Chronist einer roten Eiterbeule

Hans Pretterebner war idealer Ghostwriter eines brillanten Presseanwalts, der mit “LUCONA” den unglaublichsten Kriminalfall in der Ära roter Polit-Justiz aufdeckte.

Hans Pretterebner ist tot. Mit dem Buch „Der Fall Lucona“ beschrieb er das unglaublichste Verbrechen der Nachkriegsschichte. Unglaublich in seiner Brutalität: Udo Proksch, alias Serge Kirchhofer sprengte mit dem Schiff Lucona auch dessen Mannschaft in die Luft. Unglaublich durch die engen Beziehungen Pokschs zur SPÖ. Und unglaublich wegen des Verlaufs des Strafverfahrens: Obwohl gar nicht so lang nach der Tat im Jahr 1977 massive Verdachtsmomente vorlagen, wurde Proksch erst 1992 wegen sechsfachen Mordes verurteilt.

Die Vorgeschichte: Proksch, Zuwanderer aus einer nationalen deutschen Familie machte viel Geld als Brillendesigner. Dank witziger todernst vorgetragener Vorschläge zur „Senkrechtbestattung“ und beträchtlichem Exhibitionismus erlangte er eine gewisse Berühmtheit in der Wiener Szene: Es störte ihn nicht, dass man erzählte, er pisse vor Freundinnen ins Zimmer oder schieße in Wände und Decke.

Ich lernte ihn durch meinen, leider wie Proksch alkoholabhängigen, sensiblen profil Kollegen Reinhard Tramontana kennen, der ihn als Genie verehrte und für die Schönheit seiner Frau bewunderte. Zumindest sie, die Schauspielerin Erika Pluhar, bewunderte ich auch – umso verblüffter war ich, als ich Proksch erstmals sah: Klein, aufgedunsen, mit schmutzigen Fingernägeln wirkte er auf mich nur abstoßend und was er von sich gab, sprach nur für seine NS-Sozialisation. Aber damit stand ich alleine da: Nicht nur Tramontana hielt ihn für genial.

Tatsächlich genial war seine Idee, nach Oben gelangten roten Politikern mit der Gründung des „Club 45“ oberhalb der Konditorei Demel die Sehnsucht nach bürgerlicher Noblesse zu erfüllen: Ein „Herrenklub“ mit erlesenem Mobiliar samt Escort-Damen. Mitgründer und idealtypisches Mitglied war Wiens Bürgermeister Leopold Gratz, der einen Jaguar statt eines Mercedes fuhr und Whisky statt Wein trank. Bruno Kreisky und Heinz Fischer waren die einzigen roten Granden, die den Club nur einmal besuchten, für die anderen war er politischer Treffpunkt mit der Chance auf galante Abenteuer im Separee, die Proksch durch ein Guckloch filmte.

Vergleichbar perfide plante er seinen kriminellen Coup: Laut Papieren belud er den Frachter Lucona gemeinsam mit seinem Freund Hans Peter Daimler mit einer Uranaufbereitungsanlage, die er im Gegenwert von 15,4 Millionen Euro bei der „Bundesländer“ versicherte. Als die Lucona an einer der tiefsten Stellen des Ozeans sank, hatte er allerdings das Pech, dass sechs von 12 Matrosen wie durch ein Wunder gerettet wurden. Die Erzählung eines dieser Geretteten weckten bei der „Bundesländer“, Zweifel an der Zufälligkeit des Unglücks: Sie engagierte den Rechtsanwalt Werner Masser, um den Fall zu überprüfen.

Jemand besseren hätte sie dafür nicht finden können:  Ich kannte Masser als Anwalt des profil, für das er die heikelsten Prozesse gewonnen hatte und später erreichte er beim Europäischen Gerichtshof die Aufhebung des Urteils, mit dem ich der Ehrenbeleidigung an Bruno Kreisky schuldig gesprochen worden war, weil ich sein Verhalten in der Causa Wiesental „ungeheuerlich“ genannt hatte. (Das EuGH-Urteil erlangte presserechtliche Grundsatzbedeutung). Ähnlich erfolgreich agierte Masser in der Causa Lucona: Er fand heraus, dass die angebliche Uranaufbereitungsanlage aus Teilen eines Plastikextruders bestand, den Proksch zur Fertigung von Brillen verwendet hatte, dazu aus Teilen einer Bergbauanlage sowie von Bundesheergeräten, die er von Verteidigungsminister Karl Lütgendorf geschenkt bekommen hatte. Als Masser schließlich herausfand, dass Proksch sich bei einem Bundesheer-Experten eingehend über Sprengungen und Zeitzünder informiert hatte, ergab sich für ihn, zusammen mit der Erzählung eines geretteten Matrosen, der einen Knall gehört haben wollte, das ziemlich klare Bild eines fast perfekten Verbrechens.

Gerald Freihofner in der Wochenpresse und ich im profil vermochten dieses Bild Woche für Woche nachzuzeichnen, gab uns Masser doch jede seiner Recherchen samt Belegen weiter. (Er schlug mir auch vor, sie zu einem Buch zu verarbeiten, aber ich lehnte ab, weil ich bei der Beurteilung der SPÖ nie so unbefangen wie der spätere FP-Abgeordnete Pretterebner gewesen wäre.)

Das Phantastische war nur: Obwohl Wochenpresse und profil Proksch durch Jahre offen des Mordes ziehen, leitete die Staatsanwaltschaft unter Justizminister Christian Broda kein Verfahren gegen ihn ein. Nur für mich war das nicht wirklich erstaunlich, hatte sie es bei Kriminalfällen, die die SPÖ in Verlegenheit bringen konnten, doch noch nie getan. Auch Brodas FP-Nachfolger Harald Ofner in der rot-blauen Koalition Fred Sinowatz‘ fand „die Suppe zu dünn“ für eine Anklage. Erst unter dem parteilosen Rechtsgelehrten Egmont Foregger als Justizminister der Regierung Franz Vranitzky kam es endlich zu einem Strafverfahren und Prokschs Verhaftung, nachdem ein Tauchroboter Sprenglöcher der Lucona zu filmen vermochte. Dennoch versuchte Leopold Gratz, Proksch mit Dokumenten über den Kauf einer Urananlage zu helfen, die sich als Fälschungen herausstellten und Ähnliches tat Innenminister Karl Blecha, um das Verfahren zu verzögern. Die widerrechtliche Enthaftung ermöglichte Proksch sogar die Flucht, bis er 1989 wieder verhaftet und 1992 verurteilet werden konnte.

Eine eindringlichere Begründung für eine parteiunabhängige Staatsanwaltschaft als den Fall Lucona kenne ich nicht.

 

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Wie die EU die Rezession maximiert

Die Sparauflagen der EU maximieren die Rezession. Das Exportland Österreich steht vor extrem schwierigen Jahren. Die FPÖ regieren zu lassen, ist eine Überlegung wert.

Langsam kommen auch „Institut für Wirtschaftsforschung“ (WIFO) und „Institut für höhere Studien“ (IHS) drauf:  Österreich befindet sich mit Deutschland in einer Rezession, in der es nicht zuletzt deshalb schlechte Karten hat, weil die Lohnstückkosten seiner Exportindustrie nach der letzten Lohnrunde zu den höchsten der EU zählen.

Das „Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche“ (WIIW), das seit Jahrzehnten die präzisesten ökonomischen Prognosen abgibt, teilt auch meine hier deponierten Sorgen bezüglich der Konsequenzen zusätzlichen Sparens des Staates, wie die EU es uns derzeit abverlangt: Es beeinträchtigte unser  Wirtschaftswachstum erheblich.

WIIW-Experte Philipp Heimberger sagt darüber hinaus auch klar, was die Logik der EU sagen müsste: Wenn sie alle ihre Mitglieder gleichzeitig zum Sparen vergattert, so kumulieren die negativen Effekte und ihre Wirtschaftsleistung muss sinken. Von dieser Ansicht Heimbergers ist es nur mehr ein kleiner Schritt zu dem hier im Juni zitierten, mit Zahlen belegten Urteil des Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stieglitz: “Europa spart sich kaputt“.

Folgt man den Berechnungen des Chefvolkswirts des Finanzhauses Namura, Richard Koo, so führt das, wenn man es fortsetzt, in die von ihm so benannte „Bilanzrezession“, wie sie Weltwirtschaftskrisen vorhergeht.

Ich führe das nicht an, um Sie zu erschrecken, sondern um vor Augen zu führen, dass nicht nur ich, sondern doch recht namhafte Ökonomen die Wirtschaftspolitik der EU-Kommission für gemeingefährlich halten, weil sie der von mir so oft strapazierten Saldenmechanik widerspricht: Wirtschaft kann nicht wachsen, wenn sich nicht irgendwer zusätzlich verschuldet; da Unternehmen das derzeit nicht tun, muss es der Staat sein, der auch genügend ihm zufallende Aufgaben hat: Er muss in den Klimaschutz investieren, Europas Verteidigungsfähigkeit gegenüber Russland stärken und die Leitungen ausbauen, die umfassende Digitalisierung erlauben, denn die ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Fortschritt bis hin zur künstlichen Intelligenz.

Der Österreich von der EU auferlegte Zwang, nicht nur 2,5, sondern, wie man jetzt weiß, über 3 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einzusparen, um sich der wissenschaftlich nie seriös begründeten Staatsschuldenquote von 60 Prozent des BIP anzunähern, ist die  Krönung des diesbezüglichen Widersinns. Dass auch Italien, Frankreich, Belgien, Spanien oder Finnland mehr sparen sollen und dass alle anderen Staaten es schon bisher tun, maximiert (siehe oben) den negativen Effekt.

Gelingt es nicht, die EU-Kommission durch einen gemeinsamen Vorstoß der Betroffenen zur Besinnung zu bringen, so steht Österreich die schlimmste Rezession seit Jahrzehnten bevor. Ich frage mich daher, ob es nicht das Beste wäre, ihre Bewältigung einer Regierung aus FPÖ und ÖVP unter Volkskanzler Herbert Kickl zu überlassen, halten beide Parteien die Sparpolitik der EU doch für richtig und lehnen die einzige Möglichkeit, mehr Geld für Investitionen zu erhalten, indem man die vermögensbezogenen Steuern erhöhte, aufs Energischste ab. Verbunden mit der in der Vergangenheit erwiesenen besonderen Unfähigkeit ihrer Wirtschaftsakteure müsste diese Regierung innerhalb kürzester Zeit ökonomisch so krachend scheitern, dass die FPÖ vielleicht für ein paar Jahrzehnte wieder zur Kleinpartei schrumpfte. (Ganz würde man sie nie los, denn die Österreicher neigen faschistoidem Denken und Fühlen mehr als andere Völker zu.)

Was mich davon abhält, der SPÖ ausdrücklich die Fortsetzung ihrer Opposition zu empfehlen, ist zum einen, dass ich den Österreichern zumindest krachendes ökonomisches Scheitern doch lieber ersparte, zum anderen, dass ich mich sorge, dass es Kickl gelingen könnte, Österreich in seiner Regierungszeit Orbanistan anzunähern, auch wenn ihm die Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen fehlt.

Nicht zuletzt halte ich für nicht ganz ausgeschlossen, dass eine Koalition aus ÖVP und SPÖ es doch um eine Nuance besser als Kickl machte. Denn Karl Nehammer scheint den Widersinn staatlichen Sparens zumindest zu ahnen, hat er in den jüngsten, den Sparauflagen der EU folgenden Diskussionen, doch dafür plädiert, besser das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Allerdings brauchte es auch dafür staatliches Geld und die einzige Möglichkeit, es trotz Maastricht zu erhalten, bestünde darin, die vermögensbezogenen Steuern (nicht nur die Erbschaftssteuer) zu erhöhen und damit die Senkung der Steuern auf Arbeit zu finanzieren, denn damit verbesserte man jedenfalls die Wirtschaftsstruktur.

Beate Meinl-Reisinger, die das in einem luziden Intervall zu verstehen schien, ist davon leider wieder abgekommen und empfiehlt stattdessen die absurde Schuldenbremse (auch wenn der Staat natürlich sparsam wirtschaften soll.)

Hätte ich es ursprünglich für sinnvoll gehalten, eine türkis-rote Regierung um die NEOs zu erweitern, um ihre Stabilität zu erhöhen, so sehe ich darin keinen Vorteil mehr – nur mehr Streit.

Es muss jemandem – ich bleibe bei der WiFO -Steuer- Expertin Margit Schratzenstaller- gelingen, Karl Nehammer vom Vorteil vermögensbezogener Steuern in Relation zu Steuern auf Arbeit zu überzeugen, während Philipp Heimberger ihn weiter darin bestärken müsste, dass Sparen des Staates der falsche Weg ist.

Wenn das nicht gelingt, verstünde ich, wenn die SPÖ die Opposition dem Regieren vorzöge.

 

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Bewältigt Türkis-Rot die Rezession?

Die FPÖ passt zu Österreich. Karl Nehammer schließt eine Koalition mit ihr unverändert aus. Jede künftige Regierung wird größte Wirtschaftsprobleme überwinden müssen.

 FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz hatte recht, als er meinte, Österreich hätte soeben Geschichte geschrieben: Mit 29,2 Prozent der Stimmen ist die FPÖ die stärkste rechtsextreme Partei Europas. Für diesen dramatischen Sieg sehe ich folgende Ursachen:

  • Der Anteil der Bevölkerung, der für faschistoides Denken und die Anbiederung an Diktatoren á la Wladimir Putin anfällig ist und in allen Ländern um die 25 Prozent liegt, liegt in Österreich deutlich höher. Weder der einstige Erfolg Adolf Hitlers noch der aktuelle Erfolg der FPÖ sind zufällig.
  • Überall in Europa, aber für diese Österreicher ganz besonders, ist die Zuwanderung aus sehr fremden Kulturkreisen besonders schwer zu verkraften, zumal sie große reale Probleme aufwirft: Sie drückt auf die Löhne, verschärft den Kampf um Sozialleistungen und überfordert vor allem das öffentliche Schulwesen: Wer seine Kinder nicht in Privatschulen schicken kann, erlebt, dass sie eine immer schlechtere Ausbildung erhalten, weil in Wien oft die Mehrheit der Schüler nicht Deutsch zur Muttersprache hat. Alle diese Nachteile sind für die unteren sozialen Schichten, aus denen sich das Gros der FP-Wähler rekrutiert, besonders gravierend.
  • Die gleichen unteren Sozialschichten haben durch die unglückliche Wirtschaftspolitik der EU in den letzten fünfzehn Jahren beträchtliche Reallohnverluste erlitten und am meisten unter der Inflation gelitten,
  • Andreas Babler war ungeeignet, untere Sozialschichten (auch Nichtwähler) davon abzuhalten, die FPÖ vorzuziehen.

Da die ÖVP Karl Nehammer vorerst nicht in Frage stellt und er bekräftigt, dass er auf keinen Fall mit der FPÖ koalieren wird, spricht alles für Türkis-Rot, allenfalls verstärkt um die Neos, weil das die Regierungsmehrheit sehr viel stabiler machte und sie ihm wirtschaftspolitisch viel näher als die SPÖ steht. Denn welche Regierung immer wir bekommen, wird vor ökonomischen Problemen stehen, die so groß wie schon lange nicht sind: Österreich befindet sich wie sein wichtigster Handelspartner Deutschland in einer zähen systemischen Rezession. Ausgelöst wurde sie durch die EZB, die die hohen Teuerungsraten des Vorjahres rätselhafter Weise nicht auf die Preisexplosion bei Öl und Gas, sondern auf ihre lockere Geldpolitik zurückführte und mit harsch erhöhten Zinsen bekämpfte. Sie folgte damit der US-Notenbank FED bei der Bekämpfung der US-Inflation, nur dass die zwei zusätzliche Ursachen hatte: eine boomende Wirtschaft und extrem gestiegene Löhne. Was die FED tat, entsprach daher dem Lehrbuch: Die hohen Zinsen bremsten den Boom, erhöhten die Arbeitslosigkeit und erschwerten damit weitere Lohnerhöhungen. In der Eurozone, wo es weder hohe Löhne noch einen Boom gab, schwächten die hohen Zinsen die sowieso dürftige Konjunktur und bescherten Deutschland und Österreich die aktuelle Rezession. Innere Ursache für die ständig dürftige Konjunktur ist die deutsche Überzeugung, dass die Wirtschaft auch wachsen kann, wenn alle Beteiligten sparen. Dass Deutschlands Wirtschaft dennoch wuchs, lag daran, dass sie anderen Volkswirtschaften Marktanteile abjagte, indem sie dank inadäquater Löhne die preisgünstigsten Waren anbot. Doch das endete mit der immer dürftigeren Konjunktur des Euro- Raums und dem Schwächeln Chinas.

Dass sich deutsche Waren so lange so gut verkauften, ohne an Qualität gewonnen zu haben, hatte aber eine weitere Folge: Die verfettete deutsche Autoindustrie verschlief den Übergang zur E-Mobilität und befindet sich in einer existenziellen Krise. Österreich, als ihr wichtigster Zulieferer leidet zwangsläufig mit und tut sich dabei insofern besonders schwer, als auch der ÖGB die Teuerung missverstand und Lohnerhöhungen im Ausmaß der Inflation forderte: Mit 9 Prozent höheren Löhnen liegen unsere Lohnstückkosten derzeit um 7,1 Prozent über dem Durchschnitt der EU, während die deutschen 4 Prozent darunter liegen.

Das wird wirtschaftliche Erfolge unter Türkis-Rot- (Pink) in absehbarer Zeit extrem erschweren, zumal die EU nicht von “Austerity” abgeht, sondern derzeit fordert, dass wir zusätzliche 2,5 Milliarden im Jahr einsparen. Sollte die kommende Regierung unter diesen Voraussetzungen weiter Wohlstandseinbußen mit sich bringen, haben wir in fünf Jahren eine absolute Mehrheit der FPÖ.

Die größte Schwäche der wahrscheinlichen Regierung wäre zweifellos ihre ökonomische Inkongruenz: Beate Meinl Reisinger plädiert trotz des fatalen deutschen Beispiels dafür, die Schuldenbremse anzuziehen; Karl Nehammer hofft auf Wachstum, ohne zu wissen woher; Andreas Babler denkt zwar in die richtige Richtung – höhere vermögensbezogenen Steuern machten Gelder frei – aber er will sie für alles mögliche ausgeben, statt für die Senkung der Steuern auf Arbeit. Nehammer lehnt vermögensbezogene Steuern (wie übrigens Herbert Kickl) grundsätzlich ab, Meinl Reisinger, die ihnen einen Moment lang offen gegenüberzustehen schien, wenn sie der Senkung der Steuern auf Arbeit dienten, ist davon wieder abgekommen.

Kann das Wissen, dass diese Regierung zum Erfolg verdammt ist, solche Differenzen überwinden? Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ein vorurteilsloses Gespräch mit der Steuerexpertin des WIFO Margit Schratzenstaller das vermag: Niedrigere Steuern auf Arbeit, die durch höhere vermögensbezogene Steuern gegenfinanziert würden, stellten eine echte Verbesserung der Struktur der Wirtschaft dar, die die Menschen in der Brieftasche spürten.

 

 

 

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ÖVP wählen verhindert Kickl am ehesten (so schwer es mir fällt):

Ich halte Hebert Kickls Kanzlerschaft (wenig überraschend) insofern für eine substantielle Gefahr, als es ihm in fünf Jahren gelingen könnt, Österreich so umzubauen, wie es sein Vorbild Viktor Orban mit Ungarn getan hat. Erstmals ziehe ich damit in Erwägung, taktisch zu wählen:

  • Karl Nehemammer, so bin ich überzeugt, wird tatsächlich nicht Steigbügelhalter für Kickl spielen, sondern bei seinem Versprechen bleiben, nicht mit der Kickl-FPÖ zu koalieren.
  • Schneidet er bei der Wahl allerdings schlecht ab, wird die ÖVP im schlimmsten Fall nur Nummer drei hinter Andreas Babler, so wird er als Obmann abgelöst und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich die Industriellenvereinigung mit ihrem Wunsch nach einer blau-türkisen Regierung durchsetzt, denn die hat ihr finanziell Gewaltiges zu bieten. Natürlich die Senkung der Körperschaftssteuer, aber darüber hinaus Steuerfreiheit für nicht entnommene Gewinne. Dass das dazu führt, dass die dann an der Börse veranlagt, statt ins Unternehmen investiert werden, wird von den Wählern so wenig bedacht, wie dass die drastische Senkung der Körperschaftssteuer in den letzten zwanzig Jahren mit ständig sinkenden Unternehmensinvestitionen einherging.
  • Je besser Nehammer dagegen abschneidet, desto sicherer ist sein Verbleib an der Spitze der ÖVP und desto weniger kommt seine Ablöse und damit eine blau-türkise Koalition in Frage. Ich halte daher für möglich, für die ÖVP zu stimmen, obwohl ich auch ihren wirtschaftspolitischen Kurs ablehne. Denn natürlich wäre es höchst sinnvoll. die vermögensbezogenen Steuern zu erhöhen, um die Steuern auf Arbeit zu senken (was Babler übrigens leider nie fordert.)
  • Man kann einwenden, dass auch Johanna Mikl -Leitner versprochen hatte, nicht mit der FPÖ zu koalieren und es dann doch getan hat. Aber a) ist ein Bundesland etwas anderes als der Staat; b) hat sich Mikl-Leitner nie im Ausmaß Nehammers festgelegt und c) hat sich ihr potentieller SP-Partner besonders blöd benommen, indem er erklärte, eher würde er sich die Hand abhacken als von seinen Forderungen zu lassen.
  • Garantieren, dass Nehammer nicht dennoch umfällt oder sich wegloben lässt, kann ich trotzdem nicht, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Und selbst wenn es zur blau-türkisen Koalition kommt, ist es ein Vorteil, wenn die ÖVP dort wenigstens ein relativ starker Widerpart ist.
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Wie kann der Staat sparsamer sein?

Indem Brüssel fordert, zusätzliche Milliarden einzusparen, vertieft es die Rezession. Aber man kann Geld sparsamer einsetzen. Der Föderalismus ist das größte Hindernis.

 Wer immer Österreichs nächstes Budget erstellt, tut mir leid: folgt er Brüssels Vorgabe, jährlich zusätzliche 2,5 Milliarden Euro einzusparen, vertieft er die Rezession – folgt er ihr nicht, zahlen wir Strafe. Dazu vorweg eine Klarstellung: So sicher ich bin, dass Sparen des Staates Wirtschaftswachstum kostet, so sehr soll der Staat “sparsam” wirtschaften. Es stimmt, dass ihm das oft schwerer als privaten Investoren fällt. Im schlimmsten mir bekannten Fall, beim Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, betrugen die Kosten dank Korruption und zughörigen Abwicklungsfehlern mit 45 Milliarden Schilling (3,27 Milliarden Euro) das Sechsfache eines vergleichbaren Klinikums in Aachen. Allerdings hat Österreichs Wirtschaft selbst in diesem Fall keine 2,33 Milliarden Euro verloren, denn der Großteil des Geldes blieb dank der überhöhten Gewinne der beteiligten Firmen im Land und wurde von ihnen (hoffentlich sparsamer) reinvestiert: vom Staat ausgegebenes Geld kommt dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) selbst im schlimmsten Fall zugute. Staatsausgaben streng zu kontrollieren und die Abwicklung von Projekten durch den Staat tunlichst zu vermeiden, ist also höchst sinnvoll – große Staatsausgaben grundsätzlich abzulehnen, ist es nicht: Österreich schrieb in der Ära des für den Bau des AKH Hauptverantwortlichen Finanzministers Hannes Androsch ständig Budgetdefizite, doch Österreichs Wohlstand wuchs wie nie.

Das alles ist für Österreichs künftigen Finanzminister freilich irrelevant. Da wir EU-Mitglied sind, hat er Brüssels Sparvorgabe zu erfüllen. Es bleibt ihm also nur der von Karl Nehammer empfohlene Weg, Budgetposten für Budgetposten in Frage zu stellen.  Der Aufschrei derer, denen etwas weggenommen wird, wird freilich gewaltig sein, denn “Förderungen”, wie sie voran zur Diskussion stehen, sind selten sinnlos und weniger Fördergeld wird dem BIP auf jeden Fall fehlen. Um zwei große Spar-Kandidaten zu analysieren: Natürlich ist die Förderung des Klimaschutzes durch Wärmepumpen und den Umstieg auf E-Autos teuer; es war vielleicht falsch, die Förderung von Firmenautos zu beenden, während sie für reiche Tesla-Käufer vielleicht überflüssig war. Aber Förderung erfolgreich zu differenzieren ist extrem schwierig und die finanziell wichtigere Frage lautet: Schafft unsere Wirtschaft ein BIP, das uns die rasche Reduktion des CO2 Ausstoßes gestattet? Ähnlich teuer sind hohe Beamtenpensionen und absurde Pensionsverträge für Mitglieder der Nationalbank – aber es sind Verträge und wenn die Senkung gewisser Pensionen die Kaufkraft senkt, senkt das auch das BIP. Klar ist einzig: Die Pensionspolitik muss berücksichtigen, wie sehr die Lebenserwartung gestiegen ist. Ansonsten sind Eingriffe ins Pensionssystem einmal mehr extrem schwierig und am wichtigsten ist abermals: Schafft die Generation, die die Pensionen der vorangegangenen Generation finanzieren soll ein BIP, das ihr das ermöglicht?

Die Regierung sollte daher meines Erachtens lieber prüfen, was die größten “einheimischen” Hindernisse für Wirtschaftswachstum sind. Die ÖVP wird sofort auf zu hohe Unternehmenssteuern verweisen, aber deren gewaltige Reduktion in den letzten zwanzig Jahren geht mit einem denkbar niedrigen Investitionsniveau einher. Ebenso umstritten ist, ob die Abschaffung der Lohnnebenkosten der Wirtschaft wirklich hilft, denn gleichzeitig kann sie Kaufkraft kosten und jedenfalls schafft sie ein Loch im Budget.

Mit Sicherheit nutzen würde uns hingegen, interne Hindernisse für die sparsame Allokation von Mitteln zu beseitigen und das größte davon ist überbordender Föderalismus in einem Land von der Größe Bayerns. Statt Großspitäler so zu errichten, dass sie ein maximales Einzugsgebiet versorgen, baute jedes Bundesland sein eigenes, selbst wenn es dem des Nachbarbundeslandes benachbart ist. Einige Bundesländer kennen kaum befahrene Autobahnen, weil ihre Landesfürsten sie durchzusetzen vermochten. Das Wiener U-Bahn Netz wird nicht auf nahe Ortschaften im schwarzen Niederösterreich erweitert. Die Gesundheitspolitik wird durch die Unterscheidung in Bundes- und Landeskompetenzen unendlich erschwert- bis heute hat Österreich bei einer Pandemie keine Übersicht über die jeweiligen Betten-Kapazitäten.

Am hinderlichsten sind neun verschiedene Vorschriften: Ich hatte einmal eine Firma für Heizungstechnik, deren Lizenzgeber ein großes steirisches Unternehmen war; dabei stieß ich in Wien immer wieder auf Großaufträge, die ich dem Steirer vermitteln wollte, doch deren Geschäftsführer winkte ab: “Um den Vorschriften in Wien zu genügen, müsste ich meine Leute eigens umschulen – ich bin in Wien nicht konkurrenzfähig.”  Dennoch gibt es neun verschiedene Bauordnungen; neun Naturschutzgesetze, neun Katastrophenschutzgesetze – in einigen Bundesländern werden Unwetterschäden jetzt zu 20, in andren zu 100 Prozent ersetzt; wer seine Öl-Heizung in Niederösterreich gegen Wärmepumpen tauscht wird weniger als in Wien gefördert. Selbst der Jugendschutz unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Alles was nicht ausdrücklich dem Bund vorbehalten ist, obliegt dem Land und um vielfach absurde Unterschiede zu zelebrieren finanzieren wir neun Landesregierungen. Die heilige Kuh des Föderalismus zu schlachten, wäre zweifellos am billigsten, ist aber undenkbar. Doch eine Partei, die es wagte, sie zumindest abzumagern, erhöhte ihre Chancen meines Erachtens erheblich.

 

 

 

 

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Covid 19 blüht wieder

Obwohl die Viren-Konzentration im Abwasser angeblich nicht zugenommen, hat der Herbst prompt eine neuerliche Covid19-Welle mit sich gebracht, auch wenn  nicht mehr davon gesprochen wird ist und man auch keine wirklichen Daten zur Verfügung hat, da die Krankheit nicht mehr meldepflichtig ist.

Wohl aber kann man Schlüsse daraus ziehen, wie viele Menschen in der engsten eigenen Bekanntschaft  gerade erkrankt sind und sich durch einen Test davon überzeugt haben, dass es sich um Covid 19 handelt. Auch befragte Ärzte bestätigen sofort, dass sie wieder öfter zu Patienten gerufen oder um einschlägige Rezepte gebeten werden.

Zu verdanken haben wir den Umstand, dass die Krankheit nicht verschwunden ist den Anti-Impf-Demonstrationen der FPÖ im Verein mit naiven grünalternativen Impfskeptikern, die zu einer unzureichenden Durchimpfungsrate führten, so dass keine Herdenimmunität eingetreten ist. Die blaue Mobilmachung gegen die Impfung war einmalig: Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch verstieg sich als Ärztin bekanntlich zu der Behauptung, die Intensivstationen wären nicht von Covid-19 Patienten, sondern von Impfgeschädigten überfüllt, während Herbert Kickl ein Mittel zur Entwurmung von Pferden an Stelle einer Impfung empfahl.

Dass uns Covid 19 auf diese Weise noch länger erhalten bleiben dürfte, hat sich für die FPÖ freilich mehr als gelohnt: Indem sie behauptete, das Land habe sich auf dem Weg zu einer Impf-Diktatur befunden, vermochte sie in der Zustimmung der Bevölkerung auf nie dagewesene Weise zuzulegen.  Noch einmaliger war die nachfolgende Volte: Kickl erreichte, dass sieh Karl Nehammer de facto für Fehler bei der Verhängung von “Maßnahmen” gegen die Pandemie entschuldigte, obwohl klar ist, dass solche Fehler angesichts einer völlig unbekannten, neuen Epidemie unausweichlich sind, statt dass die Führung der FPÖ sich dafür entschuldigt hätte, dass ihre Anti-Impf -Kampagne die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet und Österreich Covid- 19 auf unbestimmte Zeit erhalten hat.

 

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Österreich drohen schwierige Zeiten

Die EU tut alles, die Rezession zu vertiefen. In Deutschland kommt die Krise seiner Autoindustrie hinzu. Wir sind ihre Lieferanten mit den höchsten Lohnstückkosten.

Beate Meinl Reisinger behauptete in den “Sommergesprächen” zu wissen, wie der Staat erfolgreich sparen kann – Karl Nehammer behauptete, man könne fast ohne Sparen  auskommen, indem man die Wirtschaft belebt. Seither gilt er als unseriös und sie als seriös, fordert die EU doch 2,5 Milliarden jährliche Einsparung, obwohl Sparen des Staates Wirtschaftsprobleme noch nie behoben hat. Das einzige angebliche Gegenbeispiel- die Erholung Schwedens im Jahr 1993- trifft nicht zu: Nicht Austerity, sondern die Abwertung der Schwedenkrone und ein gleichzeitiges Lohn-Stillhalteabkommen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften hat Schwedens Krise beendet.

Erstmals in jüngerer Zeit gibt es jetzt eine Krise Deutschlands. Dank der Einhaltung der Schuldenbremse und der Zinspolitik der EZB befindet es sich im dritten Quartal einer Rezession, die mit einer substantiellen Krise seiner Autoindustrie einhergeht und keineswegs nur VW betrifft. Da deutsche Autoproduzenten den Produzenten anderer Länder dank inadäquater Löhne ständig Marktanteile abzujagen vermochten, wiegten sie sich in trügerischer Überheblichkeit und verschliefen die Elektromobilität. Leider stimmt das Sprichwort “wenn Deutschland Grippe hat, hat  Österreich Schnupfen”, zumal die von der EU verhängten Strafen gegen Länder, die ihre kontraproduktiven Schuldenregeln nicht einzuhalten vermögen, nun auch uns drohen. Nicht zuletzt droht uns besonderes Ungemach, weil unsere Zulieferindustrie den Problemen der deutschen Autoindustrie mit den höchsten Lohnstückkosten der EU gegenübersteht: Die Aufträge unserer Metallindustrie sind um 20 Prozent eingebrochen.

In der Vergangenheit haben auch die Regierungen der EU sich zumindest in Zeiten heftiger Konjunktureinbrüche wie “Corona” oder der Öl/Gas-Verteuerung der Erkenntnis John M. Keynes´ erinnert, dass der Staat sich dann eben doch verschulden muss. Nur fordert die herrschende Lehre scheinbar überzeugend, diese Verschuldung jetzt schleunigst zu beenden. Doch das verkennt eine wesentliche Veränderung der ökonomischen Grundbedingungen, mit der Keynes noch nicht konfrontiert war: In der Vergangenheit haben durchwegs die Unternehmen für die zum Wirtschaftswachstum nötige Verschuldung gesorgt- doch genau das tun sie heute nicht mehr: sie verdienen genug, um Investitionen ohne Kredite zu bestreiten. Die Mehrzahl der Unternehmen ist daher von Schuldnern zu Sparern geworden. Deshalb braucht es die Verschuldung des Staates ständig, um Wachstum zu garantieren: Er muss ständig viel Geld investieren und kann das, weil er es nicht nur druckt, sondern weil eine funktionierende Wirtschaft ständig für die Deckung des Geldes durch Güter und Leistungen sorgt.

Keynes selbst hat auch nie behauptet, dass seine These nur zur Überwindung von Krisen taugt. Zu dieser Ansicht kamen Ökonomen erst angesichts des Ölschocks 1973: Die Staaten gaben damals mehr Geld aus, aber statt dass die Konjunktur ansprang, stagnierte die Wirtschaft bei gleichzeitig durch höhere Ausgaben beförderter Inflation. Das hatte zwei Ursachen: die eingesetzten Summen waren oft zu gering, um Wachstum zu generieren, vor allem aber bekämpften die Zentralbanken die Inflation mit drastisch erhöhten Zinsen – das zu schwache Gas-Geben war also immer von harschem Bremsen begleitet und funktionierte entsprechend schlecht. Daraus resultierte der Schlachtruf “Keynes ist tot”, statt dass man erkannt hätte, dass das Vorgehen von Staat und Notenbank sehr viel besser und vor allem auch mit den Gewerkschaften, abgestimmt werden muss.

So hat die EZB auch diesmal harsch gebremst, um eine Inflation zu bekämpfen, die freilich längst im Abklingen war, weil sie nicht auf einer Preis-Lohn-Spirale, sondern der befristeten Verteuerung von  Öl/Gas beruhte. Dass EZB-Chefin Christine Lagarde dennoch so vorging, lag an einem doppelten Missverständnis: Sowohl daran, den Unterschied zur Preis-Lohn-Spirale nicht zu sehen, wie daran, sich voran von deutschen Ratsmitgliedern einreden zu lassen, die lockere Geldpolitik der EZB hätte die Inflation verschuldet, obwohl sie durch ein Jahrzehnt fast von Deflation begleitet war.

Leider missverstand auch der ÖGB das Wesen der aktuellen Inflation: Er nahm die bewährte Benya- Formel (Lohnerhöhung = Inflation des abgelaufenen Jahres + Produktivitätszuwachs) zum Ausgangspunkt seiner Lohnforderungen, obwohl die Inflation nicht wie sonst auf der mäßigen Lohnerhöhung des abgelaufenen Jahres, sondern der massiven Verteuerung von Öl und Gas beruhte: Mit Tariflohnerhöhungen um die 9 Prozent waren wir EU-Spitzenreiter und das ist deshalb so kritisch, weil unser wichtigster Handelspartner Deutschland seine Tariflöhne nur um 2,6 Prozent erhöhte, weil man das Wesen der Teuerung dort besser begriff – ohne freilich zu verstehen, dass Deutschlands inadäquate Tariflöhne eine kräftige Steigerung nicht nur vertrügen, sondern brauchten.

Derzeit äußert sich die Rezession nur in leicht erhöhter Arbeitslosigkeit, aber sie wird steigen. Wir müssen hoffen, dass der ÖGB das Exportproblem bei künftigen Lohnforderungen berücksichtigt; vielleicht gelingt es unseren Unternehmen auch einmal mehr, die Qualität ihrer Produkte so zu steigern, dass ihr Export kaum leidet, und im Inland sollte ihnen die gestiegene Kaufkraft zu Gute kommen. Nicht zuletzt könnte ein US-Boom die EU-Rezession lindern. Dass die EU von Austerity abgeht, habe ich zu hoffen aufgehört.

 

 

 

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Hure für die Reichen

Der Chef der Industrie-nahen Agenda Austria Franz Schellhorn hat in einer Diskussion mit der Chefin des ÖGB-nahen Momentum-Instituts Barbara Blaha über Andreas Bablers Erbschaftsteuer gemeint, die anderthalb Milliarden, die man daraus vielleicht erziele, könne man vergessen, denn sie wären doch ein völlig unzureichender Betrag.

Ähnlich äußerte sich der Chef des Instituts für höhere Studien IHS, Holger Bonin, der meint der Freibetrag könne nicht bei anderthalb Millionen Euro sondern müsse deutlich darunter liegen. Beide haben insofern recht, als die Erbschaftssteuer in ihrer auch vom ÖGB erwogenen Ausgestaltung sicher nicht die Beträge einbrächte, die Babler für eine Unzahl von Wohltaten ausgeben will – aber anderthalb Milliarden derart zu verachten scheint mir bei Ökonomen trotzdem etwas befremdlich.

Wesentlich war eine Tafel, die Babler im Zuge seiner Auseinandersetzung um dieses Thema viel zu kurz im Fernsehen zeigte: Nur in zwei Staaten, der Slowakei und Mexiko sind Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern geringer als in Österreich, wo sie bei nur 0,6 Prozent des BIP liegen, während es im Schnitt der OECD 2,5 Prozent sind. Würden sie auf dieses Niveau angehoben, so nähme der Staat um die sieben Milliarden mehr ein um die man – und auch das ist wesentlich- die Steuern auf Arbeit senken könnte. Vor der Erbschaftsteuer, die man tatsächlich nicht mit einer Freigrenze von anderthalb Millionen ausstatten muss, um das berühmte Enkerl zu schonen, dem die Oma ihre Wohnung vermacht, ist fast überall die Grundsteuer die wichtigste der vermögensbezogenen Steuern, während bei uns diesbezüglich jene lächerlichen Einheitswerte gelten, die den Verfassungsgerichtshof veranlassten, die Erbschaftsteuer aufzuheben, weil jemand, der ein Grundstück im Wert von einer Million Euro erbte eine ungleich geringere Steuer bezahlte, als jemand der eine Million in bar erbte. Der VfGH trug der rot-schwarzen Regierung auf, das zu reparieren, nicht aber die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Doch die ÖVP war nicht bereit, diese Reparatur innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist mit zu beschließen und so blieb es bei den lächerlichen Einheitswerten und war die Erbschaftsteuer gestorben. Wie schrieb doch der abgesetzte Ex-Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid angesichts der Steuersache Siegfried Wolf  einem Mitarbeiter: “Vergiss nicht. Du hackelst im ÖVP-Kabinett. Du bist die Hure für die Reichen“. Charakteristischer Weise will auch der angebliche “Volkskanzler”  Herbert Kickl keine Erbschaftssteuer und das Volk ist schlicht genug, der FPÖ demnächst die Mehrheit zu verschaffen.

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Die hilflosen Programme unserer Parteien

Die Spar-Vorschriften der EU schließen gutes Wirtschaften aus. Es ist daher fast egal, wie die Wirtschaftsprogramme der Parteien beschaffen sind- es gibt nur Abstufungen.

 Ursula von der Leyen, die sich für ihre kommende Amtszeit vor allem vorgenommen hat, die Wirtschaft der EU zu stärken, tut mit deutscher Gründlichkeit das Gegenteil: Indem die EU- Kommission ihre stärksten Volkswirtschaften (von Österreich über Italien und Frankreich bis Deutschland) mit Strafe bedroht, sofern die öffentliche Hand (der Staat) nicht spart, vertieft sie die aktuelle Rezession, die die EZB ausgelöst hat, indem sie nicht verstand, dass die Teuerung durch verknapptes Erdgas etwas völlig anderes ist, als eine durch überhöhte Löhne beschleunigte Inflation. Ich berufe mich auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stieglitz, indem ich, so sehr Sie dessen überdrüssig sein mögen, wiederhole, dass die Wirtschaftspolitik der EU der Mathematik widerspricht: Wirtschaftswachstum bedeutet, dass Unternehmen mehr (oder Wertvolleres) verkaufen; das ist nur möglich, wenn andere mehr  einkaufen; die Konsumenten tun das in Krisenzeiten nicht, sondern sparen lieber; kauft der Staat ebenfalls weniger ein, weil auch er spart (zum Sparen gezwungen ist) wären Unternehmen schwachsinnig, wenn sie ihre Anlagen dennoch erweiterten, um mehr zu produzieren, denn sie fänden keine Käufer. Allfällige Mehreinkäufe durch Staaten, Unternehmen und Konsumenten außerhalb der EU machen dieses Manko nicht wett. Deshalb wächst die Wirtschaft der sparenden EU seit 24 Jahren so ungleich weniger als die der USA, die keine entsprechende Spar-Vorschrift kennt. Obwohl die Republikaner, aber auch viele Demokraten aus ideologischen Gründen auch dafür wären, dass der Staat seine Leistungen kürzt, geschieht das nicht, weil beide Seiten immer ein hohes Militärbudget akzeptieren, das via Zulieferunternehmen ein gewisses Wirtschaftswachstum sicherstellt, während die strikte Leugnung der wirtschaftlichen Logik in der EU beziehungsweise der Eurozone  in die aktuelle Rezession gemündet ist.

Kein Programm spart ein

Vor diesem tristen Hintergrund sind die Wirtschaftsprogramme zu beurteilen, mit denen Österreichs Parteien in den Wahlkampf ziehen: Es ist ziemlich egal, was sie vorschlagen, denn sie können es unter der Aufsicht der EU nicht einhalten. Der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, der, anders als Stieglitz, offenbar nichts an den wirtschaftlichen Grundsätzen der EU auszusetzen hat, hat sehr klar erläutert, warum das so ist: Österreich muss, um den Vorschriften der EU-Kommission zu genügen, 2,5 Milliarden Euro im Jahr einzusparen, und das schließt Steuersenkungen oder gar zusätzliche Leistungen aus. Wenn die ÖVP in ihrem Wirtschaftsprogramm meint, man käme ohne Einsparungen aus, indem man die Körperschaftssteuer und die Lohnnebenkosten senkt, weil das die Wirtschaft ankurbelt, so ist das für Badelt wie für mich blanke Illusion. (Die Gesellschaftssteuern wurden mit der Begründung, dadurch die Investitionen zu befördern, bereits halbiert und diese sind dennoch so niedrig wie nie, weil Investitionsentscheidungen der Unternehmen in erster Linie davon abhängen, ob sie in Zukunft bessere Geschäfte erwarten.) Die von der ÖVP gleichfalls geforderte Senkung der Lohnnebenkosten ist für Badelt wie mich ein Nullsummenspiel, weil dann eben der Familienlastenausgleich und die Sozialversicherung Zuschüsse aus dem Budget erhalten müssten. Völlig ausgeschlossen ist unter den gegebenen Umständen die von allen Parteien angestrebte Senkung der Lohnsteuern, denn sie erhöhte das staatliche Defizit dramatisch, statt es zu vermindern.

Aus den gleichen Gründen wie das Wirtschaftsprogramm der ÖVP, ist für Badelt wie für mich auch Wirtschaftsprogramm der Neos blanke Illusion, das dem der ÖVP weitgehend gleicht. Einig sind sich beide Parteien auch in der massiven Ablehnung  vermögensbezogener Steuern, wie der Erbschafts- oder der Grundsteuer, obwohl uns die Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts oder der OECD beides seit Jahren dringend empfehlen, weil sie dazu beitrügen, die Steuern auf Arbeit zu senken. Dass auch Beate Meinl-Reisinger das nicht versteht,  hatte ich bisher für unwahrscheinlich gehalten.

Restlos absurd ist erwartungsgemäß das Wirtschaftsprogramm der FPÖ: Auch sie, die angeblich den kleinen Mann vertritt, lehnt vermögensbezogene Steuern aufs Energischste ab und verspricht dennoch eine unmögliche Lohnsteuersenkung. Die notwendigen Einsparungen will sie erzielen, indem man Migranten keine Mindestsicherung mehr ausbezahlt, obwohl das erstens EU-rechtswidrig wäre und zweitens nur einen Millionenbetrag einbrächte. Die Grünen drücken sich um dumme konkrete Aussagen und verweisen nur darauf, dass ökologische Maßnahmen Arbeit schaffen, wobei sie darauf vergessen, dass sie auch Geld kosten.

Nur Babler hätte Chancen

Das einzige Wirtschaftsprogramm, das den Ansprüchen der EU theoretisch genügen könnte, ist das der SPÖ unter Andreas Babler: Indem er die Erbschaftssteuer und die Gesellschaftssteuer erhöhte, erzielte er Mehreinnahmen, die noch höher sein könnten, wenn er auch eine adäquate Grundsteuer forderte. Nur will Babler diese Mehreinnahmen nicht nutzen, um das Budget zu sanieren, sondern um daraus weitere Sozialausgaben zu bestreiten, so dass ihm Parteikollegin Doris Bures bekanntlich mangelnde Ernsthaftigkeit vorgeworfen hat. Wenn man die wirtschaftlichen Grundsätze der EU mit Christoph Badelt für richtig hält, bleibt Österreich in den kommenden Jahren in der Tat nichts anderes übrig als unter Schmerzen die genannten 2,5 Milliarden pro Jahr einzusparen. Nur dass das zu einer immer massiveren Rezession führen wird: Man kann Wirtschaftspolitik nicht gegen Mathematik und Logik betreiben.

 

 

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Die Kirche bleibt frauenfeindlich

Polens Unterhaus lehnt es ab, das geltende Abtreibungsverbot auch nur minimal zu mildern. Angesichts der Frauenfeindschaft des Islam wird die unserer Kirchen vergessen.

 Polens Unterhaus hat abgelehnt, das geltende Abtreibungsverbot so zu mildern, dass ein Schwangerschaftsabbruch wenigstens bei Vergewaltigung oder Missbildung des Fötus möglich wäre. Das Versprechen einer solchen Reform war der vermutlich entscheidende Grund dafür, dass eine Koalition unter Führung der Bürgerplattform  Donald Tusks 2023 die Regierung der konservativen PIS ablösen konnte. Doch die Abstimmung über die Abtreibung zeigte, dass es im katholischen Polen selbst in Tusks Koalition Abgeordnete gibt, die in Abtreibung “Mord” sehen.

Zwangsläufig stärkt das Scheitern der Reform die PIS, die für sich alleine genommen nach wie vor stimmstärkste Partei Polens ist. Denn wirtschaftlich war sie durchaus erfolgreich: Es war nicht zuletzt ihr Verdienst, dass Polen seine Staatswirtschaft von allen Staaten des einstigen Ostblocks am besten in eine  Marktwirtschaft überführte. Die Landbevölkerung kam nicht unter die Räder der Industrialisierung, und die christlich-soziale Prägung der Gesellschaft sorgte dafür, dass die für viele ex-kommunistische Volkswirtschaften so typische Spaltung in weiterhin Arme und extrem Reiche in Polen nicht so drastisch ausfiel. Es ist daher keineswegs sicher, dass die liberale Regierung Tusks wirtschaftlich vergleichbar erfolgreich sein wird und zusammen mit der gescheiterten Reform der Abtreibung kann sie das sehr bald die Zustimmung der Mehrheit kosten – man muss die Rückkehr Polens unter die Fittiche der EU-kritischen, fundamental katholischen PIS leider für jederzeit möglich halten.

Angesichts eines Islam, der Frauen im Extremfall zwingt, im Gefängnis einer Burka mit vergittertem Sehfeld zu leben, wird vergessen, wie frauenfeindlich auch das Christentum ist. Indem es gebietet, mit Gott-Vater und Gott-Sohn zwei Männer als allgewaltig und allwissend anzuerkennen, sorgt es für jene patriarchalen Herrschaftsverhältnisse, die ich für eine zentrale Ursache von Krieg und Unterdrückung halte. Restlos undemokratisch organisiert, war voran die katholische Kirche Stütze noch jedes faschistischen Regimes, ob Benito Mussolinis, Engelbert Dollfuss` oder Francisco Francos und natürlich steht die orthodoxe Kirche heute fest hinter Wladimir Putin. Noch nie haben christliche Kirchen Massenmördern, sei es Adolf Hitler, sei es Josef Stalin, offen die Stirn geboten, sondern sich selbst mit ihnen arrangiert. Österreichs Bischöfe unterschrieben bekanntlich mit “Heil Hitler.”

Dazu passt, dass alle faschistoiden Regime Abtreibung als “Mord” qualifizieren und zu Lasten der Frauen mit besonderer Schärfe verfolgen, sahen mit ihnen verbündete Kirchenväter in Frauen doch Menschen zweiter Klasse. Hatte es in vorchristlichen Gesellschaften, etwa Ägyptens, auch weibliche Götter gegeben und konnten Frauen Herrscherinnen sein, so konnte die hebräische Frau im alten Testament des Christentums verstoßen, ja getötet werden, wenn sie dem Mann nicht gehorchte und war “unrein”, wenn sie die Regel hatte. Mit Jesus gab es zwar eine kurze Zwischenphase, in der sich die Stellung der Frau verbesserte – bekanntlich erlaubte er Maria Magdalena sogar seine Lehre zu verbreiten – aber schon hundert Jahre später wies das Thomas- Evangelium der Frau wieder die alte Stellung zu: “Ein Weib lerne in der Stille und in aller Untertänigkeit”. Das fand der polnische Papst Johannes Paul II noch 1988: “Eine Frau soll still zuhören und sich ganz unterordnen. Ich gestatte es keiner Frau zu lehren und sich über den Mann zu erheben. Zuerst wurde ja Adam geschaffen und dann erst Eva”. Die diesbezügliche katholische Tradition ist beeindruckend. Schon 200 nach Christi hatte der Kirchenlehrer Tertullian in Eva die “Eingangspforte des Bösen” gesehen:  “Du bist es, die dem Teufel Eingang verschafft hat.” “Allein das Bewusstsein ihres Wesens muss die Frau mit Scham erfüllen”, assistierte ihm sein Kollege Clemens Alexandrinus. Augustinus als wichtigster aller Kirchenlehrer wies der Frau im 5. Jahrhundert endgültig wieder den Platz zu, den sie vor Jesu` Geburt innehatte: “Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbild geschaffen wurde.”

Das ist der katholische Hintergrund, vor dem das Recht der Frau, über ihren Körper zu verfügen, gesehen werden muss: Wenn ein Mann ihr ein Kind gemacht hat, hat sie es zu kriegen – den Fötus abzutreiben ist “Mord”. Dass es nichts Inhumaneres gibt, als einer Frau zuzumuten, ein Kind zu bekommen, das sie nicht bekommen will und einem Kind zuzumuten geboren zu werden, obwohl die Mutter es nicht wollte, sieht die Kirche nicht. Sie meint der Wissenschaft zu folgen, indem sie davon ausgeht, dass aus der mit einer Samenzelle vereinigten Eizelle zweifellos ein Mensch werden kann, obwohl noch kein Botaniker einen Zwetschgenkern einem Zwetschgenbaum gleichgesetzt hat,  obwohl er zweifellos dazu werden kann und obwohl jemand, der ein angebrütetes Ei zerschlägt, sich nicht der Tierquälerei schuldig macht, obwohl daraus ein Huhn würde.

Die Kirche war -in für sie typischen absurden Grenzen- schon einmal weiser: 1771 nahm sie an, dass der männliche Fötus erst nach 40, der weibliche erst nach 80 Tagen eine Seele bekommt, so dass davor nicht zwingend Mord vorliegt.

Sobald die Frau ein zweites Wesen in sich spürt, wird Abtreibung auch für sie selbst zum Problem, sieht es die Fristenlösung ohne absurde Unterscheidung im männliche und weibliche Föten gar nicht soviel anders.

 

 

 

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Der keineswegs gebremste Klimawandel

Allen österreichischen, deutschen und europäischen Erfolgsmeldungen zum trotz wird weltweit nicht weniger, sondern mehr CO2 in die Atmosphäre geblasen.

Um ausnahmsweise einen Erfolg zu vermelden, präsentierte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Grafik, die illustriert, wie sehr der CO2- Ausstoß in seiner kurzen Amtszeit zurückgegangen ist. Die Opposition spricht zwar von getürkten Daten, weil nicht die neuesten herangezogen worden seien, aber tendenziell steht der Rückgang außer Zweifel. Ähnliches gilt für Österreich, wenn Leonore Gewessler entsprechende Erfolge vermeldet und auch Ursula von der Leyen sagt die Wahrheit, wenn sie den Erfolg ihres “Green Deal” feiert: Die EU hat ihren CO2 Ausstoß tatsächlich gesenkt.

Nur kommt es fürs Klima nicht darauf an wie viel CO2 die EU in die Atmosphäre entlässt, sondern wie viel weltweit dorthin entlassen wird. Und da gilt es einen simplen ökonomischen Tatbestand zur Kenntnis zu nehmen: Jeden Liter Öl und jeden Kubikmeter Gas, den wir in der EU weniger verbrennen, verbrennen andere Volkswirtschaften, von Brasilien über Indien bis China mehr. Alles Öl und Gas, das gefördert wird, wird gekauft, verbrannt und entlässt CO2 in die Atmosphäre. Nur wenn weltweit weniger fossile Brennstoffe gefördert werden, verringert sich der CO2 -Ausstoß. Deshalb war der grauenhafte Krieg in der Ukraine eine Zeit lang gut für den Planeten, denn um ihn vorzubereiten, brauchte Russland mehr Geld und einigte sich mit der OPEC, die Förderung zu drosseln, um den Preis durch Knappheit zu erhöhen. Die USA, die Saudi-Arabien sonst immer bewegt hatten, die Förderung nicht zu drosseln und den Preis moderat zu halten, indem sie drohten, dem Königshaus sonst keine Waffen zu liefern, akzeptierten die Preiserhöhung dieses Mal, weil sie durch Fracking selbst zum größten Öl/Gas Produzenten der Welt geworden waren.

Die Drosselung der weltweiten Förderung hielt freilich nur kurz an. Nicht zuletzt, weil voran der erhöhte Gaspreis zu einer gewaltig erhöhten Inflation führte, unter der voran Europa litt, wurde die Gasförderung bald wieder erhöht, indem Norwegen sie verstärkte und die USA ihr Fracking wieder hochfuhren. Die weltweite Förderung fossiler Brennstoffe nahm zu Lasten des Planeten wieder zu und sorgte – viel mehr als die Zinserhöhungen der Notenbanken – dafür, dass die Inflation sukzessive zurückging.

Man kann die Menge fossiler Brennstoffe, die jährlich gefördert werden dürften, um den weltweiten CO2-Ausstoß so zu reduzieren, dass man das gesetzte Klimaziel erreicht, in etwa errechnen und das geschieht auch. Es gibt von den Vereinten Nationen seit 2017 einen jährlichen Bericht über die sogenannte “production gap”: Das ist die Lücke zwischen dem, was an Einschränkung bei der Förderung und Produktion fossiler Energieträger auf Weltebene notwendig wäre und dem, was tatsächlich geschieht. Im Vorwort des Reports von 2023 heißt es: „Die Regierungen planen, bis 2030 mehr als die doppelte Menge an fossilen Brennstoffen zu produzieren und zu verbrauchen als es mit dem Pfad zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°C vereinbar ist. Mit anderen Worten: Die EU, Deutschland oder Österreich können ihren CO2 Ausstoß noch so sehr reduzieren – es bewirkt nichts, solange weltweit weiter munter Öl, Gas und Kohle gefördert werden. “Nur wenn es gelingt, die Produzenten fossiler Energieträger, von denen es auf der Welt rund zwanzig gibt (darunter die USA als eine der größten), davon zu überzeugen, dass sie ihre Produktion Schritt für Schritt herunterfahren müssen”, formuliert der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck, “kann mit einer rationalen Klimapolitik begonnen werden.”

Ich bin diesbezüglich zurückhaltender: Es ist zu jeder Zeit rational, Technologien zu entwickeln, die den CO2-Ausstoß vermindern. Nur versprächen weniger Hektik und mehr Nachdenken dabei größeren Erfolg. So bewirkte nur eine viel höhere CO2-Steuer, dass immer die Technologie zum Zug käme, die am billigsten das meiste CO2 eliminiert, während man derzeit im Dunklen tappt. So ermittelte etwa der Think-Tank “Transport und Environment” erst jetzt, dass Schweröl verbrennende Schiffe im Hafen von Rotterdam mehr CO2 als alle Autos der Niederlande ausstoßen und dass die Schifffahrt -Kreuzfahrt- und Containerschiffe- zu den zweifellos größten CO2 Emittenten zählt. Es brauchte also vermutlich weniger Fördermilliarden für die überwiegend europäischen Großreedern und ihren rund sechstausend Schiffe CO2-arme Motoren vorzuschreiben, als es für abermillionen Autos zu tun.

In keiner Weise verstehe ich freilich, warum man das Tempolimit für Autos nicht sofort auf 100 km/h senkt. Und wenn man Wiens öffentlichen Verkehr mit Steuern statt Fahrscheinen finanzierte, erreichte man vermutlich rasch, dass Wiener kaum mehr Auto führen. Zwar müsste man dann wohl mehr Garnituren einstellen, aber im Verhältnis zum Erfolg wäre der Aufwand gering. Auch dass man dann auf die Fahrscheine von Touristen verzichten müsste, ist kein gewichtiger Einwand -sie gäben mehr Geld in Restaurants und Geschäften aus. Es gibt also Wege den CO2-Ausstoß  relativ simpel und rasch stark zu senken.

Das oben beschriebene Grundproblem, ist freilich nur zu lösen, wenn man die 20 Produzenten fossiler Brennstoffe überzeugen kann, dass es auch für sie am besten ist, sehr viel länger vom Erlös ihrer fossilen Bodenschätze zu profitieren als durch immer größere Fördermengen im Moment noch reicher zu werden und eine Klimakatastrophe zu erleben.

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Österreichs künstliche und echte Probleme

Unsere Schuldenquote von 77,8 Prozent ist ein Scheinproblem.  Dass wir zu den höchsten Lohnstückkosten der EU produzieren ist ein echtes. Was macht den Unterschied?

Österreich wird bekanntlich demnächst, wie Frankreich oder Italien schon jetzt, von der EU dafür bestraft werden, dass sein Budgetdefizit drei Prozent überschreitet und dass es sich der Staatsschuldengrenze von 60 Prozent des BIP kaum genähert hat. Der Chef des Fiskalrates Christoph Badelt hat pflichtgemäß vor der kommenden Strafe gewarnt und Sparsamkeit gefordert, aber immerhin auch kurz darauf hingewiesen, dass die Corona-Krise und die hohe Inflation zu bewältigen waren, Holger Bonin, Chef des Instituts für höhere Studien, hat das immerhin sehr deutlich getan. Beide hätten freilich auch darauf hinweisen können, dass die Drei- wie die 60 Prozentgrenze der EU höchst umstritten sind. Die Studie von Kenneth Rogoff, auf die sie sich beruft, enthält bekanntlich einen erwiesenen Rechenfehler, hat Staaten, deren Daten seiner These von der Schädlichkeit hoher Staatsschulden widersprechen, ungenügend berücksichtigt und sein Resultat kam überhaupt nur auf der Basis einer einzigen Wirtschaftskrise – der Neuseelands im Jahr 1951- zustande. Dazu hätten sie auch in Frage stellen können, ob die von der EU verhängten Strafzahlungen weise sind? Was sie Frankreich, Italien oder Österreich kosten, können diese Staaten weniger in ihre Wirtschaft investieren.

Alle Diskussionen zu diesem Thema leiden darunter, dass “Schulden” des Staates stets negativ mit “Schuld” assoziiert werden, während Sparen des Staates mit der positiven Tugend der Sparsamkeit verwechselt wird. Natürlich soll Österreich “sparsam” wirtschaften: Natürlich ist es verfehlt, den Flughafen Schwechat zum vielfachen Preis des vergleichbaren Flughafens von Malaga auszubauen; das größte mir diesbezüglich bekannte Fiasko bestand darin, das AKH zum sechsfachen Preis eines gleich großen, gleich ausgestatteten Klinikums in Aachen zu errichten. Dennoch hat man das den beiden Bauherrn, Wiens Bürgermeister Leopold Graz und Finanzmister Hannes Androsch nie zum Vorwurf gemacht, denn zumindest Androsch konnte ins Treffen führen, dass er Österreich auf andere Weise massiv voran gebracht hat: Er hat zwar stets Budgetdefizite gemacht, aber unser Wohlstand ist nie stärker als in seiner Ära gewachsen, hat der Staat sein Geld doch höchst erfolgreich investiert.

Die Unsinnigkeit, der Staatsschuldenquote überragende Bedeutung zuzumessen, ist am besten am Beispiel Japans zu illustrieren. Sie ist mit 252,4 Prozent die höchste der entwickelten Welt und müsste laut Rogoff die größte Pleite der Geschichte bedingen. Aber Japans Wirtschaft wuchs heuer mit 1,2 Prozent besser als die sparende deutsche  und Japans Rating liegt wie das deutsche bei Tripple A. Leute, die Japans Daten als Einwand gegen die Staatsschuldenhysterie nicht gelten lassen wollen, weisen darauf hin, dass es seine Schulden voran bei der eigenen Bevölkerung hat – aber warum soll es schlimmer sein, dass Österreich sie bei Deutschen, Amerikanern oder auch Japanern hat?  Wobei man allerdings auch das Rating der führenden Agenturen von Moodys bis Fitsch nicht so ernst nehmen sollte: Sie beurteilten auch die toxischen US-Derivate von 2009 mit Tripple A und vergaben die gleiche Note an Spanien, das Tage später seine größte Immobilienkrise erlebte. Am vernünftigsten ist es, sich die größten Unternehmen eines Landes anzusehen und da weiß man gleich, warum Japan nicht pleite ist: Sein größtes Unternehmen, Toyota, verzeichnete 2022 mit einem globalen Umsatz von 338,5 Milliarden US-Dollar ein Umsatzwachstum von 18,4 Prozent; das Konglomerat Mitsubishi, steigerte seinen Umsatz um 24,8 Prozent auf 196,5 Milliarden.

So wie man sich also Japans beste Unternehmen anschauen soll, soll man das auch in Österreich tun: Da verzeichnete unser größtes Unternehmen, die OMV, dank Ölpreisexplosion seinen höchsten Umsatzerlös von 39 Milliarden. Und trotz denkbar schlechter Stahlkonjunktur stieg selbst der Umsatzerlös der VOEST von 2021 auf 2022 um 39 Prozent, auch wenn das nur Millionen, statt wie davor Milliarden einbrachte. Ähnlich gut funktionieren unsere vielfach weltmarktführenden Mittel- und Kleinbetriebe. Natürlich hätte die Regierung sie treffsicherer durch Corona und Inflation führen können – aber sie hat sie über diese Krisen hinweggebracht und daher sind unsere 77,8 Prozent Staatsschuldenquote für Leute, die etwas von Wirtschaft verstehen- anders als die EU-Kommission- ein Scheinproblem.

Es gibt allerdings zwei echte Probleme:

  • Unsere Löhne wurden anlässlich der Inflation  zu stark erhöht, weil man von der Benya-Formel ausging, die auf Grund der Ölpreisexplosion nicht mehr anzuwenden war und weil unser Haupthandelspartner Deutschland sie wie stets am wenigsten erhöhte. Das kostet unsere Exportindustrie Konkurrenzfähigkeit und muss bei der nächsten Lohnrunde berücksichtigt werden.
  • Wir leiden an Facharbeitermangel. Dank unserer zuvor sehr zurückhaltenden Lohnpolitik haben wir, wie Deutschland, von anderen Ländern viele Aufträge hinzugewonnen, die abzuwickeln sind. Am ehesten ließe sich der Fachkräftemangel lindern, indem die vorhandenen Arbeitskräfte später in Pension gehen – aber das tun sie nicht, obwohl sie auf Grund der steigenden Lebenserwartung auch immer mehr Pensionisten finanzieren müssen. Vernünftiger Weise muss die Lebensarbeitszeit der dramatisch gestiegenen Lebenserwartung automatisch angepasst werden. Aber das geschieht nicht, weil Pensionisten die größte Wählergruppe sind.

 

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Man höre auf Ralf Rangnick!

Der deutsche Trainer unsrer Nationalelf versteht nicht nur besonders viel von Fußball, sondern mindestens soviel von Politik. Er warnt eindringlich vor Rechtsextremismus.

Österreich feiert den Aufstieg als Gruppensieger ins Achtelfinale der Europameisterschaft. Ich auch, denn im Sport bin ich so “national”, dass Herbert Kickl seine Freude an mir hätte. Aber obwohl unsere Fußballer nie schlecht waren, zweifle auch ich nicht daran, dass der deutschen Trainer Ralf Rangnick entscheidenden Anteil an diesem Erfolg hat: Er machte aus 26 Einzelspielern jenes verschworene Kollektiv, als das die Mannschaft auftritt. “Professor Rangnick”, wie eine Zeitung ihn nannte, lehrte sie Gemeinsinn: Indem jeder Spieler jedem Mitspieler schneller denn je zur Hilfe kommt, wurde aus jedem Zweikampf ein Dreikampf mit österreichischer Mehrheit. Indem Rangnick möglichst viele Spieler einsetzt, vermeidet er Kränkungen. Indem er Spielern, um deren Qualität er weiß, auch dann vertraut, wenn sie einmal schlechter spielen, vermittelt er Sicherheit. Dass er Marko Arnautovic vertraute, obwohl Inter-Mailand dessen Vertrag nicht verlängern will, weil er zu oft verletzt und zu alt sei, hat zweifellos dazu geführt, dass Arnautovic wie ein Berserker rackert.

Rangnick genießt in der Mannschaft nie da gewesenes Vertrauen, weil es wohl auch noch nie da war, dass jemand ein mehrjähriges Millionengehalt als Trainer von Bayern München ausschlägt, um das Vertrauen zu rechtfertigen, das die Mannschaft in ihn setzt. Er ist mehr als nur ein guter Fußballtrainer.

Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass er von Politik mindestens so viel wie von Fußball versteht. So beantwortete er die Frage, was ihn derzeit besonders bewegt im Standard mit folgenden Worten: “Was momentan passiert, macht mich nachdenklich und traurig. In Deutschland und in Österreich gibt es politische Strömungen und Entwicklungen, die mir große Sorgen bereiten… Wenn uns die Historie beider Länder etwas gelehrt hat, dann ist es die Gefahr, die von Rechtsextremismus und Faschismus ausgeht. Man redet derzeit offen von Remigration und Deportation, manche finden das auch noch gut, für mich sind diese Begriffe schrecklich… Ich sehe die Gefahr, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen und einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen. Minderheiten werden verantwortlich gemacht: Es sind die Juden, die Ausländer – man findet irgendwen, der schuld daran ist, warum es uns schlecht geht. Dabei geht es uns in Europa immer noch relativ gut”.

Besser kann man es nicht sagen. Paul Schulmeister, der mit dem “Bündnis für Demokratie und Respekt” eine FP-Regierung verhindern will, sollte diese Aussage auf die Homepage des Bündnisses stellen und auf Flugblättern verbreiten. Wenn die Österreicher schon nicht auf die Warnungen von Andreas Babler, Karl Nehammer, Werner Kogler oder Beate Meinl Reisinger vor einem Wahlsieg der FPÖ hören, so hören sie vielleicht auf die Warnung Ralf Rangnicks und fragen sich, ob Sebastian Kurz wirklich recht hat, wenn er behauptet, die türkis-blaue Koalition hätte besonders viel geleistet. Denn sie hat die Corona-Pandemie besonders teuer gehandhabt, die Zusammenlegung der Krankenkassen hat bisher keine Milliarde eingebracht, sondern nur viel Geld gekostet. Voran sozial Schwache, die die FPÖ zu vertreten behauptet, haben gelitten: die Zahlung für ein drittes Kind fiel weg und FP-Sozialministerin Beate Hartinger -Klein erklärte, von monatlich 150 Euro könne man tadellos leben. Natürlich sind die Gehälter der Arbeiter auch in dieser Ära real um bis zu zwanzig Prozent gesunken, auch wenn Deutschlands Lohnzurückhaltung daran die Hauptschuld trug. Und natürlich wurde die Migration auch unter Innenminister Kickl nicht besser bewältigt, weil er eine “einfache Lösung für ein komplexes Problem” versprach und nur erreichte, die “Ausländer dafür verantwortlich zu machen, dass es uns schlecht geht.”

Leute, die im Sport viel leisten vertreten- im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung- selten rechtsextreme Positionen: sie wissen zu genau, was “Leistung” ist. So antwortete mir der später weltbeste Tennisspieler Thomas Muster, als ich ihn nach seiner Meinung über den damals denkbar populären FP-Chef Jörg Haider fragte: “Ein Schreier, mit nichts dahinter” – nur verbot ihm sein Manager Ronnie Leitgeb leider, sich damit zitieren zu lassen. Heute lässt sich Frankreichs Superstar Kylian Mbappé nichts mehr verbieten: Er warnt so eindringlich vor einem Wahlsieg Marine Le Pen´s wie Ralf Rangnick vor einem Wahlsieg von AfD und FPÖ.

Charakteristisch ist, dass jemand wie Rangnick die Gefahr des Rechtsextremismus und die Notwendigkeit von Gemeinsinn in allen Zusammenhängen so klar wie in Österreich und Deutschland sieht. Auf die Frage nach einem Comeback Donald Trumps antwortete er im zitierten Standard-Interview: “Ja, womöglich wird Trump wiedergewählt. Wie kann das sein nach der Erstürmung des Kapitols? Trump verbreitet Angst, Hass und Verschwörungstheorien. Was ist los mit den USA? Wir reden von künstlicher Intelligenz – ich habe viel mehr Sehnsucht nach der natürlichen Intelligenz. Unser Planet hat so viele Probleme: Klima, Armut, Kriege, Flucht… Kann man wo nicht überleben, ist es purer Selbsterhaltungstrieb, dass man woanders hingeht… Nehmen wir den Klimawandel. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr sagen können: Kümmern wir uns in ein paar Jahren darum. Wir können alles nur gemeinsam lösen, es ist ein gemeinsamer Planet.”

Auch da kann man nur sagen: Man höre auf Ralf Rangnick!

 

 

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Europas Auto-Industrie ist gefordert

Die Zahl neu zugelassener E-Autos ist rückläufig – dennoch gehört ihnen die Zukunft. Europas Autoindustrie muss mit China gleichziehen-  auch wenn es viel Geld kostet.

Nicht nur in Österreich, sondern EU-weit ist der Absatz von E-Autos in den ersten Monaten des Jahres rückläufig. Im vergangenen Jahr waren in Österreich von Jänner bis April 17,9 Prozent aller neu zugelassenen Pkws batterieelektrisch – heuer sind es im selben Zeitraum nur 16,6 Prozent und gleichzeitig stieg der Absatz von Diesel- und Hybridfahrzeugen. Zur Begründung gibt es sehr verschiedene Erzählungen. Eine entspricht der Kritik des österreichischen Motorenentwicklers Fritz Indra: Die Reichweite der E-Autos sei stets viel geringer als behauptet – bei Kälte oder Hitze hätte man Mühe größere Reisen zu unternehmen, zumal Tanken längere Unterbrechungen erfordere. Ein gutes Diesel-Auto sei billiger und ungleich einfacher zu nutzen. Unterstützt wird diese Erzählung davon, dass die größten Autovermieter E-Autos in ihren Flotten massiv reduzierten. Die andere Erzählung ist die von Leonore Gewessler:  E-Autos seien unverzichtbar, wenn man den CO2-Ausstoß des Verkehrs reduzieren wolle. Immer bessere Batterien erlaubten immer größere Reichweiten und man würde genügend grünen Strom erzeugen, um sie zuladen. Es gelte nur, die Ladeinfrastruktur rasch auszubauen.

Der aktuelle Rückgang des E-Auto Absatzes ist jedenfalls leicht zu erklären: Die staatliche Förderung für ihren Kauf wurde in Österreich, wie überall, deutlich reduziert. Private Kunden, die rund 30 Prozent der E-Neuwagen kaufen, werden weiter unterstützt, aber für Unternehmen, auf die  70 Prozent der Käufe entfallen, hat die Regierung die direkten Förderungen im März auslaufen lassen. Gleichzeitig werden E-Autos bezüglich Reichweite und Ladegeschwindigkeit laufend sowohl besser wie preisgünstiger, so dass Unternehmen den Kauf auch aus diesem Grund in die Zukunft schieben. Sollte es sich beim Rückgang der Verkäufe allerdings nicht nur um eine vorübergehende Delle, sondern um einen Trend handeln, so wird die türkis-grüne Regierung nicht umhin kommen, die Form ihrer Subventionen zu überdenken, wenn sie erreichen will, dass Österreichs PKW-Verkehr in absehbarer Zeit ein elektrischer wird – und billig wird das kaum sein.

Kommt hinzu, dass sie uneinig ist: Kanzler Karl Nehammer hat bekanntlich – nicht ohne innenpolitischen Erfolg – einen „Autogipfel“ einberufen, bei dem das von der EU-beschlossene „Verbrenner-Aus“ insofern in Frage gestellt wird, als es laut Nehammer „technologieoffen“ sein müsse. Nur ist es das meines Erachtens: Die EU verbietet Verbrenner ab 2035 nicht, sondern verlangt nur, dass beim Auspuff kein CO2 herauskommt – lässt sich das mittels Verbrennen von E-Fuels erreichen, so ist es zugelassen, wenn auch in meinen Augen teuer. Für die Autoindustrie ist die EU-Ansage jedenfalls klar und gibt ihr Planungssicherheit. Trotzdem  werden die großen Autoproduzenten auch Diesel- und Benzinmotoren weiterentwickeln, weil Lastautos noch länger damit fahren werden und weil sie ihre Autos ja auch in Länder verkaufen wollen, in denen es noch lange keine Lade-Infrastruktur gibt.

Letztlich, so glaube ich, wird Elektromobilität sich durchsetzen: Die Batterietechnik macht enorme Fortschritte, E-Autos beschleunigen optimal und E- Motoren sind besonders robust, weil sie  weniger Teile haben, die kaputt werden können. Entscheidend für die CO2- Bilanz wird freilich bleiben, ob die Produktion grünen Stroms mit dem Mehrbedarf Schritt hält, der sich nicht nur durch immer mehr E-Autos, sondern auch immer mehr Wärmepumpen, vor allem aber durch den enormen Stromverbrauch der Digitalisierung ergibt. Nur wenn dieser viele zusätzliche Strom tatsächlich grün erzeugt werden kann und nicht womöglich Kohlekraftwerke zugeschaltet werden müssen, wird sich der CO2- Ausstoß tatsächlich vermindern. Gewessler ist davon überzeugt – ich halte angesichts des Fortschritts der Photovoltaik für zulässig, darauf zu hoffen.

Dass das Thema in Österreich so viele Emotionen weckt, liegt daran, dass unsere Zuliefer-Industrie  für die deutsche Autoindustrie hunderttausende Arbeitsplätze sichert. Diese bisher weltführende deutsche Autoindustrie hat bei der Produktion von E-Autos und vor allem der für sie nötigen Batterien bekanntlich einen beträchtlichen Rückstand gegenüber China. Die USA, deren Autoindustrie in der gleichen Lage ist, wehrt sich, indem sie chinesische E-Autos mit 100 Prozent Zoll belastet. Die EU geht vorsichtiger vor: für kleinere Autos von BYD erhöht sie ihn auf 17,4, für mittlere von Geely auf 20 und für große des chinesischen VW-Partners SAIC auf 38,1 Prozent.  Begründet wird das, wie in den USA, zu Recht damit, dass die chinesische E- Auto- Industrie vom Staat hoch subventioniert wird. Renault, das bei kleinen E- Autos mit China konkurriert, hätte lieber höhere Zölle gesehen, Mercedes, Audi oder BMW, die ihre Top-Modelle, gleich ob als Verbrenner oder elektrisch, dank ihrs Prestiges in China bisher weiter gut verkauft haben, hätten sich eher niedrigere gewünscht, denn sie fürchten, dass die Gegenzölle, die China zweifellos verhängen wird, ihr  Geschäft dort killen könnten.

Letztendlich  wird es jedenfalls nötig sein, dass Europas Autoindustrie auf dem Sektor der E-Autos mit China gleichzieht. Zölle können dafür die nötige Zeit verschaffen – Innovation ersetzen  können sie nicht. Europas  Autoindustrie ist gefordert und es kann sein, dass sie und Österreichs Zulieferindustrie nicht ohne massive staatliche Förderung auskommen.

 

 

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Christian Lindner gefährdet Deutschland

Finanzminister Christian Lindners Spar-Wahn kann Deutschlands Rezession lebensgefährlich vertiefen. Chinas E-Autos verschärfen das deutsche Problem. Wir werden mitleiden.

Deutschlands Wirtschaft hat sich exakt wie hier vorhergesagt  entwickelt: Die harsche Zinserhöhung der EZB, die erfolgte, obwohl die Teuerung, anders als in den USA, nicht das geringste mit überhöhten Löhnen, sondern nur mit verteuertem russischen Gas zu tun hatte, hat ihr Schwächeln zur  Rezession vertieft: Das Wachstum musste ständig nach untern korrigiert werden und nicht einmal die aktuellen 0,2 Prozent sind sicher. Vor allem aber konnte Deutschland die Wachstumseinbußen, die es durch das Sparen des Staates ständig erleidet, nicht mehr, wie in der Vergangenheit, durch immer größere Überschüsse im Handel mit der mit Russland, China und den USA überkompensieren. Der “Exportweltmeister” gelangte an Grenzen, weil die “Sanktionen” Exporte nach Russland massiv vermindert haben, weil die USA sich mit der steuerlichen Begünstigung eigener Waren gegen Exporte wehren und weil Chinas nach der Pandemie stotternde Wirtschaft nicht mehr soviel deutsche Exportgüter gekauft hat. Noch höhere deutsche Exporte in die EU verhindert der Spar-Pakt, indem er  allen Euro-Ländern Grenzen für ihre Verschuldung setzt.

In Summe hat das dazu geführt, dass Finanzminister Christian Lindner eingestehen musste, dass Deutschlands Steuereinnahmen bis 2028 um 80 Milliarden geringer als erwartet ausfallen dürften. Aber wer gedacht hätte, dass er dadurch begreift, wie selbstzerstörerisch die Staatsschuldenbremse ist, irrt: Lindner hat bereits erklärt, dass der Staat jetzt noch mehr sparen müsse, um die Maastricht – Kriterien einzuhalten. Geschieht das, so werden die Steuereinnahmen noch mehr schrumpfen, worauf Lindner, seiner Logik folgend, den Staat zu noch mehr Sparen vergattern müsste. Es käme dann zu etwas, was mit dem Chefökonomen des japanischen Finanzhauses Namura, Richard Koo als „Bilanzrezession“ bezeichnet wird: zu einer zwingenden fortgesetzten Schrumpfung der Wirtschaft wie anlässlich der Weltwirtschaftskrise.

Der einzige Politiker in der deutschen Regierung, der den Widersinn der Staatschuldenbremse begreift, der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, hat vergeblich gefordert, sie wenigstens diesmal auszusetzen. Doch Kanzler Olaf Scholz begreift es höchstens halb und bei Linder ist Hopfen und Malz verloren: Er sieht sich als Garant der Staatsschuldenbremse.

Die Opposition aus CDU-CSU, die es der Regierung erleichtern könnte, sie im Wege eines gemeinsamen Beschlusses auszusetzen, weidet sich lieber an Scholz` budgetären Problemen, zumal sie eigenen Schwachsinn revidieren müsste: Sie war es ja, die die Staatsschuldenbremse unter Angela Merkel in der Verfassung verankert hat.

Welche Hoffnungen gibt es, dass man in Deutschland in angemessener Zeit zu Verstand kommt?

o Selbst in Deutschland gibt es Ökonomen, die das Phänomen der „Bilanzrezession“ kennen und “Stopp” schreien müssten;

  • auch immer mehr arbeitgebernahe Wirtschaftsforschungsinstitute fordern, die Schuldenbremse zu reformieren;
  • der beliebteste deutsche Politiker, Verteidigungsminister Boris Pistorius, will nicht zulassen, den endlich erhöhten Verteidigungsetat zu reduzieren, doch ihn trotz Staatsschuldenbremse aufrecht zu erhalten, ist nur möglich, wenn man auf die weitere Unterstützung der Ukraine verzichtet und sie damit Wladimir Putin überlässt.
  • Nicht zuletzt besteht die Hoffnung, dass den Deutschen irgendwann auffällt, wie sehr ihre Infrastruktur unter dem Sparen des Staates leidet: dass Straßen verkommen; dass die Bahn sich verspätet, weil  ihr Schienennetz verkommen ist; dass die Digitalisierung zurückbleibt, weil das Glasfasernetz zu langsam ausgebaut wird und so fort und so fort. Gar nicht zu reden von den Problemen, die eingesparte Lehrkräfte an Schulen aufwerfen werden.

Neuerdings sehe ich ein Problem, das eine breite Öffentlichkeit aufrütteln könnte: Deutschland ist mit einer massiven Zunahme von Gewaltdelikten konfrontiert und der Sprecher der Polizeigewerkschaft Manuel Ostermann führte das zu Pfingsten denkbar glaubwürdig auf das jahrelange Sparen des Staates bei Polizei und Justiz zurück. Das könnte den Druck breiter Kreise der Bevölkerung so verstärken, dass sich auch konservative Politiker zum Nachdenken über die Schuldenbremse gezwungen sehen.

Natürlich wird Deutschland weiter vom Aufschwung der Weltwirtschaft profitieren, voran weil Chinas Wirtschaftsmotor wieder besser läuft. Nur dass das Deutschland gleichzeitig unter Druck setzt: Während Deutschland diese Entwicklung verschlafen hat, erzeugt China nicht nur die weltweit mit Abstand meisten Batterien, sondern auch die preiswertesten E- Autos und ist damit zu einem der größten Player am Automarkt geworden. Die USA schützen ihre Autoindustrie daher durch 100 Prozent Zoll auf chinesische E-Autos und können das, weil sie nicht soviel nach China exportieren, dass ihnen Chinas Gegen-Zölle wehtun.  Für Deutschland hingegen entsteht ein gravierendes Problem: China antwortete auf Zölle der EU auf chinesische E-Autos zweifellos mit ähnlich hohen Zöllen auf europäische Produkte und das ginge voran zu Lasten Deutschlands, für das China ein so entscheidender Absatzmarkt geworden ist. Voran Audi, BMW oder Mercedes, deren Limousinen sich dank ihres Markenprestiges in China weiterhin gut verkaufen, müssten mit großen Einbußen rechnen. Dass das auch Rückwirkungen auf Österreich als deren größten Zulieferer hätte, liegt auf der Hand.

 

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