandt, so hat ihn die Vorsehung nun wie Adolf Hitler vor einem mörderischen Attentat bewahrt, das er der von den Demokraten gegen ihn entfesselten Hexenjagd zuschreibt. Die geistige und körperliche Fitness, mit der er unmittelbar danach, während ihm das Blut seines zerschossenen Ohrs noch über die Wange rann, die Faust hochreckte, wird noch die letzten Unentschlossenen überzeugen, dass niemand die USA besser führen kann – schon gar nicht der greise Joe Biden. Damit wird die Welt so gut wie sicher ab November eine ganz andere als jetzt sein.

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Verantwortungslose US-Demokraten

Joe Biden hat eine unabhängige neurologische Untersuchung die den Verdacht einer Alzheimer-Erkrankung beseitigt, bekanntlich abgelehnt.

Ich habe bewusst nur einen Alzheimer Patienten gesehen – einen langjährigen Tennispartner, der mich nicht mehr erkannte, als ich ihm auf einen Spazierweg begegnete, mir aber die Hand gab, nachdem ich seine Frau begrüßt hatte: Der leere Ausdruck seiner Augen bei dieser Begegnung war absolut deckungsgleich mit dem Bidens während langer Phasen seine TV-Duells mit Trump. Seine Unfähigkeit ein bestimmtes Wort oder wenigstens ein Synonym dafür zu finden, entspricht ebenso den Indizien für eine Alzheimer Erkrankung, wie die Unfähigkeit einen Gedanken bis zu seinem Ende verständlich auszusprechen. Dass Biden in späteren Phasen des Gesprächs wieder durchaus wach und konzentriert wirkte, ist kein Widerspruch: Alzheimer kennt solche Schwankungen und verläuft in Schüben sehr unterschiedlicher Auffälligkeit.

Im Grunde ist es aber völlig egal, ob Biden, wie ich glaube, Alzheimer hat: Entscheidend ist, dass Millionen ihn in bei diesem Fernseh-Duell versagen gesehen haben und dass die Diskussion um seine geistige Zustand selbst ohne Zutun Donald Trumps auf keinen Fall abreißen wird. Schon vor dem Duell aber haben alle Umfragen dagegen gesprochen, dass Biden Trump besiegen würde – jetzt halte ich es für ausgeschlossen. An der Spitze der demokratischen Partei kann man die Lage unmöglich anders einschätzen. Wissend, was es für die USA und die Welt bedeutet, wenn Trump tatsächlich wieder Präsident wird, ist es von den Spitzen der demokratischen Partei verantwortungslos, Biden nicht doch zum Rückzug zu zwingen und durch einen einigermaßen bekannten Kandidaten, etwa Außenminister Antony Blinken, zu ersetzen. Auch der kann verlieren – aber nicht mit so großer Wahrscheinlichkeit.

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Man höre auf Ralf Rangnick!

Der deutsche Trainer unsrer Nationalelf versteht nicht nur besonders viel von Fußball, sondern mindestens soviel von Politik. Er warnt eindringlich vor Rechtsextremismus.

Österreich feiert den Aufstieg als Gruppensieger ins Achtelfinale der Europameisterschaft. Ich auch, denn im Sport bin ich so “national”, dass Herbert Kickl seine Freude an mir hätte. Aber obwohl unsere Fußballer nie schlecht waren, zweifle auch ich nicht daran, dass der deutschen Trainer Ralf Rangnick entscheidenden Anteil an diesem Erfolg hat: Er machte aus 26 Einzelspielern jenes verschworene Kollektiv, als das die Mannschaft auftritt. “Professor Rangnick”, wie eine Zeitung ihn nannte, lehrte sie Gemeinsinn: Indem jeder Spieler jedem Mitspieler schneller denn je zur Hilfe kommt, wurde aus jedem Zweikampf ein Dreikampf mit österreichischer Mehrheit. Indem Rangnick möglichst viele Spieler einsetzt, vermeidet er Kränkungen. Indem er Spielern, um deren Qualität er weiß, auch dann vertraut, wenn sie einmal schlechter spielen, vermittelt er Sicherheit. Dass er Marko Arnautovic vertraute, obwohl Inter-Mailand dessen Vertrag nicht verlängern will, weil er zu oft verletzt und zu alt sei, hat zweifellos dazu geführt, dass Arnautovic wie ein Berserker rackert.

Rangnick genießt in der Mannschaft nie da gewesenes Vertrauen, weil es wohl auch noch nie da war, dass jemand ein mehrjähriges Millionengehalt als Trainer von Bayern München ausschlägt, um das Vertrauen zu rechtfertigen, das die Mannschaft in ihn setzt. Er ist mehr als nur ein guter Fußballtrainer.

Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass er von Politik mindestens so viel wie von Fußball versteht. So beantwortete er die Frage, was ihn derzeit besonders bewegt im Standard mit folgenden Worten: “Was momentan passiert, macht mich nachdenklich und traurig. In Deutschland und in Österreich gibt es politische Strömungen und Entwicklungen, die mir große Sorgen bereiten… Wenn uns die Historie beider Länder etwas gelehrt hat, dann ist es die Gefahr, die von Rechtsextremismus und Faschismus ausgeht. Man redet derzeit offen von Remigration und Deportation, manche finden das auch noch gut, für mich sind diese Begriffe schrecklich… Ich sehe die Gefahr, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen und einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen. Minderheiten werden verantwortlich gemacht: Es sind die Juden, die Ausländer – man findet irgendwen, der schuld daran ist, warum es uns schlecht geht. Dabei geht es uns in Europa immer noch relativ gut”.

Besser kann man es nicht sagen. Paul Schulmeister, der mit dem “Bündnis für Demokratie und Respekt” eine FP-Regierung verhindern will, sollte diese Aussage auf die Homepage des Bündnisses stellen und auf Flugblättern verbreiten. Wenn die Österreicher schon nicht auf die Warnungen von Andreas Babler, Karl Nehammer, Werner Kogler oder Beate Meinl Reisinger vor einem Wahlsieg der FPÖ hören, so hören sie vielleicht auf die Warnung Ralf Rangnicks und fragen sich, ob Sebastian Kurz wirklich recht hat, wenn er behauptet, die türkis-blaue Koalition hätte besonders viel geleistet. Denn sie hat die Corona-Pandemie besonders teuer gehandhabt, die Zusammenlegung der Krankenkassen hat bisher keine Milliarde eingebracht, sondern nur viel Geld gekostet. Voran sozial Schwache, die die FPÖ zu vertreten behauptet, haben gelitten: die Zahlung für ein drittes Kind fiel weg und FP-Sozialministerin Beate Hartinger -Klein erklärte, von monatlich 150 Euro könne man tadellos leben. Natürlich sind die Gehälter der Arbeiter auch in dieser Ära real um bis zu zwanzig Prozent gesunken, auch wenn Deutschlands Lohnzurückhaltung daran die Hauptschuld trug. Und natürlich wurde die Migration auch unter Innenminister Kickl nicht besser bewältigt, weil er eine “einfache Lösung für ein komplexes Problem” versprach und nur erreichte, die “Ausländer dafür verantwortlich zu machen, dass es uns schlecht geht.”

Leute, die im Sport viel leisten vertreten- im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung- selten rechtsextreme Positionen: sie wissen zu genau, was “Leistung” ist. So antwortete mir der später weltbeste Tennisspieler Thomas Muster, als ich ihn nach seiner Meinung über den damals denkbar populären FP-Chef Jörg Haider fragte: “Ein Schreier, mit nichts dahinter” – nur verbot ihm sein Manager Ronnie Leitgeb leider, sich damit zitieren zu lassen. Heute lässt sich Frankreichs Superstar Kylian Mbappé nichts mehr verbieten: Er warnt so eindringlich vor einem Wahlsieg Marine Le Pen´s wie Ralf Rangnick vor einem Wahlsieg von AfD und FPÖ.

Charakteristisch ist, dass jemand wie Rangnick die Gefahr des Rechtsextremismus und die Notwendigkeit von Gemeinsinn in allen Zusammenhängen so klar wie in Österreich und Deutschland sieht. Auf die Frage nach einem Comeback Donald Trumps antwortete er im zitierten Standard-Interview: “Ja, womöglich wird Trump wiedergewählt. Wie kann das sein nach der Erstürmung des Kapitols? Trump verbreitet Angst, Hass und Verschwörungstheorien. Was ist los mit den USA? Wir reden von künstlicher Intelligenz – ich habe viel mehr Sehnsucht nach der natürlichen Intelligenz. Unser Planet hat so viele Probleme: Klima, Armut, Kriege, Flucht… Kann man wo nicht überleben, ist es purer Selbsterhaltungstrieb, dass man woanders hingeht… Nehmen wir den Klimawandel. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr sagen können: Kümmern wir uns in ein paar Jahren darum. Wir können alles nur gemeinsam lösen, es ist ein gemeinsamer Planet.”

Auch da kann man nur sagen: Man höre auf Ralf Rangnick!

 

 

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Frankreichs unlösbares Wirtschaftsproblem

Frankreichs keineswegs  nur selbstverschuldete immer schlechtere wirtschaftliche Lage trug wesentlich zum Erfolg der Partei Marine Le Pens bei.

Wie erwartet landete das Rassemblement National Marine Le Pens im ersten Wahlgang mit 33 Prozent klar vor dem Linksbündnis NFP mit 28 und den Liberalen Emmanuel Macrons mit 20 Prozent. Nur wenn Linke und Liberale kommenden Sonntag beim zweiten Wahlgang mit großer Mehrheit gemeinsam gegen die Kandidaten Le Pens stimmen, bleibt der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU eine EU-kritische Rechtsaußen- Regierung erspart, auch wenn Staatspräsident Macron ihren Spielraum begrenzte. Würde Le Pen 2027 auch Präsidentin, so veränderte das die EU mehr als selbst der Brexit.

Die schon jetzt dramatische Entwicklung hat viele Gründe. Natürlich, wie überall, die Migration, die Frankreich seit jeher in keiner Weise bewältigt: In den “Banlieue”(Vororten), in denen Migranten sich konzentrieren, führen Vierzehnjährige derzeit mit Sprengstoffgefüllten Flaschen Bandenkrieg. Ständig herrschen Terrorwarnstufen. Dass Islamisten Lehrer köpfen und Juden ermorden, erschüttert das Land. Hinzu kommt die in allen Ländern gleiche Angst vor Massen- Zuwanderung, die der deutsche Hirn-Forscher Hoimar von Ditfurth 1989 kurz vor seinem Tod und lang vor den aktuellen Problemen so begründete: “Es gibt drei angeborene Handlungsweisen des Menschen, die aus dem vor- und frühsteinzeitlichen Dschungel stammen: Hab Angst vor jedem Menschen, den Du nicht kennst! Die Rechte Deiner Horde sind den Rechten aller anderen Kollektive übergeordnet! Du musst, wenn Du glaubst das Überleben Deiner Horde nicht anders sichern zu können, den Konkurrenten totschlagen! Wenn wir von Horden von Fremden lesen, die hier einwandern, dann revoltiert dieses Gesetz der Steinzeit in uns. Deswegen sind wir keine Faschisten. Es ist menschlich, davor Angst zu haben. Nur muss dann die Hirnrinde tätig werden … “

Sie wird es in Frankreich so wenig wie in Österreich. Zumal die wirtschaftliche Misere, in der sich das Land befindet, den Widerstand gegen Zuwanderung rational verschärft: Migranten füllen Sozialbau- Wohnungen und drücken auf die Löhne. Solange das Lohnniveau der eingesessenen Bevölkerung ein gutes und ihr Wohlstand ein passabler ist, hält sich ihr Frust in Grenzen – gerät sie in wirtschaftliche Probleme, so sprengt er sie. Und die Franzosen haben seit zirka 1998 immer größere wirtschaftliche Probleme: Indem deutsche Unternehmen die Löhne nicht mehr im Ausmaß des Produktivitätszuwachses erhöhten, errangen deutsche Waren gegenüber französischen einen Lohnstückostenvorteil von 20 Prozent, so dass Frankreich immer mehr Marktanteile verlor: Allein gegenüber Deutschland exportiert Frankreich seither um 400 Milliarden Euro weniger als Deutschland nach Frankreich. Entsprechend hat sich Frankreichs Arbeitslosigkeit verfestigt: Viel davon scheint nicht einmal mehr in der Statistik auf, weil die Betroffenen die Arbeitssuche aufgegeben haben. Sie und die registrierten Arbeitslosen sind das gesicherte Wählerreservoir Le Pens. Entsprechend hat sich auch Frankreichs soeben von der EU kritisierte Verschuldung erhöht: Ungenügend ausgelastete Betriebe lieferten dem Staat zunehmend weniger Steuern ab, während die Arbeitslosigkeit ihn zunehmend mehr kostete.

Kein französischer Präsident, auch kein ungleich fähigerer als Emmanuel Macron, hätte diese Entwicklung stoppen können. Denn wenn er die Löhne so senkte, dass Frankreich Marktanteile zurückgewänne, scheiterte er nicht nur an der ausgelösten Revolte, sondern erstickte auch noch die Binnenkonjunktur. Macron, 2017 als große Hoffnung und “Jupiter” gefeiert, als er mit seiner Bewegung “en Marche” eine beachtliche Mehrheit hinter sich versammelte, hat diese Hoffnung freilich besonders heftig enttäuscht. Statt sich mit Italien und anderen Ländern des “Südens”, die alle die gleichen Probleme haben, zusammenzutun und vielleicht dank gemeinsamen politischen Drucks zu erreichen, dass Deutschlands Gewerkschaften höhere, dem Produktivitätszuwachs entsprechende Löhne fordern, indem man ihnen erklärt, dass Deutschland wirtschaftlich gesunde Nachbarn braucht, um ihnen seine Produkte zu verkaufen, setzte er nur eine der Reformen durch, mit deren Ausbleiben die deutsche Presse seine Misere begründet: Er erreichte die natürlich richtige Anhebung des Pensionsalters um zwei Jahre, aber sie mündete in wüste Streiks. Das wieder lag nicht zuletzt an seiner abgehobenen Persönlichkeit: Er hat keine Lust mit Leuten zu verhandeln, die sich “nicht genug anstrengen”, sich die gleichen Maßanzüge wie er zu kaufen. Macron ist für das Volk das Gegenteil eines der ihren.

Marine Le Pen hingegen spricht für das Volk. Nicht dass sie Frankreichs zentrales Problem lösen könnte- konkrete Lösungen weiß das Rassemblement national so wenig wie die FPÖ – aber die herrschenden Zustände lautstark zu kritisieren, musste auf offene Ohren treffen. Hinzu kommt, dass es Le Pen zunehmend gelang, ihre Partei aus der Schmuddelecke herauszuführen: Der neue Parteiführer Jordan Bardella trägt Maßanzuge wie Macron und zeigt Verständnis für Forderungen der Industrie – niemand nimmt an, dass er den Frexit betreibt. Gleichzeitig gibt es mittlerweile eine noch rechtere Partei als das Rassemblement und zur Linken vertritt der Führer der Kommunisten Jean-Luc Mélenchon im Linksbündnis “Nouveau Front Populaire”, das sich dem Rassemblement entgegenstellte, extrem linke Positionen, so dass viele Wähler Le Pens Haltung zunehmend als vernünftige Mitte empfanden, so wenig sie es ist.

 

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Europas Auto-Industrie ist gefordert

Die Zahl neu zugelassener E-Autos ist rückläufig – dennoch gehört ihnen die Zukunft. Europas Autoindustrie muss mit China gleichziehen-  auch wenn es viel Geld kostet.

Nicht nur in Österreich, sondern EU-weit ist der Absatz von E-Autos in den ersten Monaten des Jahres rückläufig. Im vergangenen Jahr waren in Österreich von Jänner bis April 17,9 Prozent aller neu zugelassenen Pkws batterieelektrisch – heuer sind es im selben Zeitraum nur 16,6 Prozent und gleichzeitig stieg der Absatz von Diesel- und Hybridfahrzeugen. Zur Begründung gibt es sehr verschiedene Erzählungen. Eine entspricht der Kritik des österreichischen Motorenentwicklers Fritz Indra: Die Reichweite der E-Autos sei stets viel geringer als behauptet – bei Kälte oder Hitze hätte man Mühe größere Reisen zu unternehmen, zumal Tanken längere Unterbrechungen erfordere. Ein gutes Diesel-Auto sei billiger und ungleich einfacher zu nutzen. Unterstützt wird diese Erzählung davon, dass die größten Autovermieter E-Autos in ihren Flotten massiv reduzierten. Die andere Erzählung ist die von Leonore Gewessler:  E-Autos seien unverzichtbar, wenn man den CO2-Ausstoß des Verkehrs reduzieren wolle. Immer bessere Batterien erlaubten immer größere Reichweiten und man würde genügend grünen Strom erzeugen, um sie zuladen. Es gelte nur, die Ladeinfrastruktur rasch auszubauen.

Der aktuelle Rückgang des E-Auto Absatzes ist jedenfalls leicht zu erklären: Die staatliche Förderung für ihren Kauf wurde in Österreich, wie überall, deutlich reduziert. Private Kunden, die rund 30 Prozent der E-Neuwagen kaufen, werden weiter unterstützt, aber für Unternehmen, auf die  70 Prozent der Käufe entfallen, hat die Regierung die direkten Förderungen im März auslaufen lassen. Gleichzeitig werden E-Autos bezüglich Reichweite und Ladegeschwindigkeit laufend sowohl besser wie preisgünstiger, so dass Unternehmen den Kauf auch aus diesem Grund in die Zukunft schieben. Sollte es sich beim Rückgang der Verkäufe allerdings nicht nur um eine vorübergehende Delle, sondern um einen Trend handeln, so wird die türkis-grüne Regierung nicht umhin kommen, die Form ihrer Subventionen zu überdenken, wenn sie erreichen will, dass Österreichs PKW-Verkehr in absehbarer Zeit ein elektrischer wird – und billig wird das kaum sein.

Kommt hinzu, dass sie uneinig ist: Kanzler Karl Nehammer hat bekanntlich – nicht ohne innenpolitischen Erfolg – einen „Autogipfel“ einberufen, bei dem das von der EU-beschlossene „Verbrenner-Aus“ insofern in Frage gestellt wird, als es laut Nehammer „technologieoffen“ sein müsse. Nur ist es das meines Erachtens: Die EU verbietet Verbrenner ab 2035 nicht, sondern verlangt nur, dass beim Auspuff kein CO2 herauskommt – lässt sich das mittels Verbrennen von E-Fuels erreichen, so ist es zugelassen, wenn auch in meinen Augen teuer. Für die Autoindustrie ist die EU-Ansage jedenfalls klar und gibt ihr Planungssicherheit. Trotzdem  werden die großen Autoproduzenten auch Diesel- und Benzinmotoren weiterentwickeln, weil Lastautos noch länger damit fahren werden und weil sie ihre Autos ja auch in Länder verkaufen wollen, in denen es noch lange keine Lade-Infrastruktur gibt.

Letztlich, so glaube ich, wird Elektromobilität sich durchsetzen: Die Batterietechnik macht enorme Fortschritte, E-Autos beschleunigen optimal und E- Motoren sind besonders robust, weil sie  weniger Teile haben, die kaputt werden können. Entscheidend für die CO2- Bilanz wird freilich bleiben, ob die Produktion grünen Stroms mit dem Mehrbedarf Schritt hält, der sich nicht nur durch immer mehr E-Autos, sondern auch immer mehr Wärmepumpen, vor allem aber durch den enormen Stromverbrauch der Digitalisierung ergibt. Nur wenn dieser viele zusätzliche Strom tatsächlich grün erzeugt werden kann und nicht womöglich Kohlekraftwerke zugeschaltet werden müssen, wird sich der CO2- Ausstoß tatsächlich vermindern. Gewessler ist davon überzeugt – ich halte angesichts des Fortschritts der Photovoltaik für zulässig, darauf zu hoffen.

Dass das Thema in Österreich so viele Emotionen weckt, liegt daran, dass unsere Zuliefer-Industrie  für die deutsche Autoindustrie hunderttausende Arbeitsplätze sichert. Diese bisher weltführende deutsche Autoindustrie hat bei der Produktion von E-Autos und vor allem der für sie nötigen Batterien bekanntlich einen beträchtlichen Rückstand gegenüber China. Die USA, deren Autoindustrie in der gleichen Lage ist, wehrt sich, indem sie chinesische E-Autos mit 100 Prozent Zoll belastet. Die EU geht vorsichtiger vor: für kleinere Autos von BYD erhöht sie ihn auf 17,4, für mittlere von Geely auf 20 und für große des chinesischen VW-Partners SAIC auf 38,1 Prozent.  Begründet wird das, wie in den USA, zu Recht damit, dass die chinesische E- Auto- Industrie vom Staat hoch subventioniert wird. Renault, das bei kleinen E- Autos mit China konkurriert, hätte lieber höhere Zölle gesehen, Mercedes, Audi oder BMW, die ihre Top-Modelle, gleich ob als Verbrenner oder elektrisch, dank ihrs Prestiges in China bisher weiter gut verkauft haben, hätten sich eher niedrigere gewünscht, denn sie fürchten, dass die Gegenzölle, die China zweifellos verhängen wird, ihr  Geschäft dort killen könnten.

Letztendlich  wird es jedenfalls nötig sein, dass Europas Autoindustrie auf dem Sektor der E-Autos mit China gleichzieht. Zölle können dafür die nötige Zeit verschaffen – Innovation ersetzen  können sie nicht. Europas  Autoindustrie ist gefordert und es kann sein, dass sie und Österreichs Zulieferindustrie nicht ohne massive staatliche Förderung auskommen.

 

 

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