Wie die EU die Rezession maximiert

Die Sparauflagen der EU maximieren die Rezession. Das Exportland Österreich steht vor extrem schwierigen Jahren. Die FPÖ regieren zu lassen, ist eine Überlegung wert.

Langsam kommen auch „Institut für Wirtschaftsforschung“ (WIFO) und „Institut für höhere Studien“ (IHS) drauf:  Österreich befindet sich mit Deutschland in einer Rezession, in der es nicht zuletzt deshalb schlechte Karten hat, weil die Lohnstückkosten seiner Exportindustrie nach der letzten Lohnrunde zu den höchsten der EU zählen.

Das „Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche“ (WIIW), das seit Jahrzehnten die präzisesten ökonomischen Prognosen abgibt, teilt auch meine hier deponierten Sorgen bezüglich der Konsequenzen zusätzlichen Sparens des Staates, wie die EU es uns derzeit abverlangt: Es beeinträchtigte unser  Wirtschaftswachstum erheblich.

WIIW-Experte Philipp Heimberger sagt darüber hinaus auch klar, was die Logik der EU sagen müsste: Wenn sie alle ihre Mitglieder gleichzeitig zum Sparen vergattert, so kumulieren die negativen Effekte und ihre Wirtschaftsleistung muss sinken. Von dieser Ansicht Heimbergers ist es nur mehr ein kleiner Schritt zu dem hier im Juni zitierten, mit Zahlen belegten Urteil des Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stieglitz: “Europa spart sich kaputt“.

Folgt man den Berechnungen des Chefvolkswirts des Finanzhauses Namura, Richard Koo, so führt das, wenn man es fortsetzt, in die von ihm so benannte „Bilanzrezession“, wie sie Weltwirtschaftskrisen vorhergeht.

Ich führe das nicht an, um Sie zu erschrecken, sondern um vor Augen zu führen, dass nicht nur ich, sondern doch recht namhafte Ökonomen die Wirtschaftspolitik der EU-Kommission für gemeingefährlich halten, weil sie der von mir so oft strapazierten Saldenmechanik widerspricht: Wirtschaft kann nicht wachsen, wenn sich nicht irgendwer zusätzlich verschuldet; da Unternehmen das derzeit nicht tun, muss es der Staat sein, der auch genügend ihm zufallende Aufgaben hat: Er muss in den Klimaschutz investieren, Europas Verteidigungsfähigkeit gegenüber Russland stärken und die Leitungen ausbauen, die umfassende Digitalisierung erlauben, denn die ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Fortschritt bis hin zur künstlichen Intelligenz.

Der Österreich von der EU auferlegte Zwang, nicht nur 2,5, sondern, wie man jetzt weiß, über 3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einzusparen, um sich der wissenschaftlich nie seriös begründeten Staatsschuldenquote von 60 Prozent des BIP anzunähern, ist die  Krönung des diesbezüglichen Widersinns. Dass auch Italien, Frankreich, Belgien, Spanien oder Finnland mehr sparen sollen und dass alle anderen Staaten es schon bisher tun, maximiert (siehe oben) den negativen Effekt.

Gelingt es nicht, die EU-Kommission durch einen gemeinsamen Vorstoß der Betroffenen zur Besinnung zu bringen, so steht Österreich die schlimmste Rezession seit Jahrzehnten bevor. Ich frage mich daher, ob es nicht das Beste wäre, ihre Bewältigung einer Regierung aus FPÖ und ÖVP unter Volkskanzler Herbert Kickl zu überlassen, halten beide Parteien die Sparpolitik der EU doch für richtig und lehnen die einzige Möglichkeit, mehr Geld für Investitionen zu erhalten, indem man die vermögensbezogenen Steuern erhöhte, aufs Energischste ab. Verbunden mit der in der Vergangenheit erwiesenen besonderen Unfähigkeit ihrer Wirtschaftsakteure müsste diese Regierung innerhalb kürzester Zeit ökonomisch so krachend scheitern, dass die FPÖ vielleicht für ein paar Jahrzehnte wieder zur Kleinpartei schrumpfte. (Ganz würde man sie nie los, denn die Österreicher neigen faschistoidem Denken und Fühlen mehr als andere Völker zu.)

Was mich davon abhält, der SPÖ ausdrücklich die Fortsetzung ihrer Opposition zu empfehlen, ist zum einen, dass ich den Österreichern zumindest krachendes ökonomisches Scheitern doch lieber ersparte, zum anderen, dass ich mich sorge, dass es Kickl gelingen könnte, Österreich in seiner Regierungszeit Orbanistan anzunähern, auch wenn ihm die Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen fehlt.

Nicht zuletzt halte ich für nicht ganz ausgeschlossen, dass eine Koalition aus ÖVP und SPÖ es doch um eine Nuance besser als Kickl machte. Denn Karl Nehammer scheint den Widersinn staatlichen Sparens zumindest zu ahnen, hat er in den jüngsten, den Sparauflagen der EU folgenden Diskussionen, doch dafür plädiert, besser das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Allerdings brauchte es auch dafür staatliches Geld und die einzige Möglichkeit, es trotz Maastricht zu erhalten, bestünde darin, die vermögensbezogenen Steuern (nicht nur die Erbschaftssteuer) zu erhöhen und damit die Senkung der Steuern auf Arbeit zu finanzieren, denn damit verbesserte man jedenfalls die Wirtschaftsstruktur.

Beate Meinl-Reisinger, die das in einem luziden Intervall zu verstehen schien, ist davon leider wieder abgekommen und empfiehlt stattdessen die absurde Schuldenbremse (auch wenn der Staat natürlich sparsam wirtschaften soll.)

Hätte ich es ursprünglich für sinnvoll gehalten, eine türkis-rote Regierung um die NEOs zu erweitern, um ihre Stabilität zu erhöhen, so sehe ich darin keinen Vorteil mehr – nur mehr Streit.

Es muss jemandem – ich bleibe bei der WiFO -Steuer- Expertin Margit Schratzenstaller- gelingen, Karl Nehammer vom Vorteil vermögensbezogener Steuern in Relation zu Steuern auf Arbeit zu überzeugen, während Philipp Heimberger ihn weiter darin bestärken müsste, dass Sparen des Staates der falsche Weg ist.

Wenn das nicht gelingt, verstünde ich, wenn die SPÖ die Opposition dem Regieren vorzöge.

 

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Bewältigt Türkis-Rot die Rezession?

Die FPÖ passt zu Österreich. Karl Nehammer schließt eine Koalition mit ihr unverändert aus. Jede künftige Regierung wird größte Wirtschaftsprobleme überwinden müssen.

 FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz hatte recht, als er meinte, Österreich hätte soeben Geschichte geschrieben: Mit 29,2 Prozent der Stimmen ist die FPÖ die stärkste rechtsextreme Partei Europas. Für diesen dramatischen Sieg sehe ich folgende Ursachen:

  • Der Anteil der Bevölkerung, der für faschistoides Denken und die Anbiederung an Diktatoren á la Wladimir Putin anfällig ist und in allen Ländern um die 25 Prozent liegt, liegt in Österreich deutlich höher. Weder der einstige Erfolg Adolf Hitlers noch der aktuelle Erfolg der FPÖ sind zufällig.
  • Überall in Europa, aber für diese Österreicher ganz besonders, ist die Zuwanderung aus sehr fremden Kulturkreisen besonders schwer zu verkraften, zumal sie große reale Probleme aufwirft: Sie drückt auf die Löhne, verschärft den Kampf um Sozialleistungen und überfordert vor allem das öffentliche Schulwesen: Wer seine Kinder nicht in Privatschulen schicken kann, erlebt, dass sie eine immer schlechtere Ausbildung erhalten, weil in Wien oft die Mehrheit der Schüler nicht Deutsch zur Muttersprache hat. Alle diese Nachteile sind für die unteren sozialen Schichten, aus denen sich das Gros der FP-Wähler rekrutiert, besonders gravierend.
  • Die gleichen unteren Sozialschichten haben durch die unglückliche Wirtschaftspolitik der EU in den letzten fünfzehn Jahren beträchtliche Reallohnverluste erlitten und am meisten unter der Inflation gelitten,
  • Andreas Babler war ungeeignet, untere Sozialschichten (auch Nichtwähler) davon abzuhalten, die FPÖ vorzuziehen.

Da die ÖVP Karl Nehammer vorerst nicht in Frage stellt und er bekräftigt, dass er auf keinen Fall mit der FPÖ koalieren wird, spricht alles für Türkis-Rot, allenfalls verstärkt um die Neos, weil das die Regierungsmehrheit sehr viel stabiler machte und sie ihm wirtschaftspolitisch viel näher als die SPÖ steht. Denn welche Regierung immer wir bekommen, wird vor ökonomischen Problemen stehen, die so groß wie schon lange nicht sind: Österreich befindet sich wie sein wichtigster Handelspartner Deutschland in einer zähen systemischen Rezession. Ausgelöst wurde sie durch die EZB, die die hohen Teuerungsraten des Vorjahres rätselhafter Weise nicht auf die Preisexplosion bei Öl und Gas, sondern auf ihre lockere Geldpolitik zurückführte und mit harsch erhöhten Zinsen bekämpfte. Sie folgte damit der US-Notenbank FED bei der Bekämpfung der US-Inflation, nur dass die zwei zusätzliche Ursachen hatte: eine boomende Wirtschaft und extrem gestiegene Löhne. Was die FED tat, entsprach daher dem Lehrbuch: Die hohen Zinsen bremsten den Boom, erhöhten die Arbeitslosigkeit und erschwerten damit weitere Lohnerhöhungen. In der Eurozone, wo es weder hohe Löhne noch einen Boom gab, schwächten die hohen Zinsen die sowieso dürftige Konjunktur und bescherten Deutschland und Österreich die aktuelle Rezession. Innere Ursache für die ständig dürftige Konjunktur ist die deutsche Überzeugung, dass die Wirtschaft auch wachsen kann, wenn alle Beteiligten sparen. Dass Deutschlands Wirtschaft dennoch wuchs, lag daran, dass sie anderen Volkswirtschaften Marktanteile abjagte, indem sie dank inadäquater Löhne die preisgünstigsten Waren anbot. Doch das endete mit der immer dürftigeren Konjunktur des Euro- Raums und dem Schwächeln Chinas.

Dass sich deutsche Waren so lange so gut verkauften, ohne an Qualität gewonnen zu haben, hatte aber eine weitere Folge: Die verfettete deutsche Autoindustrie verschlief den Übergang zur E-Mobilität und befindet sich in einer existenziellen Krise. Österreich, als ihr wichtigster Zulieferer leidet zwangsläufig mit und tut sich dabei insofern besonders schwer, als auch der ÖGB die Teuerung missverstand und Lohnerhöhungen im Ausmaß der Inflation forderte: Mit 9 Prozent höheren Löhnen liegen unsere Lohnstückkosten derzeit um 7,1 Prozent über dem Durchschnitt der EU, während die deutschen 4 Prozent darunter liegen.

Das wird wirtschaftliche Erfolge unter Türkis-Rot- (Pink) in absehbarer Zeit extrem erschweren, zumal die EU nicht von “Austerity” abgeht, sondern derzeit fordert, dass wir zusätzliche 2,5 Milliarden im Jahr einsparen. Sollte die kommende Regierung unter diesen Voraussetzungen weiter Wohlstandseinbußen mit sich bringen, haben wir in fünf Jahren eine absolute Mehrheit der FPÖ.

Die größte Schwäche der wahrscheinlichen Regierung wäre zweifellos ihre ökonomische Inkongruenz: Beate Meinl Reisinger plädiert trotz des fatalen deutschen Beispiels dafür, die Schuldenbremse anzuziehen; Karl Nehammer hofft auf Wachstum, ohne zu wissen woher; Andreas Babler denkt zwar in die richtige Richtung – höhere vermögensbezogenen Steuern machten Gelder frei – aber er will sie für alles mögliche ausgeben, statt für die Senkung der Steuern auf Arbeit. Nehammer lehnt vermögensbezogene Steuern (wie übrigens Herbert Kickl) grundsätzlich ab, Meinl Reisinger, die ihnen einen Moment lang offen gegenüberzustehen schien, wenn sie der Senkung der Steuern auf Arbeit dienten, ist davon wieder abgekommen.

Kann das Wissen, dass diese Regierung zum Erfolg verdammt ist, solche Differenzen überwinden? Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ein vorurteilsloses Gespräch mit der Steuerexpertin des WIFO Margit Schratzenstaller das vermag: Niedrigere Steuern auf Arbeit, die durch höhere vermögensbezogene Steuern gegenfinanziert würden, stellten eine echte Verbesserung der Struktur der Wirtschaft dar, die die Menschen in der Brieftasche spürten.

 

 

 

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ÖVP wählen verhindert Kickl am ehesten (so schwer es mir fällt):

Ich halte Hebert Kickls Kanzlerschaft (wenig überraschend) insofern für eine substantielle Gefahr, als es ihm in fünf Jahren gelingen könnt, Österreich so umzubauen, wie es sein Vorbild Viktor Orban mit Ungarn getan hat. Erstmals ziehe ich damit in Erwägung, taktisch zu wählen:

  • Karl Nehemammer, so bin ich überzeugt, wird tatsächlich nicht Steigbügelhalter für Kickl spielen, sondern bei seinem Versprechen bleiben, nicht mit der Kickl-FPÖ zu koalieren.
  • Schneidet er bei der Wahl allerdings schlecht ab, wird die ÖVP im schlimmsten Fall nur Nummer drei hinter Andreas Babler, so wird er als Obmann abgelöst und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich die Industriellenvereinigung mit ihrem Wunsch nach einer blau-türkisen Regierung durchsetzt, denn die hat ihr finanziell Gewaltiges zu bieten. Natürlich die Senkung der Körperschaftssteuer, aber darüber hinaus Steuerfreiheit für nicht entnommene Gewinne. Dass das dazu führt, dass die dann an der Börse veranlagt, statt ins Unternehmen investiert werden, wird von den Wählern so wenig bedacht, wie dass die drastische Senkung der Körperschaftssteuer in den letzten zwanzig Jahren mit ständig sinkenden Unternehmensinvestitionen einherging.
  • Je besser Nehammer dagegen abschneidet, desto sicherer ist sein Verbleib an der Spitze der ÖVP und desto weniger kommt seine Ablöse und damit eine blau-türkise Koalition in Frage. Ich halte daher für möglich, für die ÖVP zu stimmen, obwohl ich auch ihren wirtschaftspolitischen Kurs ablehne. Denn natürlich wäre es höchst sinnvoll. die vermögensbezogenen Steuern zu erhöhen, um die Steuern auf Arbeit zu senken (was Babler übrigens leider nie fordert.)
  • Man kann einwenden, dass auch Johanna Mikl -Leitner versprochen hatte, nicht mit der FPÖ zu koalieren und es dann doch getan hat. Aber a) ist ein Bundesland etwas anderes als der Staat; b) hat sich Mikl-Leitner nie im Ausmaß Nehammers festgelegt und c) hat sich ihr potentieller SP-Partner besonders blöd benommen, indem er erklärte, eher würde er sich die Hand abhacken als von seinen Forderungen zu lassen.
  • Garantieren, dass Nehammer nicht dennoch umfällt oder sich wegloben lässt, kann ich trotzdem nicht, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Und selbst wenn es zur blau-türkisen Koalition kommt, ist es ein Vorteil, wenn die ÖVP dort wenigstens ein relativ starker Widerpart ist.
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Wie kann der Staat sparsamer sein?

Indem Brüssel fordert, zusätzliche Milliarden einzusparen, vertieft es die Rezession. Aber man kann Geld sparsamer einsetzen. Der Föderalismus ist das größte Hindernis.

 Wer immer Österreichs nächstes Budget erstellt, tut mir leid: folgt er Brüssels Vorgabe, jährlich zusätzliche 2,5 Milliarden Euro einzusparen, vertieft er die Rezession – folgt er ihr nicht, zahlen wir Strafe. Dazu vorweg eine Klarstellung: So sicher ich bin, dass Sparen des Staates Wirtschaftswachstum kostet, so sehr soll der Staat “sparsam” wirtschaften. Es stimmt, dass ihm das oft schwerer als privaten Investoren fällt. Im schlimmsten mir bekannten Fall, beim Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, betrugen die Kosten dank Korruption und zughörigen Abwicklungsfehlern mit 45 Milliarden Schilling (3,27 Milliarden Euro) das Sechsfache eines vergleichbaren Klinikums in Aachen. Allerdings hat Österreichs Wirtschaft selbst in diesem Fall keine 2,33 Milliarden Euro verloren, denn der Großteil des Geldes blieb dank der überhöhten Gewinne der beteiligten Firmen im Land und wurde von ihnen (hoffentlich sparsamer) reinvestiert: vom Staat ausgegebenes Geld kommt dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) selbst im schlimmsten Fall zugute. Staatsausgaben streng zu kontrollieren und die Abwicklung von Projekten durch den Staat tunlichst zu vermeiden, ist also höchst sinnvoll – große Staatsausgaben grundsätzlich abzulehnen, ist es nicht: Österreich schrieb in der Ära des für den Bau des AKH Hauptverantwortlichen Finanzministers Hannes Androsch ständig Budgetdefizite, doch Österreichs Wohlstand wuchs wie nie.

Das alles ist für Österreichs künftigen Finanzminister freilich irrelevant. Da wir EU-Mitglied sind, hat er Brüssels Sparvorgabe zu erfüllen. Es bleibt ihm also nur der von Karl Nehammer empfohlene Weg, Budgetposten für Budgetposten in Frage zu stellen.  Der Aufschrei derer, denen etwas weggenommen wird, wird freilich gewaltig sein, denn “Förderungen”, wie sie voran zur Diskussion stehen, sind selten sinnlos und weniger Fördergeld wird dem BIP auf jeden Fall fehlen. Um zwei große Spar-Kandidaten zu analysieren: Natürlich ist die Förderung des Klimaschutzes durch Wärmepumpen und den Umstieg auf E-Autos teuer; es war vielleicht falsch, die Förderung von Firmenautos zu beenden, während sie für reiche Tesla-Käufer vielleicht überflüssig war. Aber Förderung erfolgreich zu differenzieren ist extrem schwierig und die finanziell wichtigere Frage lautet: Schafft unsere Wirtschaft ein BIP, das uns die rasche Reduktion des CO2 Ausstoßes gestattet? Ähnlich teuer sind hohe Beamtenpensionen und absurde Pensionsverträge für Mitglieder der Nationalbank – aber es sind Verträge und wenn die Senkung gewisser Pensionen die Kaufkraft senkt, senkt das auch das BIP. Klar ist einzig: Die Pensionspolitik muss berücksichtigen, wie sehr die Lebenserwartung gestiegen ist. Ansonsten sind Eingriffe ins Pensionssystem einmal mehr extrem schwierig und am wichtigsten ist abermals: Schafft die Generation, die die Pensionen der vorangegangenen Generation finanzieren soll ein BIP, das ihr das ermöglicht?

Die Regierung sollte daher meines Erachtens lieber prüfen, was die größten “einheimischen” Hindernisse für Wirtschaftswachstum sind. Die ÖVP wird sofort auf zu hohe Unternehmenssteuern verweisen, aber deren gewaltige Reduktion in den letzten zwanzig Jahren geht mit einem denkbar niedrigen Investitionsniveau einher. Ebenso umstritten ist, ob die Abschaffung der Lohnnebenkosten der Wirtschaft wirklich hilft, denn gleichzeitig kann sie Kaufkraft kosten und jedenfalls schafft sie ein Loch im Budget.

Mit Sicherheit nutzen würde uns hingegen, interne Hindernisse für die sparsame Allokation von Mitteln zu beseitigen und das größte davon ist überbordender Föderalismus in einem Land von der Größe Bayerns. Statt Großspitäler so zu errichten, dass sie ein maximales Einzugsgebiet versorgen, baute jedes Bundesland sein eigenes, selbst wenn es dem des Nachbarbundeslandes benachbart ist. Einige Bundesländer kennen kaum befahrene Autobahnen, weil ihre Landesfürsten sie durchzusetzen vermochten. Das Wiener U-Bahn Netz wird nicht auf nahe Ortschaften im schwarzen Niederösterreich erweitert. Die Gesundheitspolitik wird durch die Unterscheidung in Bundes- und Landeskompetenzen unendlich erschwert- bis heute hat Österreich bei einer Pandemie keine Übersicht über die jeweiligen Betten-Kapazitäten.

Am hinderlichsten sind neun verschiedene Vorschriften: Ich hatte einmal eine Firma für Heizungstechnik, deren Lizenzgeber ein großes steirisches Unternehmen war; dabei stieß ich in Wien immer wieder auf Großaufträge, die ich dem Steirer vermitteln wollte, doch deren Geschäftsführer winkte ab: “Um den Vorschriften in Wien zu genügen, müsste ich meine Leute eigens umschulen – ich bin in Wien nicht konkurrenzfähig.”  Dennoch gibt es neun verschiedene Bauordnungen; neun Naturschutzgesetze, neun Katastrophenschutzgesetze – in einigen Bundesländern werden Unwetterschäden jetzt zu 20, in andren zu 100 Prozent ersetzt; wer seine Öl-Heizung in Niederösterreich gegen Wärmepumpen tauscht wird weniger als in Wien gefördert. Selbst der Jugendschutz unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Alles was nicht ausdrücklich dem Bund vorbehalten ist, obliegt dem Land und um vielfach absurde Unterschiede zu zelebrieren finanzieren wir neun Landesregierungen. Die heilige Kuh des Föderalismus zu schlachten, wäre zweifellos am billigsten, ist aber undenkbar. Doch eine Partei, die es wagte, sie zumindest abzumagern, erhöhte ihre Chancen meines Erachtens erheblich.

 

 

 

 

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Rettet Draghi nach dem Euro auch die EU?

Mario Draghi glaubt zu wissen, wie die EU die USA einholen kann: indem sie pro Jahr 750 Milliarden Euro mehr investiert, Innovation fördert und Bürokratie abbaut.

Ursula von der Leyen will in ihrer zweiten Amtszeit bekanntlich die Wirtschaft der EU stärken. Zu diesem Zweck hat sie den ehemaligen Chef der EZB, Mario Draghi, beauftragt, ihre Schwächen zu orten und zu empfehlen, was man besser machen könnte. Einen qualifizierteren Ratgeber hätte sie kaum finden können: Schließlich war es Draghi, der den Euro rettete, indem er, als während der Griechenland-Krise gegen ihn spekuliert wurde, gegen Deutschlands Einwände erklärte, ihn mit allen Mitteln, also auch denen Deutschlands, zu verteidigen. Erst danach hat der EuGH festgestellt, dass die gemeinsame Haftung zum Wesen einer gemeinsamen Währung gehört. In der Folge war Draghi der einzige Staatschef Italiens, der dessen  Wirtschaftsdaten zu verbessern vermochte.

Das Urteil des Draghi- Reports über den Zustand der EU wird Leser meiner Kommentare kaum erstaunen: Sie weise seit 2000 ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum als die USA auf; ist die Produktivität der EU ursprünglich im Gleichschritt mit der der USA gewachsen, so wuchs sie in den letzten 20 Jahren um 20 Prozent weniger. Entsprechend weniger ist der Wohlstand der EU gewachsen: Das real verfügbare Einkommen pro Kopf stieg seit 2000 nur halb so stark wie in den USA. Das lag voran daran, dass die EU die digitale Revolution verschlafen hat.Während die US-Industrie sich auf IT und Digitalisierung konzentrierten, blieb mit der nun von China bedrängten Auto-Industrie eine traditionelle Fertigung stärkste Industrie der EU. Nur 4 von 50 führenden Technologie- Unternehmen kommen aus der EU.

Als Ursache dieses Rückstands ortet Draghi viele altbekannte Schwächen der EU: Der Zwang zur Einstimmigkeit erschwert Entscheidungen unendlich und müsse durch Mehrheitsvoten ersetzt werden. (Zu den Hauptbefürwortern der Einstimmigkeit zählt Österreich und dort voran die FPÖ, weil Österreich sonst „überfahren“ würde.) Die EU dulde unverändert fraktionierte Kapitalmärkte und 27 verschiedene Steuersysteme samt Steuer- Oasen. Indem sie die  Subsidiarität vernachlässige, fördere sie die Bürokratie, schreibe zu viel vor, statt sich auf zentrale Anliegen zu konzentrieren. Es bedürfe einer eigenen Behörde, Bürokratie abzubauen. Schließlich sei absurd, dass diese riesige starke Volkswirtschaft ihre militärische Verteidigung bis zum Ukrainekrieg vernachlässigt hätte, und natürlich brauche es eine eigene starke Rüstungsindustrie.

Danach geht Draghi sehr detailliert jedem einzelnen Schwachpunkt nach. So sei etwa Energie in der EU ungleich teurer als in den USA. Das liegt freilich (was er nicht erwähnt) auch daran, dass die EU die anfänglich mit Fracking verbundenen gewaltigen Umweltschäden scheute. Allerdings hat sie auch viel weniger getan, um Energie- Oligopole zu verhindern und den Wettbewerb zu befördern. Umso wichtiger sei es für sie, alternative Energiequellen zu erschließen und sie hätte dabei auch beträchtliche Fortschritte gemacht. Allerdings sei es ihr nicht gelungen, die entsprechenden Innovationen erfolgreich durch die Entstehung großer Unternehmen zu vermarkten. Das läge voran daran, dass stets viel zu wenig Geld in entsprechende Projekte fließe. Es gäbe zu wenig private Investoren und Aktionäre; die Banken wären durch zu restriktive „Basel“- Abkommen in der Vergabe von Krediten behindert, statt dass sie endlich durch die Vollendung der Banken- Union abgesichert würden. Insbesondere brauche es Venture Capital für Start- ups, für die es auch eine einfache, billige Rechtsform geben sollte. Ferner sei eine zweite Säule der Pension in Gestalt von Aktien (der ich persönlich mit großer Vorsicht gegenüberstehe) in den USA in Gestalt von Pensions- Fonds sinnvoll, die große Kredite geben könnten. Mit solchen Geldern wäre es beispielsweise möglich, dank Innovationen in der Batterietechnik, die es in der EU durchaus gäbe, erfolgreiche Großunternehmen zu schaffen. Nicht zuletzt sei Bildung von überragender Bedeutung. Dass die EU so viel weniger exzellente Universitäten als die USA besäße, erweise sich als Nachteil.

Damit zu Draghis zentraler Forderung: Um ihre Ziele zu erreichen brauche die EU jedes Jahr zusätzliche Investitionen von mindestens 750 Milliarden Euro, die 4,4 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts entsprächen. Ihre Investitionen würden sich damit insgesamt von 22 auf 27 Prozent  des BIP erhöhen. Die EU könne dieses nötige höhere Investment nur erreichen, indem sie sowohl das Investment durch Private und Banken stärke als auch entsprechende gemeinsame Kredite aufnähme.

Was derzeit in der EU geschieht, widerspricht diesen Empfehlungen freilich diametral: Die EU verhängt Strafen gegen Staaten, die einen höheren Prozentsatz ihres BIP investieren und so wie sich Deutschland schon seinerzeit Eurobonds widersetzt hat, hat Finanzminister Christian Lindner sofort energische Einwände gegen Draghis Empfehlung gemeinsamer Schulden erhoben.

Er bleibt eisern bei der Staatsschuldenbremse, obwohl Deutschlands Züge mittlerweile nur mehr zufällig den Fahrplan einhalten und nicht gewartete Brücken einbrechen. Die Neue Zürcher Zeitung, das Parteiorgan der Schweizer freien Demokraten und Zentralorgan des Neoliberalismus, sieht in Draghis Pläne prompt bereits den Weg  hin zu sozialistischer Staatswirtschaft.Der von ihm empfohlene Mittelweg, den Markt zu achtet und dennoch seitens des Staates Schwerpunkte zu setzen ist für Ideologen offenbar nicht gangbar.  

 

 

 

 

 

 

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Hure für die Reichen

Der Chef der Industrie-nahen Agenda Austria Franz Schellhorn hat in einer Diskussion mit der Chefin des ÖGB-nahen Momentum-Instituts Barbara Blaha über Andreas Bablers Erbschaftsteuer gemeint, die anderthalb Milliarden, die man daraus vielleicht erziele, könne man vergessen, denn sie wären doch ein völlig unzureichender Betrag.

Ähnlich äußerte sich der Chef des Instituts für höhere Studien IHS, Holger Bonin, der meint der Freibetrag könne nicht bei anderthalb Millionen Euro sondern müsse deutlich darunter liegen. Beide haben insofern recht, als die Erbschaftssteuer in ihrer auch vom ÖGB erwogenen Ausgestaltung sicher nicht die Beträge einbrächte, die Babler für eine Unzahl von Wohltaten ausgeben will – aber anderthalb Milliarden derart zu verachten scheint mir bei Ökonomen trotzdem etwas befremdlich.

Wesentlich war eine Tafel, die Babler im Zuge seiner Auseinandersetzung um dieses Thema viel zu kurz im Fernsehen zeigte: Nur in zwei Staaten, der Slowakei und Mexiko sind Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern geringer als in Österreich, wo sie bei nur 0,6 Prozent des BIP liegen, während es im Schnitt der OECD 2,5 Prozent sind. Würden sie auf dieses Niveau angehoben, so nähme der Staat um die sieben Milliarden mehr ein um die man – und auch das ist wesentlich- die Steuern auf Arbeit senken könnte. Vor der Erbschaftsteuer, die man tatsächlich nicht mit einer Freigrenze von anderthalb Millionen ausstatten muss, um das berühmte Enkerl zu schonen, dem die Oma ihre Wohnung vermacht, ist fast überall die Grundsteuer die wichtigste der vermögensbezogenen Steuern, während bei uns diesbezüglich jene lächerlichen Einheitswerte gelten, die den Verfassungsgerichtshof veranlassten, die Erbschaftsteuer aufzuheben, weil jemand, der ein Grundstück im Wert von einer Million Euro erbte eine ungleich geringere Steuer bezahlte, als jemand der eine Million in bar erbte. Der VfGH trug der rot-schwarzen Regierung auf, das zu reparieren, nicht aber die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Doch die ÖVP war nicht bereit, diese Reparatur innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist mit zu beschließen und so blieb es bei den lächerlichen Einheitswerten und war die Erbschaftsteuer gestorben. Wie schrieb doch der abgesetzte Ex-Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid angesichts der Steuersache Siegfried Wolf  einem Mitarbeiter: “Vergiss nicht. Du hackelst im ÖVP-Kabinett. Du bist die Hure für die Reichen“. Charakteristischer Weise will auch der angebliche “Volkskanzler”  Herbert Kickl keine Erbschaftssteuer und das Volk ist schlicht genug, der FPÖ demnächst die Mehrheit zu verschaffen.

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Die hilflosen Programme unserer Parteien

Die Spar-Vorschriften der EU schließen gutes Wirtschaften aus. Es ist daher fast egal, wie die Wirtschaftsprogramme der Parteien beschaffen sind- es gibt nur Abstufungen.

 Ursula von der Leyen, die sich für ihre kommende Amtszeit vor allem vorgenommen hat, die Wirtschaft der EU zu stärken, tut mit deutscher Gründlichkeit das Gegenteil: Indem die EU- Kommission ihre stärksten Volkswirtschaften (von Österreich über Italien und Frankreich bis Deutschland) mit Strafe bedroht, sofern die öffentliche Hand (der Staat) nicht spart, vertieft sie die aktuelle Rezession, die die EZB ausgelöst hat, indem sie nicht verstand, dass die Teuerung durch verknapptes Erdgas etwas völlig anderes ist, als eine durch überhöhte Löhne beschleunigte Inflation. Ich berufe mich auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz, indem ich, so sehr Sie dessen überdrüssig sein mögen, wiederhole, dass die Wirtschaftspolitik der EU der Mathematik widerspricht: Wirtschaftswachstum bedeutet, dass Unternehmen mehr (oder Wertvolleres) verkaufen; das ist nur möglich, wenn andere mehr  einkaufen; die Konsumenten tun das in Krisenzeiten nicht, sondern sparen lieber; kauft der Staat ebenfalls weniger ein, weil auch er spart (zum Sparen gezwungen ist) wären Unternehmen schwachsinnig, wenn sie ihre Anlagen dennoch erweiterten, um mehr zu produzieren, denn sie fänden keine Käufer. Allfällige Mehreinkäufe durch Staaten, Unternehmen und Konsumenten außerhalb der EU machen dieses Manko nicht wett. Deshalb wächst die Wirtschaft der sparenden EU seit 24 Jahren so ungleich weniger als die der USA, die keine entsprechende Spar-Vorschrift kennt. Obwohl die Republikaner, aber auch viele Demokraten aus ideologischen Gründen auch dafür wären, dass der Staat seine Leistungen kürzt, geschieht das nicht, weil beide Seiten immer ein hohes Militärbudget akzeptieren, das via Zulieferunternehmen ein gewisses Wirtschaftswachstum sicherstellt, während die strikte Leugnung der wirtschaftlichen Logik in der EU beziehungsweise der Eurozone  in die aktuelle Rezession gemündet ist.

Kein Programm spart ein

Vor diesem tristen Hintergrund sind die Wirtschaftsprogramme zu beurteilen, mit denen Österreichs Parteien in den Wahlkampf ziehen: Es ist ziemlich egal, was sie vorschlagen, denn sie können es unter der Aufsicht der EU nicht einhalten. Der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, der, anders als Stieglitz, offenbar nichts an den wirtschaftlichen Grundsätzen der EU auszusetzen hat, hat sehr klar erläutert, warum das so ist: Österreich muss, um den Vorschriften der EU-Kommission zu genügen, 2,5 Milliarden Euro im Jahr einzusparen, und das schließt Steuersenkungen oder gar zusätzliche Leistungen aus. Wenn die ÖVP in ihrem Wirtschaftsprogramm meint, man käme ohne Einsparungen aus, indem man die Körperschaftssteuer und die Lohnnebenkosten senkt, weil das die Wirtschaft ankurbelt, so ist das für Badelt wie für mich blanke Illusion. (Die Gesellschaftssteuern wurden mit der Begründung, dadurch die Investitionen zu befördern, bereits halbiert und diese sind dennoch so niedrig wie nie, weil Investitionsentscheidungen der Unternehmen in erster Linie davon abhängen, ob sie in Zukunft bessere Geschäfte erwarten.) Die von der ÖVP gleichfalls geforderte Senkung der Lohnnebenkosten ist für Badelt wie mich ein Nullsummenspiel, weil dann eben der Familienlastenausgleich und die Sozialversicherung Zuschüsse aus dem Budget erhalten müssten. Völlig ausgeschlossen ist unter den gegebenen Umständen die von allen Parteien angestrebte Senkung der Lohnsteuern, denn sie erhöhte das staatliche Defizit dramatisch, statt es zu vermindern.

Aus den gleichen Gründen wie das Wirtschaftsprogramm der ÖVP, ist für Badelt wie für mich auch Wirtschaftsprogramm der Neos blanke Illusion, das dem der ÖVP weitgehend gleicht. Einig sind sich beide Parteien auch in der massiven Ablehnung  vermögensbezogener Steuern, wie der Erbschafts- oder der Grundsteuer, obwohl uns die Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts oder der OECD beides seit Jahren dringend empfehlen, weil sie dazu beitrügen, die Steuern auf Arbeit zu senken. Dass auch Beate Meinl-Reisinger das nicht versteht,  hatte ich bisher für unwahrscheinlich gehalten.

Restlos absurd ist erwartungsgemäß das Wirtschaftsprogramm der FPÖ: Auch sie, die angeblich den kleinen Mann vertritt, lehnt vermögensbezogene Steuern aufs Energischste ab und verspricht dennoch eine unmögliche Lohnsteuersenkung. Die notwendigen Einsparungen will sie erzielen, indem man Migranten keine Mindestsicherung mehr ausbezahlt, obwohl das erstens EU-rechtswidrig wäre und zweitens nur einen Millionenbetrag einbrächte. Die Grünen drücken sich um dumme konkrete Aussagen und verweisen nur darauf, dass ökologische Maßnahmen Arbeit schaffen, wobei sie darauf vergessen, dass sie auch Geld kosten.

Nur Babler hätte Chancen

Das einzige Wirtschaftsprogramm, das den Ansprüchen der EU theoretisch genügen könnte, ist das der SPÖ unter Andreas Babler: Indem er die Erbschaftssteuer und die Gesellschaftssteuer erhöhte, erzielte er Mehreinnahmen, die noch höher sein könnten, wenn er auch eine adäquate Grundsteuer forderte. Nur will Babler diese Mehreinnahmen nicht nutzen, um das Budget zu sanieren, sondern um daraus weitere Sozialausgaben zu bestreiten, so dass ihm Parteikollegin Doris Bures bekanntlich mangelnde Ernsthaftigkeit vorgeworfen hat. Wenn man die wirtschaftlichen Grundsätze der EU mit Christoph Badelt für richtig hält, bleibt Österreich in den kommenden Jahren in der Tat nichts anderes übrig als unter Schmerzen die genannten 2,5 Milliarden pro Jahr einzusparen. Nur dass das zu einer immer massiveren Rezession führen wird: Man kann Wirtschaftspolitik nicht gegen Mathematik und Logik betreiben.

 

 

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Der zunehmend entmachtete Wähler

In den USA hat das Große Geld gewaltigen Einfluss darauf, wer Präsident wird. In Europa weiß der Wähler zunehmend seltener, welcher Koalition er zur Regierung verhilft.

Wenn US-Kommentatoren begründen, warum Kamala Harris gute Chancen hat, Donald Trump zu schlagen, führen sie an erster Stelle an, wie viele Spenden-Millionen  sie in kurzer Zeit zu mobilisieren vermochte. Auch mich freut ihre gute finanzielle Lage im konkreten Fall – nur dass es eigentlich gespenstisch ist, dass die Wahl zum US-Präsidenten offenbar stark davon abhängt, wie viel Geld ein Kandidat zur Verfügung hat. Es wäre nicht ganz so problematisch, wenn durchwegs der die meiste Spenden einnähme, der sich eben von vornherein der größeren Beliebtheit erfreut, denn ein einzelner Sympathisant darf ihm maximal dreitausend Dollar spenden. Nur tun sich Kandidaten, die voran die weiße Oberschicht ansprechen, dabei sehr viel leichter als Kandidaten, die stark auf Farbige und Latinos angewiesen sind. Soeben wurde die mögliche Höhe der Spende zudem erhöht: Ein republikanischer Spender aus Alabama klagte gegen die Begrenzung der Spenden auf eine Person, weil das der Meinungsfreiheit widerspreche und der Supreme Court gab ihm mit 5 Stimmen republikanischer Höchstrichter gegen 4 Stimmen demokratischer Höchstrichter recht. Seither kann man die dreitausend  Dollar mehreren Kandidaten, vor allem aber zusätzlich der Partei des bevorzugten Kandidaten spenden.

Der angebliche Schutz der Meinungsfreiheit spielt aber eine für die US-Demokratie noch viel verheerendere Rolle:  2010 entschied der Supreme Court, dass Meinungsfreiheit nur gewährleistet sei, wenn  auch Unternehmen, Gewerkschaften oder andere Lobbys Geld dafür einsammeln und ausgeben dürfen, bestimmte politische Inhalte zu propagieren und Kandidaten zu unterstützen. Damit war die Möglichkeit geschaffen, den Wahlkampf mit Hilfe sogenannter “PACs” (Political action commitee)oder “Super-PACs” zu gewinnen. Der Hauptunterschied  besteht darin, dass ein PAC sein Geld direkt an Kandidaten und Parteien vergeben kann, beim Einsammeln aber massiven Beschränkungen unterliegt. Super-PACs hingegen sind zwar verpflichtet, ihr Geld nicht in Hinblick auf eine bestimmte Partei oder einem bestimmten Kandidaten, sondern “unabhängig” für ihre politischen Anliegen zu verwenden, unterliegen beim Einsammeln des Geldes aber keinerlei Beschränkung. Dass sie nachträglich bekannt geben müssen, wer ihnen wie viel gespendet hat, schafft zwar eine gewisse Transparenz, mindert ihre Problematik aber kaum: Mit den gewaltigen Summen, die Superpacs einsammeln können, ist ihr Einfluss auf die Politik zwangsläufig gewaltig. Ein Unternehmen Elon Musks darf Donald Trump zwar kein Geld überweisen, wohl aber dem Super-PAC MAGA Inc. 40 Millionen Dollar, denn warum soll es nicht dessen unabhängiges Interesse sein, to Make Amerika Great Again. Dazu interviewte Musk Trump drei Sunden auf X (vormals Twitter), ohne dass es als Spende gilt.

Die zitierte Entscheidung des Supreme Court von 2010 gilt nicht nur für die Wahl des Präsidenten, sondern auch jedes einzelnen Gouverneurs, Senators oder sonstigen Mandatar und sorgt damit zwangsläufig für einen gewaltigen Einfluss des großen Geldes auf die Politik – bösartig könnte man sagen: In den USA lassen sich politische Entscheidungen kaufen. Man kann sich nur damit trösten, dass Kandidaten der Demokraten nicht zwingend weniger Pacs und Superpacs als Kandidaten der Republikaner an ihrer Seite haben. So hatte die Demokratin Hillary Clinton zum Beispiel ein größeres Wahlkampfbudget als Donald Trump und unterlag ihm dennoch. Denn ein Wahlsystem, bei dem bestimmte Staaten viel mehr “Wahlmänner” pro Einwohnerschaft haben und bei dem in machen Staaten alle Wahlmänner dem Kandidaten gehören, der dort gesiegt hat (The Winner Takes It All), selbst wenn dieser Sieg ein ganz knapper war, machte möglich, dass Hillary Clinton die Wahl auch verlieren konnte, obwohl sie insgesamt fünf Millionen Stimmen mehr als Trump bekommen hatte.

Europas Wahlsysteme sind dem der USA also sowohl rein technisch weit überlegen als auch ungleich weniger dem großen Geld ausgeliefert, obwohl es natürlich auch in Österreich von Bedeutung ist, wenn Millionäre wie die Brüder Fellner oder Christoph und Eva Dichand  mit den größten Zeitungen Meinung machen. Trotzdem lehrt der Vergleich mit den USA hoffentlich, unser System der hohen staatlichen Parteienfinanzierung, der Spenden- und Wahlkampfkosten Obergrenzen zu schätzen, statt es zu kritisieren. Bei uns und in vielen anderen Ländern Europas schränkt ein ganz anderes Problem die Durchsetzung des Wählerwillens zunehmend ein: Indem es zunehmend weniger Länder mit zwei extrem großen Parteien gibt, hängt die tatsächliche Regierung zunehmend von Koalitionen ab. Und da Parteien nicht gezwungen sind, vorher bekanntzugeben, mit wem sie koalieren, hat der Wähler immer weniger Einfluss, zu welcher Regierung es kommt. Dass es in Deutschland zur eher links dominierten Regierung aus SPD, Grünen und FDP statt zur rechts dominierten aus CDU/CSU, FDP und Grünen gekommen ist, entschied nicht der Wähler, sondern Christian Lindner als FDP-Chef. Und wer demnächst ÖVP oder SPÖ wählt, weil er sich deren Koalition wünscht und auf keinen Fall Herbert Kickl zum Kanzler haben will, kann ihn dennoch bekommen, wenn Karl Nehammer  den Hut nehmen muss, weil die ÖVP nur Dritte geworden ist. Die ständige Politiker-Aussage “Das wird der Wähler entscheiden”, wird so zunehmend zur Frotzelei. Die Medien müssen dringend Koalitionsaussagen einfordern, sonst wird die Politikverdrossenheit wachsen.

 

 

 

 

 

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Kursrückgang: Ein Wahlgeschenk für Trump

In bundesweiten Umfragen zurückgefallen, kann Donald Trump die Demokraten dank gesunkener Aktienkurse für angeblich katastrophales Wirtschaften verantwortlich machen.

Donald Trump lag, wenn auch nur bundesweit, in Umfragen erstmals hinter Kamala Harris, als ihm am vergangenen Montag ein Wahlgeschenk zuteil wurde. das er in den kommenden Wochen ausschlachten wird: Der Einbruch der US-Börsen gibt ihm die Möglichkeit zu behaupten, dass die Administration Biden-Harris katastrophal gewirtschaftet hätte- so wenig das der Wahrheit entspricht. Weil viele Amerikaner Aktien besitzen können die hohen Verluste sehr prominenter, (populärer) Aktien auch direkten Einfluss auf das Wahlverhalten haben.

Anlass der Kursverfalls (S&P -4 Prozent Nasdaq 100 -5,5 Prozent) waren bekanntlich überraschend schlechte Daten vom US-Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosigkeit war signifikant gestiegen und die Zahl neuer Jobs lag signifikant unter den Erwartungen. Das konnte die Sorge wecken, dass die US- Wirtschaft einer Rezession entgegengeht und als Lokomotive “westlichen” Wirtschaftswachstums ausfällt, nachdem schon Deutschland als Lokomotive europäischen Wirtschaftswachstums ausgefallen ist. Jedenfalls führte diese Sorge zu einer Panik an der Börse von Tokio, weil dort drei Ängste  zusammentrafen:

  • Das gestiegene Risiko eines Flächenbrandes in Nahost schürte die Angst, dass sich Öl und Lieferungen durch den Suezkanal neuerlich verteuern.
  • Eine Aufwertung des Yen schürte die Angst, dass Japans Waren im Export zu teuer wären.
  • Wenn mit den USA  Japans größter Exportmarkt tatsächlich schwächelte, so  musste das begreifliche Angst vor einem dramatischen Rückgang japanischer Exporte schüren.

Summiert bewirkten diese Ängste Japans schlimmsten Börsencrash seit Jahrzehnten. (Nikkei -12,4 Prozent) Die Schockwelle, die der Mega-Crash der fünftgrößten Börse der Welt auslöste, ließ, den Zeitzonen folgend, zuerst Europas Börsen einbrechen und erreichten vergangenen Montag Mittag unserer Zeit ihren Ausgangspunk USA. Dort brachen voran die Aktien massiv ein, die zuvor einen vielleicht übertriebenen Hype erlebt hatten- allen voran NVIDIA (- 14,5 Prozent) das Chips für “Künstliche Intelligenz” herstellt: Die Investoren zweifelten plötzlich, dass KI so rasch Gewinne generieren wird. Der allen Börsen eigene Herdentrieb riss alle Technologie-Werte mit nach unten. Ebenso unter die Räder kam die seit jeher massiv überbewertete Aktie von Tesla, weil der Gewinn aus dem E-Auto-Geschäft zuletzt sehr dürftig ausgefallen war. Und weil Starinvestor Warren Buffet sich von der Hälfte seiner Apple-Aktien trennte, stürzte auch diese prominente Aktie ab und das riss sämtliche Kurse mit, so wenig das dem Zustand der US-Wirtschaft entsprach.

Dass die Arbeitslosen-Zahl, die am Beginn dieser Kettenreaktion steht, so hoch ausgefallen war, hatte nämlich einen speziellen Grund: Weil es in den USA, wie in der EU, 2022 eine Inflation gegen 10 Prozent gegeben hat, hatte die US-Notenbank FED schon vor der EZB die Zinsen erhöht. Sinn dieser Maßnahme laut Lehrbuch: ein Boom soll abklingen, die Auslastung der Unternehmen soll sinken und die Arbeitslosigkeit soll steigen, so dass es Arbeitskräften schwer fällt, Lohnerhöhungen durchzusetzen. Denn offenbar sah die FED die Hauptursache für die Inflation in überhöhten Löhnen. Diese Sicht war in den USA nicht so unberechtigt wie in der EU, denn sowohl unter Donald Trump wie unter Joe Biden waren die Löhne stark gestiegen. Der größere Teil der Inflation wurde auch in den USA durch die weltweite drastische Verteuerung von Öl und Gas bewirkt, die die Kürzung der Öl-Förderung durch Russland und die OPEC mit sich gebracht hat.

Allerdings gingen der Öl und Gaspreis schon sehr bald wieder zurück, weil die USA mehr in ihr Fracking investierten, weil Norwegen mehr Gas förderte, weil kleine Produzenten außerhalb der OPEC mehr Öl lieferten und alternative Energiequellen zunahmen. Im gleichen Ausmaß ging die Inflation zurück, die ich lieber Teuerung nenne, solange es sich nicht um einen sich selbst verstärkenden Prozess handelt, bei dem Lohnerhöhungen die entscheidende Rolle spielen. War die von der EZB extrem rasch vorgenommene massive Zinserhöhung mit Sicherheit falsch, weil die Reallöhne in der EU vielfach sogar gefallen waren, so war die Zinserhöhung der FED  insofern besser  gerechtfertigt, als hohe Löhne jedenfalls eine Rolle für die Teuerung spielten, vor allem aber, weil die USA unter Biden reichlich investierten, so dass Geld nach der Überwindung der Pandemie, anders als in der EU, nicht mehr billig sein musste, um Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Dennoch war die FED vorsichtiger als die EZB vorgegangen, indem sie ihre Zinsen in viel kleineren Schritten erhöht hatte, obwohl die starke US -Wirtschaft teureres Geld viel besser als die schwache EU-Wirtschaft vertrug Vorerst hat die US-Börse die Hälfte ihrer Verluste jedenfalls schon aufgeholt und die FED dürfte bald einen größeren Zinsschritt nach unten vornehmen. Ob er reichen wird, die Wahlchancen von Kamala Harris und Tim Walz durch perfekte Konjunkturdaten zu unterstützen erhöhen, ist schwer zu sagen.

 

 

 

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Der keineswegs gebremste Klimawandel

Allen österreichischen, deutschen und europäischen Erfolgsmeldungen zum trotz wird weltweit nicht weniger, sondern mehr CO2 in die Atmosphäre geblasen.

Um ausnahmsweise einen Erfolg zu vermelden, präsentierte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Grafik, die illustriert, wie sehr der CO2- Ausstoß in seiner kurzen Amtszeit zurückgegangen ist. Die Opposition spricht zwar von getürkten Daten, weil nicht die neuesten herangezogen worden seien, aber tendenziell steht der Rückgang außer Zweifel. Ähnliches gilt für Österreich, wenn Leonore Gewessler entsprechende Erfolge vermeldet und auch Ursula von der Leyen sagt die Wahrheit, wenn sie den Erfolg ihres “Green Deal” feiert: Die EU hat ihren CO2 Ausstoß tatsächlich gesenkt.

Nur kommt es fürs Klima nicht darauf an wie viel CO2 die EU in die Atmosphäre entlässt, sondern wie viel weltweit dorthin entlassen wird. Und da gilt es einen simplen ökonomischen Tatbestand zur Kenntnis zu nehmen: Jeden Liter Öl und jeden Kubikmeter Gas, den wir in der EU weniger verbrennen, verbrennen andere Volkswirtschaften, von Brasilien über Indien bis China mehr. Alles Öl und Gas, das gefördert wird, wird gekauft, verbrannt und entlässt CO2 in die Atmosphäre. Nur wenn weltweit weniger fossile Brennstoffe gefördert werden, verringert sich der CO2 -Ausstoß. Deshalb war der grauenhafte Krieg in der Ukraine eine Zeit lang gut für den Planeten, denn um ihn vorzubereiten, brauchte Russland mehr Geld und einigte sich mit der OPEC, die Förderung zu drosseln, um den Preis durch Knappheit zu erhöhen. Die USA, die Saudi-Arabien sonst immer bewegt hatten, die Förderung nicht zu drosseln und den Preis moderat zu halten, indem sie drohten, dem Königshaus sonst keine Waffen zu liefern, akzeptierten die Preiserhöhung dieses Mal, weil sie durch Fracking selbst zum größten Öl/Gas Produzenten der Welt geworden waren.

Die Drosselung der weltweiten Förderung hielt freilich nur kurz an. Nicht zuletzt, weil voran der erhöhte Gaspreis zu einer gewaltig erhöhten Inflation führte, unter der voran Europa litt, wurde die Gasförderung bald wieder erhöht, indem Norwegen sie verstärkte und die USA ihr Fracking wieder hochfuhren. Die weltweite Förderung fossiler Brennstoffe nahm zu Lasten des Planeten wieder zu und sorgte – viel mehr als die Zinserhöhungen der Notenbanken – dafür, dass die Inflation sukzessive zurückging.

Man kann die Menge fossiler Brennstoffe, die jährlich gefördert werden dürften, um den weltweiten CO2-Ausstoß so zu reduzieren, dass man das gesetzte Klimaziel erreicht, in etwa errechnen und das geschieht auch. Es gibt von den Vereinten Nationen seit 2017 einen jährlichen Bericht über die sogenannte “production gap”: Das ist die Lücke zwischen dem, was an Einschränkung bei der Förderung und Produktion fossiler Energieträger auf Weltebene notwendig wäre und dem, was tatsächlich geschieht. Im Vorwort des Reports von 2023 heißt es: „Die Regierungen planen, bis 2030 mehr als die doppelte Menge an fossilen Brennstoffen zu produzieren und zu verbrauchen als es mit dem Pfad zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°C vereinbar ist. Mit anderen Worten: Die EU, Deutschland oder Österreich können ihren CO2 Ausstoß noch so sehr reduzieren – es bewirkt nichts, solange weltweit weiter munter Öl, Gas und Kohle gefördert werden. “Nur wenn es gelingt, die Produzenten fossiler Energieträger, von denen es auf der Welt rund zwanzig gibt (darunter die USA als eine der größten), davon zu überzeugen, dass sie ihre Produktion Schritt für Schritt herunterfahren müssen”, formuliert der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck, “kann mit einer rationalen Klimapolitik begonnen werden.”

Ich bin diesbezüglich zurückhaltender: Es ist zu jeder Zeit rational, Technologien zu entwickeln, die den CO2-Ausstoß vermindern. Nur versprächen weniger Hektik und mehr Nachdenken dabei größeren Erfolg. So bewirkte nur eine viel höhere CO2-Steuer, dass immer die Technologie zum Zug käme, die am billigsten das meiste CO2 eliminiert, während man derzeit im Dunklen tappt. So ermittelte etwa der Think-Tank “Transport und Environment” erst jetzt, dass Schweröl verbrennende Schiffe im Hafen von Rotterdam mehr CO2 als alle Autos der Niederlande ausstoßen und dass die Schifffahrt -Kreuzfahrt- und Containerschiffe- zu den zweifellos größten CO2 Emittenten zählt. Es brauchte also vermutlich weniger Fördermilliarden für die überwiegend europäischen Großreedern und ihren rund sechstausend Schiffe CO2-arme Motoren vorzuschreiben, als es für abermillionen Autos zu tun.

In keiner Weise verstehe ich freilich, warum man das Tempolimit für Autos nicht sofort auf 100 km/h senkt. Und wenn man Wiens öffentlichen Verkehr mit Steuern statt Fahrscheinen finanzierte, erreichte man vermutlich rasch, dass Wiener kaum mehr Auto führen. Zwar müsste man dann wohl mehr Garnituren einstellen, aber im Verhältnis zum Erfolg wäre der Aufwand gering. Auch dass man dann auf die Fahrscheine von Touristen verzichten müsste, ist kein gewichtiger Einwand -sie gäben mehr Geld in Restaurants und Geschäften aus. Es gibt also Wege den CO2-Ausstoß  relativ simpel und rasch stark zu senken.

Das oben beschriebene Grundproblem, ist freilich nur zu lösen, wenn man die 20 Produzenten fossiler Brennstoffe überzeugen kann, dass es auch für sie am besten ist, sehr viel länger vom Erlös ihrer fossilen Bodenschätze zu profitieren als durch immer größere Fördermengen im Moment noch reicher zu werden und eine Klimakatastrophe zu erleben.

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Österreichs künstliche und echte Probleme

Unsere Schuldenquote von 77,8 Prozent ist ein Scheinproblem.  Dass wir zu den höchsten Lohnstückkosten der EU produzieren ist ein echtes. Was macht den Unterschied?

Österreich wird bekanntlich demnächst, wie Frankreich oder Italien schon jetzt, von der EU dafür bestraft werden, dass sein Budgetdefizit drei Prozent überschreitet und dass es sich der Staatsschuldengrenze von 60 Prozent des BIP kaum genähert hat. Der Chef des Fiskalrates Christoph Badelt hat pflichtgemäß vor der kommenden Strafe gewarnt und Sparsamkeit gefordert, aber immerhin auch kurz darauf hingewiesen, dass die Corona-Krise und die hohe Inflation zu bewältigen waren, Holger Bonin, Chef des Instituts für höhere Studien, hat das immerhin sehr deutlich getan. Beide hätten freilich auch darauf hinweisen können, dass die Drei- wie die 60 Prozentgrenze der EU höchst umstritten sind. Die Studie von Kenneth Rogoff, auf die sie sich beruft, enthält bekanntlich einen erwiesenen Rechenfehler, hat Staaten, deren Daten seiner These von der Schädlichkeit hoher Staatsschulden widersprechen, ungenügend berücksichtigt und sein Resultat kam überhaupt nur auf der Basis einer einzigen Wirtschaftskrise – der Neuseelands im Jahr 1951- zustande. Dazu hätten sie auch in Frage stellen können, ob die von der EU verhängten Strafzahlungen weise sind? Was sie Frankreich, Italien oder Österreich kosten, können diese Staaten weniger in ihre Wirtschaft investieren.

Alle Diskussionen zu diesem Thema leiden darunter, dass “Schulden” des Staates stets negativ mit “Schuld” assoziiert werden, während Sparen des Staates mit der positiven Tugend der Sparsamkeit verwechselt wird. Natürlich soll Österreich “sparsam” wirtschaften: Natürlich ist es verfehlt, den Flughafen Schwechat zum vielfachen Preis des vergleichbaren Flughafens von Malaga auszubauen; das größte mir diesbezüglich bekannte Fiasko bestand darin, das AKH zum sechsfachen Preis eines gleich großen, gleich ausgestatteten Klinikums in Aachen zu errichten. Dennoch hat man das den beiden Bauherrn, Wiens Bürgermeister Leopold Graz und Finanzmister Hannes Androsch nie zum Vorwurf gemacht, denn zumindest Androsch konnte ins Treffen führen, dass er Österreich auf andere Weise massiv voran gebracht hat: Er hat zwar stets Budgetdefizite gemacht, aber unser Wohlstand ist nie stärker als in seiner Ära gewachsen, hat der Staat sein Geld doch höchst erfolgreich investiert.

Die Unsinnigkeit, der Staatsschuldenquote überragende Bedeutung zuzumessen, ist am besten am Beispiel Japans zu illustrieren. Sie ist mit 252,4 Prozent die höchste der entwickelten Welt und müsste laut Rogoff die größte Pleite der Geschichte bedingen. Aber Japans Wirtschaft wuchs heuer mit 1,2 Prozent besser als die sparende deutsche  und Japans Rating liegt wie das deutsche bei Tripple A. Leute, die Japans Daten als Einwand gegen die Staatsschuldenhysterie nicht gelten lassen wollen, weisen darauf hin, dass es seine Schulden voran bei der eigenen Bevölkerung hat – aber warum soll es schlimmer sein, dass Österreich sie bei Deutschen, Amerikanern oder auch Japanern hat?  Wobei man allerdings auch das Rating der führenden Agenturen von Moodys bis Fitsch nicht so ernst nehmen sollte: Sie beurteilten auch die toxischen US-Derivate von 2009 mit Tripple A und vergaben die gleiche Note an Spanien, das Tage später seine größte Immobilienkrise erlebte. Am vernünftigsten ist es, sich die größten Unternehmen eines Landes anzusehen und da weiß man gleich, warum Japan nicht pleite ist: Sein größtes Unternehmen, Toyota, verzeichnete 2022 mit einem globalen Umsatz von 338,5 Milliarden US-Dollar ein Umsatzwachstum von 18,4 Prozent; das Konglomerat Mitsubishi, steigerte seinen Umsatz um 24,8 Prozent auf 196,5 Milliarden.

So wie man sich also Japans beste Unternehmen anschauen soll, soll man das auch in Österreich tun: Da verzeichnete unser größtes Unternehmen, die OMV, dank Ölpreisexplosion seinen höchsten Umsatzerlös von 39 Milliarden. Und trotz denkbar schlechter Stahlkonjunktur stieg selbst der Umsatzerlös der VOEST von 2021 auf 2022 um 39 Prozent, auch wenn das nur Millionen, statt wie davor Milliarden einbrachte. Ähnlich gut funktionieren unsere vielfach weltmarktführenden Mittel- und Kleinbetriebe. Natürlich hätte die Regierung sie treffsicherer durch Corona und Inflation führen können – aber sie hat sie über diese Krisen hinweggebracht und daher sind unsere 77,8 Prozent Staatsschuldenquote für Leute, die etwas von Wirtschaft verstehen- anders als die EU-Kommission- ein Scheinproblem.

Es gibt allerdings zwei echte Probleme:

  • Unsere Löhne wurden anlässlich der Inflation  zu stark erhöht, weil man von der Benya-Formel ausging, die auf Grund der Ölpreisexplosion nicht mehr anzuwenden war und weil unser Haupthandelspartner Deutschland sie wie stets am wenigsten erhöhte. Das kostet unsere Exportindustrie Konkurrenzfähigkeit und muss bei der nächsten Lohnrunde berücksichtigt werden.
  • Wir leiden an Facharbeitermangel. Dank unserer zuvor sehr zurückhaltenden Lohnpolitik haben wir, wie Deutschland, von anderen Ländern viele Aufträge hinzugewonnen, die abzuwickeln sind. Am ehesten ließe sich der Fachkräftemangel lindern, indem die vorhandenen Arbeitskräfte später in Pension gehen – aber das tun sie nicht, obwohl sie auf Grund der steigenden Lebenserwartung auch immer mehr Pensionisten finanzieren müssen. Vernünftiger Weise muss die Lebensarbeitszeit der dramatisch gestiegenen Lebenserwartung automatisch angepasst werden. Aber das geschieht nicht, weil Pensionisten die größte Wählergruppe sind.

 

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Ein einsamer britische Hoffnungsschimmer

Großbritannien wird sich unter Labour wirtschaftlich erholen. Frankreich nur, wenn Deutschland seine Lohnpolitik ändert. Sonst regiert 2027 Marine Le Pen.

 Es gibt noch Erfreuliches! Großbritanniens neuer Premier Sir Keir Starmer ist das Gegenteil von Herbert Kickl oder Donald Trump. So sehr er eine Gesinnung hat, so wenig ist er ein Extremist. Der Sohn eines Werkzeugmachers und einer Krankenschwester, der dank Stipendien in Oxford studierte, mit Auszeichnung promovierte und für seine Leistung als Staatsanwalt geadelt wurde, kam als Quereinsteiger zu “Labour”. War das unter dem Vorsitz von Jeremy Corbyn eine extrem linke Partei, so rückte sie Starmer, der Corbyn 2020 ablöste, energisch in die Mitte, wo sie schon 1997 unter Tony Blair Erfolge gefeiert hatte. Dass eine Maßnahme “links” ist, reicht Starmer so wenig wie Blair – sie muss ein Problem lösen und das kann auch mit Ideen einhergehen, die als “rechts” gelten.

In seiner erste Rede forderte er den vernichtend geschlagenen Kurzzeit – Premier der Torys Rishi Sunak zu respektieren: Auch der hätte sein Bestes gegeben. (Tatsächlich rettete Sunak das Land vor einem, von seiner Vorgängerin Liz Truss ausgelösten Finanz- Fiasko.) Zur Finanzministerin bestellte Starmer die ausgewiesene Ökonomin Rachel Reeves, zum Außenminister den schwarzen Anwalt David Lammy, der wie er mit Auszeichnung promoviert hatte. Dessen erste Initiative: Blitzbesuche in Berlin, Warschau und Stockholm, während Verteidigungsminister John Healey Wolodymyr Selenskyj in Odessa versicherte, dass Großbritannien weiter voll hinter der Ukraine steht. Bezüglich der EU erhofft Lammy Wiederannäherung (“Reset”) und die sollte auch die EU anstreben, statt sich zu freuen, wie sehr der Brexit den Briten schadet. Er ist als “Volksentscheid” zwar kaum rückgängig zu machen, aber die EU könnte mit Großbritannien zu ähnlichen Verträgen wie mit der Schweiz gelangen und Handelsbarrieren abbauen. Schließlich ist die britische Atommacht ihr militärisch mit Abstand wichtigster Partner, wenn sie sich nach einem Sieg Donald Trumps nicht mehr voll auf die USA verlassen kann.

Starmers dringendstes Anliegen ist das Ankurbeln der Wirtschaft. Haben Deutschlands Konservative die EU im Geist der schwäbischen Hausfrau niedergespart, so sparten die britischen Torys aus tiefster neoliberaler Überzeugung: Das Kaputtsparen des “National Health Service” war dafür symptomatisch. Großbritanniens wirtschaftlicher Vorsprung vor der EU (gemessen in realem BIP pro Kopf) schrumpfte voran zu Lasten der Unterschicht von 17.000 auf 10.000 Dollar – entsprechend wuchs die Schere zwischen “arm” und “reich”. Labour plant daher ein gewaltiges Sozialbau-Programm, das sowohl die Wohnungsnot lindern als die Wirtschaft beleben sollte. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.

Ähnliche Zuversicht  gegenüber Frankreich fällt mir schwer. Präsident Emmanuel Macron wird es politisch zwar bis 2027 auf Kurs gegen Wladimir Putin halten – aber wirtschaftlich wird die Regierung, wer immer sie anführt, angesichts eines restlos gespaltenen Parlaments, kaum erfolgreicher als bisher sein. Das aber wird den Wunsch der Bevölkerung nach totalem Wechsel hin zu Marine Le Pen beflügeln. Denn so sehr das Migrationsproblem die Franzosen mit Terror und Bandenkriegen in Atem hält, scheint mir ihre wirtschaftliche Misere doch zentrale Ursache ihrer Unzufriedenheit: Lag ihr reales BIP pro Kopf 2008 mit 45.516 Dollar noch um 8.472 Dollar über dem der EU, so sind es 2023 nur mehr 3.637 Dollar. Für die Mehrheit der Franzosen bedeutete das fünfzehn Jahre wirtschaftlichen Abstiegs. Zentrale Ursache dieser Entwicklung sind nicht, wie man voran in deutschen Zeitungen liest, “versäumte Hausaufgaben” (bis 2000  lagen Frankreich und Deutschland wirtschaftlich fast gleichauf), sondern ist- tut mir leid es zu wiederholen- der Umstand, dass Deutschland seine Löhne seit 2000 weniger erhöhte als seinem Produktivitätszuwachs entsprach. Spätestens 2008 waren deutsche Waren damit so viel billiger als französische, dass Käufer sie trotz aller Produkttreue zunehmend bevorzugten. Frankreich verlor dramatisch Marktanteile an Deutschland. Allein nach Deutschland exportierte es 2022 um 47 Milliarden Euro weniger als Deutschland nach Frankreich. Während in Deutschland Arbeitskräfte fehlen (es herrscht Vollbeschäftigung bei nur 4,3 Prozent Jugendarbeitslosigkeit) liegt Frankreichs Arbeitslosigkeit noch immer bei 7,4 Prozent, bei Jugendlichen bei gespenstischen 27 Prozent. Verursacht die hohe Arbeitslosigkeit dem Staat hohe Kosten, so lieferten ihm Frankreichs Betriebe immer weniger Steuern ab, weil sie mangels Auslastung weniger Gewinne machen. Da sich Frankeich in der EU (anders als US-Bundesstaaten in den USA) neues Geld zu deutlich höheren Zinsen als Deutschland leihen muss, wuchs seine Verschuldung so deutlich, dass die Neue Zürcher Zeitung sogar den Euro gefährdet sieht.

All das hätte auch ein ökonomisch viel versierterer Präsident als Emmanuel Macron nicht abwenden können. Denn hätte er versucht, die Löhne der Franzosen massiv zu senken, um Marktanteile zurückzuerobern, so hätte er nicht nur einen  Aufstand ausgelöst, sondern auch noch Frankreichs Binnenkonjunktur erstickt. Besserung erlebte Frankreich nur, wenn Deutschlands Gewerkschaften deutlich höhere Löhne durchsetzten, aber das Gegenteil war bei der letzten Lohnrunde der Fall: Deutschland erhöhte seine Tariflöhne am wenigsten und wird daran angesichts seiner Rezession kaum etwas ändern. Damit macht es Marin Le Pen nach menschlichem Ermessen 2027 zu Frankreichs Präsidentin.

 

 

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Frankreichs unlösbares Wirtschaftsproblem

Frankreichs keineswegs  nur selbstverschuldete immer schlechtere wirtschaftliche Lage trug wesentlich zum Erfolg der Partei Marine Le Pens bei.

Wie erwartet landete das Rassemblement National Marine Le Pens im ersten Wahlgang mit 33 Prozent klar vor dem Linksbündnis NFP mit 28 und den Liberalen Emmanuel Macrons mit 20 Prozent. Nur wenn Linke und Liberale kommenden Sonntag beim zweiten Wahlgang mit großer Mehrheit gemeinsam gegen die Kandidaten Le Pens stimmen, bleibt der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU eine EU-kritische Rechtsaußen- Regierung erspart, auch wenn Staatspräsident Macron ihren Spielraum begrenzte. Würde Le Pen 2027 auch Präsidentin, so veränderte das die EU mehr als selbst der Brexit.

Die schon jetzt dramatische Entwicklung hat viele Gründe. Natürlich, wie überall, die Migration, die Frankreich seit jeher in keiner Weise bewältigt: In den “Banlieue”(Vororten), in denen Migranten sich konzentrieren, führen Vierzehnjährige derzeit mit Sprengstoffgefüllten Flaschen Bandenkrieg. Ständig herrschen Terrorwarnstufen. Dass Islamisten Lehrer köpfen und Juden ermorden, erschüttert das Land. Hinzu kommt die in allen Ländern gleiche Angst vor Massen- Zuwanderung, die der deutsche Hirn-Forscher Hoimar von Ditfurth 1989 kurz vor seinem Tod und lang vor den aktuellen Problemen so begründete: “Es gibt drei angeborene Handlungsweisen des Menschen, die aus dem vor- und frühsteinzeitlichen Dschungel stammen: Hab Angst vor jedem Menschen, den Du nicht kennst! Die Rechte Deiner Horde sind den Rechten aller anderen Kollektive übergeordnet! Du musst, wenn Du glaubst das Überleben Deiner Horde nicht anders sichern zu können, den Konkurrenten totschlagen! Wenn wir von Horden von Fremden lesen, die hier einwandern, dann revoltiert dieses Gesetz der Steinzeit in uns. Deswegen sind wir keine Faschisten. Es ist menschlich, davor Angst zu haben. Nur muss dann die Hirnrinde tätig werden … “

Sie wird es in Frankreich so wenig wie in Österreich. Zumal die wirtschaftliche Misere, in der sich das Land befindet, den Widerstand gegen Zuwanderung rational verschärft: Migranten füllen Sozialbau- Wohnungen und drücken auf die Löhne. Solange das Lohnniveau der eingesessenen Bevölkerung ein gutes und ihr Wohlstand ein passabler ist, hält sich ihr Frust in Grenzen – gerät sie in wirtschaftliche Probleme, so sprengt er sie. Und die Franzosen haben seit zirka 1998 immer größere wirtschaftliche Probleme: Indem deutsche Unternehmen die Löhne nicht mehr im Ausmaß des Produktivitätszuwachses erhöhten, errangen deutsche Waren gegenüber französischen einen Lohnstückostenvorteil von 20 Prozent, so dass Frankreich immer mehr Marktanteile verlor: Allein gegenüber Deutschland exportiert Frankreich seither um 400 Milliarden Euro weniger als Deutschland nach Frankreich. Entsprechend hat sich Frankreichs Arbeitslosigkeit verfestigt: Viel davon scheint nicht einmal mehr in der Statistik auf, weil die Betroffenen die Arbeitssuche aufgegeben haben. Sie und die registrierten Arbeitslosen sind das gesicherte Wählerreservoir Le Pens. Entsprechend hat sich auch Frankreichs soeben von der EU kritisierte Verschuldung erhöht: Ungenügend ausgelastete Betriebe lieferten dem Staat zunehmend weniger Steuern ab, während die Arbeitslosigkeit ihn zunehmend mehr kostete.

Kein französischer Präsident, auch kein ungleich fähigerer als Emmanuel Macron, hätte diese Entwicklung stoppen können. Denn wenn er die Löhne so senkte, dass Frankreich Marktanteile zurückgewänne, scheiterte er nicht nur an der ausgelösten Revolte, sondern erstickte auch noch die Binnenkonjunktur. Macron, 2017 als große Hoffnung und “Jupiter” gefeiert, als er mit seiner Bewegung “en Marche” eine beachtliche Mehrheit hinter sich versammelte, hat diese Hoffnung freilich besonders heftig enttäuscht. Statt sich mit Italien und anderen Ländern des “Südens”, die alle die gleichen Probleme haben, zusammenzutun und vielleicht dank gemeinsamen politischen Drucks zu erreichen, dass Deutschlands Gewerkschaften höhere, dem Produktivitätszuwachs entsprechende Löhne fordern, indem man ihnen erklärt, dass Deutschland wirtschaftlich gesunde Nachbarn braucht, um ihnen seine Produkte zu verkaufen, setzte er nur eine der Reformen durch, mit deren Ausbleiben die deutsche Presse seine Misere begründet: Er erreichte die natürlich richtige Anhebung des Pensionsalters um zwei Jahre, aber sie mündete in wüste Streiks. Das wieder lag nicht zuletzt an seiner abgehobenen Persönlichkeit: Er hat keine Lust mit Leuten zu verhandeln, die sich “nicht genug anstrengen”, sich die gleichen Maßanzüge wie er zu kaufen. Macron ist für das Volk das Gegenteil eines der ihren.

Marine Le Pen hingegen spricht für das Volk. Nicht dass sie Frankreichs zentrales Problem lösen könnte- konkrete Lösungen weiß das Rassemblement national so wenig wie die FPÖ – aber die herrschenden Zustände lautstark zu kritisieren, musste auf offene Ohren treffen. Hinzu kommt, dass es Le Pen zunehmend gelang, ihre Partei aus der Schmuddelecke herauszuführen: Der neue Parteiführer Jordan Bardella trägt Maßanzuge wie Macron und zeigt Verständnis für Forderungen der Industrie – niemand nimmt an, dass er den Frexit betreibt. Gleichzeitig gibt es mittlerweile eine noch rechtere Partei als das Rassemblement und zur Linken vertritt der Führer der Kommunisten Jean-Luc Mélenchon im Linksbündnis “Nouveau Front Populaire”, das sich dem Rassemblement entgegenstellte, extrem linke Positionen, so dass viele Wähler Le Pens Haltung zunehmend als vernünftige Mitte empfanden, so wenig sie es ist.

 

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Europas Auto-Industrie ist gefordert

Die Zahl neu zugelassener E-Autos ist rückläufig – dennoch gehört ihnen die Zukunft. Europas Autoindustrie muss mit China gleichziehen-  auch wenn es viel Geld kostet.

Nicht nur in Österreich, sondern EU-weit ist der Absatz von E-Autos in den ersten Monaten des Jahres rückläufig. Im vergangenen Jahr waren in Österreich von Jänner bis April 17,9 Prozent aller neu zugelassenen Pkws batterieelektrisch – heuer sind es im selben Zeitraum nur 16,6 Prozent und gleichzeitig stieg der Absatz von Diesel- und Hybridfahrzeugen. Zur Begründung gibt es sehr verschiedene Erzählungen. Eine entspricht der Kritik des österreichischen Motorenentwicklers Fritz Indra: Die Reichweite der E-Autos sei stets viel geringer als behauptet – bei Kälte oder Hitze hätte man Mühe größere Reisen zu unternehmen, zumal Tanken längere Unterbrechungen erfordere. Ein gutes Diesel-Auto sei billiger und ungleich einfacher zu nutzen. Unterstützt wird diese Erzählung davon, dass die größten Autovermieter E-Autos in ihren Flotten massiv reduzierten. Die andere Erzählung ist die von Leonore Gewessler:  E-Autos seien unverzichtbar, wenn man den CO2-Ausstoß des Verkehrs reduzieren wolle. Immer bessere Batterien erlaubten immer größere Reichweiten und man würde genügend grünen Strom erzeugen, um sie zuladen. Es gelte nur, die Ladeinfrastruktur rasch auszubauen.

Der aktuelle Rückgang des E-Auto Absatzes ist jedenfalls leicht zu erklären: Die staatliche Förderung für ihren Kauf wurde in Österreich, wie überall, deutlich reduziert. Private Kunden, die rund 30 Prozent der E-Neuwagen kaufen, werden weiter unterstützt, aber für Unternehmen, auf die  70 Prozent der Käufe entfallen, hat die Regierung die direkten Förderungen im März auslaufen lassen. Gleichzeitig werden E-Autos bezüglich Reichweite und Ladegeschwindigkeit laufend sowohl besser wie preisgünstiger, so dass Unternehmen den Kauf auch aus diesem Grund in die Zukunft schieben. Sollte es sich beim Rückgang der Verkäufe allerdings nicht nur um eine vorübergehende Delle, sondern um einen Trend handeln, so wird die türkis-grüne Regierung nicht umhin kommen, die Form ihrer Subventionen zu überdenken, wenn sie erreichen will, dass Österreichs PKW-Verkehr in absehbarer Zeit ein elektrischer wird – und billig wird das kaum sein.

Kommt hinzu, dass sie uneinig ist: Kanzler Karl Nehammer hat bekanntlich – nicht ohne innenpolitischen Erfolg – einen „Autogipfel“ einberufen, bei dem das von der EU-beschlossene „Verbrenner-Aus“ insofern in Frage gestellt wird, als es laut Nehammer „technologieoffen“ sein müsse. Nur ist es das meines Erachtens: Die EU verbietet Verbrenner ab 2035 nicht, sondern verlangt nur, dass beim Auspuff kein CO2 herauskommt – lässt sich das mittels Verbrennen von E-Fuels erreichen, so ist es zugelassen, wenn auch in meinen Augen teuer. Für die Autoindustrie ist die EU-Ansage jedenfalls klar und gibt ihr Planungssicherheit. Trotzdem  werden die großen Autoproduzenten auch Diesel- und Benzinmotoren weiterentwickeln, weil Lastautos noch länger damit fahren werden und weil sie ihre Autos ja auch in Länder verkaufen wollen, in denen es noch lange keine Lade-Infrastruktur gibt.

Letztlich, so glaube ich, wird Elektromobilität sich durchsetzen: Die Batterietechnik macht enorme Fortschritte, E-Autos beschleunigen optimal und E- Motoren sind besonders robust, weil sie  weniger Teile haben, die kaputt werden können. Entscheidend für die CO2- Bilanz wird freilich bleiben, ob die Produktion grünen Stroms mit dem Mehrbedarf Schritt hält, der sich nicht nur durch immer mehr E-Autos, sondern auch immer mehr Wärmepumpen, vor allem aber durch den enormen Stromverbrauch der Digitalisierung ergibt. Nur wenn dieser viele zusätzliche Strom tatsächlich grün erzeugt werden kann und nicht womöglich Kohlekraftwerke zugeschaltet werden müssen, wird sich der CO2- Ausstoß tatsächlich vermindern. Gewessler ist davon überzeugt – ich halte angesichts des Fortschritts der Photovoltaik für zulässig, darauf zu hoffen.

Dass das Thema in Österreich so viele Emotionen weckt, liegt daran, dass unsere Zuliefer-Industrie  für die deutsche Autoindustrie hunderttausende Arbeitsplätze sichert. Diese bisher weltführende deutsche Autoindustrie hat bei der Produktion von E-Autos und vor allem der für sie nötigen Batterien bekanntlich einen beträchtlichen Rückstand gegenüber China. Die USA, deren Autoindustrie in der gleichen Lage ist, wehrt sich, indem sie chinesische E-Autos mit 100 Prozent Zoll belastet. Die EU geht vorsichtiger vor: für kleinere Autos von BYD erhöht sie ihn auf 17,4, für mittlere von Geely auf 20 und für große des chinesischen VW-Partners SAIC auf 38,1 Prozent.  Begründet wird das, wie in den USA, zu Recht damit, dass die chinesische E- Auto- Industrie vom Staat hoch subventioniert wird. Renault, das bei kleinen E- Autos mit China konkurriert, hätte lieber höhere Zölle gesehen, Mercedes, Audi oder BMW, die ihre Top-Modelle, gleich ob als Verbrenner oder elektrisch, dank ihrs Prestiges in China bisher weiter gut verkauft haben, hätten sich eher niedrigere gewünscht, denn sie fürchten, dass die Gegenzölle, die China zweifellos verhängen wird, ihr  Geschäft dort killen könnten.

Letztendlich  wird es jedenfalls nötig sein, dass Europas Autoindustrie auf dem Sektor der E-Autos mit China gleichzieht. Zölle können dafür die nötige Zeit verschaffen – Innovation ersetzen  können sie nicht. Europas  Autoindustrie ist gefordert und es kann sein, dass sie und Österreichs Zulieferindustrie nicht ohne massive staatliche Förderung auskommen.

 

 

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Soll man Industrien mit Zöllen schützen?

Obwohl sie Freihandel predigen, schützen die USA US-Produkte wie nie zuvor. In Europa hält man das, voran in Deutschland, für einen groben Fehler.

 Die USA schützen sich wie nie zuvor gegen ausländische Konkurrenz, indem Joe Biden US-Produkte steuerlich massiv begünstigt. De facto hat diese steuerliche Begünstigung die gleiche Wirkung wie Zölle und auch dabei sind die USA nicht zimperlich. So schützen sie ihre Autoindustrie vor E-Autos aus China, indem sie die mit 100 Prozent Zoll belasten. In der EU schützt man die eigene Autoindustrie nur mit durchschnittlich 20 Prozent Zoll vor Chinas Konkurrenz und voran in Deutschland hält man auch das für einen großen Fehler (siehe auch meinen kommenden Text  über E-Mobilität)

Der Freihandel ist ein Dogma des (Neo)liberalismus: Durch ihn ginge es den Menschen weltweit am besten, weil jedes Land produziere, was es am besten könne und der Handel für sinnvollen Tausch sorge. Die aktuellste Unterstützung dieser sicher nicht falschen These kam von Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman und besagt, dass Freihandel auch für alle Produkte die größten Serien zulässt – und je größer die Serie, desto billiger das Produkt. Auch das ist natürlich nicht falsch, nur gibt es Einwände: Wenn deutsche Produkte in Spanien verkauft werden, ist der Weg kurz, wenn sie in den USA verkauft werden, ist er lang und Umweltorganisationen beklagen seit jeher, dass die Wegkosten nicht korrekt berechnet werden: Mit Schweröl betriebene Lastschiffe verpuffen gigantische Mengen CO2 und beschleunigen den Klimawandel erheblich. Nur ein hoher CO2-Preis gestaltete die Wegkosten halbwegs korrekt.

Sicher falsch ist die vom Weltwährungsfonds vertretene Forderung, dass Staaten, die er unterstützt, Freihandel üben müssen: Selbst die teuersten EU- Lebensmittel sind billiger als die, die Afrikas Staaten derzeit selbst herzustellen vermögen und ihre Lebensmittelunternehmen überleben die Konkurrenz nicht. Industrien unterentwickelter Länder können sich vielmehr nur hinter Zollmauern entwickeln: Die Autoindustrie Südkoreas entstand hinter Zollmauern von 400 Prozent. Allerdings kommt immer der Moment, in dem  die Konkurrenz aus dem Ausland notwendig wird, um den industrielle Elan aufrecht zu halten und die Preise zu dämpfen – heute wären schon 20 Prozent Zoll Südkoreas auf Auslands-Autos verrückt. Vielleicht ersieht man aus diesen Beispielen: In manchen Bereichen der Wirtschaft sind  einfache Lösungen nicht möglich, schon weil sie sich mit der Zeit verändern müssen.

So haben deutsche Ökonomen die Zölle, die die USA auf chinesischen Stahl verhängte, anfangs als Eigentor bezeichnet – die USA würden unter hohen Stahlpreisen leiden – aber am Ende hat auch die EU sie verhängt. Und diejenigen, die jetzt hohe Zölle der EU auf chinesische E-Autos fordern erinnern an das Schicksal der EU insbesondere der deutschen Solar-Industrie: die war ursprünglich ziemlich stark – bis Billigware aus China sie umbrachte. China hat nicht nur billige Arbeitskräfte, sondern auch die geringsten Umweltauflagen und längst nicht mehr die schwächste Technologie. Wenn dazu hohe staatliche Förderung kommt,  muss man sich manchmal mit allen Mitteln wehren.

PS: In meinem Kommentar zum Rechtsruck der  EU „Wie die EU sich selbst beschädigt hat“

habe ich an Hand des Buches „The Euro“ (Deutsche  Ausgabe: „Europa spart sich kaputt“) von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz ausgeführt, wie sehr die EU sich wirtschaftlich schadet, indem sie den Euro völlig anders als den Dollar gestaltet hat und von den Ländern, die ihn einführen, voran Sparen des Staates fordert. Mit dem Ergebnis, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA seither doppelt so stark wie das der EU gewachsen ist, weil sie sich wirtschaftlich nicht mehr so gut wie vor dem Euro entwickelt hat: Die 19 Länder der Eurozone haben in allen Belangen, Wirtschaftswachstum, Produktivität, Arbeitslosigkeit schlechter abgeschnitten als die Länder ohne Euro und die Kluft zwischen armen und reichen Bürgern und armen und reichen Ländern der Eurozone hat sich nicht verringert, sondern vergrößert: So ist voran in der Arbeiterschaft eine wachsende Schicht von Menschen entstanden, die sich wirtschaftlich abgehängt fühlen und dazu neigen, rechtsextreme Parteien zu wählen.

Das hat bei Lesern wie Kollegen zu der Frage und dem Einwand geführt, wieso denn trotz der wirtschaftlich so erfolgreichen USA jemand wie Donald Trump gewählt wurde und gute Chancen hat wiedergewählt zu werden? Die Erklärung: Auch in den USA hat der Neoliberalismus zu einer immer größeren Kluft zwischen Superreichen und Abgehängten geführt, denen es besonders schlecht geht, weil die soziale Absicherung so gering ist – diese Leute haben vom Milliardär Trump eine Verbesserung ihrer Lage erhofft. Und  Trump – das hat Europas Berichterstattung ob seiner abstrusen sonstigen Politik unterschlagen – hat ihre Lage tatsächlich verbessert. Er hat nicht nur die Steuern der Reichen unsinnig (zu Lasten eines soliden Budgets) gesenkt, sondern durchaus sinnvoll auch die des Mittelstands und der Unterschicht. Vor allem aber hat er jene Amerikaner, die in der traditionellen Industrie, etwa der Stahlindustrie, gearbeitet haben, durch Zölle auf chinesische Importe davor geschützt, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Und das wurde ihm von diesen Menschen gutgeschrieben. Mittlerweile hat Biden Trumps Wirtschaftspolitik voll übernommen und sogar ausgebaut. Trotzdem bleibt diese, die USA bevorzugende Politik im Kopf vieler Amerikaner weiterhin mit Trump verbunden.

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