Wer profitiert von der Aufrüstung?

Bisher überwies die EU 70 Prozent der für Rüstung bestimmter Gelder in die USA. Je schneller sie ihre Rüstungsindustrie ausbaut, desto mehr bleibt hier. Auch in Österreich. 

Um Donald Trump nicht vor den Kopf stoßen, sagt Wladimir Putin zu dessen mit der Ukraine ausgehandeltem Plan einer dreißigtägigen Waffenruhe: „Ja, aber…“. Gleichzeitig versucht er, den Rest der ins russische Kursk vorgestoßenen ukrainischen Truppen einzukesseln und will sie dann „menschenwürdig behandeln, wenn sie sich ergeben“. Ob daraus dennoch Friedensverhandlungen werden, hängt von der Reaktion Trumps ab, der sich vorerst mit Putins dürftiger Antwort zufriedengibt. Wolodymyr Selenskyjs zentrale Forderung, einen Frieden so abzusichern, dass Russland in ein, zwei Jahren nicht neuerlich angreift, bleibt weiter unerfüllt: Putin lehnt die Integration der Ukraine in ein Bündnis ebenso ab wie die Stationierung von Friedenstruppen.

Bezüglich der Waffenruhe mag auch die Überwachung durch Satelliten – genügen – aber nur das Bestehen einer ernstzunehmenden europäischen Armee schreckt Putin mit einiger Wahrscheinlichkeit von künftigen Vorstößen, sei es in der Ukraine, sei es sonst wo in Europa, ab. Europas führende Politiker haben endlich begriffen, dass die Wirtschaftsweltmacht EU auch Militärmacht sein muss. Polen investiert fünf Prozent seines BIP in Rüstung, Deutschland muss der Schuldenbremse wegen das Grundgesetz ändern, um auch nur zu erreichen, dass Rüstungsausgaben über ein Prozent des BIP (43,5 Milliarden) nicht mehr den Staatsschulden zugezählt werden und in der nötigen Höhe beschlossen werden können. Gleichzeitig soll ein „Sondervermögen“ von 500 Milliarden innerhalb von 12 Jahren, die durch zwei Jahrzehnte kaputtgesparte deutsche Infrastruktur sanieren. Um beides zu ermöglichen, hat der künftige Kanzler Friedrich Merz erreicht, dass dieser Beschluss noch von der Regierung Olaf Scholz´ gefasst wird, indem SPD und Grüne gemeinsam mit der CDU-CSI stimmen. Denn ein Kanzler Merz wird diese Zweidrittelmehrheit nicht mehr besitzen, weil die erstarkte AfD nicht für Aufrüstung gegen Putin gestimmt hätte.

Dass die Grünen dem Milliardenpaket zustimmten, lag daran, dass Merz zusagte, 100 Milliarden aus dem Infrastruktur-Vermögen in den Klimaschutz zu investieren. Dennoch zeugt es auch von verantwortungsbewusster Selbstüberwindung. Denn als Grüne und SPD Merz ersucht hatten, die Schuldenbremse mit ihnen auszusetzen, weil ein Urteil des Bundesgerichtshofes sie zwang, 60 Milliarden einzusparen, die Finanzminister Christian Lindner für den Klimaschutz freigegeben hatte, obwohl sie für die Bewältigung der Pandemie bewilligt worden waren, hatte Merz das verweigert und die Schuldenbremse heftig verteidigt. Die daraus resultierende Finanznot der „Ampel“ trug wesentlich zu ihrer Niederlage und seinem Wahlsieg bei. Jetzt, als künftiger Kanzler, brauchte er die Grünen, um sein Wahlversprechen massiver Aufrüstung und wirtschaftlicher Erholung wahrzumachen. Eine Klage der AfD und der Linken, dass es der Verfassung widerspreche, dass die Scholz-Regierung diese gewichtigen Beschlüsse fasst, obwohl sie ab 30. März nicht mehr im Amt ist, wies der Bundesgerichtshof ab.

All das zeigt einmal mehr, wie nachteilig es ist, dass die EU nach wie vor an den Maastrichtkriterien und der Schuldenbremse festhält: Sie sind ein massives wirtschaftliches wie militärisch Handikap. Dabei kann Aufrüstung die Konjunktur Deutschlands wie der EU entscheidend ankurbeln, weil zahllose Zulieferbetriebe mitverdienen. Dass das in den USA 1943 sogar zu 18,9 Prozent Wirtschaftswachstum führte, lag allerdings daran, dass alle staatlichen Investitionen voll der US- Rüstungsindustrie zugutekamen. Was Deutschland und die EU in Aufrüstung investierten, kam der eigenen Rüstungsindustrie hingegen bisher nur zu 30 Prozent zugute – zu 70 Prozent wurden im Zuge des Ukrainekrieges US-Waffen gekauft. Das ändert sich nur mit dem Tempo, mit dem die EU ihre Rüstungsindustrie ausbaut und das ist einmal mehr eine Geldfrage. Allerding ist es zugleich eine Chance, die aktuelle Krise der deutschen Auto-Industrie abzufedern, denn KFZ- Unternehmen und ihre Zulieferer können relativ leicht auch gepanzerte Fahrzeuge produzieren. Das ist nicht zuletzt eine Chance für Magna, das einmal sehr gute Panzer produzierte.  Aber auch alle heimischen Zulieferunternehmen profitierten erheblich von den deutschen Verteidigungsmilliarden. Weil die VOEST einmal sehr gute Kanonen produzierte, Steyr sehr gute Gewehre und Glock sehr gute Revolver produziert, ließe sich dieses Know- How sogar mit gemeinsamem Einkauf und Vertrieb in einem durchaus konkurrenzfähigen. österreichischen Rüstungsunternehmen zusammenfassen.

Geschütze, Panzer, Flugzeuge für die EU so weit wie möglich in der EU zu produzieren, ist aber nicht nur eine Frage des wirtschaftlichen Nutzens, sondern auch der militärischen Unabhängigkeit: US-Waffen funktionieren vielfach nur zusammen mit US-Zielsystemen und wenn Trump die, wie kürzlich der Ukraine, nicht zu Verfügung stellt, sind sie nur mehr begrenzt einsatzfähig. Auch solche Zielsysteme und die Überwachung des Gefechtsfeldes aus der Luft muss die EU dringend entwickeln, und obwohl es dauert, wird es sich als wirtschaftlich rundum vorteilhaft herausstellen. Nicht zuletzt sollte man dringend darüber nachdenken, ob sich Großbritannien nicht, wie die Schweiz, vertraglich viel enger an die EU anbinden lässt – es ist Zeit, dass Europa so eng wie möglich zusammenrückt, um neben den Diktaturen in China und Russland und neben den zunehmend autoritären USA ein Hort der Freiheit zu bleiben.

 

 

 

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Eine Euro-Armee nützte der Wirtschaft

Nach der kalten Abreibung in Washington wurde Wolodymyr Selenskyj Sonntag in London beim Krisentreffen der Europäer zur Ukraine von Keir Starmer umso wärmer empfangen.

Der britische Premier gewährte einen Kredit von umgerechnet 2,74 Milliarden Euro und liefert Raketen und Raketenabwehrsysteme. Gemeinsam mit Emmanuel Macron erklärte er sich bereit, einen künftigen Frieden mit Truppen abzusichern, und diskutierte einen atomaren Schutzschild für Europa, während Ursula von der Leyen die massive militärische Stärkung der EU versprach.

Trotzdem blien allen Beteiligten klar, dass es die USA braucht, um einen haltbaren Ukraine-Frieden zu erreichen – Selenskyj müsse sein Verhältnis zu Donald Trump reparieren. De facto: Er wird sich dafür entschuldigen müssen, dass er die Nerven verlor, als Trump ihn kriegsverliebt und Wladimir Putin friedliebend nannte. Absurd wie die Welt derzeit ist, kann Italiens Giorgia Meloni bei ihrem kommenden Treffen mit Trump am ehesten verhindern, dass die USA  die Ukraine völlig fallen lassen, denn sie genießt die Zuneigung Elon Musks.

Vorbei die Hoffnung Trump könnte einen Ukraine-Frieden erreichen, bei dem Selenskyj „nur“ auf die Krim, Donezk und Luhansk, nicht aber den halben Donbas verzichten muss. Ein Frieden, bei dem Wladimir Putin nur akzeptieren muss, dass zwar nicht die Nato, wohl aber Frankreich und Großbritannien mit Truppen in der Ukraine die neuen Grenzen garantieren und dass die USA das ohne Truppen- Stationierung auch tun.

Dass jene Mineralien, die mit den USA zu teilen Selenskyj Trump angeboten hatte, sich im Donbas befinden, hatte optimistisch gestimmt, denn nur wenn dieses Gebiet nicht ganz an Putin fiel, konnte Trump davon profitieren.

och dann hätte das Treffen zur Unterzeichnung des Abkommens bekanntlich mit einem Eklat geendet: Selenskyj ertrug nicht, dass Putin friedliebend und er kriegsverliebt genannt wurde, und bestand vor allem auf Garantien für die künftige Grenze seines Landes. So richtig das war, so undiplomatisch war es. Trump machte klar, dass er den Frieden zu akzeptieren hätte, den er mit Putin ausmacht. Nur dass es ohne auch von den USA garantierten Grenzen kein Friede wäre: Putin nutzte einen Waffenstillstand, seine Verluste zu ergänzen, um in ein, zwei Jahren neuerlich zuzuschlagen.

Donald Trump ist Europas Sicherheit egal.

Nur eine starke eigene Armee kann sie schaffen.

Ihre Aufrüstung nützt auch der Wirtschaft.

Dazu muss die Schuldenbremse fallen.

Es gibt zwar Beobachter, die meinen, Trump könnte seine Haltung ändern, zumal etliche Republikaner Putin nicht so gewogen sind, aber man kann auch die Meinung teilen, die die britische Russland-Expertin Catherine Belton in ihren Bestseller „Putins Netz“ äußert: Putin habe Trump in der Hand, weil er nachweisen könnte, dass Geld des KGB ihn vor der Pleite bewahrt habe.

Was immer stimmt, eines ist sicher: Die Lage der Ukraine ist verzweifelt. Nur schnellste, massivste Waffenproduktion kann sie voe einer Niederlage bewahren – und nur eine potente europäische Armee kann Putin dauerhaft in Schachhalten.. Beides setzt voraus, die Schuldenregeln der EU zu reformieren, und erstmals hält Deutschlands künftiger Kanzler Friedrich Merz das für möglich.

Derzeit prüft er mit Noch-Kanzler Olaf Scholz, mit dessen SPD er zweifellos koalieren wird, die Chance, die in der deutschen Verfassung verankerten Schuldenbremse mit der noch vorhandenen Mehrheit Zweidrittelmehrheit außer Kraft zu setzen oder ein „Sondervermögen“ für die Waffenproduktion einzurichten. Denn Merz´ Regierung hat im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit, weil die AfD einer Waffenproduktion zu Lasten Putins nicht zustimmte und die „Die Linke“ nicht für Waffen stimmen will.

Zwar scheint sie verhandlungsbereit, wenn auch soziale Investitionen beschlossen werden, aber es ist einmal mehr absurd, dass die Maastricht-Kriterien verhindern, dass die Staaten der EU sich verschulden, um unverzichtbare Investitionen in ihre Sicherheit zu tätigen. Zumal die Entwicklung der USA zwischen 1942 und 1944 zeigt, wie sehr das der Wirtschaft nützte: Obwohl sie durch den „New Deal“ bereits hoch verschuldet waren, wuchs die Wirtschaft der USA damals durch Rüstung mit Raten von 17,7, dann 18,9 und 1944 nochmals 17 Prozent jährlich, indem der Staat einfach „Geld druckte“, denn die Waffenproduktion ließ jede Menge Zulieferbetriebe mitwachsen.

Auch Investitionen in alternative Energie oder KI müssten wegen der Rüstungsinvestitionen nicht unterlassen werden. Die Grenzen des Wirtschaftswachstum bilden nur die verfügbaren Arbeitskräfte, Rohstoffe und Energie. Sobald man versteht, warum die Verschuldung des Staates unumgänglich ist, wenn Konsumenten und Unternehmen sparen, formuliert man die Maastricht-Kriterien anders und schnelle Aufrüstung ist möglich.

Seit Finnland und Schweden bei der EU sind, verfügen die nationalen Heere der EU selbst ohne Großbritannien, über fast 1,2 Millionen Soldaten, also nicht viel weniger als Russland mit 1,3 Millionen. Aber natürlich gehören die Briten in eine europäische Streitmacht integriert und in der Realität stünde ihr zudem die erprobte Armee der Ukrainer zur Seite.

Bisher wurde eine solche Integration vermieden, weil man der Nato keine Konkurrenz machen, den USA keinen Anlass geben wollte sich aus ihr zurückzuziehen – aber Donald Trump zieht sich bereit zurück und auch kein anderer US-Präsident wird EU Staaten mit US-Soldaten schützen. Daher ist es höchste Zeit, die Kommandostrukturen füe eine europäische Armee zu schaffen – nimmt ein nächster US-Präsident die Nato wieder ernst, wäre sie eben deren viel stärkerer Teil.

 

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Putin & Trump killen die Schuldenbremse

Was ökonomische Einsicht nicht vermochte, gelingt Wladimir Putin: Die Schuldenbremse fällt, weil sie Aufrüstung unmöglich macht. Widersinnige Defizit-Verfahren bleiben.

Was Putin will, ist klar: Zur Krim auch den Donbas und im Rest der Ukraine ein Satellitenregime, das ihm militärisch ausgeliefert ist. Auch was Trump will, ist klar: Den Friedensnobelpreis, ohne der Ukraine weiter Geld und Waffen zu liefern. Beide sind der Erfüllung ihrer Ansprüche nah: Indem Trump Wolodymyr Selenskyj keine Waffen mehr liefert und ihn von US-Informationen über das Schlachtfeld ausschließt, muss er jedem von Putin & Trump beschlossenen Frieden zustimmen und ist dann womöglich intern so geschwächt, dass er jemandem weichen muss, der Putin genehm ist.

Einzige Hindernisse: Der ungebrochene Widerstand der Ukrainer und die Möglichkeit, dass die EU der Ukraine im Zuge massiver Aufrüstung doch rasch ausreichend Waffen und Munition liefert.

Da Ursula von der Leyen und Europas wichtigste Staatschefs begriffen haben, dass diese massive Aufrüstung unverzichtbar ist, ändert Deutschland die Staatsschuldenbremse erstaunlich rasch: Militärausgaben, über ein Prozent des BIP sollen nicht mehr zur Staatsschuld zählen. Nur so könnte Frankreich, das als einziges auch Atomwaffen besitzt, zusätzliches Geld in Rüstung zu investieren. Viel besser wäre gewesen, gänzlich auf Schuldenbremse wie Maastricht-Kriterien zu verzichten – so wurden beide nur aufgeweicht. Deutschland muss womöglich doch zu „Sondervermögen“ Zuflucht nehmen, Österreich könnte seiner marginalen Militärausgaben wegen nur marginal von der Änderung profitieren.

Kanzler Christian Stocker könnte historische Verdienste erringen, wenn es ihm gelänge, sich mit Emanuel Macron und Giorgia Meloni und weiteren betroffenen Staatschefs zusammenzutun und zu erreichen, dass die EU-Kommission wenigstens auch von den geisteskranken Strafverfahren absieht, mit denen sie derzeit ahndet, dass Österreich die Maastricht-Kriterien nicht eingehalten hat.

Ich habe immer gehofft, dass führende Politiker und Ökonomen das auf Grund der Mathematik einsehen, dass Unternehmen nicht mehr verkaufen können (die Wirtschaft nicht wachsen kann), wenn alle Staaten weniger einkaufen, weil sie sparen müssen. (Dass es deutschen Unternehmen dennoch lange gelang, lag daran, dass andere Staaten, voran die USA sich lange Zeit zu ihren Gunsten verschuldeten. Das aber dürfte mit Trumps Strafzöllen enden.) Wenn es jetzt die Angst vor Russland ist, die zu dieser Veränderung zwingt, muss man trotzdem froh sein. Hauptsache sie findet statt. Auch die USA haben die Angst vor Adolf Hitler gebraucht, um zu sehen, dass ihre Wirtschaft durch Aufrüstung mit bis zu 18,9 Prozent weit stärker wächst als durch den argwöhnisch beäugten und arg gebremsten „New Deal“ Harry S. Trumans.

Dass die USA wirtschaftlich bis heute so viel besser als die EU funktionieren, liegt nicht zuletzt an ihrer ständigen Aufrüstung. Denn auch die meisten US- Politiker sind wie die deutschen der Überzeugung der schwäbischen Hausfrau, dass der Staat keinesfalls Schulden machen darf, obwohl Konsumenten und Unternehmen auch in den USA sparen. Doch weil Republikaner wie Demokraten darauf bestehen, dass die US-Armee immer die mit Abstand stärkste der Welt ist, stimmen sie doch jedes Mal für hohe Militärbudgets.

Ich hatte schon mit 29 Jahren diesbezüglich eine Lehrstunde, wie sie eindrucksvoller nicht denkbar ist: Der Kurier hatte sich damals wahnwitziger Weise von Hugo Portisch getrennt und gemeinsam wollten wir eine neue Tageszeitung gründen, für die ich Investoren suchte. Nach zwei denkbar ungeeigneten Geldgebern wurde ich an einen deutschen Anwalt verwiesen, der sich ausgerechnet als Vertreter des weltgrößten Waffenhandelsunternehmen entpuppte.  Um meine offenkundige Skepsis zu zerstreuen, erzählte er mir, dass sein Unternehmen soeben zu einem künftigen Vietnam- Frieden beitrüge, indem es Journalisten über Kriegsverbrechen informiere. Seine durchaus glaubhafte Begründung: Die USA hätten so viel Munition verbraucht, dass die US -Rüstungsindustrie an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sei und Gefahr laufe, Geschäfte an ausländische Konkurrenz zu verlieren.  Sie hätte nur die Möglichkeit gehabt, enorme Summen in eine Kapazitätserweiterung zu investieren, die nicht gelohnt hätten, weil der Krieg sicher nicht mehr lang gedauert hätte –„also wollt ma, dass a endet“. „Und jetzt erwarten Sie den Friedensnobelpreis“, reagierte ich boshaft. „Rein rational“, gab er ganz ruhig zurück, „wäre das durchaus berechtigt“: Die Rüstungsindustrie könne nicht dafür sein, dass man einander bombardiert, denn wenn alles kaputt sei, hätten die Staaten kein Geld, um Waffen zu kaufen. Ideal sei Friede durch Angst, in dem sie einander bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstünden. „Aber die maximale Auslastung durch den Vietnam-Krieg dürfte Sie doch gefreut haben“, ließ ich nicht locker. Die Antwort ist mir bis heute im Ohr: „Große Krieche nee, kleene Krieche ja.“ Meinen Einwand, dass ich auch auf kleine Kriege verzichten könnte, schmetterte er ab: „Nee, könn se nich“ – die brauche die Wirtschaft. Denn die Arbeitslosigkeit würde explodieren, wenn die Rüstungsindustrie nicht ständig für Arbeit und Einkommen sorge. „Waffen und Munition werden doch letztlich zu Schrott“, wendete ich ein, da könnte der Staat doch genauso gut große Investitionen in Nützliches beschließen und würde genauso Arbeit und Einkommen schaffen. „Nee, können se nich“, erwiderte mein Gegenüber einmal mehr: Dergleichen würde nur beschlossen, wenn es um Krieg geht.

 

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Trumps Problem heißt Elon Musk

Das „goldene Zeitalter“, das Donald Trump den USA mit seinem Amtsantritt prophezeite, begann mit einer Korrektur an der Wall Street, der ein kräftiges Minus in Tokio, Peking und Frankfurt folgte. Weil Börsen als Orakel gelten, wurden eilig Erklärungen gesucht.

Die einfachste fand die geringste Beachtung: Trumps Wahlsieg hatte ein Kursfeuerwerk entfacht und diese Überreaktion wurde korrigiert. Doch weil die Korrektur unmittelbar auf Trumps Ausführungen zu Zöllen gegen China, Kanada und Mexiko folgte, machten viele Medien Europas Trumps „Handelskrieg“ auch für den US-Kursverlust verantwortlich, indem sie die These vertieften, dass er auch die Zölle, die er der EU allen voran Deutschland, androht, noch bereuen würde: Ohne preisgünstige Importe stiege das US-Preisniveau, und die steigende Inflation könnte die Notenbank Fed zu neuerlichen Zinserhöhungen bewegen, die die US-Konjunktur empfindlich träfen.

Das hat zwar manches für sich, doch das wäre erstaunlich, wenn die US-Aktienkurse schon jetzt darauf reagierten. Noch erstaunlicher ist, dass die Börsen in Frankfurt und Wien nicht längst korrigieren, denn ihre heimischen Werte müssen Trumps Zöllen am meisten fürchten, sind deutsche Kfz-Exporte doch hauptverantwortlich für das 80 Milliarden-Dollar-Defizit der USA im Handel mit Deutschland, das Trump so irritiert. Auch unsere Handelsbilanz erklärt seine Irritation: Es gibt einen ständig steigenden Überschuss von heute 6,8 Milliarden Euro zu unseren Gunsten. Denn wenn auch nicht im Ausmaß Deutschlands erhöhten auch wir unsere Löhne nicht mehr gemäß Produktivitätszuwachs + Inflation und erlangten dadurch einen steigenden Wettbewerbsvorteil gegenüber US-Waren.

Mit Trumps Zöllen verlören wir ihn, und das kostete bekanntlich doppelt: Indirekt als Zulieferer der deutschen Kfz-Industrie und direkt, weil unser Export in die USA mit 14,7 Milliarden Euro der größte hinter dem Export nach Deutschland ist. Er umfasst vor allem Maschinen und Geräte, Pharmazeutika und Getränke sowie Zugmaschinen, Kraftfahrzeuge und Metallwaren. Alle diese Branchen litten unter Trumps Zöllen. Einziger Lichtblick: Österreichische Unternehmen, die auch in den USA produzieren – Paradebeispiel VÖEST -, steigerten ihren US-Absatz. In Summe sorgen sie in den USA für 60.000 Arbeitsplätze, und solche weiterhin zu schaffen, ist mindestens so sehr Ziel von Treumps Zollpolitik wie der Schutz der eigenen Waren. Ich glaube daher nicht, dass ihn eine kurze Kurskorrektur an der Wall Street von dieser Politik abbringt, und auch nicht, dass der Zollkrieg Grund dieser Korrektur war.

Donald Trumps „goldenes Zeitalter“

begann mit Korrekturen an der Wall Street,

die die EU seinem Handelskrieg zuschreibt.

Doch ökonomisch gefährdet

vor allem Elon Musk die USA

Das viel größere Risiko für die US-Wirtschaft schein Elon Musk zu sein: An der Seite Donald Trumps wahlkämpfend hat er behauptet, die Ausgaben der Regierung ließen sich durch Bürokratieabbau um bis zu 30 Prozent senken, und Trump hat ihm den US-Verwaltungsapparat daruf als Spielzeug überlassen, und so behandelt er ihn auch: setzt ihn Kündigungsorgien aus, schloss nach Gutdünken Behörden, entriss ihm nach Belieben Datensätze, bis ein Gericht es stoppte – vorerst scheint das nicht die Effizienz zu steigern, sondern Chaos auszulösen. Dabei werden die USA der vielen Partikularinteressen der Bundesstaaten wegen tatsächlich kostspielig verwaltet, und der Abstand zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen wird, freilich auch der Steuersenkungen für Reiche wegen, immer größer. Die Verwaltungsausgaben zu senken machte also Sinn. Allerdings nur, wenn der Staat Geld, das er derzeit kostspielig (schlecht) investiert, in Zukunft gut investierte.

Bliebe es hingegen beim reinen Senken der Staatsausgaben, so litte die US-Wirtschaft, denn auch für sie gilt seit Jahrzehnten, dass Konsumenten und Unternehmen sich nicht mehr ausreichend verschulden, sodass nur steigende Staatsausgaben (Staatsverschuldung) ausreichende Nachfrage (Wachstum) gewährleisten. Dass man das in der EU nicht begreift, bedingt ihr Zurückbleiben hinter der USA. Dort wird es zwar intellektuell vielleicht auch nicht begriffen, aber zumindest um ihre militärische Überlegenheit zu erhalten, haben sich die USA stets verschuldet.

Elon Musk mag die besten E-Autos und Raketen bauen – die Mathematik zu widerlegen vermag er nicht. Senkt er die US-Verwaltungsausgaben tatsächlich um volle zwei Billionen Dollar, ohne dass die Investitionen an anderer Stelle steigen, so schrumpft die US-Wirtschaft.

Die Folgen wären katastrophal: Sie könnte weder die lahmende Wirtschaft der EU in Gang halten, indem sie deren Exporte aufnimmt, noch könnte China wie bisher wachsen, wenn ihren Exporten in die USA nicht nur Zölle, sondern auch wirtschaftliche Schrumpfung entgegenstehen. Zölle können nützlich sein um alle Beteiligten zu gleichartiger, fairer Verschuldung zu bewegen, aber wenn die stärkste Volkswirtschaft der Welt in den Krisenmodus verfiele, beschleunigten sie die Abwärtsspirale.

Doch ich zähle auf Trumps Wunsch „Make America Great Again“: er merkte ziemlich bald, dass Massenkündigungen vor allem aber drastisch reduzierte Verwaltungsausgaben ohne deutlich erhöhte andere Investitionen das Gegenteil dessen bewirken, was er geglaubt hat, und agierte wohl wie seinerzeit Ronald Reagan: der senkte im Glauben an Milton Friedmans neoliberale Ökonomie anfangs auch die Staatsausgaben, bis er nach zwei Jahren merkte, wie schlecht das der Wirtschaft tat, und zum Gegenteil überging. Trump so glaube (hoffe) ich, merkte es schneller und feuert Musk.

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Das Erdgas-Dilemma der EU

Wladimir Putin weniger Gas abzukaufen hat seiner Kriegskasse nicht geschadet und den Klimawandel eher beschleunigt. Die Erschließung grüner Energie freilich auch.

In der Vorwoche gab die Internationaler Energieagentur bekannt, dass der Erdgasverbrauch 2024 einen neuen Höchststand erreichte. Mit 2,8 Prozent stieg er mehr als in den Jahren davor und wird 2025 weiter steigen. Der ORF meldete das zwar, aber es wird verdrängt, was es bedeutet: Das EU- Klimaziel ist weit weg, denn aus viel Erdgas entsteht bei Verbrennung besonders viel CO2; und der „Höchststand“ des Gasverbrauchs kommt voran Russland zugute. Die Hoffnung der EU, dass es Wladimir Putins Kriegskasse schadet und dem Planeten nützt, wenn sie Russland weniger Erdgas abkauft, war mindestens voreilig. Denn es gibt kein EU- Klima, sondern nur ein Weltklima, das vom weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen abhängt –  dass die EU weniger davon ausstößt nützt nichts, wenn andere Staaten, von China bis Indien, um diesen Minder-Ausstoß mehr ausstoßen. Denn was immer an fossilen Brennstoffen gefördert wird, das wird auch verbrannt. Während in der EU immerhin die Chance besteht, dass Filter etwas CO2 abfangen, besteht sie in Indien oder China kaum – dass der Verkauf sich dorthin verlagert hat, beschleunigt den Klimawandel daher sogar. An all dem ändert nur wenig, dass die Ukraine den Transit russischen Gases jetzt gestoppt hat – es erreicht uns eben auf anderen Wegen, so wie es Indien oder China weiter erreicht.

Dass die VOEST ihren Stahl oder die AMAG ihr Aluminium lang mittels billigen russischen Gases produzierten konnten, war nicht zuletzt Teil unseres Wirtschaftswunders. Wir waren nur zu lange der Meinung, dass Putin ein „Partner“ wäre und haben unsere Abhängigkeit erst in den letzten zwei Jahren verringert. Das Dilemma ist dennoch keineswegs auf uns beschränkt: Fast alle EU-Staaten, auch Deutschland oder Frankreich, brauchen weiterhin Gas: Es war (ist) zwar immer ein Fehler, dabei von einem Lieferanten -Russland- abzuhängen, aber es ist fraglich, ob es weiterhin klug ist, Russland kein Erdgas abzukaufen, obwohl es das relativ billigste ist? Normalerweise nennen wir es „Ausbeutung“ unterentwickelter Länder, ihnen ihre Bodenschätze billig abzukaufen – warum soll es derzeit falsch sein, Russland auszubeuten? Vollendete man die fast fertige Nordstream 2 Pipeline, so könnte man Putin besonders billiges Gas abkaufen, ohne durch ihn erpressbar zu sein, denn es gibt ja jetzt Norwegen oder Algerien als weitere Bezugsquellen und Andock-Stellen für LNG aus den USA.

Es müsste gelingen, alle Maßnahmen so aufeinander abzustimmen, dass das Ergebnis ökologisch wie ökonomisch optimal ist: Noch braucht man Erdgas und ich glaube, dass man es besser billig von Putin als teuer von Donald Trump kauft. Gleichzeitig muss die CO2-Steuer so hoch sein, dass dennoch alles geschieht, um den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu vermindern. Zugleich muss die EU vermeiden, wirtschaftlich gegenüber den USA oder China total ins Hintertreffen zu gelangen – eine Sisyphus -Aufgabe.

Jemand, der die diesbezüglichen Probleme der EU von Beginn an gesehen hat, ist der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck. Ich habe hier vor Monaten wiedergegeben, warum er bezweifelt, dass wir das Klimaziel erreichen: Man weiß, in welchem Ausmaß die Förderung fossiler Energie zu diesem Zweck abnehmen müsste – aber sie nimmt (siehe oben) im Gegenteil zu. Erfolgreich wäre man nur, wenn die Erdgas-Produzenten sich einvernehmlich bereit erklärten, die Förderung schrittweise zu drosseln. Das aber geschieht wohl erst, wenn alternative Energie preiswerter als fossile ist – deshalb ist es nicht sinnlos, dass der „Green Deal“ der EU die Erschließung  alternativer Energie vorantreibt.

Im Vorjahr hat Flassbeck dergleichen Probleme in dem  Buch „Grundlagen einer relevanten Ökonomik“[1] aufgezeigt, das Professor Ewald Nowotny auf mein Ersuchen hin im Falter besprochen hat: Er fand es zwar  „interessant“, bezweifelte aber etliche darin enthaltene Überlegungen. Ich hingegen sehe Flassbeck immer öfter bestätigt und halte sein Buch für eines der wichtigsten der Gegenwart, weil es den Thesen der herrschenden neoklassischen und neoliberalen Ökonomie gegenüberstellt, was sich tatsächlich ereignet. So ist es eine zentrale Vorstellung der Neoklassik, dass der Markt Gleichgewichte herstellt und genau das tut er an zentraler Stelle nicht: So verhielten sich von Arbeitslosigkeit Bedrohte marktgerecht, wenn sie möglichst viel Geld ausgäben und ihre Arbeit möglichst teuer anböten, aber in der Realität sparen sie und nehmen ungünstigere Arbeitsverträge in Kauf. Vor allem geht Flassbeck auf eine  wesentliche Veränderung gegenüber den Umständen ein, die John M. Keynes zu seinen Thesen veranlassten: Keynes erlebte, dass sich Unternehmen nicht ausreichend verschuldeten, um Wachstum zu generieren, so dass der Staat sich durch Defizit Spending  verschuldend, eingreifen muss, um Krisen zu überwinden. Derzeit aber verschulden Unternehmen sich fast nie ausreichend, weil sie ihre Investitionen aus ihren Gewinnen finanzieren können –  daher muss der Staat sich permanent verschulden, wenn die Wirtschaft wachsen soll. Das Buch beginnt mit der überraschenden Erkenntnis, dass der Weltwirtschaftskrise in den USA uns Europe eine Massive Senkung der Löhne voranging, weil man meinte, damit mehr Arbeit zu schaffen – aber das Gegenteil trat ein. Die von zu niedrigen Löhnen ausgehende Gefahr ist in der EU auch jetzt gegeben – auch das macht das Buch so aktuell.

[1] Westend Verlag Neu Isenburg

 

 

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Was bringt Trump den USA? (und uns?)

Trump gefährdet den US-Rechtsstaat wie nie. Das wird das goldene Zeitalter, das er der US-Wirtschaft verspricht, verkürzen. Der EU drohen harte Zeiten, wenn sie bleibt wie sie ist.

Noch sind die USA ein Teil der freien Welt, aber Vieles an der Inauguration Donald Trumps im Capitol erinnerte an Auftritte Wladimir Putins im Kreml.

Frenetisch beklatschen die Anwesenden jede seiner Lügen, selbst wenn sie ans Surreale grenzten: Er würde die Justiz wieder zu einem Instrument der Rechtsprechung statt der Verfolgung Unschuldiger machen, erklärte er, ohne dass jemand lachte und  begnadigte tags darauf den Mob, den er zum Sturm aufs Capitol angestiftet hatte. So wie Putin die orthodoxe Kirche hinter sich weiß, ist Trump das Idol der Evangelikalen und konnte sich wie wie Adolf Hitler rühmen, dass Attentate auf ihn erfolglos blieben, weil Gott ihn auserwählt hat, Amerika wieder groß zu machen. Joe Biden, der der Feier wie alle Ex-Präsidenten beiwohnte, musste sich anhören, dass er die USA in den Abgrund geführt hat, obwohl sie wirtschaftlich bestens dastehen. Aber Trump hat, wie bei der Wahl, das Glück, dass preissteigernde Lohnerhöhungen eine durch die OPEC und Russland verursachte Verteuerung fossiler Energie zu einer Inflation gesteigert hatten, die Bidens Erfolg vorerst verdeckt.

Für mich beinahe gespenstisch war, dass die reichsten Männer der Welt,  Jeff Bezos (Amazon), Marc Zuckerburg (Facebook), Bill Gates(Microsoft)und Elon Musk, ( X, Tesla Space X) sich Trump nicht anders unterwerfen als Russlands Oligarchen Wladimir Putin: Sie wissen um seine Entschlossenheit, jeden, der ihm entgegentritt, zu vernichten. Anders als die meisten Kommentatoren bin ich nicht so sicher, dass die US-Verfassung und das US-Justizsystem dergleichen verhindern.

Deshalb bin ich auch nicht so sicher, dass der wirtschaftliche Boom, den Trump auslöste, nachhaltig ist: Erfolgreiche Marktwirtschaft braucht auf Dauer Rechtssicherheit, die Freunderlwirtschaft vermeidet. Und die ist massiv wie nie zuvor: Groß-Spender Elon Musk erhielt bekanntlich eine eigene Behörde, um die Staatsausgaben zu reduzieren und wird das sicher nicht dort tun, wo sie seinem Raketenprogramm Space X zu Gute kommen. Eher werden sie dort kräftig steigen, hat Trump doch das Erobern des Mars zum Staatsziel erklärt. Doch so prestigeträchtig das ist, wird es, anders als die Space X- Raketen zur Installation von Satelliten im All, das Bruttoinlandsprodukt der USA nur marginal erhöhen- den Reichtum Musks dagegen astronomisch.

Ganz anders ist das mit Trumps Milliardeninvestition in Künstliche Intelligenz, ist sie doch die Technologie der Zukunft. Der Draghi-Bericht sah Ähnliches auch für die EU vor, aber dort haben vier Staaten, darunter Österreich, gemeinsam mit Deutschland verhindert, dass ein entsprechender Fonds geschaffen wurde. Ihrer ökonomischen Ahnungslosigkeit wegen spart die EU sich auch bei KI so kaputt, wie Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz vorgerechnet hat.

Allerdings rechnet Stieglitz jetzt auch vor, dass Trumps Investitionen die gesetzliche Grenze überschreiten dürften, die der Congress jeweils für die US-Staatsverschuldung festlegt, und so wie konservative Republikaner Trump in seiner ersten Amtszeit an Investitionen in die Infrastruktur gehindert haben, könnten sie ihn jetzt auch bei KI daran hindern – die Ideologie, der er zum Sieg verholfen hat, steht ihm zugleich im Weg.

Sich selbst steht Trump im Weg indem er versprach, elf Millionen Ausländer, die ohne Papiere im Land sind, zu deportieren. Denn damit verschärfte er massiv den Arbeitskräftemangel, der US- Arbeitnehmern zuletzt die großen Lohnerhöhungen verschafft hat, die die Inflation anheizten. Das geschähe jetzt in noch viel größerem Ausmaß – wie Trump dennoch sein Versprechen einhalten will, die Preise zu senken, bleibt ein Rätsel, sofern er sich nicht wie in den letzten Tagen mit Show-Abschiebungen begnügt.

Stieglitz hat aber auch vorgerechnet, wie gewaltig die Staatsverschulung nicht nur durch Trumps Investitionen, sondern auch durch seine neuerlich geplanten Steuersenkungen steigen wird und dass die Märkte darauf mit empfindlichen Zinserhöhungen für neues Geld reagieren könnten. Um so mehr ist daher damit zu rechnen, dass Trump alle von ihm angedrohten Zölle auch verhängt, um sein Handelsbilanzdefizit zu verringern, zu dem die EU zwar nicht 350, wohl aber 220 Milliarden Dollar beiträgt: In diesem Ausmaß verschulden sich die USA jährlich zu Gunsten der EU, davon allein mit 80 Milliarden zu Gunsten Deutschlands, voran seiner Autoindustrie. Deutsche Luxuslimousinen können Cadillac und Co. nämlich voran deshalb so erfolgreich ausstechen, weil deutsche Unternehmen sie dank protektionistischer Lohnzurückhaltung besonders preisgünstig produzieren. Wie sehr Politiker, Ökonomen oder Medien Trumps Protektionismus auch verdammen, ist er doch die logische Konsequenz deutscher Dumpinglöhne.

Irgendwann wird man in der EU begreifen müssen: In den USA wurden und werden die Löhne so erhöht, dass die Bevölkerung fast alles, was die USA produzieren, auch kaufen kann – sie müssen relativ wenig exportieren. Bei der EU ist das nicht entfernt der Fall, obwohl sie der größere Wirtschaftsraum ist. Nicht unsere Wettbewerbsfähigkeit (digitale Plattformen ausgenommen) ist zu gering, sonst könnte die EU nicht solche Handelsbilanzüberschüsse gegenüber den USA erzielen, sondern unsere Löhne sind zu niedrig, um zu ermöglichen, dass wir das Gros unserer Waren selber kaufen. Ändert die EU weder ihre Lohn- noch ihre Sparpolitik, geschieht uns recht, wenn wir abgehängt werden.

 

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Nur ökonomisch ist die FPÖ ungefährlich

Das aktuelles Schuldenproblem löst die FPÖ nicht schlechter als ÖVP oder NEOS -es ist die EU, die es zum Risiko macht. Für kritische Medien ist die FPÖ lebensgefährlich.

Die Plattform #aufstehn sammelt Unterschriften, um ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne dazu zu bewegen, doch neuerlich die Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit zu versuchen, um Herbert Kickl als Kanzler abzuwenden. Ich habe unterschrieben, obwohl ich dafür nur eine marginale Chance sehe – aber ich will mir nicht vorwerfen, sie nicht genützt zu haben. Denn ich halte das Aufgeben dieses Versuches seitens der NEOS für eine Katastrophe: Auch ich habe Probleme mit der Sprache Andreas Bablers, aber seine Forderung, Vermögen, das nur in der Slowakei und Mexiko weniger als bei uns besteuert wird, höher zu besteuern, sei es um die Steuern auf Arbeit zu senken oder unser Budgetloch zu reduzieren, ist wahrhaftig nicht absurd. Aber vermutlich war der Einfluss Vermögender auf Beate Meinl-Reisinger doch so groß, dass sie diese Überlegung weder angestellt noch gar gegenüber Karl Nehammer vertreten hat. Und natürlich war die ÖVP immer das zentrale Problem: Ihre ökonomische Sturheit ist seit Sebastian Kurz zur Lähmung geworden. Dagegen kann man dem Chef der Industriellenvereinigung Georg Knill, der derzeit die  höchsten Lohnstückkosten der EU zu verkraften hat, viel schwererer verübeln, dass ihm bei der Lektüre des FP- Programms das Wasser im Mund zusammenläuft, lehnt es doch nicht nur Vermögensteuern ab, sondern empfiehlt auch, die Körperschaftsteuer auf 10 Prozent zu halbieren, nicht entnommene Gewinne gar nicht zu besteuern. (Zum Vergleich: die US-Körperschaftsteuer beträgt nach ihrer drastischen Reduktion durch Donald Trump 21Prozent). Zu begreifen, dass es die Nachfrage gefährlich reduziert, wenn man Vermögende (Wohlhabende) kaum besteuert, während die große Mehrheit derer, die wenig haben und daher soviel wie möglich kauften, hoch besteuert, ist von Industriellen leider zu viel verlangt. So wenig wie man historisches Bewusstsein von ihnen erwarten kann: Auch für die Industrie war es am Ende fatal, selbst Adolf Hitler zum Kanzler gemacht zu haben.

Allerdings müssten selbst Teenagern von minimaler politischer Bildung spätestens seit Mitte der Vorwoche klar sein, wie sehr eine FP-geführte Regierung die Demokratie gefährdet. Bekanntlich nahmen französische Journalisten Aussagen der FP-Mandatare Harald Stefan und Markus Tschank mit dem Handy auf, wonach die ÖVP „jämmerlich“ sei und man „eigentlich aus der EU austreten müsse“. Selbst wenn man in diesen Aussagen nur den Widerspruch zu Kickls Beteuerungen sieht, musste einem Angst und Bange werden, wenn man erlebte, wie Wiens FP-Obmann Dominik Nepp reagierte, als Der Standard diese Aussagen publizierte: „Wir haben Österreich fünf gute Jahre versprochen“ postete er auf  X, „fünf gute Jahre, wenn es mit diesem ‚Scheissblatt‘ endlich vorbei ist“. Im angefügten Hashtag erklärte er wie: Man könnte ja die Presseförderung überdenken. Eigentlich müsste VP-Chef Christian Stocker eine Gänsehaut haben, nachdem er gehört hat, wie Nepp und FP-Generalsekretär Christian Hafenecker mit dem ORF oder mit Der Standard, das heißt mit kritischen Meinungen, umgehen wollen. Aber VP-Funktionäre haben seit gut zehn Jahren eine Elefantenhaut.

Dabei wäre sogar eine Rückkehr der ÖVP zu Verhandlungen mit SPÖ, und NEOS rein technisch nicht schwer: Finanzminister Gunter Mayr müsste Brüssel nur bekanntgeben, dass Österreich die von ihm bereits gemeldeten und akzeptierten Einsparungen auch in dieser Regierungskonstellation durchführt. Andreas Babler müsste sich dann zwar ärgern, dass Vermögende keinen Beitrag leisten und Beate Meinl Reisinger müsste bedauern, dass große Reformen, etwa die Anpassung des Pensionsantrittsalters an die gestiegene Lebenserwartung fehlen, aber die Demokratie vor Herbert Kickl zu schützen, müsste ihnen das eigentlich wert sein. Nur wird es das Georg Knill das sicher nicht wert sein.

Weil ich Knill wie Kickl gegenüber selbstverständlich fair sein will, gestehe ich ihnen zu, dass die Maßnahmen, auf die FPÖ und ÖVP sich bisher geeinigt haben, die Wirtschaft nicht gleich abwürgt, handelt es sich doch um den einfachen Anfang: Die Bildungskarenz zu streichen, erhöht sogar den wirtschaftlichen Output, denn sie hat die berufliche Fortbildung kaum befördert, nur Geld und Arbeitsleistung gekostet. Die im EU-Vergleich besonders hohe Förderung für E-Autos oder Wärmepumpen zu reduzieren, kostet die Wirtschaft zwar Aufträge, aber es stellt die Klimaziele nicht in Frage und das wichtige Klimaticket bliebe erhalten. Den Klimabonus zu streichen, ist zwar ökologisch sogar sinnvoll, verringert aber massiv und voran zu Lasten sozial Schwacher die Kaufkraft, denn die CO2-Abgabe muss ja erhalten bleiben.

Dagegen muss eine Senkung der Körperschaftsteuer nicht völlig schief gehen: In den USA mussten die Unternehmen Teile ihrer erhöhten Gewinne an die Arbeitnehmer weitergeben, weil es an Arbeitskräften mangelte -das kann auch hier passieren.

Obwohl die FP-VP- Maßnahmen also meines Erachtens die relativ besten waren, wenn man dem Sparzwang der EU nachkommen muss und vermögensbezogene Steuern tumb ausschließt, wird das Ende des Klimabonus, die geplanten Gebührenerhöhung und die Einsparung der Ministerien die Inlandskaufkraft doch deutlich senken. Da die EU gleichzeitig die Auslandkaufkraft senkt, indem sie bereits acht Staaten Defizitverfahren androht, wird sich die Rezession letztlich vertiefen. Dafür wird die FPÖ nichts können – für das Aushungern kritischer Medien dagegen sehr wohl.

 

 

 

 

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Mit Sparen aus der oder in die Krise?

Österreich zählt zu den fünf Staaten, die mehr EU- Investitionen in die Zukunft und mehr Wachstum verhindert haben. Rein ökonomisch wird die FPÖ kaum schlechter agieren.

Während wir mit unserm Budgetdefizits kämpfen, gibt es in der EU seit längerem viele Mandatare, die die Finanzierung künftiger Aufgaben der Union wie ich für unzureichend halten: Ihr Wirtschaftswachstum bleibt seit zwei Jahrzehnten deutlich hinter dem der USA zurück; viele Länder erleben wie wir eine Rezession;  rundum scheitern Regierungen, während rechtspopulistische bis rechtsextreme Parteien Höhenflüge erleben – nicht, weil alle Bürger rechtsextrem geworden wären, sondern weil rund 25 Prozent seit zwei Jahrzehnten Reallohnverluste erleiden.

Das war nicht immer so: Im Burgenland wurden Anfang 2000 aus einem Euro des EU-Strukturfonds fünf Euros, die seine Wirtschaft vorantrieben. Weil es laut Draghi-Bericht, 800 Milliarden Euros brauchte, um die grüne und digitale Transformation der EU voranzutreiben planten EU- Parlament und EU- Kommission einen entsprechenden Fonds: Er kam nicht zustande, weil die “frugalen (enthaltsamen) Vier“, Dänemark, Schweden, Holland und Österreich gemeinsam mit Deutschland erklärten, ihm nicht zuzustimmen. Andere Überlegungen der Kommission- etwa zwischen einem strukturellen Budget der Staaten, das den Maastricht-Kriterien unterliegt und einem Budget für Investitionen in die Zukunft zu unterscheiden- starben mit dem Fonds. Österreich zählt damit zu den Staaten, die die wirtschaftliche Fortentwicklung der EU- und derzeit auch die Überwindung der Rezession- entscheidend behindern. Diese Haltung begann mit Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel – beide lehnten jedes Abgehen vom Sparen des Staates und jede Erhöhung des EU-Budgets kategorisch ab- und hat sich mit Karl Nehammer und Magnus Brunner nicht geändert, so wenig sie in Österreich sparsam gewirtschaftet haben.

Damit bin ich bei dem von Brunner hinterlassenen Budgetloch, das wir laut EU – in meinen Augen widersinnig – durch „Sparen des Staates“ schließen müssen. Denn die die „frugalen Vier“ und Deutschland opponierten 2023 auch am heftigsten dagegen, die Staatsschuldenbremse neuerlich auszusetzen: Beschlossen wurde lediglich, sie zu flexibilisieren, indem es sieben Jahre Zeit gibt, sich dem EU-Sparziel zu nähern.

Damit konfrontiert ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die FP-VP- Regierung unter Herbert Kickl, denn seine EU-Feindlichkeit und Putin-Freundlichkeit halten die ÖVP kaum ab, mit ihm zu koalieren, zumal Neuwahlen ihn nur stärker machten.

Zwar bin ich fast sicher, dass die Kickl-Regierung den EU- Fonds so stur wie die Regierung Karl Nehammers abgelehnt hätte und ganz sicher, dass sie Demokratie und Rechtsstaat gefährdet, aber dass sie die aktuelle Situation schlechter als ÖVP, SPÖ und NEOS meistert, schließe ich aus: Es wird ihr gelingen, das drohende EU- Defizitverfahren abzuwenden, indem sie schon im aktuellen Budget 6,3 Milliarden einspart. Das ist nach Ansicht des renommiertesten österreichischen Ökonomen Erich Streissler inmitten einer Rezession zwar höchst kritisch, aber Kickl beginnt es zumindest schonend, indem er Bildungskarenz und den Klimabonus streicht und E-Autos vielleicht weniger fördert, obwohl das unserer Autozulieferindustrie schadete und ein Versäumen des Klimaziels Milliarden kosten kann. Viel Geld ist auf lange Sicht zu sparen, wenn man das Pensionsalter der massiv gestiegenen Lebenserwartung anpasst und da die FPÖ dank ihrer jüngeren Wählerschaft viel weniger als ÖVP und SPÖ auf Pensionisten angewiesen ist, könnte Kickl der EU diese Anpassung im Rahmen des Siebenjahrespfad anbieten, obwohl es vorerst Kaufkraft kostet. Notfalls könnte er das Aussetzen der von ihm so heftig kritisierten Teilnahme an „Skyshield“ gegenüber der ÖVP mit dem Sparzwang rechtfertigen und anders als bisher dürfte er kaum höhere Rüstungsausgaben fordern. Das sparte in Zukunft und setzte nur gewohntes Trittbrettfahren fort. Schließlich kann Kickl Geld sparen, indem er russisches Gas vielleicht sogar zu Sonderkonditionen kauft.

Zusätzliche Einnahmen, um das Budgetloch zu verkleinern, scheiden hingegen aus, weil er sich mit Christian Stocker, wie sie Montag in einer Pressekonferenz noch einmal betonten, absolut einig sind, dass vermögensbezogene Steuern nicht in Frage kommen, so sehr alle Wirtschaftsforscher sie empfehlen, um Arbeit steuerlich zu entlasten. Dagegen kommt zweifellos zustande, was Industrielle so an der FPÖ begeistert: die Senkung der Körperschaftsteuer (KöSt). Eine Beinahe-Halbierung der Steuern auf die Gewinne von Unternehmen hat es freilich schon einmal gegeben, ohne dass sie deshalb mehr investiert hätten. Denn das tun sie nur, wenn sie mehr Absatz erwarten können und das können sie nicht, wenn die Konsumenten angstsparen und der Staat sparen muss. Die verringerte KöSt könnte das Budgetdefizit daher auch erheblich vergrößern.

Da mit Frankeich und Italien auch zwei unserer wichtigsten Handelspartner besonders heftig sparen müssen, Deutschland unter Friedrich Merz sparen wird und die USA Zölle verhängen dürften, fürchte ich, dass wir das Drei- Prozent-Defizit 2025/ 26 trotz aller Sparmaßnahmen neuerlich überschreiten – und eine Reihe weiterer Staaten mit uns. Dann wird die Staatsschuldenbremse entweder doch dahin reformiert, dass Investitionen in die Zukunft nicht mehr unter Schulden zählen oder man wird dem Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Samuelson glauben, dass Sparen zwar eine private Tugend ist, „für Volkswirtschaften aber verhängnisvoll sein kann.“

 

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Nehammer ging – die Rezession bleibt

Die Industrie zog Herbert Kickl Karl Nehammer vor. Dabei wird eine FP-VP- Regierung die Rezession vertiefen. Deren rasche Überwindung schließt Maastricht leider aus.  

Von der „Wirtschaft“ bedrängt hat Karl Nehammer das Handtuch geworfen. So anständig er ist, so absurd war die Begründung: Die zuletzt von Andreas Babler gar nicht mehr geforderten vermögensbezogenen Steuern, hätten der Wirtschaft doppelt genützt: Indem sie erlaubt hätten, die Steuern auf Arbeit zu senken, hätten sie die Kaufkraft erhöht und zugleich künftige Anstellungen verbilligt.

Dass Generalsekretär Christian Stocker Nehammer als Interimsobmann folgt, um mit Herbert Kickl zu verhandeln, passt ins türkise Bild, hat er ihm zuvor doch die Eignung zum Parlamentarier abgesprochen. Wann die FP-VP- Regierung steht ist offen- ich erwarte sie bald. So gut wie gewiss ist hingegen ein EU- Defizitverfahren und sicher muss der Kampf gegen die Rezession sofort einsetzen.

Von der Regierung Nehammer begangene Fehler mögen die Rezession befördert haben – ausgelöst hat sie die verfehlte Zinspolitik der EZB. Und auch die Grundprobleme Österreichs wie der EU sind nicht nationalen Fehlern, sondern den Maastricht-Kriterien geschuldet, die den Staat zum Sparen zwingen.

Der Glaube der EU, voran Deutschlands, man könne dürftiges Wirtschaftswachstum durch staatliches Sparen überwinden, obwohl auch Konsumenten und Unternehmen sparen, ist widersinnig, weil dann denkunmöglich mehr verkauft werden, die Wirtschaft also wachsen kann.  Der Hinweis auf den aktuellen Überschuss Griechenlands beweist nur Unkenntnis: Griechenlands Sparen unter Aufsicht der EU-Troika mündete in ein Fiasko, von dem es sich erst jetzt, 15 Jahre später, erholt, wobei es der Bevölkerung immer noch miserabel geht. Einen Überschuss kann jeder Staat erringen, der Leistungen kürzt.

Ich weiß nicht, wie viele Top-Ökonomen es braucht, der EU (Deutschland, Österreich) zu erklären, dass Staatshaushalte etwas anderes als der Haushalt der schwäbischen Hausfrau sind. Mir genügte Österreichs durch Jahrzehnte renommiertester Ökonom, Erich Streissler, der in Wien Volkswirtschaft unterrichtete und, obwohl für seine Keynes-kritische Haltung bekannt, lehrte: „In einem hat (John Maynard) Keynes zweifellos recht: In einer Krise darf und kann der Staat nicht sparen.“ Wirtschaftsnobelpreisträger Paul A. Samuelson nennt Sparen in seinem Lehrbuch „eine private Tugend, die für eine Volkswirtschaft verhängnisvoll sein kann.“ Der aktuelle Nobelpreisträger Daron Acemoglu meinte zur Staatsschuldenbremse: „Es macht keinen Sinn, sich derart die Hände zu fesseln.“  Und Nobelpreisträger Joseph Stieglitz rechnete in dem Buch „Europa spart sich kaputt“ schon 2016 vor, dass die Wirtschaft der EU seit Maastricht weit langsamer als davor wächst.

Doch die EU bleibt stolz darauf, ihre Staatsschuldenquote seit der Finanzkrise auf 86 Prozent gesenkt zu haben, während die der USA 119 Prozent erreicht. Wie die Menschen das Ergebnis erleben interessiert offenbar nicht: Im Jahresschnitt wuchs die Wirtschaft der USA mit 2,1 Prozent fast doppelt so stark wie die der EU (1,2 Prozent); entsprechend stärker stiegen die US-Löhne und die Arbeitslosigkeit, die in den USA längst Vollbeschäftigung gewichen ist, verharrt in der EU bei 6,5 Prozent.

„Aber wer soll die immer höheren Staatsschulden bezahlen?“, pflegen ORF- Moderatorinnen aufgeregt zu fragen: Niemand! Sie werden roulierend erneuert. Wie hoch die Zinsen der Finanzmärkte für neues Geld sind, hängt davon ab, wie gut die Wirtschaft läuft – deshalb erdrückt ihre Last weder die USA noch Japan mit 250 Prozent Staatsschuldenquote. Sie erdrückt auch Österreich in keiner Weise, denn unsere Wirtschaft ist stark, differenziert und elastisch: Der Automotoren -Spezialist AVL-List entwickelt bereits Schiffsmotoren. Die pinke Rede von Österreichs „Pleite“ ist trotz der großen, aktuellen Probleme Unsinn.

Auch der Glaube an den Segen staatlichen Sparens wäre längst als solcher entlarvt, hätte Deutschland nicht vorgeführt, dass seine Wirtschaft trotz dieses Sparens herausragend wächst. Doch das lag daran, dass es – unter Missachtung der EU-Forderung nach zweiprozentiger Inflation – seine Arbeitskräfte nicht mehr der Produktivität entsprechend entlohnte und mit so verbilligten Waren anderen Volkswirtschaften Märkte wegnehmen konnte. Nur fand dieses Exportmodell jetzt zwingend Grenzen: Lauter sparende EU-Staaten können sich nicht weiter zu Gunsten Deutschlands verschulden; China ist selbst Großexporteur; und die USA, die sich am meisten zu Deutschlands Vorteil verschuldet haben, haben es satt und drohen mit Zöllen. So sieht die ökonomische Welt aus, in der die EU uns zum Sparen vergattert.

Was bedeutet das für Österreichs künftige Regierung? Ich glaube, sie wird dem geforderten Sparkurs folgen: Das wird die Rezession vertiefen und den Rückstand der EU auf die USA vergrößern. Verringern kann ihn nur eine Reform der Maastricht -Kriterien. Die zu erreichen müsste theoretisch das Ziel jeder neuen österreichischen Regierung sein: Indem sie sich voran mit den Regierungen in Paris und Rom, zusammentäte hätte sie faire Chancen auf Erfolg. Deutsche werden zwar nie zugeben, sich grundlegend geirrt zu haben, aber man könnte die Regeln gesichtswahrend dahin modifizieren, dass Investitionen in die Zukunft, in Klimaschutz, Verteidigung oder Digitalisierung nicht mehr unter „Schulden“ zählen. Nur das wendete vielleicht eine sehr schmerzhafte Krise ab, wenn die USA tatsächlich Zölle einheben. Nur wird die FP-VP-Regierung diesen Versuch nicht unternehmen.

 

 

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Ein denkbar zweischneidiges Neujahrskonzert

Mit 5o Millionen Zuschauern in 91. Ländern ist das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker der mit Abstand größte Werbeauftritt Wiens und Österreichs und er wurde in der Vergangenheit auch immer besser genutzt indem man Balletteinlagen an besonders sehenswerten Plätzen der Stadt einbaute.

Diesmal baute man in der Mitte des Konzerts einen Film ein, wie er schlechter kaum sein konnte: Am Bildschirm ist, bei weiterhin guter musikalischer Untermalung die meiste Zeit ein unglaubwürdiges, nicht einmal spaciges, scheinbar   gebasteltes oder künstlich animiertes Weltraumgefährt zu sehen, in dessen hässlichem Innenraum unter dem rätselhaften Namen „Kapitän Tom“ ein an sich gut aussehender,  ansonsten aber völlig nutzloser Nachfahre der Familie Strauss vor einem altmodischen Radio sitzt. Ansonsten geht er in Schuhen oder barfuß durch den Innenraum des Gefährts, tippt manchmal auf irgendwelche Bildschirme, auf denen gelegentlich Bilder manchmal aber auch Zeichen wir „error“ oder „solved“ auftauchen, die offenbar ans Cockpit einer Raumfähre erinnern sollen. „Kapitän Tom“ setzt denn auch manchmal einen Raumfahrer-Helm auf um dann wieder sein Gesicht in die Kamera zu halten – er scheint sehr zufrieden damit zu sein. Einmal tanzt er auch barfuß Walzer und ist dabei nicht im Takt.

Zwischendurch werden auch interessante historische Bilder der Familie Strauss eigeblendet oder man sieht ein paar Musiker auf einer Art Floß auf der alten Donau gut musizieren. Wirklich Interessantes über die Familie Strauß erfährt man kaum -nur dass Johann Strauss Sohn auch in Sankt Petersburg und in den USA Konzerte gab. Meist aber beherrscht das gebastelte Raumschiff hässlich und störend den Bildschirm. Dabei hätte man anlässlich seines zweihundertsten Geburtstages einen durchaus interessanten Kurzfilm über ihn drehen und seinen Nachfahren vielleicht auch darin einbauen können, wenn der etwas Interessantes zu erzählen hat – so weiß man nicht einmal worauf die Verwandtschaft beruht. In Summe ein miserabler Film, der angesichts der Raumfähre nicht einmal ganz billig gewesen sein kann und das Konzert auf ausschließlich störende Weise unterbricht.

Leider sind auch die Tanzeinlagen diesmal weit schlechter als sonst gelungen: Sie spielen einmal im an sich morbid eleganten Südbahn-Hotel am Semmering, nur dass die wie immer blendenden Tänzer und Tänzerinnen des Staatsoper-Balletts diesmal anfangs besonders öde antike Kostüme anhaben und dass die Männer später besonders knallige bunte Hemden anhaben, die Modernität suggerieren sollen, aber erst recht altmodisch wirken. Zweiter Schauplatz ist dann Wiens Technisches Museum, wo dann in hübscheren Kostümen rund um eine alte Lokomotive getanzt wird, weil auch die Bahn angeblich 200 Jahre alt ist. Gegenüber den Schauplätzen vergangener Tanzeinlagen regt dieser jedenfalls zweifellos am wenigsten dazu an, Wien zu besuchen.

Jedenfalls war man erleichtert, als das gesamte Zwischenprogramm vorbei war und man wieder den wunderbaren Saal des Musikvereins sieht und sich auf die dargebotene Musik konzentrieren konnte, denn besser als unter Ricardo Muti können die Philharmoniker kaum musizieren.

Es ist zu hoffen, dass Zuschauer im Ausland während des Zwischenspiels mit der Raumfähre nicht aufgestanden sind und den Fernseher verlassen haben.

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„So sind wir nicht“- viele leider doch!

Die jüngste Studie zum heimischen Rechtsextremismus ist für den Autor „kein Grund für Alarmismus“ – aber sie ist zumindest einer für eine andere Wirtschaftspolitik.

„So sind wir nicht“ erklärte Bundespräsident Alexander van der Bellen bekanntlich als das Ibiza-Video auftauchte, und hatte damit insofern Recht, als die Mehrheit der Österreicher kaum, wie der damalige FP-Obmann Heinz Christian Strache, bereit wäre, einer Oligarchen-Nichte amtsmissbräuchlich Geschäfte zuzuschanzen, damit sie im Gegenzug die Kronenzeitung erwirbt, um dort zack, zack, zack der FPÖ unliebsame Redakteure zu eliminieren. Das bestürzende aber ist, dass nicht nur die FPÖ des  H.C. Strache 30 Prozent Zustimmung besaß, obwohl bekannt war, dass er dem Neonazi Milieu entstammte und kein Hehl aus seiner rechtsextremen Einstellung machte, sondern dass die Bevölkerung der gleichen FPÖ schon wenige Jahren nach dem Ibiza Video wieder mit dreißig Prozent zustimmt, obwohl ihr nächster Obmann Herbert Kickl sich wie Adolf Hitler „Volkskanzler“  nennt, und von „Fahndungslisten“ für unliebsame Journalisten spricht.

Die demokratische Phase unserer Geschichte war nun einmal nach Monarchie, Austrofaschismus und Faschismus eine besonders kurze und selbst „Sonnenkönig“ Bruno Kreisky durfte fast nicht kritisiert werden. Wir  haben ein besonders großes, besonders leicht abrufbares Potential, uns bedingungslos einer Autorität zu unterwerfen. Immerhin 14 Prozent der Österreicher wünscht sich „einen starken Mann an der Spitze des Landes, der sich nicht an die Zustimmung des Parlaments kümmern muss“, während sich das nur 8,6 Prozent der Deutschen wüschen, so erhob der Leiter des „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands“ Andreas Kranebitter  kürzlich in einer Studie zum heimischen Rechtsextremismus, deren auffälligste Ergebnisse mittlerweile eine gewisse Prominenz genießen: 36 Prozent der Bevölkerung will nicht neben Muslimen leben; 29 Prozent findet, ihnen sollte die Zuwanderung untersagt werden; 50 Prozent ist für „Remigration“, das heißt die Deportation Unliebsamer; und 42 Prozent unterschreibt den Satz „Israels Politik in Palästina ist wie die der Nazis im Zweiten Weltkrieg“- der Unterschied zwischen brutalem Krieg und systematischem Mord wird sofort negiert, wenn es um Juden geht. antisemitische Ansichten sind mit 23 Prozent häufiger als in Deutschland  mit 7 Prozent. Das „rechtsextreme“ Segment der Befragten, bei dem solche Ansichten besonders ausgeprägt sind, beziffert die Studie mit 10 Prozent  und 58 Prozent dieser Rechtsextremen stimmten, wenn Sonntag gewählt würde für die FPÖ, 17 für die SPÖ, 1 für die ÖVP.

Dennoch sieht Kranebitter, in seinen Ergebnissen „keinen Anlass zu Alarmismus“- vielleicht, weil Hysterie immer verfehlt ist, wenn es um den Kampf gegen politische Risiken geht. Dennoch scheint mir dieser Kampf dringlich. Ich bleibe bei der Überzeugung, dass heute wie in den Dreißigerjahren die wirtschaftliche Situation  Hauptgrund für die Rechtsverschiebung ist: Damals war es manifeste Arbeitslosigkeit – heute ist es die Angst vor ihr. Damals war es die absolute Not – heute ist es das Erleben eines wachsenden Abstands zum Mittelstand. Natürlich geht es selbst dem ärmsten Österreicher fantastisch im Vergleich zu einem Bulgaren – aber an dem misst er sich nicht. Er misst sich am Mittelstand und an einer Vergangenheit, in der er auf dieser Stufenleiter weiter oben stand.

Vor allem anderen bauchte es daher eine EU-Politik die das immer weitere Auseinanderklaffen zwischen einer winzigen Kaste Hyperreicher und einer gut 25 Prozent großen, wachsenden Schicht Abgehängter beendet. Diese Abgehängten sind die typischen FPÖ -Wähler, auch wenn derzeit Millionäre mit der FPÖ liebäugeln, weil ihnen ihr Wirtschaftsprogramm mit seiner strikten Ablehnung vermögensbezogener Steuern wie das der ÖVP zum Vorteil gereicht, während es der beschriebenen Unterschicht und mit ihr FP-Wählern nur Nachteile beschert. Aber Herbert Kickl ist wie keiner andere in der Lage, ihnen vorzugaukeln, dass er auf ihrer Seite stünde, indem er gegen „Ausländer“ und „Eliten“ schäumt – und leider gibt es keinen entfernt so begabten Gegenspieler. Gleichzeitig ist es ihm, wie Donald Trump, gelungen, seriöse  Medien bis hin zum ORF bei der Bevölkerung auf eine Weise in Verruf zu bringen, die sich in Kranebitters Studie so niederschlägt: 51 Prozent der Befragten ist der Meinung, die Bevölkerung würde von Medien „systematisch belogen“.

Vielleicht ist das ein Anlass den achtzigsten Geburtstag eines Kollegen zu feiern, der in der Lage ist, Rechtsextremismus zumindest mit der Reichweite des Standard zu kritisieren: Hans Rauschers „Einserkastl“ ist, wovon immer es handelt, ein Plädoyer für die „offene Gesellschaft“ und gegen die Geisteshaltung der FPÖ. Gerade weil er Politik  zeitlebens unvoreingenommen analysiert hat, ist seine Kritik an ihr so treffend: Die FPÖ ist eine blendend vermarktete, wirtschaftlich besonders unfähige, asoziale Partei, deren ökonomische Bestleistung im Rahmen der schwarz-blauen Koalition in einer Krankenkassenreform bestand, die eine Milliarde einbringen sollte und bisher Mehrkosten von 215 Millionen verursacht hat, nachdem die dafür verantwortliche Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ihre besondere finanzielle Kompetenz mit der Erklärung offenbart hatte, dass man von 150 Euro monatlich blendend leben könne. Rauscher weiß dergleichen mit dem nötigen Humor vorzutragen, während bei mir die Galle überwiegt. Er dürfte einen ehrenden Spitzenplatz auf Kickls Fahndungsliste einnehmen.

 

 

 

 

 

 

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Reale Grundsteuern als Budget-Rettung? 

Karl Nehammer kann sich höhere Grundsteuern vorstellen. Sie sind keine „neuen Steuern“, so dass die ÖVP ihr Gesicht wahrte. Durchführung und Ertrag bleiben ein Problem.

 Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Karl Nehammer kann sich zwar keine Vermögens- und keine Erbschaftssteuer, wohl aber höhere Grundsteuern vorstellen. Tatsächlich können nur sie einen Teil der Milliarden erbringen, die mindestens nötig sein werden, wenn die künftige Regierung ein Budget erstellen will, das den Forderungen der EU entspricht und mit den wirtschaftlichen Problemen zu Rande kommt, die auf uns zukommen: Wir befinden uns bereits mitten in einer Rezession; Deutschlands Autoindustrie und deren österreichische Zulieferer erleben bereits eine existentielle Krise; aber in Zukunft droht ihnen auf dem für sie wichtigsten Markt, den USA, ein Zoll von 50 Prozent.

Damit zurück zur Eingangsnachricht: Sie wurde zwar nicht falsch, aber irreführend verkündet. Eine „Vermögenssteuer“, die exakt diesen Namen trägt und jedes Vermögen, von Geld über Immobilien bis hin zur Briefmarkensammlung umfasst, gibt es meines Wissens nur mehr in der Schweiz. Überall sonst meint man mit „Vermögensteuern“ vermögensbezogene Steuern und deren überall wichtigste ist weit vor der Erbschaftssteuer die Grundsteuer. Grundsteuern haben wir schon, so dass die ÖVP ihr Versprechen „keine neue Steuer“ einzuführen, formal halten kann. Nur ist Österreichs Grundsteuer anders als im Rest der Welt lächerlich gering, denn sie bemisst sich nach den sogenannten „Einheitswerten“, die trotz Verdreifachung im Jahr 1973 mit dem Verkehrswert fast nichts zu tun haben: Oft liegt er über dem Zehnfachen des Einheitswerts. 2008 führte diese Divergenz dazu, dass der Verfassungsgerichtshof einem Kläger Recht gab, der in der Erbschaftsteuer ein Instrument der Ungleichbehandlung sah, denn jemand, der ein Grundstück im Wert von 5 Millionen erbte, zahlte eine lächerlich geringe Erbschaftssteuer, während sie für jemanden, der 5 Millionen in bar erbte und kein Verwandter des Erblassers war, 60 Prozent erreichte. Der VGH trug der Regierung die Reparatur dieses Fehlers auf, aber die ÖVP war dazu nicht fristgerecht bereit und so haben wir seither keine Erbschaftsteuer und weiterhin grotesk niedrige Einheitswerte. Sie sind nicht nur niedrig, sondern werden der Grundsteuer außerdem auf überaus komplizierte Weise, mit vielen Ausnahmen und möglichen Einflussnahmen der zuständigen Gemeinden, zugrunde gelegt: Die Gemeinden können einen „Hebesatz“ festlegen, der Mehreinnahmen zulässt, aber es gibt dafür keine klare  Regel. Derzeit erlösen die Gemeinden aus Grundsteuern nur gerade 800 Millionen Euro. Eine problemlose Möglichkeit, diese Steuer adäquater zu gestalten, hätte darin bestanden, die Einheitswerte „wertgesichert“ mit der Inflation zu erhöhen: Dann läge der Ertrag heute um die zwei Milliarden, die dem Bund insofern zu Gute kämen, als er den Gemeinden dann im Wege des Finanzausgleiches entsprechend weniger überweisen müsste. Doch die Wertsicherung wurde versäumt.

Die Grundsteuer jetzt dennoch so zu gestalten, dass sie mehr einbringt, stößt leider auf etliche Hürden. So zahlt sie derzeit nicht, wie das logisch wäre, der Eigentümer einer vermieteten Wohnung, sondern er kann sie als Teil der Betriebskosten dem Mieter verrechnen, sodass ihre Erhöhung höhere Mieten bedingte. Schon mittelfristig brächten höhere Grundsteuern Mietern allerdings Vorteile: Es wäre dann nicht mehr möglich, Grundstücke zu horten, bis sie den maximalen Preis erreichen. Baugrund stünde rascher und billiger zur Verfügung so dass er auch rascher und billiger verbaut werden könnte. Man muss das künftige Mietrecht also zwar ändern, aber das kann nicht nur zu Lasten der Vermieter gehen.

Am schwierigsten ist freilich die Festlegung neuer, dem Verkehrswert angenäherter  Einheitswerte. Den geringsten Aufwand erforderte ein Gesetz, das sie verzehnfachte, so wie man sie verdreifacht hat – aber mit dem Zusatz, dass jeder, der die neue Bewertung unzutreffend findet, sie gerichtlich anfechten kann und die Kosten erstattet erhält, wenn er gewinnt. Das Problem: Der VGH könnte die Verzehnfachung im Gegensatz zur Verdreifachung als mit dem bisherigen Gesetz nicht mehr vereinbar ansehen.

Verzichtet man deshalb auf diese einfache Möglichkeit, bleibt nichts anderes übrig, als die Einheitswerte völlig neu festzulegen, wobei es die seinerzeit dafür zuständigen Abteilungen nicht mehr gibt. So sinnvoll die Neufestlegung auch ist – WIFO-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller sieht darin eine nachhaltige Strukturverbesserung- so relativ aufwendig und langwierig ist sie leider. In Fachkreisen wird daher auch eine wenig aufwendige Variante der Besteuerung großer Vermögen diskutiert: Man könnte den Zeitraum für die vorzeitige „Abschreibung für Abnutzung“ (AfA) einer Immobilie von 65 Jahren auf 100 Jahre erstrecken, so dass statt eines Fünfundsechzigstel des Kaufpreises jedes Jahr nur mehr ein Hundertstel steuermindernd geltend gemacht werden könnte.

Am leichtesten wäre es freilich, zuerst eine rasch administrierbare Erbschaftsteuer mit einer Million Euro Freigrenze und dann, wie in allen Ländern, weniger komplizierte substantielle Grundsteuern einzuführen, die tatsächlich die Milliarden erlösen, die man braucht, um nicht nur unser Budgetdefizit, sondern voran die Steuern auf Arbeit zu reduzieren. Aber ÖVP und leider auch Neos wollen die Vermögensverteilung, exakt wie die FPÖ, so wenig wie möglich verändern. Und nicht einmal dieser Gleichklang mit Herbert Kickl stimmt sie nachdenklich.

 

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Wie kann das Team Nehammer II überleben?

Die nächste Regierung steht vor der ökonomisch schwierigsten Situation seit den Nachkriegsjahren. Ihre einzige Chance ist engste Kooperation – intern wie gegenüber der EU.

Die EU glaubt, verhindern zu können, wozu Donald Trump sie mit 20 Prozent Zoll auf alle Waren und 50 Prozent auf deutsche Autos zwingen will: nämlich sich adäquat zu verschulden. Doch ich zweifle, dass er entscheidend nachgibt: Er wird nicht einsehen, warum sich die USA mit 219.000 Milliarden Dollar jährlich verschulden sollen, um voran deutsche Autos zu kaufen, die dank inadäquat zurückgehaltener  Löhne billiger als US-Autos sind. Daher sehe ich auf die nächste Regierung die größten Wirtschaftsprobleme seit den Nachkriegsjahren zukommen: Mit diesen Zöllen konfrontiert, soll sie bekanntlich auch noch Milliarden einsparen, um der 60 Prozent Staatsschuldengrenze näher zu kommen. Theoretisch wäre es das Beste, diese Aufgabe einer geduldeten FPÖ-Minderheitsregierung zu überlassen, um vorzuführen, wie wenig sie, die ständig alles kritisiert, dem gewachsen wäre, begibt sich Herbert Kickl mit seiner strikten Ablehnung vermögensbezogener Steuern doch der einzigen Möglichkeit, die nötigen Milliarden relativ schmerzlos aufzutreiben. Aber praktisch richtete Kickls Regierung Österreich restlos zu Grunde und so muss man es anders probieren: Die auszuhandelnde Regierung Karl Nehammer II ist zum Erfolg verdammt!

Die nächste deutsche Regierung, die sich in einer fast so schlechten Lage befindet, kann mit Zweidrittelmehrheit ihre größte Belastung, die in der Verfassung verankerte Staatsschuldenbremse, außer Kraft setzen – wir haben sie zwar nicht in der Verfassung verankert, können sie aber auch nicht demonstrativ außer Kraft setzen. Die Regierung muss der EU-Kommission vielmehr unsere besondere Notlage plausibel machen und gemäß den neuen, flexibleren Fiskalregeln sollte das möglich sein. Besteht Brüssel fortgesetzt auf  maximal 3 Prozent Budgetdefizit und Annäherung an die Staatsschuldengrenze, ist Hopfen und Malz verloren: Die Regierung kann dann nur nach bestem Wissen und Gewissen das Richtige tun und die Schuldengrenze überschreiten.

Dass sie aus drei Parteien besteht, muss kein Hindernis sein: Das Wissen, dass sie zum Erfolg verdammt ist sollte einen. Wäre ich Nehammer, nähme ich sogar die Grünen mit an Bord, um die überparteiliche Einheit zu betonen. Gleichzeitig sollte es einen fixen „Regierungssprecher“ geben, der keiner der vier Parteien angehört und etwas von Wirtschaft versteht, um der Öffentlichkeit, was immer die Regierung tut, zu erklären. Das hätte zwei Vorteile: Die Regierung spräche im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Stimme und die vier Parteichefs widerstünden der Versuchung, sich gegeneinander zu „profilieren“. Sehr schnell könnte dieser Regierungssprecher zwei sehr populäre Leistungen verkünden: Er könnte erklären, warum man, indem man sie wie fast alle Länder mit einem Dreiersenat besetzt, die optimale Bundesstaatsanwaltschaft geschaffen hat -denn Karoline Edtstadler, die ein einziges Mitglied wollte, ist nicht mehr an Bord. Und er könnte erklären, wie gut ein endlich parteiunabhängiger Stiftungsrat die Unabhängigkeit des ORF sichert. Bezüglich der  entscheidenden Wirtschaftspolitik erzielte man wahrscheinlich rasch Einigkeit darüber, das Budget nach Einsparungsmöglichkeiten, allenfalls Überförderungen, abzuklopfen. Nur dass man bald feststellte, wie wenig das – die Anhebung des Pensionsalters und ein Durchforsten des Föderalismus als Langfristprojekte ausgenommen – bringt, wenn man die Kaufkraft nicht gefährlich reduzieren will.

Ausreichend rasch und dennoch nachhaltig werden Milliarden nur frei, wenn man vermögensbezogene Steuern beschließt. Soeben wurden sie selbst von den gewiss nicht linken G20 gefordert, um die weltweit dramatische Ungleichheit abzubauen, die nicht nur die Demokratie gefährdet, sondern wirtschaftsfeindlich ist: So wie im Feudalismus einige Wenige, die über riesige Güter verfügten, ungleich weniger aus dem Boden herausholten als die vielen Bauern, auf die er aufgeteilt wurde, verwalten Hyperreiche ihre Vermögen schlechter: Elon Musk setzte beim Umbau von Twitter zu X 30 Milliarden Dollar in den Sand, weil es ihm auf diesen Klacks nicht ankam. Es soll geniale Unternehmer wie ihn geben, aber wenn Vermögen nicht derart auf sie konzentriert wäre, gäbe es mehr davon.

Österreichs Vermögensverteilung unterscheidet sich wenig von der der USA: Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt 39 Prozent des Gesamtvermögens und schon weil es bereits so viel besitzt, kauft es nicht so viel ein – aber nur wenn möglichst viel eingekauft wird, kann möglichst viel verkauft werden und wächst die Wirtschaft optimal. Anders als selbst die USA hat Österreich jedoch die nach Mexiko und der Slowakei niedrigsten vermögensbezogenen Steuern der Welt. Ziel muss daher sein, eine adäquate Grundsteuer und wieder eine Erbschaftsteuer einzuführen, um die Steuern auf Arbeit entsprechend zu senken. (Reichte der Betrag nur, die Forderungen Brüssels zu erfüllen, wären beide zu gering bemessen.) Beate Meinl-Reisinger schien die Notwendigkeit dieser Umverteilung einen Moment lang zu verstehen, Karl Nehammer verstand, dass der Staat, statt nur sparsamer zu agieren, das Wirtschaftswachstum befördern muss – und das geht nur mit dem Geld aus vermögensbezogenen Steuern. Sollten Neos und ÖVP dennoch an ihrer apodiktischen Ablehnung solcher Steuern festhalten, lehnte ich, wäre ich Andreas Babler, die Beteiligung der SPÖ an der Regierung ab – dann möge wenigstens eine FP-VP- Regierung scheitern.

 

 

 

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Inflation strafte Nehammer wie Biden

Geschichte kann sehr ungerecht sein: Karl Nehammer konnte so wenig für die überdurchschnittliche Inflation, wie Jo Biden – beiden bescherte sie Wahlniederlagen.

 Auch bei der steirischen Wahl hat die überdurchschnittliche Inflation, die Österreich heimsuchte, laut Nachwahlbefragung eine wesentliche Rolle für das Debakel der ÖVP wie der Grünen gespielt: in ihr wird bei jeder Wahl das zentrale Versagen der Regierung Karl Nehammers gesehen. Zu Unrecht: Die überdurchschnittliche Inflation rührt so gut wie ausschließlich davon her, dass Österreich überdurchschnittlich von russischem Gas abhängig war, und das verantworten ausschließlich vorhergehende Regierungen. Den letzten Vertrag, der diese Abhängigkeit für 40 Jahre fortschrieb, unterzeichnete die OMV unter dem Applaus von Sebastian Kurz und damals noch Heinz Christian Strache als Obmann jener FPÖ, die jetzt derart vom angeblichen Versagen Nehammers profitiert. (Erst jetzt kann dieser Vertrag vielleicht aufgelöst werden, weil Russland die Lieferung unterbrach.)

Im Internet kann man bei der deutschen „Zentrale für politische Bildung“ ein Schaubild abrufen, aus dem man die Abhängigkeit der EU-Staaten von russischem Gas bis 2020 ersehen kann -ich kann es hier zwar nicht wiedergeben, wohl aber beschreiben: Die größte, so gut wie hundertprozentige Abhängigkeit verzeichnen die Staaten des ehemalige Ostblocks, danach folgt mit 80 Prozent Österreich, das in diesem Schaubild leider nicht berücksichtigt ist, aber die Zahl ist unbestritten, dann folgt Deutschland mit 65 Prozent – die geringste Abhängigkeit weist Spanien auf, das damals null russisches Gas bezog. Exakt so verhielt es sich mit der Inflation: am Geringsten war sie in Spanien, am höchsten im ehemaligen Ostblock, und überdurchschnittlich hoch, der überdurchschnittlichen Abhängigkeit von russischem Gas entsprechend, war sie in Österreich, mit Abstand gefolgt von Deutschland. Man könnte die Schaubilder von Gas-Abhängigkeit und Inflation übereinanderlegen, und sie wären so gut wie deckungsgleich. Das Management der Inflation spielte dem gegenüber kaum eine Rolle und gelang Österreich im Detail sogar besser als Deutschland. So warf die FPÖ der Regierung vor, nicht wie Deutschland die Treibstoffsteuer zu senken, aber eben das kostete den deutschen Fiskus 3,5 Milliarden Euro, denn die relativ wenigen Tankstellenketten gaben nur einen Teil der Steuersenkung weiter und behielten den Rest für sich. Die Forderung der FPÖ war, wie meist, falsch.

Nicht nur die FPÖ sondern auch die SPÖ forderten bekanntlich auch dingend, die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel zu senken, wie Spanien das weise getan hätte. Die Regierung unterließ es angesichts der deutschen Treibstofferfahrung, weil man zweifelte, dass der Nahrungsmittelhandel, der in Österreich von nur drei Anbietern dominiert wird, die Ermäßigung weitergeben würde. In Spanien gab er sie weiter, weil dort zahlreiche Nahrungsmittelketten miteinander konkurrieren. Dass der so falsche und in der Folge so wahlentscheidende Vorwurf des schlechten Inflationsmanagements von der Regierung Nehammer nie bestritten wurde, indem man die gleichen Grafiken wie ich gegenüberstellt, ist mir ein Rätsel – oder richtiger: einer von mehreren Belegen dafür wie schlecht er sich ökonomisch beraten lässt. Nicht minder versagt hat die Wirtschaftsberichterstattung, die das  ebenfalls unterließ und Österreichs „überdurchschnittliche Inflation“ etwa im ORF stets vorwurfsvoll ins Treffen führte. Übrigens wäre es jetzt ebenso unseriös, kreidet ich vorangegangenen Regierungen die hohe Abhängigkeit von russischem Gas  als Kardinalfehler an: Österreich muss mit der VOEST einen der erfolgreichsten Stahlproduzenten mit Energie versorgen, und da war russisches Gas die preisgünstigste Möglichkeit. Die USA haben zwar stets vor der einseitigen Russland- Abhängigkeit gewarnt,  aber das schien nur ihrem Interesse zu entsprechen, ihr Fracking-Gas zu verkaufen.

Tatsächlich hat dieses Interesse einen gewissen Anteil daran, dass sich Russland und die OPEC 2020 noch vor dem Ukraine Krieg, aber von Wladimir Putin in dessen Vorbereitung auf jene massive Kürzung der Öl und Gasförderung einigten, die die Explosion des Öl/ Gas- Preises auslöset. Denn zuvor war es den USA immer gelungen, diesen Preis moderat zu halten, indem sie den Saudis drohten ihnen weniger Waffenhilfe zu leiste. Ab durch Fracking selbst zum weltgrößten Öl/Gasproduzenten geworden, war diese Drohung 2020  ersten nicht so energisch wie sonst ausgefallen weil man selbst vom höheren Preis profitierte und zweitens konnte Saudi-Machthaber Mohammed bin Salem drohen, sich Russland zu nähern. Jedenfalls war die damalige Preiserhöhung auch Auslöser der explodierenden Inflation in den USA, auch wenn später massive Lohnerhöhungen unter Donald Trump wie Joe Biden hinzutraten. Doch obwohl die Schuld daran Joe Biden nur höchst indirekt trifft, war diese Inflation zweifellos ein wesentlicher Grund dafür, dass die Demokraten die Wahl gegen Trump verloren, obwohl Biden mit seinen hohen Investitionen in den Klimaschutz und die US-Infrastruktur eine optimales Programm zur Stärkung der US-Wirtschaft in Gang gesetzt hatte ohne ihre Verschuldung so drastisch wie Trump zu erhöhen, denn dessen übertrieben Senkung der Körperschaftsteuer auf 21 Prozent hatte er auf 26 Prozent korrigiert. Die USA wären mit Biden bzw. Harris einer glänzenden wirtschaftlichen Zukunft entgegengegangen, ohne den Rechtsstaat zu gefährden. Aber die Wirtschaftsgeschichte kann leider sehr ungerecht sein – vor allem wenn das Wahlvolk sehr wenig von Wirtschaft versteht.

 

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Lehrt uns Trump Schulden zu machen?

Die von Donald Trump geplanten Zölle auf deutsche Luxuslimousinen werden uns nicht nur doppelt schmerzen, sondern könnten eine rundum neue Finanzpolitik der EU erzwingen.

Donald Trumps angedrohte Zölle auf Exporte lehren das Fürchten. Österreich, das sich wie Deutschland im zweiten Jahr einer Rezession befindet, träfen sie gleich doppelt, sind die USA doch unser zweitgrößter Handelspartner nach Deutschland, dessen größter Handelspartner sie sind. Es litten also nicht nur unsere direkten Exporte in die USA, sondern in dem Ausmaß, in dem Deutschlands Exporte von Luxuslimousinen in die USA litten, litten auch unsere Zulieferer mit.

Es ist nötig, sich trotzdem auch mit der Ursache der Rezession zu befassen: Wir danken sie jenen vorwiegend deutschen  Ökonomen, die die zögernde EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu einer harschen Zinserhöhung drängten, weil ihre lockere Geldpolitik angeblich der Inflation zu Grunde läge. Den Widerspruch, dass diese Geldpolitik bis zur Explosion des Gaspreises durch zehn Jahre fast von Deflation begleitet war, löste „Starökonom“ Hans Werner Sinn mit der Behauptung auf, dass die Inflation sich in dieser Zeit wie in einer Plastikflasche angestaut hätte, um nun „herauszupflatschen“. Dass man eigentlich nur eine Inflation, die, wie in den USA, auch extrem gestiegene Löhne zur Ursache hat, mit Zinserhöhungen bekämpft, um durch erhöht Arbeitslosigkeit Lohnerhöhungen zu verhindern, war diesen Ökonomen offenbar fremd – so fremd wie das Wissen, dass in der EU „Lohnzurückhaltung“ vorgeherrscht hat. Jedenfalls gab die überforderte Lagarde dem Drängen nach und bescherte uns damit die aktuelle Rezession. Man sollte vielleicht doch darüber nachdenken, wie man ökonomische Top-Jobs der EU besetzt: Lagarde war eine fähige Juristin, nicht aber, wie etwa Mario Draghi, jemand, der etwas von Geldpolitik versteht.

Damit zur Verschärfung der Rezession durch Trumps vermutliche Zölle. DerStandard zitiert mehrere Ökonomen, die meinen, diese protektionistische Abwehr von Importen würde die Preise in den USA steigern und damit die Inflation wieder anheizen; zugleich würde die geplante Massenabschiebung von Migranten  kritischen Arbeitskräftemangel bewirken. Letzteres ist möglich, nur scheint es mir begrenzt: beschäftigte Migranten wird man gegen den Widerstand der Unternehmen kaum abschieben; Künstliche Intelligenz wird viel menschliche Arbeit erübrigen; und die US- Geburtenrate ist hoch. Ersteres halte ich für viel komplexer: Wenn Zölle die Billig-Einfuhren aus China massiv reduzieren, wird das zwar Teile der keineswegs starken, oft veralteten, traditionellen US-Industrie schützen, dürfte die Inflation aber tatsächlich anheizen, weil sehr viele Alltagswaren teurer würden. Reduzieren Zölle hingegen Deutschlands Automobil- Exporte in die USA, so hilft das einer US-Automobil -Industrie, die- siehe Tesla – keineswegs schwach ist und sofort ihre Produktion steigern wird. Ich bezweifle, dass es die Inflation anheizt, wenn Amerikaner wieder mehr Cadillacs als Mercedes kaufen -hier dürfte „Protektionismus“ kaum selbstbeschädigend sein. Vor allem wenn man den Handel rundum aus dem Blickwinkel der USA betrachtet: Seit den späten 1990er Jahren verzeichnen sie nämlich ständig steigende Handelsbilanzdefizite von zuletzt durchschnittlich 1000 Milliarden Dollar. So lag lag ihr Defizit gegenüber China etwa 2022 bei 422 Milliarden Dollar und gegenüber der EU bei 219 Milliarden, wobei der Anteil Deutschlands daran mit 78 Milliarden Dollar der mit Abstand größte war. Ich weiß, dass Leser und Redaktion der Saldenmechanik überdrüssig sind, aber im Klartext heißt das: Die USA müssen sich ständig gewaltig verschulden, damit China gewaltig und Deutschland trotz Null-Defiziten passabel wachsen konnte. Schon Barack Obama bezweifelte, dass diese Einseitigkeit auf Dauer funktioniert und überlegte Zölle, Donald Trump drohte in seiner ersten Amtszeit an, sie in spürbarer Höhe zu beschließen und dürfte das jetzt tun. Das bremste Chinas Wirtschaftswunder ein und könnte Deutschland und die EU zwingen, die Schuldenbremse aufzugeben, wenn ihre Wirtschaft wachsen soll. Zugleich sicherten nur Lohnabschlüssen gemäß der Benya-Formel dieses Wachstum ab, denn sie hat den ökonomischen Sinn, die Kaufkraft der Bevölkerung so zu steigen, dass sie theoretisch in der Lage wäre, die von ihr produzierten Güter und Leistungen zu kaufen.

Das aber ist voran in Deutschland längst nicht mehr der Fall. Im Lauf von 25 Jahren „Lohnzurückhaltung“ hat sich die deutsche, österreichische, holländische und Schweizer Kaufkraft so vermindert, dass Deutschland zwingend mehr und mehr seiner Luxuslimousinen in die USA verkaufen musste, was dank niedriger Lohnkosten und damit günstiger Preise auch nicht schwer fiel – nur dass es US- Luxuslimousinen zwingend Marktanteile kosten musste. Weil Trump das nicht mehr akzeptieren will, wirft Deutschland ihm Protektionismus vor, während alle US-Präsidenten voran Deutschland seit 25 Jahren Dumping-Löhne vorwerfen könnten.

Ja, Trump dürfte Deutschland (und damit uns) harte Zeiten bescheren, denn die niedrigen Lohnkosten hatten noch eine zweite Wirkung: Sie ließen Produktivität und Innovation viel langsamer steigen, als höhere Löhne das erzwungen hätten – die versäumte Elektromobilität ist dafür das klassische Beispiel.

Ich bezweifle nicht, dass Trump derzeit katastrophale Minister bestellt, die Gefährlichkeit Wladimir Putins verkennt und demokratiepolitisch lebensgefährlich ist, aber ökonomisch hätte er aus US-Sicht mit Zöllen gegenüber Deutschland leider Recht.

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