Der einflussreiche Gewerkschafter Josef Muchitsch rät SP-Chef Andreas Babler zu einem „wirtschaftsfreundlicheren“ Profil:
Er möge nicht auf Vermögenssteuern beharren, die mit der ÖVP auf keinen Fall durchführbar wären. Richtig daran ist, dass man Verhandlungen nicht damit beginnen kann zu erklären, dass sie aussichtslos wären, wenn die ÖVP keine Vermögenssteuern akzeptiere, sonst passiert, was in Niederösterreich passiert ist: Johanna Mickl Leitner blieb nur die FPÖ als Partner, wenn sie eine regierungsfähige Mehrheit haben wollte.
Babler zu raten, dass er deshalb von der Forderung nach Vermögenssteuern abgehen soll, um sich „wirtschaftsfreundlicher“ zu zeigen, ist hingegen absurd: Höhere Vermögenssteuern im Abtausch gegen niedrigere Steuern auf Arbeit sind nach Ansicht jedes kompetenten Ökonomen denkbar wirtschaftsfreundlich und die entsprechende, im übrigen auch von der Gewerkschaft seit jeher vertretene Forderung hat bei Umfragen mittlerweile auch die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Dass die ÖVP dennoch dagegen ist, spricht entweder für ihre rasende ökonomische Inkompetenz oder dafür, dass sie sich von einigen superreichen Parteispendern kaufen ließ. Um es so einfach wie möglich zu erklären: Geld schafft Wohlstand, indem es arbeitet. Vermögen ist Geld, das, wenn es in Österreich etwa im Eigentum an riesigen Wäldern oder anderen Grundstücken besteht wie nicht zuletzt diverse eingebürgerte Milliardäre sie besitzen, durch lange Zeiträume überhaupt nicht arbeitet, sondern brachliegt und allenfalls Wohnungen verteuert, weil Grundstücke angesichts der niedrigen Grundsteuern immer nur zum Zeitpunkt ihres Höchstpreises verkauft werden.
Niedrigere Steuern auf Arbeit verbilligen hingegen jedes Produkt, erhöhen die Zahl der Beschäftigten und die Konkurrenzfähigkeit österreichischer Unternehmen. Deshalb gibt es keinen ökonomischen Think-Tank, der Österreich diesen Abtausch nicht empfiehlt. Gerade wenn die ÖVP die hohen Lohnnebenkosten ständig als wirtschaftsfeindlich brandmarkt, obwohl es sich voran um die Kosten einer Sozialversicherung handelt, müsste sie geradezu begeistert sein, die Abschaffung der Lohnnebenkosten durch eine Erhöhung der Vermögenssteuern gegen zu finanzieren.
Die aktuellen Granden der ÖVP sind möglicherweise ökonomisch so ahnungslos oder so gekauft, dass sie das alles nicht verstehen – aber dann muss Babler dennoch alles tun, der Öffentlichkeit diese rasende Ahnungslosigkeit der ÖVP- Granden vor Augen zuführen und bewusst zu machen. Auch der ORF könnte seinem Auftrag zur Volksbildung nachkommen, indem er die Steuer-Expertin des WIFO Margit Schratzenstaller zu diesem Thema interviewte.
5 Kommentare
Dumme Menschen sind in der Bevölkerung leider breit gestreut. Wir finden sie in der FPÖ als Kickl-afficionados, in der ÖVP als Vermögenssteuergegner und auch unter den SPÖ-Wählern und -Funktionären. *)
Unlängst erhielt ich vom SPÖ-Landesparteisekretär von Kärnten die Nachricht, dass Herr Kaiser ohnehin mit Herrn Babler telefoniere und dass er es mit dem Andi Babler „eh nur gut gemeint hat“ mit seinen Ratschlägen, die via Medien verbreitet wurden und mir Unbehagen bescherten – wegen der Dummheit mancher Funktionäre und Selbstdarsteller, die eigentlich wissen sollten, dass „gutgemeint“ einfach nicht dasselbe ist wie „gut“.
*)Die NEOS nehme ich nicht aus! Sie sind was Vermögenssteuern betrifft anderer, d.h. ÖVP-Meinung und leider manchmal etwas schwer von Begriff, die Grünen verstehen zwar das Konzept, haben aber leider ein anderes Problem: ihre Führungspersönlichkeiten und die heterogene Wählerschaft..
Sie haben leider so recht. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Hoffe ich zumindest…
ich lese die beiträge von hr. lingens seit jahrzehnten.
ich kann mich nicht erinnern, wo er jemals richtig falsch gelegen wäre.
Ich auch nicht. Lingens trifft es jedes Mal auf den Punkt.
Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Man kann Erbschafts- und Vermögenssteuern sicher so gestalten, dass sie für die Mehrheit verständlich und akzeptabel sind und nicht denjenigen zur Verzweiflung bringen, der gerade mal das Einfamilienhaus erbt, von dem er nichts abbeißen kann. Ein striktes Nein als heroisches Parteiprogramm zu verkaufen, ist einfach dumm, denn es gefällt nur den wenigen wirklich Reichen. Und das sind leider so wenige, dass man mit deren Stimmen keine Wahlen gewinnen kann. Damit ist auch gleich ein Teil der Analyse der kommenden Wahlniederlage der ÖVP im September vorweggenommen.