Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVerfGE) hat es für verfassungswidrig erklärt, dass Finanzminister Christian Lindner einen 60 Milliarden Euro Kredit, den sein Vorgänger Olaf Scholz erfolgreich beantragt hatte, weil die durch “Corona” geschaffene Notlage es erlaubt, die in Deutschland in der Verfassung verankerte “Staatsschuldenbremse” außer Kraft zu setzen, dazu verwendet hat, in den Klimaschutz zu investieren um damit ein Wahlversprechen der Grünen zu erfüllen.
Die CDU-CSU hatte gegen diesen “Taschenspielertrick” die “Ausgabenbremse” im aktuellen Budget zu umgehen geklagt und recht bekommen und sieht darin ein triumphales Ergebnis, obwohl es nicht nur die Regierung Scholz´, sondern ganz Deutschland inmitten einer harschen Rezession in eine wirtschaftlich denkbar kritische Lage versetzt: Die 60 nunmehr verbotenen Milliarden, die die Regierung nach Ansicht der CDU CSU bei den Sozialleistungen einsparen soll, um die Klimawende nicht zu gefährden, werden der Wirtschaft schmerzlich fehlen und die Rezession vertiefen.
Natürlich beeinträchtigt alles, was die Konjunktur Deutschlands beeinträchtigt, auch die Konjunktur Österreichs.
Einigermaßen kundige Ökonomen, die in Deutschland allerdings besonders dünn gesät sind, äußern daher lauter als bisher die Meinung, dass die Staatsschuldenbremse, zu der die EU dank ihrer Deutschland-Hörigkeit auch Österreich verpflichtet, nur dass sie bei uns nicht in der Verfassung verankert, nur von Sebastian Kurz gepredigt wurde, endlich zumindest massiv reformiert werden müsse.
So erklärt der Präsident des führenden Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW Marcel Fratzscher: “Die Versuche der Bundesregierung, in den vergangenen zwölf Jahren die Schuldenbremse zu umgehen, haben immer absurdere Züge angenommen. Die Schuldenbremse ist nicht mehr zeitgemäß, weil sie der Politik notwendigen Spielraum nimmt, um Krisen zu bekämpfen und Zukunftsinvestitionen zu tätigen, wie sie heute dringender denn je sind.”
Obwohl sich der Präsident eines Arbeitgeber-nahen Forschungsinstituts in Köln, Michael Hüther, schon vor dem aktuellen Urteil des BVerfGE noch viel kritischer zur Schuldenbremse geäußert hat, ist fraglich, wie weit er und Fratzscher gehört werden, denn in der wirtschaftlich ahnungslosen Bevölkerung ist die Staatsschuldenbremse so populär wie in Österreich und normalerweise vertritt der ahnungslose Finanzminister der FDP, Christian Lindner, sie sogar besonders energisch und behauptet, der einzige zu sein, der ihre künftige Einhaltung gewährleistet.
Jetzt hat er nur die Wahl, sie massiv zu missachten und ein gewaltiges Budgetdefizit zu verantworten oder zu behaupten, dass auch der Ukrainekrieg es erlaubt, die Staatsschuldenbremse außer Kraft zu setzen, wogegen die CDU-CSU beim BVerfGE klagen würde und vermutlich recht bekäme, weil der Krieg schon vor zwei Jahren begonnen hat. Man kann auch an der eigenen wirtschaftlichen Ahnungslosigkeit ersticken.
4 Kommentare
Eigentlich müsste jede Politikerin, jeder Politiker immer gleichzeitig an das Land und an die eigene Partei und an die eigene Person denken. Die drei hängen zusammen. Geht es einem der drei schlechter, geht es allen drei schlechter. Aber – das einmal durchzudenken – wer hat noch die Zeit?
Ich kenne mich bei Schuldenbremsen nicht aus, aber ich habe kürzlich in der NZZ über die Schweizer Schuldenbremse gelesen. So wie sie dort beschrieben wurde, ist sie klassisch John Maynard Keynes: spare in guten Zeiten und investiere in schlechten Zeiten.
Wir ersticken nicht an ökonomischer Ahnungslosigkeit, wir suhlen uns in ihr.
Eine Schuldenbremse “à la Schweiz” ist durchaus sinnvoll. Sie erfüllt die Logik von John Maynard Keynes: sparen während Hochkonjunktur; investieren, während Rezessionen. Mit der deutschen Schuldenbremse bin nicht vertraut, sie scheint allerdings nicht so zu funktionieren wie die Schweizer Schuldenbremse.