Das Risiko militärischer Impotenz

Mit kaputtgesparter Wehrkraft verlässt sich die EU militärisch voll auf die USA. Aber alle künftigen US-Präsidenten werden das Engagement der USA in Europa vermindern.

Obwohl seine Berater ihn gewarnt haben, dass er sich damit schaden könnte, scheint Donald Trump seinen Wahlkampf um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner mit der Forderung nach dem Austritt der USA aus der Nato zu bestreiten. Er erhob diese Forderungen sowohl in einem eben erschienen Buch wie kürzlich auf einer Tagung rechter Republikaner, bei der er versprach, Geld statt für die Verteidigung der Ukraine lieber für den Bau seiner Mauer gegen Mexiko zu verwenden. Sein Kalkül: Die Amerikaner sind in ihrer Mehrheit isolationistisch, und nie war ihre Kriegsmüdigkeit größer als nach der Niederlage in Afghanistan.

Obwohl die Zuhörer begeistert „we want Trump“ skandierten, zweifle ich, dass die Republikaner ihn tatsächlich nominieren- der Gouverneur von Florida Ron De Santis hat die zweifellos besseren Chancen- aber ausschließen kann man weder, dass sie Trump doch nominieren noch dass er 2024 doch wieder Präsident wird. Bei den Wettbüros wird sein Sieg jedenfalls für nur halb so wahrscheinlich wie der Joe Bidens gehalten. Wie man als Spitzenpolitiker der EU angesichts eines Risikos dieser Größenordnung darauf verzichten kann, eine ernstzunehmende Streitmacht der EU wenigstens als rasch zu verwirklichende Möglichkeit zu planen, ist mir rätselhaft.

An sich stehen in den nationalen Armeen der EU kaum weniger Männer als in Russland unter Waffen und ihr gemeinsames Budget ist größer. Was fehlt, ist eine gemeinsame Befehlsstruktur und eine Einigung darüber, wann diese Streitmacht eingesetzt wird. Etwa: dass eine Mehrheit, die mindestens drei Viertel der EU-Bevölkerung vertritt, über den Einsatz bestimmt und dass opponierende Mitglieder sich daran nicht beteiligen müssen. Eine vorsorgliche solche Planung hieße ja keineswegs, die viel bessere Zugehörigkeit zur NATO aufzugeben – er vermiede nur fast völlige militärische Impotenz, wenn der Trump-GAU doch eintritt.

Und egal, ob der nächste US-Präsident Trump, De Santis, Joe Biden oder sonst wie heißt, wird er das Engagement der USA in Europa vermindern, weil es, wie einzelne Abgeordnete laut sagen, nicht im Zentrum des nationalen Interesses liegt. Es gibt keine vernünftige Begründung dafür, dass die Amerikaner die Hauptlast für Frieden in Europa tragen. Es ist weder finanziell gerechtfertigt – die EU ist ein sogar noch größerer Wirtschaftsraum und könnte bei besserer Wirtschaftspolitik auch genau so reich sein – noch ist es in Hinblick auf den menschlichen Einsatz gerechtfertigt: Wenn Putins Truppen die baltischen Staaten angriffen, ist es naheliegender, dass sich ihnen mehr deutsche und polnische als amerikanische Truppen entgegenstellen. Die EU kann nicht auf die Dauer militärisch impotent sein. Emotional gilt es einen Denkfehler der österreichischen Friedensnobelpreisträgerin Berta von Suttner (oder jetzt Sarah Wagenknechts und Alice Schwarzers) zu vermeiden, die da meinen, „die Waffen nieder“ garantierte am ehesten Frieden, denn das Gegenteil ist wahr: Nichts lädt potentielle Aggressoren so sehr zur kriegerischen Eroberung ein wie ein militärisch schwacher Gegner. Mindestens gleiche militärische Stärke schützt weit eher vor Krieg, und wenn der potentielle Aggressor, wie im Falle von Putins Russland, ein Unrechtsstaat ist, dann ist es nicht „Kriegs-hetzerisch“, sondern „Friedens-erhaltend“, wenn die rechtsstaatlichen Demokratien sich bemühen, die militärisch klar stärkeren zu sein.

Leider hat die deutsche EU-Politik bisher das Gegenteil bewirkt: Es wurde ja nicht nur die Bundeswehr kaputtgespart, sondern fast alle Armeen der EU haben gespart. Dass die EU der Ukraine derzeit weder genug Panzer noch genug Munition liefern kann, liegt ja nicht nur am Zögern Olaf Scholz`, sondern daran, dass es von beiden nicht genug gibt – auch die Rüstungsindustrie der EU wurde krank gespart. Die „Zeitenwende“ dürfte zwar dazu führen, dass die meisten Staaten in Zukunft 2 Prozent ihres BIP für Verteidigung ausgeben werden, aber es bedarf einmal mehr der Grundeinsicht, dass Investitionen des Staates die Wirtschaft beleben, nicht aber bremsen, sonst werden der höheren Rüstungsausgaben wegen womöglich die Investitionen in den Klimaschutz verringert. In Wirklichkeit geht das – zum Vorteil der Wirtschaft – sehr wohl nebeneinander. Dass Deutschland derzeit ein 100 Milliarden Sondervermögen in sein Heer und zugleich 60 Milliarden in den Klimaschutz investiert, wird ihm wirtschaftlich nicht schaden, sondern es vor Rezession bewahren.

Leider fordert derzeit nur Emmanuel Macron eine eigene europäische Streitmacht und damit auch eine potente Rüstungsindustrie (und in Österreich sieht ausschließlich Beate Meinl- Reisinger diese Notwendigkeit.) Ursprünglich war an eine EU-Eingreiftruppe von immerhin 50.000 Mann gedacht – die nunmehr geplante 5000 Mann starke Truppe ist geradezu lächerlich klein. Aber selbst sie ist zumindest ein Ausgangspunkt und kann so Gott will als Kristallisationspunkt dienen. So haben die Spitzen der EU diese Woche immerhin beraten, wie der Rüstungsindustrie auf die Beine geholfen werden kann: sie muss erstens dauerhaft mit Aufträgen einer gewissen Größenordnung rechnen können und es sollte zweitens auch schon jetzt eine Einigung über die benötigten Waffensysteme geben. Vielleicht ergibt sich aus dieser Diskussion ein Nachdenken über die gemeinsame Streitmacht. Oder die EU ist doch so beschaffen, dass es den GAU braucht.

 

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Der billige Mythos Neutralität

Neutralität hat noch kein Land vor Krieg bewahrt – nicht einmal die Schweiz. Trotzdem gibt sie das x-fache Österreichs für ihre Armee aus. Trittbrettfahren ist billiger

Dass Beate Meinl Reisinger Kanzler Karl Nehammer vorwarf, den Kopf in den Sand zu stecken, indem er jede Debatte über Österreichs Sicherheit mit dem Hinweis auf die Neutralität abwürgt, kann die NEOS nur Stimmen kosten. Denn die Neutralität ist eine heilige Kuh, die Nehammer auch sogleich fütterte: „Die Neutralität war und ist hilfreich für die Republik Österreich und sie bleibt hilfreich!“

1997 sah das selbst die ÖVP anders, obwohl Russland damals niemanden überfallen hatte: „Es

habe sich gezeigt“, beschloss ihr Bundesparteivorstand „dass die europäische Sicherheit… vor allem in der neuen NATO entwickelt wird“…. Deshalb solle Österreich „der neuen NATO beitreten“.

Diese klare Formulierung schwächte Wolfgang Schüssel als Chef einer schwarz-blauen Koalition erst in der Regierungserklärung zum Konjunktiv ab, nachdem er Meinungsumfragen gelesen hatte. Obwohl der NATO-Beitritt damals auch Ziel der FPÖ war, deren Obmann Herbert Kickl sich heute entrüstet, dass die Regierung die Neutralität durch ihre Kritik an Russland gefährdet.

Nicht einmal die SPÖ war ihrer Ablehnung der NATO immer so konsequent wie ihr Klubobmann Heinz Fischer. 1993 konnte sich Kanzler Franz Vranitzky vorstellen, dass sich die Neutralität „als überflüssig und überholt erweisen könnte, wenn ein kollektives Europäisches Sicherheitssystem zustande kommen sollte“, und 1997 antwortete SP-Kanzler Viktor Klima im Standard auf die Frage, ob er sich eine NATO -Mitgliedschaft vorstellen könne: „Wenn wir ein europäisches Sicherheitssystem haben… warum sollten wir das dann nicht tun?“

Wolfgang Schüssel musste sich also nicht so völlig isoliert fühlen, wenn er eine NATO-Mitgliedschaft anstrebte.

Aber so einig alle Unterhändler des Staatsvertrags, von Leopold Figl über Bruno Kreisky bis zu Julius Raab darin waren, dass die Neutralität eine massive Einschränkung der Souveränität darstellt, so eindeutig sieht der heutige Souverän darin etwas, das uns auszeichnet. Zum einen, weil jedes Land sich besonders und ausgezeichnet sehen will, was umso leichter fiel, als die Neutralität  uns unter so beneidenswerte Länder wie die Schweiz und Schweden reihte, zum anderen, weil mit  Staatsvertrag und Neutralität Österreichs unglaublicher wirtschaftlicher Aufstieg einsetzte und man meint, dass auch sie daran Teil gehabt hätte, obwohl sie ihn etwas bremste:  Sehr vorsichtige Investoren  investierten lieber in NATO-Ländern.

Dafür erfüllte Bruno Kreisky die Neutralität mit Glanz: Er sah uns = ihn durch sie zum Schiedsrichter berufen: Währende Schwedens Olof Palme die USA kritisierte, kritisierte er ebenso neutralitätswidrig die UdSSR.

Der Frage, ob Neutralität tatsächlich vor Krieg schützt, trat neben soviel Glanz in den Hintergrund: Hitlers Wehrmacht hat mit Luxemburg, Belgien Holland, Dänemark und Norwegen einen neutralen Staat nach dem anderen überfallen, ohne dass dessen Neutralität das geringste Hindernis gewesen wäre, und Russland überfiel das neutrale Finnland. Dass die Schweiz verschont blieb lag ausschließlich daran, dass Hitler den Plan General Guderians, über die angeblich nicht panzergängigen belgischen Ardennnen statt über die Schweiz nach Frankreich vorzustoßen, für den besten hielt.

Schweden wiederum war militärisch ungemein stark: In Deutschland wusste man, dass seine Armee immer locker imstand sein würde, am Ende auch die eigene Stahlerzeugung zu zerstören. Ein Angriff auf Schweden hätte bedeutet, dass es keinen Stahl mehr geliefert hätte – darauf konnte Deutschland es nicht ankommen lassen. Mit seiner Neutralität hatte Schwedens Schonung so wenig wie die der Schweiz zu tun.   

Falsch ist aber auch die Behauptung, dass Österreich in der Vergangenheit durch seine Neutralität geschützt war. In kritischen Situationen, etwa im „Prager Frühling“ versicherte sich die Regierung immer in den USA, dass die Nato Österreich, anders als heute die Ukraine, verteidigen würde und das wusste man im Kreml. Dennoch gab es unter russischen Militärs gelegentlich Planspiele, die sich erstaunlich intensiv mit Österreich befassten. Das wichtigste davon war die Aktion „Polarka“, die davon ausging, dass die UdSSR das abtrünnige Jugoslawien Titos zur Ordnung ruft und dass Österreich bei dieser Gelegenheit „seine Neutralität missachtet“, was der UdSSR „zwingt“, einen gravierenden Fehler Nikita Chruschtschows wieder gut zu machen. Nach glaubwürdigen Aussagen hat Marschall Gregori Schukow dieses Planspiel sehr ernst genommen, aber Chruschtschow sei der Stärkere gewesen.

Was wurde aus den vielen hier angeführten Neutralen? Alle sind heute NATO–Mitglieder oder wollen es wie Schweden und Finnland werden. Alle begründen das mit ihrer Erfahrung.

Österreich müsste also starke Gründe haben, warum es der NATO fernbleibt. Der wirksamste ist der Umstand, dass der Beitritt Geld in Form massiver Aufrüstung kostete. Vor allem aber können sich die Österreicher nach wie vor relativ sicher fühlen, sind sie doch von der waffenstarrenden Schweiz und lauter NATO- Staaten umgeben. Trittbrettfahren ist also ungleich billiger. Stellt sich die Frage, warum es nicht alle Staaten wie Österreich machen? Die rationale Antwort lautet: Weil das System dann implodierte und Putin demnächst Europa beherrschte. Die moralische Antwort wollen wir nicht hören: „neutral“ ist ein Mann, der sieht, wie jemand einen anderen mit Füßen gegen den Kopf tritt und vorbeigeht, weil er sich entschlossen hat, sich nie einzumengen.

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Der Wahnsinn, den ORF krank zu sparen

Der Öffentliche Rundfunk ist der einzige ernstzunehmende Gegenspieler der asozialen Medien bei der sich selbst verstärkenden Verbreitung falscher Informationen.

Zu fordern, dass der ORF 300 Millionen Euro einspart, ist medienpolitischer und demokratiepolitischer Wahnsinn. Schon jetzt erhält der ORF mit 645 Millionen hinter der (allerdings mehrsprachigen) Schweiz mit 1,24 Milliarden und Deutschland mit 8,42 Milliarden den mit Abstand geringsten öffentlichen Zuschuss der Sendeanstalten des deutschen Sprachraums. Es ist zwar noch unklar, wie hoch die neue Haushaltsabgabe, die die GIS -Gebühr ersetzen soll genau ausfällt, aber dass sie um 2 Euro niedriger als die aktuelle Gebühr ausfallen müsse, ist angesichts dieser Gegenüberstellung absurd. Wobei jeder, der von Medien die geringste Ahnung hat, weiß, dass der Sender eines kleinen Landes zur Herstellung eines ansprechenden Programms nicht weniger Mitarbeiter braucht als ein Sender im großen Deutschland.

Die Kosten sind weit voran Personalkosten. In den letzten 15 Jahren hat der ORF bereits 900 Mitarbeiter abgebaut – er kann nur die Qualität seines Angebots vermindern, wenn er 300 Millionen einsparen soll.

Dass die sparsame Schweiz mit ihrer einsamen demokratischen Tradition ihren Rundfunk öffentlich so viel besser finanziert, sollte bei Karl Nehammer und Werner Kogler die Alarmglocken schrillen lassen: Ein starker öffentlicher Rundfunk ist eine der wichtigsten Voraussetzungen funktionierender Demokratie und er ist es derzeit mehr den je: Nur er kann mit seinem Marktanteil von 85 Prozent den  dem Informationschaos Paroli bieten, in das uns die „Sozialen Medien“  mit dem etwa gleichen  Marktanteil  gestürzt haben.

Bei einer israelischen Firma kann man bekanntlich für ein paar Millionen die Möglichkeit kaufen, im Wege der sozialen Medien eine Person, eine Firma oder eine Regierung fertig zu machen. Cambridge analytics hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Briten für den Brexit stimmten, russische Troll-Fabriken trugen entscheidend dazu bei, dass nachteilige Informationen über Hillary Clinton sie die Wahl gegen Donald Trump verlieren ließ. Und der hätte via Twitter um ein Haar nicht nur den Sturm aufs Kapitol ausgelöst, sondern die Demokratie der USA ausgelöscht.

Verfügungsgewalt über Information verleiht mehr Macht als Verfügungsgewalt über Geld und ist allenfalls militärischer Macht vergleichbar. Korrekte Information ist der vielleicht größte demokratische Wert, den es derzeit zu schützen gilt und ein starker öffentlicher Rundfunk ist dazu am ehesten geeignet.

Denn das Geschäftsmodell der „Sozialen Medien“ sorgt für das Gegenteil korrekter Information: Facebook erhält umso mehr Werbegeld, je mehr „Klicks“ es verzeichnet und es verzeichnet umso mehr Klicks, je mehr seine Informationen polarisieren. Wenn jemand Herbert Kickls Information anklickt, dass Impfungen „Diktatur“ sind, sorgen Algorithmen dafür, dass er auch gleich auf die Fehlinformation von Dagmar Belakowitsch stößt, wonach auf den Intensivstationen mehr Impfungsgeschädigte als Covid-Patienten liegen. Die sozialen Medien verdienen daran, persönliche Vorurteil maximal zu verstärken, deshalb eigen sie sich so ideal zur Manipulation von Wahlen: Wer eine EU kritische Information anklickt, erhält sofort drei weitere dazu.

Das ist das exakte Gegenteil dessen, was das Gesetz der Nachrichten- Redaktion des ORF vorschreibt: Sie ist nicht nur verpflichtet, jede Information eingehend zu prüfen, ehe sie sie weitergibt, sondern wenn möglich auch Gegenstimmen Betroffener einzuholen. Man kann den ORF wegen verfehlter Informationen verklagen. Er muss sie widerrufen und wird bestraft. Bei sozialen Medien ist das Einklagen ungleich schwieriger, der Widerruf dauert länger, die Strafen sind lächerlich im Verhältnis zu den Profiten.

Intelligente Politiker in der EU oder den USA sehen es daher als eine der dringlichsten Aufgaben an, die Macht der sozialen Medien der nötigsten Kontrolle zu unterwerfen, sie in manchen Fällen sogar so zu zerschlagen wie es Antitrustgesetze bei marktbeherrschenden Produktionsunternehmen erlauben. Da ist es so anachronistisch wie absurd, wenn Österreichs Regierung dabei ist, den ORF als einzig ernstzunehmenden Gegenspieler der sozialen Medien am Informationsmarkt durch Sparmaßnahmen zu schwächen.

Nebenher ist das Sparen verfehlt: Alles Geld, das der ORF erhält, bleibt ja im Wirtschaftskreislauf und wird dabei mehr:  vom ihm mitproduzierte Filme befördern die Filmindustrie, das ORF-Symphonie Orchester ermöglicht musikalische Events und beide sind Teil des BIP. Den Spartenkanal Sport plus einzustellen, bedeutet nur, Randsportarten um ihre Sponsoren zu bringen.

Wenn es am ORF etwas zu verändern gilt, dann seine Abhängigkeit von der Parteipolitik. Es braucht endlich einen Stiftungsrat, in dem Richter, Ordinarien für Publizistik, Vertreter der Filmakademie und natürlich der Nachrichtenredaktion die Mehrheit bilden, um dann dennoch grundsätzlich geheim abzustimmen, wenn der Generaldirektor und die Direktoren des ORF gewählt werden. Auch das Mitspracherecht der Landeshauptleute bei den Landesdirektoren gehört beseitigt. Zugleich muss die Verfassung normieren, dass der einmal festgelegte öffentliche Zuschuss mit der Inflation steigt, so dass die Möglichkeit wegfällt, seine Anhebung von der Erfüllung politischer Wünsche abhängig zu machen.

Nehammer und Kogler müssten einen unabhängigen, starken ORF um der Demokratie willen wirklich wollen -zu verwirklichen ist er einfach.

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Was Sanktionen können- und was nicht

Die Teuerung wurde nicht, wie die FPÖ behauptet, durch die „Sanktionen“ ausgelöst– aber es werden falsche Hoffnungen an sie geknüpft. Ein Gas – Embargo wäre ein Eigentor

Dass die FPÖ bei den NÖ- Wahlen erstmals vor der SPÖ landet, war zu erwarten – dass alle Umfragen sie bundesweit vorne sehen ist eine sozialdemokratische Leistung: Indem Pamela Rendi-Wagner die Regierung mit den gleichen Worten wie Herbert Kickl kritisiert, bestärkt sie Ahnungslose in der Meinung, dass er rundum Recht hätte.

Die FPÖ kann noch so oft versagen – sie kommt zurück und wächst. H.C. Strache konnte einer angeblichen Oligarchin eben erst versprechen, ihr die Staatsaufträge zuzuschanzen, die er politischen Gegnern entzieht – die Wähler haben es vergessen. Es gibt keine Partei, die im Verhältnis zu ihrer Regierungsbeteiligung mehr Korruption verantwortet – die Vorgänge in der Grazer FPÖ sind symptomatisch – dennoch nehmen Wähler ihr ab, dass sie die Korruption beendet. Es gibt kein anderes Land, in dem eine faschistoide Grundhaltung ähnlich verbreitet wäre: die Überzeugung, dass „die da oben“ – die Politiker – unfähig wären, dass ein „starker Mann“ alles besser machte, und dass „wir“ – die Österreicher – ungleich besser als alle „anderen“ – Migranten und Ausländer – wären. Herbert Kickl wird H.C. Strache an Erfolg noch übertreffen, denn er hat die aktuell optimale Strategie entdeckt: Er behauptet, dass „die da oben“ – die Regierung – schuld an der aktuellen Teuerung wäre, indem sie sich an den „Sanktionen“ beteiligt hat, die nur „anderen“ – den Ukrainern – nützen. Wie Kickls meisten Behauptungen ist auch diese im Kern falsch: Die massive Drosselung der Öl-Förderung, die der hohen Inflation zu Grunde liegt, wurde von der OPEC und Putin schon 2018/19 in Vorbereitung seines Krieges beschlossen. Und Putin benützte die Abhängigkeit der EU von seinem Erdgas auch dann als Waffe, wenn ihm keine Sanktionen angedroht worden wären, weil es seine mit Abstand stärkste Waffe gegen die Unterstützung der Ukraine ist. Eigentlich müsste Kickl zugestehen, dass er gegen diese Unterstützung ist, und Alexander Van der Bellen hat zu Recht erklärt, dass er so jemanden nicht mit der Regierungsbildung betraute. Aber Kickl muss dieses Eingeständnis nicht machen: Die Gleichzeitigkeit von Sanktionen und Teuerung genügt FP-Wählern, das eine für die Ursache des anderen zu halten.

Dennoch gibt es in Kickls Argumentation auch ein Korn Wahrheit, auf das ich eingehen möchte. Es gibt nur zwei gegen Wladimir Putin gerichtete Sanktionen, die große Wirkung entfalten und uns mit Sicherheit null Probleme bereiten: Russland jeden Zugang zu Hochtechnologie zu sperren, denn das wirft seine industrielle Produktion auf Jahrzehnte hinaus zurück und erschwert zugleich unmittelbar seine Waffenproduktion. Und die Vermögen Russlands und aller Unterstützer Putins einzufrieren und sie bei der Reise in die EU dem Risiko der Verhaftung auszusetzen. Beides wird zwar nach menschlichem Ermessen weder Putin stürzen noch den Ukrainekrieg beenden, aber es kann dazu beitragen, ihn doch nach einem Kompromissfrieden suchen zu lassen.

Dagegen mindert ein Öl-Embargo der EU zwar Putins Einnahmen, aber es gibt genug Abnehmer außerhalb der EU, um diese Minderung nicht dramatisch ausfallen zu lassen. Für die Wirtschaft der EU ist weniger russisches Öl zwar auch nicht lebensgefährlich, aber doch mit Problemen verbunden. Dass der „Westen“ sich im Rahmen der Sanktionen auf einen Maximalpreis für russisches Öl zu einigen vermochte, beantworten Russland und OPEC seit 2022, indem sie die Förderung weiter zu drosseln suchen, so dass der Ölpreis nur in Grenzen fällt, obwohl die USA ihr Fracking ausweiten. Allerdings befördert weiterhin eher teures Öl wie nichts anderes die Erschließung alternativer Energien, die uns alleine befähigt, eine Klimakatastrophe abzuwehren.

Weit kritischer wäre ein Erdgas- Höchstpreis, den die EU denn auch nicht beschlossen hat: Zwar könnte Russland sein Gas mangels Leitungen nicht so leicht teuer an andere Abnehmer verkaufen, aber Europa, Deutschland und allen voran Österreich litten dramatisch unter einem Lieferstopp: LNG aus den USA, das die Lücke vor allem füllen müsste, kostet das Doppelte von russischem Gas. Für Deutschland vermochten deutsche Ökonomen für den Fall des Lieferstopps in ihrer Modellrechnung überhaupt keine tragfähige Zahl für das zu erwartende BIP-Minus zu ermitteln – für Österreich sähe es noch schlimmer aus.

Gleichzeitig strotzt die These, dass der russische Staat durch Embargos pleite gehen könnte, wie Ratingagenturen glauben machten, nachdem sie die russische Währung auf Ramschniveau heruntergestuft hatten, von ökonomischer Ahnungslosigkeit: Staaten, die über eine eigene Notenbank verfügen, können immer für genug Geld sorgen – sie können Geld nur schwer am Kapitalmarkt aufnehmen oder ihre Währung gegen Devisen tauschen. (Im Übrigen hat Russland trotz Beschlagnahmen auch noch ausreichend Devisen.) Genauso falsch ist die Vorstellung, dass Putin dank Embargos zu wenig Geld für Waffen und Munition für seinen Krieg haben könnte. Russische Waffen kauft er mit russischen Rubeln, die ihm seine Notenbank beliebig liefern kann – ausländische Waffen braucht er nicht. Waffenimporte machen nur gerade 0,7 Prozent der gigantischen russischen Waffenexporte aus, die die zweitgrößten hinter der USA sind.

Man kann (soll) Putin durch größere Waffenlieferungen an die Ukraine am Schlachtfeld zum Einlenken in seinem Krieg zwingen – durch Rohstoff- Embargos kann man es nicht.

 

 

 

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Die Leiden der Technik unter der Emotion

Kann Kernenergie grün sein? Können E-Autos das CO2 -Problems verschärfen? Kann Technik den Klimawandel am besten bekämpfen? Die Schwierigkeit, es sachlich zu diskutieren.

Wenn man Österreichs Krieg gegen Kernkraft für verfehlt hält, weiß man, dass man auf heftigsten sachlichen wie emotionalen Widerstand trifft. „Die Enttäuschung, dass der anlassgebende Beitrag redaktionell freigegeben wurde ist groß“, schrieb Falter-Leserin Christa Wieland an Florian Klenk. Ich muss hoffen, dass man auch in der Vielfalt redaktioneller Information einen Wert sehen kann: Texte, wonach Kernkraft gefährlich und unwirtschaftlich sei, sind so zahlreich, dass es erlaubt sein sollte, einmal auch die Argumente vorzubringen, die Hannes Androsch, Science Buster Werner Gruber, die EU- Kommission oder mich die Kernkraft nicht abschreiben lassen, seit gesichert ist, dass man ihren strahlenden Müll zu tragbaren Kosten endlagern kann, indem man ihn mit Neutronen beschießt.

Zu meinem Erstaunen bin ich auf vergleichbar emotionalen Widerstand gestoßen, als ich argumentierte, dass Technik den Klimawandel erfolgreicher bekämpfe, als „systemische Veränderung“.  Solarparks auf einem Hundertstel der Fläche der Sahara, so schrieb ich, könnten mehr CO2 vermeiden, als Energiesparappelle.

„Alle paar Wochen“, entgegnet Falter -Leser Jürgen Gehbert, „öffnet uns P.M. Lingens ein Schaufenster ins letzte Jahrtausend, als man gemeinhin noch dachte, Technologien könnten die Klimamisere ohne Notwendigkeit für systemische Veränderung lösen…Bei den meisten Menschen in der Energiebranche verursacht das höchstens Kopfschütteln… Trotz des Glaubens an neue Technologien bezweifelt er… dass ein E-Auto seinen CO2-Ausstoß senken könnte. Na ja, was will man da noch sagen?“

Statt etwas zu sagen zitiere ich Georg Brasseur, emeritierter Professor für elektrische Messtechnik der TU Graz: „Woher sollen wir genug Strom nehmen, um E-Autos sinnvoll zu betreiben? Es ist unverantwortlich von der Politik ein System durchsetzen zu wollen, von dem klar ist, dass es bei Vollausbau nicht funktionieren kann, da mehr Stromverbraucher ans Netz kommen, als grüne Kraftwerke gebaut werden“.

Bei der zentralen Frage, ob Technik mehr bringe, als systemischer Wandel vertiefte Falter-Leser Alexander Tillinger Gehberts Kritik an meiner Sicht so „Merken Sie denn nicht, dass Sie technisch und ökologisch in einem vergangenen Jahrhundert leben? Woran erkennt man Verbohrtheit? Daran, dass der Betroffene es selbst nicht merkt. Tragisch.“

Mittlerweile führen Tillinger und ich eine gewinnbringende sachliche Auseinandersetzung zu dieser Frage. So wusste ich, als ich meinen Text schrieb, nicht, dass es das Sahara-Projekt, das ich vorschlug bereits gibt und dass es unter dem Namen „Desertec“ beinahe verwirklicht worden wäre. Siemens -Ingenieure hatten nicht anders als ich errechnet, dass ein Solarpark auf einem Hundertstel der Fläche der Sahara genügend Energie für den ganzen Erdball liefern könnte. Die Anlage sollte in Tunesien errichtet werden und über ein Kabel durchs Mittelmeer Strom an Europa liefern.

Tillinger kannte das Projekt und wusste, warum es aufgegeben wurde. Den letzten Stoß versetzte ihm ein tunesischer Polit-Aktivist, der erklärte, dass es „kolonialer Ausbeutung“ diene – Tunesien solle Europa Strom liefern und nichts davon haben – doch Siemens bestreitet das glaubwürdig, denn der gemeinsame Vorteil ist evident. Entscheidend war vielmehr zweifellos, dass sich in Europa zum errechneten Preis nicht genügend Abnehmer für den Wüsten-Strom fanden.

Tillinger und mein Kollege Erwin Iwaniewicz nannten mir dafür gute Gründe: Es sei nicht mehr richtig, dass Großkraftwerke sich am besten eigneten, grüne Energie zu liefern, denn es entstünden zu große Verluste bei ihrem Transport an die Stelle, wo sie gebraucht wird. Zugleich wären Solarpanele so effizient und preiswert, dass es günstiger sei, sie vor Ort zu installieren. Zudem wären dezentrale grüne Stromquellen sicher vor militärischen Angriffen.

In Summe hätte mich das um ein Haar überzeugt, dass Wüstenstrom tatsächlich von gestern ist, wenn Professor Brasseur nicht behauptete: „Grüne Energie sollte dort hergestellt werden, wo sie gut geerntet werden kann. Die gleichen Solarzellen erzeugen in Nordafrika bei gleichem Ressourceneinsatz zwei bis dreimal soviel Energie wie in Mitteleuropa.“

Davon geht der Brite Simon Morish aus, dessen Firma Xlinks derzeit in Marokko auf 15.000 km2 einen Solarpark errichtet, der grünen Strom nicht mehr wie Siemens mit Parabolspiegeln, sondern mit Solarpanelen erzeugt und ab 2028 an Großbritannien liefern soll. Marokko hat Xlinks die dafür benötigte Fläche verpachtet, obwohl kein Strom nach Marokko fließt, denn es hat genügend eigene Solarparks und freut sich über die von Morish geschaffenen Jobs. Die Megawattstunde Strom soll nicht einmal ein Zehntel des für Desertec errechneten Betrages kosten und über ein neuartiges Hochspannungs-Gleichstromkabel mit minimalen Verlusten acht Prozent des britischen  Bedarfs decken.

Das diesbezüglich führende Frauenhofer Institut für Solare Energiesysteme hält das Projekt für erfolgversprechend, statt es dem vergangenen Jahrhundert zuzuordnen. Für das aktuelle Jahrhundert erhoffe ich daher ein gleichermaßen von weltpolitischen, militärischen und wirtschaftlichen Interessen geformtes, maximal ergiebiges Nebeneinander von Wüsten-Solarparks, Windparks im Meer, Kernkraft und lokalen Solarpanelen und Windrädern. Die jeweils verwirklichte Lösung wird immer eine technische sein – aber es bedarf vermutlich eines systemischen Wandels, sie sachlich zu diskutieren.

 

 

 

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Teure Geschenke für die ÖVP- Klientel

Die Regierung unterstützt Unternehmen, die weder durch die hohen Energiekosten noch durch Konkurrenz gefährdet sind. Das vermindert Investitionen gegen den Klimawandel

Die Aktionen der „letzten Generation“ sind mir denkbar unsympathisch: Wenn Gemälde angeschüttet oder Konzerte gestört werden, wird das Beste entwertet, was die Menschheit geschaffen hat: Kunst. Gleichzeitig habe ich für diese Aktionen größtes Verständnis: Zehn Minuten Unterbrechung des Neujahrskonzerts wären keine Katastrophe gewesen – die Klimakatastrophe kostete Millionen Menschen das Leben. Sie zu verhindern ist die mit Abstand wichtigste Aufgabe unserer Generation und wir sind damit dramatisch im Rückstand: Ohne Lockdowns hätte sich der CO2-Ausstoß der EU um nichts verringert – in Österreichs ist er sogar gestiegen.

Meines Erachtens bestünde die wirksamste Gegenmaßnahme darin, die Chinesen bei der Errichtung eines Mega-Solarparks in der Wüste Gobi zu unterstützen, mit dessen grünem Wasserstoff sie den CO2-Ausstoß ihrer gigantischen Stahlproduktion verringern könnten. Dass die von der EU mit dem Programm „Fit for 55“ ergriffenen Maßnahmen ihren CO2-Ausstoß ausreichend verringern, bezweifle ich: Die Investitionen in grüne Energie sind weiterhin zu niedrig, die CO2-Steuern nicht hoch genug. Auch der Erfolge der aktuell prominentesten Maßnahme, die sündteure Förderung der E- Mobilität scheint mir unverändert problematisch: Mit dem Professor der TU Graz Georg Brasseur fürchte ich, dass der für Millionen E- Autos zusätzlich benötigte Strom in den meisten Ländern noch lange mittels Kohle hergestellt werden muss. Denn zusätzlichen grüner Strom verbrauchten künftig ja auch Millionen Wärmepumpen, die großen Stahlschmelzen, vor allem aber alle Produktionsanlagen die bisher mit fossiler Energie betrieben wurden und „grün“ werden sollen. Zwar hat Österreichs Regierung die Förderung betrieblich genutzter E-Fahrzeuge heuer etwas reduziert, aber das reduziert einen meines Erachtens grundsätzlichen Fehler nur marginal.

Dennoch musste ich der Regierung einen bisher vernünftigen Umgang mit verteuerter Energie bescheinigen: Sie hat begriffen, dass der Staat nicht Jedem finanziell beistehen, sondern nur die Schwachen unterstützen kann. Mindestens die Hälfte der Österreicher kann die höheren Benzin- Gas- Strom- oder Nahrungsmittelpreise, wenn auch verärgert, stemmen. Sie mit Steuergeld zu unterstützen, hieße, Ihnen Geld zu geben, das ihnen als Steuerzahler gleich wieder abgenommen werden müsste. Als besonders dumm hat sich die „Deckelung“ durch Abschaffen einer Steuer erwiesen. Dass Deutschlands Finanzminister die Mehrwertsteuer auf Treibstoff senkte hat den Staat rund drei Milliarden Euro Steuereinnahmen gekostet und den Preis von Treibstoff kaum gesenkt – nur die Gewinne der Unternehmen erhöht, die damit handeln. Das gilt im Prinzip auch für die von der SPÖ unverdrossen geforderte Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Der mögliche Steuerausfall wäre aber so gering, dass man diese Maßnahme, um ihrer Popularität willen, riskieren kann: vielleicht reagiert der Lebensmittelhandel nicht ganz wie der Treibstoffhandel. Normalerweise ist es immer kostengünstiger, die Beihilfen für die wirklich sozial Schwachen deutlich zu erhöhen, wie das die Regierung getan hat, und der Gesamtbevölkerung nur gewisse Mindestkontingente an Energie verbilligt zur Verfügung zu stellen. Die Treffsicherheit war damit nicht optimal – aber das war sie nirgends.

Jetzt aber geht es um die noch viel schwierigere Unterstützung der Industrie. Anders als bei den Bürgern muss ihre Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Deutschland hat zu diesem Zweck große Beträge lockergemacht, obwohl das nicht automatisch einleuchtet: Die Verteuerung der Energie hat ja selbst die USA oder China nicht viel anders als die EU getroffen, so dass sich an den Konkurrenzverhältnissen nicht so viel geändert haben sollte – schon gar nicht innerhalb der EU oder innerhalb Österreichs. Aber wenn Deutschland „wummst“, müssen wir als wichtigster Handelspartner nachziehen. Freilich nur bei den Unternehmen, die mit deutschen Unternehmen in Konkurrenz stehen und denen die hohen Energiepreise auch ernsthaft schaden. Bisher hat man diesbezüglich unterschieden- jetzt hat die ÖVP durchgesetzt, dass es kaum mehr Unterscheidungen gibt: Auch Unternehmen ohne jede deutsche Konkurrenz und ohne übermäßige Energiekosten- etwa Hotels- erhalten gewaltige Unterstützung. Dürften einem Unternehmen im deutschen Modell heuer 14 Prozent der Energiekosten ersetzt werden, so dürften es im österreichischen Modell 45 Prozent sein.

Zwar hat Österreich gemäß EU-Vorgabe wie Deutschland fünf Förderstufen, in denen mit der Höhe der Förderung und deren Länge auch immer strengere Bedingungen erfüllt sein müssen, aber in Österreichs unterster Förderstufe ist sind Unternehmen nicht gezwungen, eine gewisse Mindest- Energie-Intensität nachzuweisen. Damit steigt die für Unternehmensförderung vorgesehene Summe von 1,5 auf fünf bis zu neun Milliarden.

Gleichzeitig wird die Körperschaftssteuer von 25 Prozent auf 23 Prozent im Jahr 2024 gesenkt, weil das angeblich die Investitionen fördert. Die Realität: in den letzten Jahrzehnten wurden die ursprünglich auf Unternehmensgewinne entfallenden Steuern halbiert und die Investitionen sind so gering wie nie zuvor, weil sie von ganz anderen Kriterien abhängen. In Summe erfüllt die grün-schwarze Regierung damit unnötig Forderungen schwarzer Klientel – das kostet den Staat Geld für nötige Investitionen in grüne Energie.

 

 

 

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Die Teichtmeister-Tragödie

Auch das bloße Herunterladen kinderpornografischen Materials wird zu Recht mit Gefängnis bis zu drei Jahren geahndet, weil es dieser Konsum ist, auf dessen Basis Kinderpornographie produziert und Kindern schwerster psychischer Schaden zugefügt wird.

Dennoch irritiert mich die Art und Weise, in der der tiefe Fall Florian Teichtmeisters medial abgehandelt wird. Der Schauspieler muss nicht nur mit einer hohen Strafe rechnen, hat er doch sogar selbst Kinder fotografiert und nicht weniger als 58.000 Dateien heruntergeladen, sondern auch seine Kariere ist beendet, obwohl er darin zweifellos einen Teil seiner psychischen Probleme verarbeiten konnte.

Dass er mit seiner schweren psychischen Störung jetzt durch Tage am Prange steht, weil er prominent ist, ist wahrscheinlich unvermeidlich, aber niemand sollte sich wundern, wenn er sich umbringt. Was können Burgtheater und Filmteam für Teichtmeister? Absurd war meines Erachtens, dass man ernsthaft erwog, den Film „Corsage“ In dem Teichtmeister Kaiser Franz Joseph spielt, als Kandidaten für den Auslands-Oscar zurückzuziehen, und dass Burgtheaterintendanz und Filmteam sich immer wieder rechtfertigen müssen, Teichtmeister beschäftigt zu haben, obwohl die von ihnen vorgebrachte Erklärung denkbar glaubwürdig ist; man habe Teichtmeister abgenommen, dass der Verdacht des angeblichem Konsums von Kinderpornographie sich demnächst erledigen würde, weil ihm nur Behauptungen seiner ehemaligen Lebensgefährtin zu Grunde lägen, die sich dafür räche, dass er sie verlassen hat. Dass er das überzeugend vortrug, obwohl er vor dem U-Richter gleichzeitig ein vollständiges Geständnis ablegte, ist kein Widerspruch: Jemand, der seit Jahrzehnten gesunde Sexualität vorspielt, obwohl ihn in Wirklichkeit Kinderpornographie befriedigt, ist nicht nur auf der Bühne ein überzeugender Schauspieler.

Ich verstehe auch nicht, dass die Kinos „Corsage“ absetzen sollen oder wollen, obwohl es angeblich ein sehr guter Film ist. Franz Joseph/Teichtmeister propagiert darin ja nicht Kinderpornographie, sondern führt überzeugend eine missglückte Ehe vor. Sippenhaftung aller Kulturschaffenden, die Teichtmeister je beschäftigt haben, ist einer Kulturnation unwürdig.

PS: Nachdem ich näher Einzelheiten über den Verlauf der Affäre erfahren habe (ich bin seit einer Woche gerade n Spanien und die Informationen aus Österreich sind hier spärlich) muss ich meine oben geäußerte Ansicht teilweise korrigieren: Es gab in Theaterkreisen offenbar die Information, dass der Verdächtigung gegen Teichtmeisters nicht nur die Anzeige seiner ehemalige Freundin sondern darüber hinaus die Beschlagnahme von Datenträgern zu Grunde lag. Angeblich war sogar bekannt, dass Aufnahmen, die er selbstgemacht hatte, mit zu den Indizien gegen ihn gehörten. Das hat einige von Teichtmeisters Arbeitgebern zu Recht veranlasst, ihn trotz seines glaubwürdigen Leugnens solange nicht mehr zu beschäftigen bis das Verfahren gegen ihn eingestellt ist. Es muss also wirklich in jedem Einzelfall – sowohl bei der Intendanz des Burgtheaters wie bei den Verantwortlichen von „Corsage“ im Detail geprüft werden, wer wann wieviel wissen konnte. Die kommende Ausgabe des Falters soll entsprechende Recherchen enthalten.

„Corsage“ aufführen soll man jedenfalls trotzdem, auch wenn es keinen Oscar mehr gewinnen kann.

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Bekämpft die Ampel die Inflation besser?

Jörg Leichtfried (SPÖ)hält die Maßnahmen von SPD, FDP und Grünen im Kampf gegen die Inflation für viel besser als die von Grünen und ÖVP. Ein Versuch das zu überprüfen

 Der Abgeordnete der SPÖ Jörg Leichtfried verwahrt sich gegen meinen Vorwurf, die oft wortgleiche Fundamentalkritik Herbert Kickls und Pamela Rendi Wagners an der Arbeit der Regierung befördere faschistoide Politikverdrossenheit und trüge zur ökonomischen Verdummung bei: „Die Lage ist dramatisch, die Regierung ratlos. Dabei zeigen andere Länder vor, wie die Inflation gedämpft, die Preise gesenkt werden können Der Regierung in Deutschland, die einen Gaspreisdeckel und Sofort-Hilfen für Unternehmen und Haushalte fixiert hat, wird man kaum ökonomische Verdummung vorwerfen.“

Zur faschistoiden Politikverdrossenheit hat das SORA -Institut für den inkriminierten Zeitraum Zahlen ermittelt: Das Vertrauen in die Regierung ist von 42 auf 33 Prozent gesunken; erstmals lehnt nur eine Minderheit (48 Prozent) einen „starken Führer“ ab, „der sich nicht mehr um Parlament und Wahlen kümmert.“ Nicht dass das nur an der rot-blauen Fundamentalopposition gelegen wäre – doch dass sie dazu beigetragen haben könnte, sollte Leichtfried nachdenklich stimmen.

Damit zu seiner Behauptung, dass die schlechte Leistung der im Kampf gegen die Inflation „ratlosen“ Regierung den Vertrauensverlust rechtfertigt. Ich hoffe, dass man sich darauf einigen kann, dass sich die Leistung von Regierungen im Kampf gegen die Inflation nur vergleichen lässt, indem man auch vergleicht, wie die jeweilige Inflation beschaffen ist. Die mit Abstand geringste gab es im Oktober mit 3 Prozent in der Schweiz – gegenüber 11 Prozent in Österreich. Aber nicht weil die Schweizer Regierung sich jetzt so genial, sondern weil sie sich in der Vergangenheit so klug verhalten hat: sie hat die Wasserkraft maximal ausgebaut und dazu Atomkraftwerke errichtet – sie ist Energieautark. Österreich hat seine Wasserkraft weitgehend genutzt, aber etwa auf das Kraftwerk Hainburg verzichtet und sich mit Bruno Kreiskys Atomsperrvertrag von der Kernkraft entkoppelt. Die wieder ist der Hauptgrund, weshalb Frankreich, obwohl derzeit nur die Hälfte seiner Atommeiler läuft, im Oktober nur eine Inflation von 6,2 Prozent verzeichnete. Ähnlich niedrig war sie mit 7,5 Prozent in Spanien, weil es weiter preiswertes Erdgas aus Algerien bezieht, während  Österreich – nicht zuletzt auf Grund der Politik SP-geführter Regierungen – doppelt so stark wie selbst Deutschland von extrem verteuertem russischen Erdgas abhängt. So gesehen ist es erstaunlich, dass  Österreichs Inflation im Oktober mit 11 Prozent nur 0,7 Prozent über der deutschen von 10,3 Prozent lag. Auch dort ist sie übrigens wie bei uns seit August ständig gestiegen, ehe der milde November sie überall etwas sinken ließ. Ich möchte daher auf die in Deutschland angeblich so erfolgreiche „Deckelung“ eingehen. Einen echten Deckel – ich hoffe darauf kann man sich einigen – gibt es nicht, denn dazu müsste man Putins Krieg und Xi Jinping Null-Covid -Politik beenden. Aber eine Regierung kann ihre finanzschwächsten Bürger durch Subventionen und Steuerermäßigungen besser oder schlechter vor Elend und sie kann ihre Wirtschaft besser oder schlechter vor einem Absturz bewahren. Der diesbezüglich erste Versuch der „Ampel“ hat darin bestanden, die Steuer auf Treibstoff zu senken – mit dem Erfolg, dass dem Staat Milliarden entgingen, die der Treibstoffhandel eingesackt hat, so dass die Treibstoffpreise dennoch kaum stärker als in Österreich sanken. Ein vergleichbares Fiasko hat Österreichs Regierung vermieden.

Was den Schutz finanzschwacher Österreicher betrifft, verweise ich auf das gewerkschaftsnahe „Momentum“- Institut: Die Beträge, die Geringverdienern zugeflossen sind, waren mindestens so groß, wie die ihnen durch die Inflation erwachsenen Mehrkosten. Gleichzeitig hat Schwarz Grün vor der Ampel zwei Reformen beschlossen, die den Menschen mehr Geld in der Tasche lassen: Die kalte Progression wurde abgeschafft; vor allem aber werden zum langfristigen Vorteil Finanzschwacher Beihilfen automatisch mit der Inflation erhöht.

Die „Gaspreisbremse“ der Ampel, ist umstritten: Vorerst weiß niemand, ob sie bringt was sie kostet. Genau so wenig weiß vorerst jemand, wie gut unsere Strompreisbremse – das Liefern bestimmter Stromkontingente zu einem subventionierten Festpreis – funktioniert. Der größte Fehler – dass durch „deckeln“ keiner mehr Strom sparen muss – wurde jedenfalls vermieden – ob Bedürftigkeit erfolgreich berücksichtigt wurde wird sich zeigen. Der Versuch wurde jedenfalls unternommen.

 Entscheidend wird wohl sein, welche Regierung ihre Wirtschaft letztlich besser davor bewahren konnte, auf Grund verteuerter Energie einzubrechen. Für das laufende Jahr erwarten IHS und WIFO für Österreich ein BIP-Plus von rund 4,7 Prozent. In Deutschland geht die Mehrheit der Institute von 1,6 Prozent Wachstum aus, was zumindest nicht zwingend für die bessere deutsche Politik spricht.

 PS: Ich möchte meinen vorwöchigen Text über Auswege aus der Klimakrise ergänzen: Den besten Wirkungsgrad haben immer E-Motoren. Bisherige Autos subventioniert gegen Batteriebetriebene zu tauschen freut zwar die deutsche Autoindustrie, senkt den CO2 -Ausstoß aber solange nicht, als der zusätzlich benötigte Strom nicht fast nur grün erzeugt wird. Brennstoffzellen statt Batterien, wie bei Toyota brauchen allerdings grünen Wasserstoff, der derzeit noch rarer ist. Höhere Reichweite und kurzes Tanken begünstigt nur Fernlaster sicher-  bei PKWs hängt alles an der Fortentwicklung. Die warte ich ab.

 

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Der gangbare Ausweg aus der Klimakrise  

Viel Sonne und viel Platz können Erdöl und Gas ersetzen. Afrika hat davon jede Menge – es braucht nur die Projekte. Österreich hat besonders viel geeignete Technologie

Es widerspricht zwar dem grünen Traum von der Rückkehr zur Natur, aber nicht die enthaltsame Änderung unseres Konsumverhaltens wird uns vor der Klimakatastrophe bewahren – die Konferenz in Scharm el Scheikh hat gezeigt, wie wenig es sich ändert – sondern nur überlegene Technologie, voran „grüner Wasserstoff“ wird das können. Alleine in Afrika gibt es genug Platz und Sonne, um den Energiebedarf der Weltwirtschaft auch ohne Erdöl und Erdgas zu decken: Immer effizientere Solaranlagen können jede Menge Sonnenenergie aufzunehmen; man kann ihren sicheren Betrieb gewährleisten, indem man die betreffenden afrikanischen Staaten fair am Ertrag beteiligt; Wasserstoff eignet sich, die gewonnene Energie zu speichern, zu transportieren und wieder abzugeben; ja man kann der Luft sogar CO2 entziehen, um damit künstlichen Treibstoff herzustellen. Man muss die entsprechenden Projekte nur in Angriff nehmen, statt wie manche Grüne den Weltuntergang durch industrielle Technik unterbewusst herbeizusehnen.

Absurder Weise muss man den Ukrainekrieg in diesem Zusammenhang ein historisches Glück nennen: Er alleine war imstande, der Erschließung grüner Energie Tempo zu verleihen und wir haben das Glück die nötigen Unternehmen zu besitzen. Die Angst vor einem kalten Winter verlieh Flügel, obwohl sie übertrieben ist, weil der Gaspreis schon sinkt. Wladimir Putin wird den Gasfluss zwar soweit drosseln, dass er nicht zu tief sinkt, aber er wird nicht aufhören Erdgas zu liefern, weil er das Geld braucht. Der technologische Wandel muss nicht hysterisch, er kann überlegt geschehen. So werde ich meine Gasthermen nicht sofort durch eine Wärmepumpe ersetzen, obwohl der Staat das hoch subventioniert. Ich bleibe dabei, dass man vorhandene Thermen kostengünstig so adaptieren kann, dass sie sich mit einem Gemisch aus Erdgas und grünem Wasserstoff betreiben lassen. Genau so wenig werde ich mein Auto hysterisch gegen ein E-Auto tauschen. Voran weil ich zweifle, dass das den CO2-Ausstoß senkt, solange der für Millionen E-Autos zusätzlich gebrauchte Strom selbst in Österreich mittels Öl, Gas und Kohle erzeugt werden muss. Danach, weil die Industrie wie in den 70er Jahren für Wassergas auch bald für Wasserstoff erschwingliche Umbausätze fertigen kann, um Motoren damit zu betreiben. Am Rande, weil Österreich in der AVL-List ein Unternehmen besitzt, das in der Lage ist, bezahlbare künstliche Treibstoffe herzustellen, die sich perfekt eignen, jeden bisherigen Motor zu betreiben – Audi oder Porsche sehen bereits entsprechende Produktionslinien vor. Die Kostenfrage lässt sich nur korrekt entscheiden, indem man gegenüberstellt, was billiger ist: Alle vorhandenen Autos und das gesamte Tankstellennetz durch E- Autos und E-Tankstellen zu ersetzen – oder Umbausätze sowie künstliche Treibstoffe zu produzieren und die vorhandenen Autos sukzessive gegen Brennstoffzellen- Autos zu tauschen, denen vor E-Autos die Zukunft gehört, weil sie Wasserstoff mit Sauerstoff am effizientesten zu Wasser verbrennen.

Das E-Auto erfüllt voran die Wünsche der mäßig fortschrittlichen deutschen (amerikanischen) Autoindustrie: Es lässt sich billiger als bisherige Autos fertigen, weil die Motoren weniger Bestandteile haben und nur die Entwicklung der Batterien hohe Kosten beschert hat, und sein Kauf wird dennoch mittels gewaltiger staatlicher Subventionen gefördert. Sobald die deutsche Autoindustrie ihren diesbezüglichen Rückstand gegenüber Toyota oder Hyundai aufgeholt hat, wird sie unsere E-Autos – gegen neuerliche Förderung – durch Brennstoffzellen-Autos ersetzen.

Damit zum so wichtigen grünen Wasserstoff. Die derzeit größten Anlagen zu seiner Erzeugung entsteht in Saudi Arabien, das seine bisherigen Milliardengewinne, um das Ende des Erdöls wissend, am klügsten nutzt. Zwar suchen konservative Öl-Konzerne wie Total unverändert nach Öl, aber BP setzt in Afrika schon vermehrt auf Wasserstoff. Auch in Australien entstehen Großanlagen, denn auch dort gibt es viel Platz, Sonne und Wasser, das sich entsalzen und in Wasserstoff und Sauerstoff spalten lässt.

In Österreich ist derzeit das Burgenland Vorreiter: Initiiert von der Verbund-AG entsteht dort unser bisher größter Elektrolyseur, um im Vollausbau 40.000 Tonnen Wasserstoff aus Wind und Sonne zu produzieren. Auch in Spanien beteiligt sich die Verbund-AG an einem entsprechenden Projekt und vermindert durch diese Investition ihren Übergewinn. Im spanischen Puertollano entsteht derzeit Europas größte Produktionsanlage für grünen Wasserstoff. Vorerst soll er, wie bei der Verbund-AG in ihrer Zusammenarbeit mit der OMV, vor allem zur gasfreien Erzeugung von Kunstdünger dienen, mittelfristig aber sieht die Regierung die Chance, Spaniens wirtschaftlichen Rückstand wettzumachen: Mit seinen riesigen freien Flächen, extrem viel Sonne und viel Wind kann es zu Europas führendem Produzenten grüner Energie werden und diese bis Österreich liefern. Nur dass Emmanuel Macron, um seine Atomtechnologie zu verkaufen, eine entsprechende Rohrleitung verweigert. Nicht nur bezüglich der Atomkraft, noch viel mehr bezüglich grünen Wasserstoffs braucht die EU mehr Verständnis für die Erfordernisse der jeweiligen Nachbarn: Solange Eleonore Gewessler der Slowakei Kernkraftwerke verweigert, obwohl sie kaum Wasserkraft hat, und Macron Wasserstoff -Leitungen verweigert, obwohl Österreich keine Kernkraft hat, kann es nicht so gut funktionieren, wie es könnte.

PS: Zur Information für Falter Leserin und Leserbrief-Schreiberin Susanne Bescharnerund: Leider hat mir die Atomlobby tatsächlich ihre Zahlungen aufgekündigt, nachdem ich in mehreren Falter Kommentaren die Grünen zur Wahl empfohlen habe. Seit „Österreichs Feldzug gegen die Atomenergie“ (Falter ..) zahlt sie mich wieder, ich muss aber leider nicht nur mit Science-Buster Werner Gruber teilen, von dem die Information stammt, dass das Endlager-Problem neuerdings weit billiger als in Irland gelöst wird, indem man chemisch zerlegten Atommüll mit Neutronen beschießt, sondern auch mit der Umweltzeitschrift Environmental Research, der ich die universitären Untersuchungen entnahm, wonach an der Luftverschmutzung durch fossile Brennstoff täglich 24.000 Menschen sterben, so dass man diese Ziffer in Relation zu den zweifellos erheblichen Todesraten der Kernkraft setzen müsse. Auch mit Hannes Androsch teile ich übrigens die wirtschaftlich unhaltbare Ansicht, dass man die Kosten-Nutzen -Rechnung von Atomkraftwerken den Auftrag gebenden Regierungen und dem Markt überlassen möge, statt wie Renate Gewessler sicher zu wissen, wie sie ausgeht. Was er für sein Lobbying erhält, weiß ich nicht – ich jedenfalls liefere weiter jede von der Atomlobby bezahlte Fehlinformation, und kaschiere das mit der Behauptung, dass es zum Wesen pluralistischer Meinungsbildung gehört.

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Wie dumme rote Slogans die FPÖ stärken

Die Slogans, mit denen die SPÖ der Regierung Versagen vorwirft, tragen zur ökonomischen Verdummung bei, stärken Herbert Kickl und fördern die Geringschätzung der Politik

In jüngsten Umfragen hat die FPÖ die SPÖ fast eingeholt, in einer sogar überholt. Ein Grund dafür scheint unabänderlich: Ein leider relevanter Teile der Bevölkerung hält „die da oben“, das heißt die jeweils amtierenden Politiker, grundsätzlich für unfähig, das Land zu regieren – lieber hätte man einen Führer. Schimpfen auf die jeweilige Regierung ist faschistoider Volkssport und Basis des immerwährenden Erfolges der FPÖ, auch wenn sie sich, so oft sie mitregiert, als besonders unfähig und korrupt („Hypo Alpe Adria“) erweist. Derzeit bietet die FPÖ den Schimpfwilligen die Möglichkeit, der Regierung vorzuwerfen, dass sie so blöd ist, sich an Sanktionen gegen Wladimir Putin zu beteiligen, die uns zwei Grad Wärme kosten könnten, statt sich mit ihm zu arrangieren – hat doch auch das Arrangement mit Despoten österreichische Tradition. Der blaue Aufwärtstrend hat aber einen zusätzlichen Turbo: Indem die SPÖ der Regierung wortgleich mit der FPÖ „Totalversagen“ vorwirft, bestärkt sie diesen Teil der Bevölkerung in der Überzeugung, dass Herbert Kickl rundum recht hätte. Die rote Fundamentalopposition unterstützt faschistoide Neigungen und trägt darüber hinaus zu gravierenden ökonomischen Missverständnissen bei.

So befördert der populärste Slogan Pamela Rendi-Wagners, wonach „die Maßnahmen der Regierung keinen einzigen Preis gesenkt“ hätten, den Irrglauben, dass Regierungen Preise senken können. Das aber könnten sie allenfalls, indem sie Putin davon abbringen, gemeinsam mit der OPEC die Öl/Gas -Förderung zu drosseln, um seinen Ukrainekrieg zu finanzieren und Xi Jinping zu einer anderen Covid-19 Politik bewegen- andernfalls gibt der Markt die Preise vor. Was eine Regierung kann, ist den Verkaufspreis bestimmter Waren mittels Subventionen unter den Marktpreis zu drücken und wo das systematisch geschieht- etwa in Venezuela bei Benzin- ist es ein Problem, denn Preise haben eine Funktion. Besonders problematisch ist das von Rendi-Wagner geforderte „Deckeln“ der Öl- Gas oder Strompreise, denn es bedeutete, sie durch Zuschüsse der Steuerzahler auf ein für alle gleiches Niveau zu reduzieren und hätte zwei abwegige Konsequenzen: Niemand brauchte den Verbrauch einzuschränken und die Fahrer der größten Autos und Bewohner der größten Villen- die Reichsten- profitierten am meisten.

Demgegenüber hat die Regierung richtig erklärt, dass sie den Wohlstandsverlust, den uns verteuerte Energie zwingend beschert, nur möglichst kostengünstig abfedern kann, indem sie die, die am wenigsten verdienen (auch unter den Unternehmen) am kräftigsten unterstützt. Dass das in einem Fall grob daneben ging – auch Millionäre erhielten den Klimabonus – war ein schuldhaft, ansonsten war es voran eine Folge des Datenschutzes: Das von der Regierung gewählte Modell, Kunden ein bestimmtes Strom-Kontingent zu einem subventionierten Festpreis zu liefern, sollte nach den Vorstellungen von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr eine Staffelung gemäß deren finanzieller Lage enthalten. Aber der Datenschutz macht es unmöglich, diese finanzielle Lage genau zu kennen und mit der Anlieferung zu verknüpfen. Zugleich hat die Opposition täglich getrommelt, dass alles „viel zu langsam“ geht und dem hat die Regierung leider Rechnung getragen: Schneller geht es, indem alle dieses Kontingent erhalten.

In Summe ist trotzdem viel Richtiges geschehen: Finanziell Schwache erhielten rechtzeitig genügend Zahlungen, um ihre Mehrkosten abzudecken und das aktuelle Budget sorgt dafür, ihre Existenz dauerhafter abzusichern: Noch weit vor der Abschaffung der kalten Progression besteht die wichtigste Reform darin, dass „Beihilfen“ automatisch der Inflation angepasst werden. Damit wird in Zukunft deutlich mehr „Umverteilung“ möglich und das aktuell größte wirtschaftliche Problem – die extreme Akkumulation von Reichtum bei immer weniger Personen – marginal gelindert.

Der größte Vorwurf, den man der Regierung dennoch machen könnte, wird  ihr mittlerweile kaum noch gemacht: Dass sie die aktuelle Situation nämlich nicht zum Anlass genommen hat, endlich adäquate Grund- und Erbschaftssteuern einzuführen, um finanziell Schwache aus diesen Mehreinnahmen zu unterstützen. Auch die „Übergewinnsteuer“ fiel ehe symbolisch als ertragreich aus, obwohl es schon viel ist, dass die ÖVP überhaupt zulässt, dass Zugewinne, denen keine Leistung zu Grunde liegt, hoch besteuert werden.

Ein zweiter großer Vorwurf ist ökonomisch komplexer: Meines Erachtens hätte das Budget ein Vielfaches der geplanten Beträge für Digitalisierung, grünen Wasserstoff und Lehre und Forschung vorsehen müssen – aber dem stand entgegen, dass VP- Finanzminister Magnus Brunner unverändert der EU-Maxime folgt,  Staatsschulden möglichst gering zu halten. Dass Rendi-Wagner das grundsätzlich anders sieht, wäre mir neu, dass sie der Regierung vorwirft „zwei Milliarden ohne jeden Nutzen auszugeben“ klingt einmal mehr nach Fundamentalopposition.

Meine Sorge lautet: Diese Art undifferenzierter roter Fundamentalopposition lässt die Zustimmung zur SPÖ zwar steigen- aber weit stärker steigt die Zustimmung  zur FPÖ. Damit ist vorstellbar, dass sie 2024, wenn gewählt wird, gegen 35 Prozent liegt, während die ÖVP unter 20 Prozent absackt. Dann bin ich gespannt, ob ein neuer VP-Obmann der Verlockung widersteht, doch wieder eine blau- schwarze Koalition einzugehen, wenn ihm für die erste Hälfte ihrer Amtszeit die Kanzlerschaft angeboten wird.

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Türkises Ethik-Verständnis

Der Ethik-Beirat der ÖVP fand mit seiner Empfehlung Gehör, Thomas Schmid aus der
Partei auszuschießen, nachdem der gegenüber der WKStA kriminelle Aktivitäten
eingestanden hat.

Der von ihm durch dieses Geständnis zunehmend belastete Sebastian Kurz bleibt weiterhin ehrenvolles Mitglied: Dass er erwiesene Maßen alles unternahm, -„kann ich ein Bundesland aufhetzten?“ -um zu verhindern, dass sein damaliger Parteiobmann Reinhold Mitterlehner einen politischen Erfolg erzielt, indem die Regierung Kern-Mitterlehner 1,2 Milliarden für die Nachmittagsbetreuung von Kindern locker macht, scheint dem Beirat hingegen kein Hindernis für VP-Mitgliedschaft. Ich warte, wann man Kurz zum Ehrenmitglied auf Lebenszeit macht.

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Österreichs Feldzug gegen Atomenergie

Wir klagen gegen 11 Prozent unseres Strombedarfs. Niemand hält Kernkraft für ungefährlich-nur für vorerst unverzichtbar. Fossile Energie tötet täglich 24.000 Menschen.

Unter dem Druck seines Kanzlers hat Deutschlands grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck die Laufzeit dreier Atomreaktoren bis April 2023 verlängert. Das hilft auch Österreich, denn er hat bekanntlich erklärt, uns bei der Gas- Beschaffung zu unterstützen und das fällt jetzt leichter, denn die drei Reaktoren produzieren rund halb soviel Strom, wie Deutschland mit Gas erzeugt. Die Möglichkeit Österreich zu helfen, wuchs also nicht unerheblich. Sehr erheblich, nämlich zu 11 Prozent, wird unser Strombedarf freilich ständig mit Strom aus umliegenden Kernkraftwerken gedeckt. Auf dass diese Unterstützung nicht vielleicht wachse, will Leonore Gewessler unter parteiübergreifendem Applaus beim EuGH dagegen klagen, dass die EU Atomstrom als „grün“ einstuft.

Dabei ergab sich die Gewissheit so vieler Österreicher, dass Atomenergie des Teufels ist, eher zufällig: Als sie über Zwentendorf abstimmten, wollte Bruno Kreisky das erwartete positive Votum optimieren, indem er erklärte, zurückzutreten, falls es gegen das Kernkraftwerk ausginge. Das hatte zur Folge, dass selbst Granden der Industriellenvereinigung gegen Zwentendorf stimmten. Unter Soziologen besteht kein Zweifel, dass dieser Schwenk geeichter ÖVP-Wähler das Schicksal der Atomkraft in Österreich besiegelt hat: Kreisky trat nicht zurück, sondern funktionierte seine Niederlage in einen Sieg um, indem er den „Atomsperrvertrag“ beschloss. Wie aus der „Neutralität“ wurde daraus ein fester Bestandteil österreichischer Identität. International ist Gewesslers Klage freilich chancenlos: Zum einen, weil Österreich in seiner so vehementen Ablehnung der Kernkraft relativ isoliert ist – es werden derzeit  mehr Kernkraftwerke geplant als stillgelegt – zum anderen, weil ein zentrales Argument Gewesslers – die „ungelöste“ / „unbezahlbare“ Endlagerung von Atommüll- aktuell an Berechtigung verloren hat: Man muss ihn nicht, wie in Finnland 420 Meter tief in Granit einmauern, sondern kann ihn überall lagern, wenn man ihn chemisch zerlegt und mit Neutronen beschießt – in Holland funktioniert eine solche Anlage bereits.

Es sind voran gespenstische Erinnerungen, die die Atomkraft emotional so sehr belasten: Sie manifestierte sich erstmals in Hiroshima und Nagasaki; Tschernobyl und Fukushima waren spektakuläre Katastrophen;  Radioaktivität ist, weil unsichtbar, doppelt angsteinflößend. Zudem hatten an „Thesen“ gewöhnte Atom-Physiker vielzitierte Berechnungen vorgelegt, wonach der  „größte anzunehmende Unfall“ eines Kernkraftwerks tausende unmittelbare Tote mit sich brächte. Die in Fukushima gewaltige Differenz zu dieser Zahl fand hingegen kaum mediale Beachtung. Ähnlich selten werden die Todeszahlen anderer Energien nachgefragt. So lohnt es alle Wasserkraft -Toten zu addieren: Mindestens 130.000 Menschen starben durch Dammbrüche. Auch wenn oft nicht normale Nutzung, sondern Krieg die Dämme brechen ließ, sind Wasserkraftwerke wie Atomkraftwerke Risikobauten – nur dass man sie nie so nennt.

Der Vergleich der 130.000 Wasserkraft-Toten mit den Toten von Tschernobyl und Fukushima ist so schwierig, weil gewisse Tote mit ungewissen verglichen werden: Bei der Explosion von Reaktor 1 und 3 in Fukushima wurden 14 Arbeiter verletzt, einer starb an Kreislaufversagen. Von den getesteten Arbeitern waren fast 2.000 einer Strahlendosis über 100 Millisievert ausgesetzt – ab diesem Wert sind direkte Strahlenschäden nachweisbar. Sechs Arbeiter wurden mit künftig wohl tödlichen 678 Millisievert belastet. Die japanische Informationspolitik gleicht dabei stark der sowjetischen nach Tschernobyl: Natürlich  muss mit ständig steigenden Todeszahlen gerechnet werden – die Zahl von Schilddrüsenerkrankungen  stieg bereits. Für Tschernobyl ging ein Bericht der Internationalen Atomenergieagentur und der WHO von 50 direkten und 4000 künftigen Toten aus. Die heutige russische Akademie der Wissenschaften vermutet an Hand neuer Studien 200.000 Tote, zu denen auch noch weitere kommen. In Deutschland hält man auch das für zu niedrig,

Trotzdem erweisen sich selbst die höchsten Schätzungen als halb so eindrucksvoll im Rahmen des selten angestellten Vergleichs zwischen Atomtoten und Toten durch fossile Energien. Dazu publizierten Wissenschaftler der Universitäten Harvard, London, Birmingham und Leicester in der Umwelt-Zeitschrift Environmental Research 2021 schwer zu bestreitende Zahlen: fossiler Brennstoffe, Öl, Kohle Gas, mit denen wir derzeit 80 Prozent des weltweiten Energiebedarfs decken, töten im Wege von Luftverschmutzung durch Minipartikel pro Jahr 8 Millionen Menschen – 24.000 pro Tag.

Das ist die Zahl, die es zu verringern gilt. Dazu eignen sich idealer Weise Wasserkraft, Windkraft und Solarparks. Nur dass deren Leistung nach Jahreszeit, Wetterlage und Tageszeit gewaltig schwankt. Um diese Schwankungen abzufangen, braucht es sichere Stromquellen und man hat dabei, solange es nicht genug grünen Wasserstoff gibt, nur die Wahl zwischen den fossilen Brennstoffen, die man dringend ersetzen will und Atomenergie.

Seit das Endlager-Poblem technisch gelöst ist, konzentrieren sich Gewessler und Co im Anti-Atom- Feldzug auf einen Einwand, wie er ursprünglich gegen alternative Energien erhoben wurde: Kernkraftwerke wären nur Dank staatlicher Subventionen konkurrenzfähig und änderten nichts am Klimawandel. Mag sein. Ich wäre seit der „Endlagerung“ nur nicht so sicher wie Gewessler, die Zukunft einer Technologie vorhersagen zu können.

 

 

 

 

 

 

 

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Das beste grüne Budget sähe anders aus

Die Zukunft gehört grünem Wasserstoff. Großinvestitionen in seine Erzeugung ersparten Subventionen für E-Autos und Wärmepumpen. Wie bei Sanktionen zählen auch Unkosten.

Die „Opec plus“, angeführt von Saudi Arabien und Russland, hat die Ölförderung gedrosselt, nachdem der Ölpreis unter die 100 USD Marke gefallen ist, weil Chinas ob der „null Covid“-Politik schwächelnde Wirtschaft weniger Öl braucht und die EU einer Rezession entgegengeht. Dass Öl dennoch teuer bleibt, nutzt dem Planeten, verfestigt aber die Inflation. Die USA, die in der Vergangenheit immer für einen mäßigen (in Wahrheit zu geringen) Ölpreis gesorgt haben, indem sie ihre Waffenlieferungen an die Saudis davon abhängig machten, vermochten ihn diesmal nicht zu drücken, obwohl Joe Biden dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman einen bemühten Besuch abstattete, weil die hohe Inflation seine Chancen bei den Midterm-Wahlen minimiert. Aber Bin Salman blieb hart: er verzeiht Biden nicht, dass der ihn des Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi zieh und weiß zu drohen, dass er auch russische Waffen kaufen könnte. Nicht nur die Russen, auch die Saudis sind keine absolut verlässlichen Erdöl-Partner mehr.

Dass wir Putin im Ukrainekrieg in die Knie zwingen, indem wir ihm weniger Erdöl abkaufen, ist gleichfalls eine Illusion – er hat genug andere Abnehmer. Ihm weniger Erdgas abzukaufen träfe ihn zwar härter, denn nach China oder Indien fehlen vorerst Leitungen – nur dass Österreich oder Deutschland sich selbst damit am meisten schadeten. Man muss, wenn man Herbert Kickl nicht die Chance geben will, „Sanktionen“ insgesamt zu desavouieren, deren Kosten evaluieren. Mit Abstand am wirksamsten und in keiner Weise selbstbeschädigend war es, Putin von jeder Hochtechnologie abzuschneiden – das hindert ihn wichtigste Waffensysteme nachzurüsten und zwingt ihn, von zwei Boeing -Flugzeugen eines als Ersatzteillager zu nutzen. Putin weniger Öl und Gas abzukaufen bestraft ihn hingegen nicht, sondern bewahrt Russland in Wahrheit vor Ausbeutung: Nicht umsonst nennen wir es in raren Momenten kritischer Selbstreflexion koloniale Ausbeutung, dass unsere Wirtschaft dank der Rohstoffe florieren kann, die wir unterentwickelten Ländern billig abnehmen. Kurzfristig bleibt es auch jetzt wirtschaftlich vorteilhaft, russisches Erdöl und Erdgas einzukaufen, solang sie fließen – diesbezügliche Sanktionen sind kontraproduktiv. Nur ist es, anders als bei Geschäften mit der dritten Welt, berechtigt, bei diesen Einkäufen den niedrigsten Preis durchzusetzen. Das gelingt am ehesten, indem sich die Staaten der EU zu einem Abnehmer-Kartell mit entsprechender Marktmacht zusammenschließen, statt gegeneinander um die Wette zu bieten. (Einen Moment wird Putin das Gas jedenfalls abdrehen – einfach um zu sehen, wie weit uns das schreckt und den Kickls und Le Pens die Chance gibt, die Sanktionen in ihrer Gesamtheit zu Fall zu bringen).

Das große Problem besteht darin, dass alles, was kurzfristig wirtschaftlich sinnvoll ist, indem es fossile Energie verbilligt, langfristig schädlich ist, indem es die Erschließung alternativer Energien verlangsamt. So haben die USA bereits begonnen, wieder mehr in ihr Fracking zu investieren, nachdem dessen Umweltschädlichkeit reduziert werden konnte. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat anlässlich seines Wien-Besuches dafür plädiert, die Reserven gegenüber dieser Technik auch in der EU zurückzustellen und Fracking befristet zu akzeptieren. Das gilt in Wahrheit für alle Techniken, gegen die die Grünen revoltieren: Kurzfristig muss man selbst Steinkohle und natürlich Atomenergie akzeptieren, um den aktuellen Energie -Engpass hinter sich zu lassen. Bei Erdöl wird er sich sowieso bald wieder geben, weil sowohl Putin wie Bin Salman letztlich auf diese Einnahmen angewiesen sind. Daher bleibt es kurzfristig wirtschaftlich richtig, auch Erdöl zu kaufen.

Mittelfristig gibt es freilich nur eine richtige Strategie, um sowohl die Abhängigkeit von Putin oder Bin Salman los zu werden, als auch den Planeten vor der Klimakatastrophe zu bewahren: „Koste es, was es wolle“ in die Erschließung alternativer Energien zu investieren. Das geschieht im aktuellen schwarz – grünen Budget sicher nicht optimal, sonst sähe es Milliarden- Investitionen in die Gewinnung grünen Wasserstoffs vor. Denn so unsinnig Sparen des Staates in diesem Zusammenhang ist, so recht hatte Sebastian Kurz mit der Behauptung, dass die Zukunft grünem Wasserstoff gehört: Er kann die Energie von Sonne, Wind und Wasser speichern und gibt sie ab, indem er mit Sauersoff zu Wasser verbrennt. Es ist in Österreich diesbezüglich in aller Stille eine Menge geschehen: Es wurden einige der weltbesten, effizientesten Anlagen errichtet, um grünen Wasserstoff zu gewinnen. In Linz produziert die VOEST bereits Stahl mit grünem Wasserstoff.

Das hätte die Rangordnung der Staatsausgaben verändern müssen: Noch bevor man überall Brennstoffzellen einsetzt, um Wasserstoff zu nutzen, könnte man bisherige Gasthermen mit geringen Umbauten weiter verwenden, wenn man dem Erdgas bis zu 30 Prozent Wasserstoff beimengt. Ebenso kann man bisherige Autos mit Wasserstoff fahren, indem man sie kostengünstig adaptiert und Wasserstofftankstellen schafft. Milliarden in Anlagen zur Herstellung grünen Wasserstoffs zu investieren schafft nicht nur die Energieform der Zukunft, sondern ersparte auch, alle Gasthermen hoch subventioniert gegen Wärmepumpen und alle Autos gegen hoch subventionierte E-Autos zu tauschen. Eleonore Gewessler sähe das ähnlich, wäre sie der Einladung zum letzten österreichischen „Wasserstofftag“ gefolgt.

 

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Die Energiekrise als Chance

Teure fossile Energie ist „die“ Chance des Planeten. Sie wahrzunehmen braucht maximale Investitionen und den Verzicht auf Schuldenbremse, Bürokratie und Ideologie.

In einer rationalen Welt hätten die Vereinten Nationen die Verteuerung der fossilen Energie seit Jahrzehnten beschlossen, um gemeinsam die Klimakatastrophe abzuwenden. So haben uns OPEC und Wladimir Putin diese Verteuerung anlässlich einer Pandemie und des Ukrainekrieges beschert. Kurzfristig schafft das große Probleme – langfristig rettet es den Planeten.

Zu Weihnachten wird Putin einen Vorwand finden, den Gashahn kurz zu schließen und aus unserem speziellen Versagen – kein anders Land ist so Gasabhängig – erwachsen uns daraus die in der EU größten Probleme. Gegen Österreichs Widerstand drängt Ursula von der Leyen dennoch darauf, Putin nur einen begrenzten Gaspreis zu bezahlen. Zu Recht: Wenn er es zu diesem Preis nicht liefern will, ändert ein höherer nichts an seiner Entscheidung. Schon gar angesichts seines jüngsten militärischen Rückschlag ist Gas seine stärkste Waffe, die Finanzierung der Ukraine durch die EU zu torpedieren – Herbert Kickl & Co sind seine größte Hoffnung.

Aber sie wird sich trotz des Wahlsieges von Neofaschisten in Italien nicht erfüllen: Die EU wird bei den Sanktionen bleiben – und Österreich wird diesen Winter überstehen. Eleonore Gewessler hat doch einiges getan: Wir haben Gasvorräte angesammelt; die Verordnung, wo, wann und wie Energie gespart werden muss ist auf dem Weg. Sorge ist berechtigt – Panik in keiner Weise. Entgegen der Behauptung von FPÖ, SPÖ und ÖGB sind Geringverdiener ausreichend davor geschützt, unter die Räder der Teuerung zu kommen, auch wenn dafür mehr Geld als nötig ausgegeben wurde. Auch für die Unterstützung besonders Gas-abhängiger Unternehmen wird der Staat wahrscheinlich mehr als nötig ausgeben, aber sie wird stattfinden. Es schadet nur marginal, wenn die Staatsschuldenquote einer starken Volkswirtschaft um ein paar Prozent steigt: Japan lebt seit Jahrzehnten mit Schulden um die 250 Prozent des BIP. Entscheidend ist nie diese Quote, sondern ob die Wirtschaft funktioniert – und das tut die japanische wie die österreichische. Und zwar umso besser, je mehr sie in die Erschließung alternativer Energien investiert. Theoretisch sind dazu jene Unternehmen prädestiniert, die wie der „Verbund“ derzeit Megagewinne verbuchen, weil ein Unternehmen, das Strom dank Wasserkraft billigst produziert, dafür nicht nur dank der „Merit Order“, sondern auch am Markt soviel erlöst wie eines, das ihn  besonders teuer mit russischem Gas erzeugt. Daher ist es berechtigt, befristet in diese Preisbildung einzugreifen und solche Übergewinne abzuschöpfen. Die Grünen können diese Sondersteuer gegen den Widerstand der ÖVP durchsetzen, denn Karl Nehammer kann sich Neuwahlen noch weniger als Werner Kogler leisten.

Es bedarf aber jeder erdenklichen grünen Investition, um nicht nur in diesem Winter, sondern in vielen kommenden Jahren erfolgreich zu wirtschaften. Dazu muss es möglich sein, die Bewilligung von Solarparks oder Windrädern gegen Bürger-Proteste per Gesetz zu beschleunigen. Natürlich gehören Windräder auch auf Tiroler Berge und Solarpanele auch auf manche Weiden, so sehr man denen die Abschirmungen von Autobahnen vorziehen soll. Wenn es wahr ist, dass eine Asfinag- Brücke mit Mini-Windrädern rentabel Strom erzeugt, dann verstehe ich nicht, dass nicht jede geeignete Brücke damit bestückt wird. Hundert Milliarden, die für Glasfaserkabel bewilligt wurden, sind zu wenig, denn die Anbindung ans Internet ermöglicht Energiesparendes Home-Office und ist unerlässlich für die Digitalisierung alternativer Energieerzeugung. Selbst wenn Österreichs Staatsschuldenquote durch eine Vielzahl derartiger Investitionen explodierte, wäre das sinnvoll, wenn es die Abhängigkeit von fossiler Energie minimierte. Zugleich ist optimale Auslastung der Industrie durch die Erzeugung von Solarpanele, Wärmepumpen oder Anlagen zur Erzeugung grünen Wasserstoffs, wie AVL-List sie entwickelt hat, die beste Absicherung gegen die drohende Rezession. Es gilt endlich in der gesamten EU zu begreifen: Großinvestitionen des Staates sind nicht „Schuldenpolitik“, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit und der einzige Weg, die Klimakatastrophe abzuwenden. „Schuldenbremsen“, die Investitionen verhindern, sind blanke Idiotie. Dass man bei allem, was man tut „sparsam“ vorgehen soll, ist dazu kein Widerspruch.

Im Detail ist freilich weder jede Investitionsentscheidung noch Sparsamkeit einfach: Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habek will Atommailer nicht länger am Netz lassen, obwohl sie zur Überbrückung der aktuellen Strom- Krise beitrügen und es erleichterten, Strom an die österreichischen Nachbarn abzugeben – aber die Ideologie steht dem im Weg. Eleonore Gewessler kann nicht genug gegen das slowakische Kernkraftwerk Mochovce protestieren, obwohl es Österreichs extreme Abhängigkeit von Putins Gas ebenso lindert. Ideologen finden stets neue Argumente für festgefügte Urteile: derzeit, dass Atomkraftwerke zu teuer wären. Vielleicht sind sie das – dann sind Japaner, Finnen, Schweizer oder Briten offenbar Idioten, denn sie finanzieren Kernkraftwerke, weil sie fürchten, dass Solarparks und Windräder nicht reichen. Gewessler subventioniert den Kauf von E-Autos, obwohl in nächster Zeit nichts so teuer wie Strom sein wird und eine große Zahl von E-Autos den Spitzenbedarf an Strom kritisch erhöht. Man sollte einander vielleicht zugestehen, dass die richtige Energiepolitik nicht zu jedem Zeitpunkt sonnenklar ist.

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Die verkannte Regierung

Die Schwarz-grüne Koalition wurde nie schlechter bewertet: In jüngsten Umfragen sind die Grünen von dürftigen elf Prozent auf neun Prozent gesunken und liegt die ÖVP mit nur mehr 20 Prozent zehn Prozent hinter der SPÖ.

Zehntausende folgten dem Aufruf des ÖGB, gegen die “Untätigkeit” der Regierung an der Preisfront zu demonstrieren. Hauptnutznießer dieses von den Linken forcierten Vorwurfs ist die FPÖ, die mit 22 Prozent zweitstärkste Kraft wurde. Mit Fakten hat das nichts zu tun: Die schwarz-grüne Regierung hat ein Maximum getan, um die Teuerung abzufedern. Nur dass sie auch Leute unterstützt, die der Unterstützung nicht zwingend bedürfen, kann man ihr vorwerfen. Obwohl zu viel Hilfe ökonomisch sehr viel besser als zu wenig Hilfe ist.

Gerald John und Andreas Szigetvari haben im Standard präzise aufgelistet, warum der Vorwand der Untätigkeit so falsch ist: Mit 29 Milliarden Euro, die bis 2026 die Teuerung für Private abfedern, und weiteren vier Milliarden für die Strompreisbremse reiht sich Österreich unter jene sechs EU-Länder, die am meisten gegen die Teuerung unternehmen. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist unser Entlastungspaket größer als das deutsche.

So unterschiedliche Institute wie das SPÖ nahe Momentum und die industrienahe Agenda Austria kommen gleichermaßen zu dem Schluss, dass den Beziehern kleiner Einkommen die Teuerung komplett abgegolten wird. Laut Momentum lukriert das einkommensschwächste Zehntel der Haushalte sogar mehr an Unterstützung, als die Teuerung kostet, aber selbst in der Mitte beträgt die Kompensation immerhin 65 Prozent. Dabei beziehen sich diese Berechnungen auf das laufende Jahr, in dem hauptsächlich Einmalzahlungen greifen. Im Jahr 2023 deckelt die Strompreisbremse bis Juni für alle Haushalte die Ausgaben für den Grundbedarf an Strom und für mehr als die Hälfte den gesamten Strombedarf. Von der GIS-Gebühr Befreiten werden außerdem 75 Prozent der anfallenden Nebengebühren erlassen. Zugleich nahm sich die Regierung zwei längst fällige grundsätzliche Reformen vor: Die kalte Progression wurde abgeschafft, wobei ein Drittel des entsprechenden Betrages zur Begünstigung der untersten Steuerstufen dient. Und noch wichtiger Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld oder Kinderabsetzbetrag werden in Zukunft ebenfalls jährlich mit der Inflationsrate erhöht. Für Momentum-Chefökonom Oliver Picek ist das zwar noch immer zu wenig, aber es ist mehr als viele Regierungen in vielen Jahren unternommen haben, und es folgt dem richtigen Prinzip. Den Schwächsten wird am meisten geholfen.

Die schwarz-grüne Koalition tut alles, um sozial Schwache

nicht unter die Räder der Teuerung kommen zu lassen.

Fehlende Daten und Datenschutz verhindern Treffsicherheit

Allerdings kann auch das die prinzipielle ökonomische Schieflage nicht beseitigen, die „Lohnzurückhaltung“ und „Sparen des Staates“ geschaffen haben: Laut Wifo-Expertin Christine Mayrhuber konnte das untere Drittel der Haushalte die laufenden Konsumausgaben bereits vor der aktuellen Teuerung nicht mehr aus seinem Einkommen bestreiten, sondern musste auf Erspartes zurückgreifen oder Kredite aufnehmen. Mayrhuber rechnet, dass sich mittlerweile die Hälfte aller Haushalt in dieser Lage befindet – das erkläre die langen Schlangen vor den Sozialmärkten. Abhilfe schüfe nur – es tut mir leid, mich zu wiederholten – , wenn Deutschland sich von der Lohnzurückhaltung verabschieden würde und es damit allen anderen Volkswirtschaften ermöglichte, trotz steigender Löhne konkurrenzfähig zu sein. Leider ist man in Deutschland von dieser Einsicht weit entfernt.

Österreich muss sich daher damit abfinden, dass der Mittelstand, der die Teuerung selbst bewältigen kann, geschrumpft ist. Immerhin gibt es ihn, und was man der Regierung vorwerfen kann, ist, dass viele ihrer Maßnahmen auch jenen zugutekommen, die zur Bewältigung der Teuerung fähig sind. Das kann nicht lange funktionieren. Wenn eine wesentliche Ressource wie Energie sich erheblich verteuert, muss das irgendwen Wohlstand kosten. Wie etwa ein Drittel der Österreicher kämen ich und die meisten Kollegen auch mit dem aktuellen Strom- und Gaspreis zurande – stattdessen profitiere ich mehr als ein Mindestrentner. Dass Millionäre 500 Euro Klimabonus erhielten, ist ein schlechter Witz. Indem sie die GIS-Gebühren-Befreiung in ihre Überlegungen einbezog, hat die Regierung die Treffsicherheit zwar etwas erhöht, aber längst nicht optimiert. Das könnte nur eine Finanzverwaltung, die über alle Einkommens- und Vermögensdaten verfügt und Zuschüsse daher präzise nach Bedürftigkeit und berechtigtem Bedarf staffeln kann. Dem steht zum einen entgegen, dass die Finanz die Vermögensverhältnisse der Österreicher kaum kennt, und zum anderen, dass der Datenschutz ihr jede Vernetzung massiv erschwert. Ich halte die Form, in der die Europäische Union ihn handhabt, für ebenso verfehlt wie kontraproduktiv.

Alle digitalen Giganten, von Apple und Facebook bis Google und Amazon, besitzen über jeden von uns so viele Daten, dass sie selbst unser Wahlverhalten manipulieren können, weil wir solche Daten mit jedem von uns benutzten elektronischen Gerät hinterlassen und sie eindeutige Muster bilden: Wir sind gläsern. Es ist ausgeschlossen, das gesetzlich zu verhindern – man kann nur den Missbrauch solcher Daten durch Behörden oder Unternehmen mit Strafzahlungen hintanhalten, die gegenüber Behörden in die Millionen und bei Google oder Facebook in die Milliarden gehen. Dass die Finanz Teuerungszuschüsse durch Datenabgleich sozial staffelt, wäre unter diesen Bedingungen sicher kein Tatbestand.

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