ÖVP wählen verhindert Kickl am ehesten (so schwer es mir fällt):

Ich halte Hebert Kickls Kanzlerschaft (wenig überraschend) insofern für eine substantielle Gefahr, als es ihm in fünf Jahren gelingen könnt, Österreich so umzubauen, wie es sein Vorbild Viktor Orban mit Ungarn getan hat. Erstmals ziehe ich damit in Erwägung, taktisch zu wählen:

  • Karl Nehemammer, so bin ich überzeugt, wird tatsächlich nicht Steigbügelhalter für Kickl spielen, sondern bei seinem Versprechen bleiben, nicht mit der Kickl-FPÖ zu koalieren.
  • Schneidet er bei der Wahl allerdings schlecht ab, wird die ÖVP im schlimmsten Fall nur Nummer drei hinter Andreas Babler, so wird er als Obmann abgelöst und es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass sich die Industriellenvereinigung mit ihrem Wunsch nach einer blau-türkisen Regierung durchsetzt, denn die hat ihr finanziell Gewaltiges zu bieten. Natürlich die Senkung der Körperschaftssteuer, aber darüber hinaus Steuerfreiheit für nicht entnommene Gewinne. Dass das dazu führt, dass die dann an der Börse veranlagt, statt ins Unternehmen investiert werden, wird von den Wählern so wenig bedacht, wie dass die drastische Senkung der Körperschaftssteuer in den letzten zwanzig Jahren mit ständig sinkenden Unternehmensinvestitionen einherging.
  • Je besser Nehammer dagegen abschneidet, desto sicherer ist sein Verbleib an der Spitze der ÖVP und desto weniger kommt seine Ablöse und damit eine blau-türkise Koalition in Frage. Ich halte daher für möglich, für die ÖVP zu stimmen, obwohl ich auch ihren wirtschaftspolitischen Kurs ablehne. Denn natürlich wäre es höchst sinnvoll. die vermögensbezogenen Steuern zu erhöhen, um die Steuern auf Arbeit zu senken (was Babler übrigens leider nie fordert.)
  • Man kann einwenden, dass auch Johanna Mikl -Leitner versprochen hatte, nicht mit der FPÖ zu koalieren und es dann doch getan hat. Aber a) ist ein Bundesland etwas anderes als der Staat; b) hat sich Mikl-Leitner nie im Ausmaß Nehammers festgelegt und c) hat sich ihr potentieller SP-Partner besonders blöd benommen, indem er erklärte, eher würde er sich die Hand abhacken als von seinen Forderungen zu lassen.
  • Garantieren, dass Nehammer nicht dennoch umfällt oder sich wegloben lässt, kann ich trotzdem nicht, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Und selbst wenn es zur blau-türkisen Koalition kommt, ist es ein Vorteil, wenn die ÖVP dort wenigstens ein relativ starker Widerpart ist.
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Ahnungslos in der Sendung „Im Zentrum“

Die ORF Sendung „Im Zentrum“ am vergangenen Sonntag war in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich: Die ÖVP scheint absolut entschlossen, die einzige realistische Möglichkeit, die Steuern auf Arbeit zu senken indem man diese Senkung durch erhöhte Vermögenssteuern gegenfinanziert, auszuschließen.

Die Dummheit der dabei vorgebrachten Argumente übersteigt alles, was sie bisher zu diesem Thema vorgebracht hat – etwa, dass der erzielbare Ertrag den Aufwand nicht lohnt. So krönte VP-Generalsekretär Christian Stocker die ahnungslose Behauptung, dass höhere Vermögensteuern, wie sie die USA oder die Schweiz vorweisen, der „linken Mottenkiste“ entstammen, mit der grotesken Behauptung, dass sie Reiche und Leistungsträger aus Österreich vertrieben, obwohl sie niedrigere Vermögenssteuern nur noch in der Slowakei fänden, und obwohl USA oder die Schweiz sich ja wahrhaftig nicht dadurch auszeichnen, dass Reiche und Leistungsträger diese Länder fluchtartig verlassen.

Die einzige, die in dieser Sendung ökonomische Kenntnisse verriet und verständlich “kapitalistisch“ zu argumentieren wusste, warum höhere Vermögensteuern Sinn machen war ausgerechnet die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Von Beate Meinl- Reisinger hatte ich mir aus früheren Äußerungen – wenn die höheren Vermögenssteuern zu niedrigeren Einkommenssteuern führen, könne man darüber reden – eigentlich auch ein gewisse ökonomisches Verständnis erwartet, aber „Im Zentrum“ strafte sie mich Lügen. Außer dass alle Parteien mit Ausnahme der Neos unehrlich wären, fiel ihr nichts ein. Das hat mich deshalb so bekümmert, weil ich sie ob ihrer Ehrlichkeit tatsächlich besonders schätze und vor allem bewundere, wie offen sie Österreichs teuren Föderalismus kritisiert, dass sie einsam wagt, an Österreichs überholten Neutralität zu zweifeln und nicht zuletzt, dass die Neos ebenso einsam für eine EU-Armee eintreten.

PS: Mit Marianne Engelhardt habe ich in meinen Kommentar der Vorwoche natürlich Marlene Engelhorn. gemeint.

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Wie der ORF ungewollt die FPÖ fördert

Nur Armin Wolf ist Herbert Kickls Rede-Salven gewachsen. Haben Interviewer so wenig Zeit wie Julia Schmuck und Tobias Pötzelsberger so gewinnt Kickl wichtige Stimmen.

 Mit Peter Filzmaier teile ich zwar die Ansicht, dass Herbert Kickl in den Sommergesprächen vor allem seine Klientel überzeugt hat, aber anders als er sehe ich ihn als klaren Sieger bei der großen Zahl Unentschlossener. Julia Schmuck und Tobias Pötzelsberger waren meines Erachtens nicht in der Lage -und hatten in diesem Sendeformat auch nicht die Zeit – Kickls Wort-Salven nicht nur in Frage zu stellen, sondern auch inhaltlich zu falsifizieren, indem sie die wichtigsten Gegenargumente ausführen.

Ich möchte das illustrieren: Kickl punktete erfolgreich, als er der Regierung ein „Corona -Fiasko“ vorwarf – obwohl er dazu entscheidend beigetragen hat. Die Interviewer hätten genau das aufzeigen müssen: „Nicht die Corona-Politik insgesamt war schlechter als anderswo, aber die so wesentliche Durchimpfungsrate fiel deshalb so viel niedriger aus, weil die FPÖ die Impfung mit falschen bis absurden Argumenten bekämpfte: Es wurde behauptet, das Immunsystem reiche aus, Sie, Kickl haben ein Entwurmungsmittel als geeignetes Heilmittel empfohlen, Dagmar Belakowitsch hat behauptet, dass auf den Intensivstationen mehr Impfgeschädigte als Covid-19-Kranke liegen.“

Viel eindrücklicher hätte man auch Kickls Versuch zurückweisen können, den Klimawandel zwar nicht zu leugnen, aber einzuwenden, dass „Klimaexperten“ in den 60er Jahren eine neue Eiszeit prophezeiten und dass das von den Grünen auch behauptete Waldsterben nie stattgefunden hat. Abermals hätte man mehrere Sätze benötigt, die Unbrauchbarkeit seiner Argumentation aufzuzeigen: „Ja, das Waldsterben war tatsächlich ein fataler Irrtum – der Wald ist in diesem Zeitraum massiv gewachsen. Aber auch die angeblich drohende Eiszeit, von der einige Klimaforscher – keineswegs ihre Mehrheit- gesprochen haben, war ein fataler Irrtum. Er beruhte auf viel zu wenigen Messpunkten und einem kurzen Messzeitraum.  Heute stellen wir die Klimaerwärmung an ungleich mehr Messpunkten fest,  beobachten sie seit sechzig Jahren und haben durch Satelliten die Möglichkeit, Art und Menge der Treibhausgase in der Atmosphäre zu messen. Dass der durch sie bewirkte Glashauseffekt die Atmosphäre erwärmt ist absolut unbestritten – daher ist auch der Zeitpunkt abschätzbar, zu dem das lebensgefährlich wird.“

Besonders wirksam, weil beileibe nicht ganz unberechtigt, war Kickls Kritik, dass wir Kriege der USA und Russlands mit unterschiedlichen Maßstäben messen- schließlich wären die USA unter völlig falschem Vorwand  in den Irak einmarschiert. Die Interviewer hätte diesen Einwand anerkennen, aber relativieren müssen: „Wladimir Putins hat mit der Ukraine eine Demokratie überfallen, die ihre russischen Bürger zwar nicht optimal behandelt, aber nicht umbringt, und Putins Ziel ist es, die Ukraine zu einem Teil Russlands zu machen. Demgegenüber hat George W. Bush den US- Einmarsch im Irak zwar falsch begründet, aber es hat auch diskutable Gründe für den Sturz Saddam Husseins gegeben: Immerhin hatte er 1980 den Iran und 1990 Kuweit überfallen, war ein zweifelsfreier Diktator und hat tausende opponierende Kurden mit Giftgas umgebracht.  Mit seinem Sturz haben die USA zwar große Probleme geschaffen, aber immerhin Wahlen eingeführt. Und ganz sicher wollten sie den Irak nie in die USA eingliedern.“

Die politisch relevanteste Auseinandersetzung mit Kickl betraf zweifellos die Frage, ob die Sanktionen uns mehr als Russland schaden. Hier hätte die Kenntnis einiger Daten eine relativ einfache Antwort erlaubt: „Österreichs BIP ist im 1. Quartal dieses Jahres laut Statista um 8,7 Prozent, im 2. Quartal um 4,7 Prozent gewachsen, für das Gesamtjahr wird wegen der aktuellen Abschwächung vom IHS ein Wachstum von 3,8 Prozent prognostiziert. Demgegenüber ist Russlands Wirtschaft im 1. Quartal laut Statista um 3,5 Prozent gewachsen, im 2. Quartal aber um 4 Prozent geschrumpft. Im Gesamtjahr wird sie laut Prognose der russischen Notenbank um 6 Prozent schrumpfen. 2023 riskiert Österreich, wenn Putin wirklich den Gashahn zudreht, eine der Pandemie vergleichbare Rezession,  die dank der beschleunigte Erschließung alternativer Energie in absehbarer Zeit enden sollte – Russland droht durch die Sperre des Hochtechnologietransfers ein einzigartiger, dauerhafter ökonomischer Rückschlag.“

Um die angeführten Zahlen zu ermitteln brauchte+ es fünf Minuten  – jedenfalls hatte Armin Wolf dergleichen immer im Kopf. Ich glaube, dass der ORF sich für eine Sendung von der Bedeutung der Sommergespräche auf Mitarbeiter seines Wissensstandes beschränken soll. Ein einziger Interviewer machte darüber hinaus auch den Eindruck größerer Fairness. Zugleich sollte die Sendung von idiotischen Minifragen befreit und auf 90 Minuten verlängert werden – Zusehern die sich überhaupt politisch informieren, ist das zuzumuten und es erlaubt ein wirkliches Gespräch.

PS: Informationen der ZIB durch Ex-Kanzler und Ex-Verbund-Vorstand  Christian Kern veranlassen mich, meine Zurückhaltung gegenüber Übergewinnsteuern aufzugeben: Wenn der Verbund tatsächlich nur 400 Millionen Dividende ausschüttet und seinen Milliarden-Gewinn zur Erschließung alternativer Energiequellen in Spanien statt in Österreich investiert, dann braucht es die Sondersteuer. Es bleibt  zwar ökonomisch richtig, Gewinne am lukrativsten Ort einzusetzen und der befindet sich dank der vielen Sonne in Spanien –  aber im Moment braucht Österreich die Milliarden von Verbund und OMV selbst am dringendsten.

 

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Die versäumte Möglichkeit im Kampf gegen Covid-19

Wie SPÖ, NEOS und FPÖ halte ich es für verfehlt, den aktuellen Lockdown selbst über Volksschulen zu verhängen: Wenn man die Kinder zur „Aufbewahrung“ doch dorthin schicken kann, dann kann das schwerlich gefährlicher sein, als sie auch gleich zu unterrichten.

Eine Untersuchung der MedUni Wien hat zwar ergeben, dass Kinder genau so oft Covid-19 haben wie Erwachsene, aber das ist etwas anderes als ihre Fähigkeit, andere Menschen anzustecken. Die Menge der Viren, die sie ausscheiden, der sogenannte Ct-Wert, ist nach allen mir bekannten Studien geringer, und das hat entscheidenden Einfluss auf die Ansteckungsgefahr und damit die Ausbreitung der Seuche.

Ich bin überzeugt, dass Pamela Rendi -Wagner um diesen Unterschied weiß und daher nicht nur aus „Opposition“ gegen den kompletten Schul-Lockdown gestimmt hat.

Rendi -Wagners Forderungen

Generell hat Rendi -Wagner von Beginn an die richtigsten Ratschläge zum Umgang mit dem Virus gegeben. Schon im Frühjahr hat sie darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, das Krankenhaus-Personal im Umgang mit dem Virus bis hin zum richtigen An- und Ausziehen der Schutzkleidung zu schulen- hätte man das in ausreichendem Ausmaß getan, gäbe es jetzt weniger Sorge, dass die Pfleger und Pflegerinnen für die Betreuung von Intensiv-Patienten nicht reichen. Und unmittelbar nachdem bekannt wurde, dass Roche einen Schnelltest entwickelt hat, der in 15 Minuten erlaubt, mit 96 Prozent Sicherheit festzustellen, dass jemand Covid-19 negativ ist, hat sie gefordert, sofort große Mengen dieses Test zu kaufen und zu verwenden- auch darin hätte man ihr sofort folgen sollen und Österreich wahrscheinlich einen zweiten Lockdown erspart.

Die fehlende Größe

Dass sich Rendi-Wagner bei der Abwehr der Pandemie durchwegs rechtzeitig richtig geäußert hat, ist kein Zufall: Schließlich ist sie Epidemiologin und Dozentin für public health. Aktuelle Politiker sind zwar der Überzeugung, absolut jedes Ressort leiten zu können, aber ich bin so altmodisch zu meinen, dass es ein Vorteil ist, wenn zumindest Gesundheitsminister und Finanzminister vom Fach sind. Der Volksschullehrer Rudolf Anschober hat seine Sache als Gesundheitsminister zweifellos erstaunlich gut gemacht- aber Rendi-Wagner wäre ebenso zweifellos geeigneter gewesen.

Wäre in der Politik Sachdenken wichtiger als Parteidenken so hätte Sebastian Kurz Pamela Rendi-Wagner zwar nicht zum Gesundheitsminister seiner türkis-grünen Koalition, wohl aber zur Leiterin jenes Corona-Krisenstabes gemacht, den NEOS-Gründer Matthias Strolz Sonntag „Im Zentrum“ gefordert hat. Mit entsprechender Vollmacht ausgestattet, hätte sie dafür die optimale Qualifikation und die gegenüber der Bevölkerung maximale Autorität besessen. Nebenher hätte ihre Einbindung maximale Zustimmung der Sozialdemokratie zu den beschlossenen Maßnahmen gesichert.

Aber Sebastian Kurz hat Kompetenz, Überparteilichkeit und Größe zu einer solchen Entscheidung gefehlt. Er hätte nie etwas getan, das Pamela Rendi-Wagner zu größerer Popularität verholfen und damit vielleicht der SPÖ geholfen hätte. Das macht den Unterschied zwischen einem begabten Politiker und einem Staatsmann aus.

Er dürfte es damit bezahlen, dass die Österreicher seine Corona- Politik mittlerweile nicht mehr als „gut“ einschätzen.

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Covid-19 besiegt man nur überparteilich  

Pamela Rendi Wagner hat dem neuen Epidemie- Gesetz zu Recht zugestimmt- es war dringlich. Die Regierung sollte rasch den von ihr geforderten Schnelltests zustimmen.

Herbert Kickl, der vor zwei Jahren den Bundestrojaner einführen wollte, will Österreich davor bewahren, durch das neue Epidemie-Gesetz zum „Überwachungsstaat“ zu werden- so zynisch vermag nur ein Freiheitlicher zu agieren. Gott sei Dank hat Pamela Rendi-Wagner dem Gesetz zur nötigen Verfassungs-Mehrheit verholfen, denn ein funktionstüchtiges Epidemie-Gesetz war dringlich. Wie der Verfassungs-Experte Heinz Mayer behaupte ich, dass es zwangsläufig massiv in Grundrechte eingreifen muss: Schließlich muss man damit auch Ebola oder die Pest bekämpfen können. Ein gutes Epidemie-Gesetz zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es keine rigorosen Bestimmungen enthält, sondern dadurch, dass deren Anwendung ständiger institutionalisierter Kontrolle unterliegt und zeitlich klar befristet ist.

Dass sich Rendi-Wagner als konstruktive Partnerin von Grünen und ÖVP erwiesen hat, erhöht ihre Glaubwürdigkeit- es ging ihr um die Sache und nicht um die Partei. Ich hoffe, dass die Regierung diese Haltung übernimmt und sich jetzt Rendi-Wagners Forderung anschließt, so rasch wie möglich die neuesten Corona-Schnelltests von Roche einzusetzen- denn auch schnelleres Testen ist dringlich.

Zur Illustration: Einer meiner Söhne hatte Kontakt mit einem Covid-19- Infizierten- es dauerte zwei Tage, bis er bei der Telefonnummer 1450 durchkam; zwei Tage später wurde der Test durchgeführt; das negative Ergebnis erhielt er nach weiteren fünf Tagen; allerdings mit dem Hinweis, dass es nicht ganz sicher sei und daher durch einen weiteren Test überprüft werden müsse. Insgesamt dauerte es neun Tage, bis er wusste, dass er Covid-19 negativ ist. Solange wäre er als Arbeitskraft ausgefallen- wenn er als Schauspieler nicht sowieso arbeitslos gewesen wäre. Vor allem aber: Wäre der Test positiv gewesen, so hätte erst jetzt das berühmte Contact-Tracing begonnen, und man kann sich ausmalen, was es bedeutet hätte, erst jetzt alle die Personen ausfindig zu machen, die er vor neun Tagen vielleicht angesteckt hätte und die diese Ansteckung durch neunTage weiter verbreitet hätten.

Der Schnelltest ist also von der Bedeutung, die Rendi-Wagner ihm zumisst und anders als die bisher bekannten Schnelltests scheint der von „Roche“ auch zuverlässig. Der Schweizer Pharmakonzern gibt an, dass sein Test in nur 15-30 Minuten ein Resultat liefert, das eine Spezifität von 99,68 und eine Sensitivität von 96,52 Prozent besitzt. Damit wären falsch-positive Ergebnisse fast ausgeschlossen, und die Wahrscheinlichkeit falsch-negativer Ergebnisse läge unter 4 Prozent. Diese Zahlen wurden laut Roche anhand von 426 Probanden in zwei unabhängigen Testzentren ermittelt; die US-Gesundheitsbehörde hat den Test zugelassen; und bei einem ersten Groß- Einsatz in Österreich hat er funktioniert. Ich meine, dass der enorme Zeitgewinn, den er verspricht, eine so große Chance darstellt, dass man das Risiko, dass er sich doch als weniger genau als der PCR-Test herausstellt, vernachlässigen kann.

Auch für die Korona-Ampel wäre es ein Segen, wenn sie überparteilich betrachtet würde. Die Grundidee, mit ihrer Hilfe eine lokale Differenzierung zu ermöglichen- nicht die Sperrstunde in Salzburg zu verändern, weil in Kufstein ein Covid-19-Cluster aufgebrochen ist- bleibt grundvernünftig, auch wenn drei Konstruktionsfehler vorliegen:

  • In der Ampelkommission sollten nur Virologen, Epidemiologen und Public Health-Experten, nicht auch Politiker sitzen, so dass sie ein reines Fachurteil fällt.
  • Es sollte aber offenkundig und klar sein, dass sich die Politik über dieses Fachurteil hinwegsetzen kann: Sie muss es nur begründen und trägt damit auch eindeutig die politische Verantwortung.
  • Am Rande ist es ein Fehler, dass „grün“ nicht die völlige Abwesenheit von Covid-19 signalisiert- aber daran kann man sich gewöhnen.

Was der Ampel den Erfolg versagt, ist der Umstand, dass die Politik ohne jeden Zusammenhang mit ihr agiert: Sebastian Kurz hat damit begonnen, die Maßnahmen für ganz Österreich zu verschärfen, ohne es mit dem Urteil der Ampelkommission zu begründen und jetzt machen die Landeshauptleute das gleiche. Es ist zwar durchaus nachvollziehbar, dass sie derzeit rigorosere, großflächige, Maßnahmen vorziehen, weil sie Reisewarnungen des Auslandes fürchten, aber das kann man der Öffentlichkeit in exakt dieser Form erläutern: In formalisierten Pressekonferenzen, wie die Regierung sie liebt, soll ein Sprecher der Ampel erklären, was die Ampel sagt, und die Landeshauptleute sollen erklären, warum sie davon abweichen. Man nennt dergleichen „transparente Kommunikation“ und sie ist den Bürgern durchaus zuzumuten.

Wie Rudolf Anschober durch die Ampel hat auch Heinz Faßmann durch den Schulbeginn an Zustimmung eingebüßt: Bei Eltern und Lehrern herrscht Verwirrung. Aber das liegt nicht an ihm, sondern am Föderalismus: Bildungsminister, Schuldirektoren und Lehrer können nicht entscheiden, was zu geschehen hat, wenn der Verdacht auf eine Covid-19 Infektion auftaucht- das kann nur die Gesundheitsbehörde, und die ist in jedem Bundesland anders organisiert. Das Gesundheitsministerium hat eine zwar eindeutige, aber unendlich komplizierte Anweisung verfasst, wie sie zu entscheiden hätte – ich habe sie drei Mal durchgelesen, und es fiele mir denkbar schwer ihr zu folgen. Es gibt gelegentlich auch die Notwendigkeit, allzu große Differenzierung um der Verständlichkeit Willen zu unterlassen- ich weiß davon ein Lied zu singen.

 

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Die heikle Frage nach „Neuwahlen“

Wenn man so alt ist wie ich, kann man (muss man) in Kauf nehmen, sich notfalls auch bei Kollegen unbeliebt zu machen:

Ich halte die Frage diverser ZIB-Moderatoren -darunter auch der großartige Armin Wolf – ob Sebastian Kurz an Neuwahlen denkt, weil seine Partei an der absoluten Mehrheit kratzt für höchst problematisch und im öffentlich rechtlichen ORF für beinahe unzulässig.

Am Rande weil sie Kurz` Intelligenz beleidigt: Er weiß natürlich ganz genau, dass er diese absolute Mehrheit sicher nicht erreichte, wenn er jetzt Wahlen vom Zaun bräche.

Vor allem aber weil Fragen wie diese die sowieso problematische Einstellung der Österreicher zu Diskussionen befördern. In einem Land, in dem jede Abstimmung zwischen zwei Kandidaten als „Kampfabstimmung“ diffamiert wird, trägt man zu solchen Diffamierungen bei, indem man die erste sachliche Auseinandersetzung innerhalb der türkis-grünen Koalition zum Anlass nimmt, Neuwahlen für möglich zu halten.

So unterbindet man mündige, sachliche Diskussion innerhalb koalierender Parteien.

Vor allem aber befördern derartige Fragen bei den am meisten gesehenen Sendungen des ORF den Eintritt des Ereignisses nach dem der Moderator fragt: Die ständige ZIB-Frage an Christian Kern und Reinhold Mitterlehner, wie lange ihre Koalition denn noch hielte, war natürlich ein wesentlicher Beitrag zu ihrem Scheitern.

Noch zehn ZIB-Sendungen, bei denen nach „Neuwahlen“ gefragt wird, bringen auch die türkis-grüne Koalition an den Rand des Scheiterns

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Bei Gefahr im Verzug hat die Verfassung Nachrang

Wenn ein drei Mal wegen schwerer Körperverletzung vorbestrafter Gewalttäter eine Zeugin im Gerichtssaal mit dem Messer bedroht und es gelingt einem Justizwachebeamten, ihn mit einem Faustschlag, der ihm das Nasenbein bricht, außer Gefecht zu setzen, würde nachher schwerlich darüber diskutiert, ob er nicht leichter zuschlagen und den Nasenbeinbruch hätte vermeiden können.

Wenn der Täter nicht als gewalttätig bekannt gewesen wäre, wenn es nur das Opfer als Zeugin für den Vorfall gäbe, gäbe es eine solche Diskussion vielleicht – aber da sie vor mehreren Juristen und versammeltem Publikum stattfand, unterbliebe sie vermutlich. Allenfalls würde gefragt, wieso der Mann mit einem Messer ins Gericht gelangen konnte – was der Abwehr seines Angriffs also voranging.

Ich glaube, dass die Abwehr der Corona Pandemie durch den Gesundheitsminister diesem Beispiel ziemlich nahekommt – bis hin, dass sie im Parlament und jeden Tag vor Millionen Fernsehzusehern stattgefunden hat.

Das Betretungsverbot war verfassungswidrig- aber…

Man soll, glaube ich, in ein paar Monaten heftig diskutieren, warum die Regierung nicht bereits Abwehrmaßnahmen ergriffen hat, als die Pandemie sich über Chinas Grenzen hinaus verbreitet hatte. Warum man nicht schon damals Masken bestellte, sondern solche sogar -wenn auch sehr anständig- verschenkte. Vielleicht auch, warum man nicht mehr Beatmungsgeräte kaufte und natürlich, was in Tirol schief gegangen ist.

Was die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen betrifft -hier endet die Parallele mit dem Faustschlag – ist zwar natürlich dafür zu sorgen, dass alle Verordnungen ihr nunmehr genügen, dass Verordnungen, die nicht mehr zwingend sind, aufgehoben werden, von mir aus auch, – sehr viel später- warum Juristen des Gesundheitsministeriums die Betretungsverordnung nicht auch juristisch korrekt, sondern „nur“ funktionierend abgefasst haben. Alfred Noll hat natürlich recht, dass sie nicht der Verfassung entsprach – Andreas Kohl hatte mit seinem diesbezüglichen Widerspruch sicher unrecht – aber er hatte recht, damit zu behaupten, dass es bei Maßnahmen, die Gefahr im Verzug abwehren, nicht so wichtig ist, ob sie auf Punkt und Beistrich der Verfassung entsprochen haben. Auch wenn es natürlich am besten und möglich gewesen wäre, dass es so gewesen wäre. Die Juristen des Gesundheitsministeriums waren schon mäßig, als meine Mutter dort noch das Seuchenreferat leitete, und vor allem macht die undurchsichtige Verschränkung von Bundes- und Landeskompetenzen die Gesundheitspolitik rechtlich seit jeher zu einem Irrgarten.

Kritik an Kurz war in der Vergangenheit angebracht

Es genügt meiner Meinung nach völlig, was derzeit geschieht: Dass Juristen unter der Führung von Clemens Jabloner die Verordnungen durchgehen und der Verfassungsgerichtshof sie natürlich nachträglich prüfen kann.

Ein ganz anders Kapitel ist meines Erachtens der Umgang Sebastian Kurz` mit Fragen, die verfassungskonform zu lösen er monatelang Zeit hatte: Natürlich ist bestürzend, dass so gut wie alles, was die türkisblaue Regierung im Zusammenhang mit „Migranten“ beschloss, bereits als verfassungswidrig aufgehoben wurde oder vom EuGH als verfassungswidrig aufgehoben werden wird.

Kurz zeigte da tatsächlich in einem erschreckenden Ausmaß mangelnden Respekt vor der Verfassung, und man soll auch bemängeln, dass seine Wortwahl anlässlich seiner Verteidigung der ergriffenen Corona-Maßnahmen etwas von diesem mangelnden Respekt aufblitzen ließ – aber bei der Abwehr von „Corona“ war das bei keinem Beteiligten der Fall.

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Österreichs Mühen im Kampf gegen Korruption

Strafverfahren, in die Regierungsparteien involviert sind, sind hierzulande extrem schwierig. Der Eurofighter-Skandal ist nicht der erste, bei dem die Staatsanwaltschaft keine sehr gute Figur macht. Ein Ausblick und ein Rückblick.

Voraus zwei Feststellungen, die mir unstrittig scheinen. Erstens: Österreich ist Hans Peter Doskozil zu größtem Dank verpflichtet. Nur seiner aus Misstrauen gegen Österreichs Justiz direkt an US-Behörden weitergeleiteten Strafanzeige ist es zur danken, dass sich der Kauf der Eurofighter zumindest erheblich verbilligen wird. Zweitens: Die maximale Verbilligung bestünde zweifellos in der – nicht ausgeschlossenen- Rückabwicklung des Kaufes, denn einen teureren, unsinnigeren Beitrag zu Österreichs Landesverteidigung als die Bestellung der Eurofighter hat es nie gegeben.

Ich bin deshalb überzeugt, dass wir ihren überraschenden Kauf –der Finanzminister der schwarz-blauen Regierung Wolfgang Schüssels, Karl Heinz Grasser mutierte erst in der Nacht vor dem Ministerratsbeschluss vom Gegner zum Befürworter – nur der besonderen Höhe der geflossenen Provision verdanken.

In seinem Vergleich mit den US-Behörden gibt der Airbus-Konzern zu, dass Provisionen von 55 Millionen Euro geflossen sind. Da aus der Doskozil-Anzeige hervorgeht, dass Österreich die Flieger um mindestens mit 183 Millionen überzahlt hat, haben wir die Provisionen tatsächlich aus der eigenen Tasche bezahlt.

In den US- Unterlagen werden sie nicht als „Bestechungsgelder gemäß US-Gesetz“ bezeichnet und erstens ist das in „Vergleichen“ nicht zwingend und zweitens theoretisch möglich: Airbus könnte einen so riesigen Betrag auch nur dafür ausgegeben haben, dass Lobbyisten lobende Artikel über den Eurofighter in Medien unterbrachten oder gegenüber Militärs, Politikern und Beamten seine Vorzüge priesen.

In der Praxis hat die Staatsanwaltschaft jetzt jede Möglichkeit, auf der Basis des US-Verfahrens zu erfahren, an wen die Gelder geflossen sind – und die Pflicht endlich energisch zu prüfen, ob davon nicht ein Gutteil als Bestechung weitergegeben wurde. (Voran indem sie prüft, ob die Empfänger die Beträge zur Gänze als ihr Einkommen verteuert haben.) Wie Justizministerin Alma Zadic in ihrem ersten Statement erwarte ich mir also doch die eine oder andere Anklage.

Österreichs Nachhinken

Ansonsten glaube ich, dass man in der EU und in Österreich dringend überlegen muss, warum große Wirtschaftsskandale – Airbus Skandal, WM-Schiebung, Dieselskandal – so viel öfter in den USA als in der EU aufgedeckt werden, und warum der Eurofighter-Skandal selbst in Italien oder England so viel früher als in Österreich zu Straf- und Schadenersatzzahlungen geführt hat.

US-Behörden haben zweifellos den Vorteil der enormen Marktmacht: Die Drohung, einem Unternehmen, bei „mangelnder Kooperation“ bei den Ermittlungen den riesigen US-Markt zu sperren, ist zweifellos sehr wirksam- aber eigentlich ist auch der EU-Markt riesig.

Es gibt also auch andere Gründe.

Während die USA Bestechung im Ausland seit jeher als Delikt ansehen, konnte man Bestechungsgelder an Ostblock – oder Dritte-Welt-Funktionäre in Österreich und der EU noch in den Achtzigerjahren von der Steuer absetzen. Ein spezieller Vorteil der US-Strafbehörden besteht darin, dass Kronzeugenregelungen dort viel länger und in viel höherem Ausmaß existieren. Nicht zuletzt sind die Amerikaner – ohne dass mir das sonderlich sympathisch wäre- nicht zimperlich beim Verhaften: Über in den USA weilende VW-Funktionäre wurde im Dieselskandal schon nach kürzester Zeit U-Haft verhängt. Hartwig Löger, Josef Pröll oder Walter Rothensteiner, deren Einbeziehung ins Casino-Strafverfahren Sebastian Kurz empört, säßen in den USA vermutlich wegen Verdunkelungsgefahr in U-Haft und müssten dort unter größter Anspannung überlegen, warum die Bestellung Peter Sidlos ein „Muss“ war.

Die (Un)Befangenheit an der Spitze

 Bei Strafverfahren, die in Regierungsparteien ausstrahlen, tat Österreich sich stets besonders schwer: Unter SP- Justizminister Christian Broda fanden sie nur ausnahmsweise statt. So berichtete profil etwa 1975, dass der Gemeindeeigene „Bauring“ in Saudi Arabien Millionen in den Sand gesetzt hatte und dass dennoch ein unerklärlicher Millionenbetrag auf das Konto einer Wiener Bank zurückgeflossen war – die Staatsanwaltschaft verzichtete auf dessen Öffnung. Als profil 1980 aufdeckte, dass Firmen, die Aufträge für das Wiener AKH erhalten wollten, Zahlungen an eine Liechtensteiner Firma entrichten mussten, plädierte die Staatsanwaltschaft für Einstellung des Verfahrens, das nur durch den Widerstand von Richtern dennoch zustande kam. Der sechsfache Mord des Club 45 Gründers Udo Proksch gelangte erst zur Anklage, als mit Egmont Foregger ein parteiunabhängiger Rechtsgelehrter zum Justizminister bestellt wurde. Nachdem er auch den VOEST-Noricum-Skandal angeklagt hatte löste die SPÖ ihn ab..

Nur während der VP-Alleinregierung Josef Klaus` wurden meiner Erinnerung nach Strafverfahren vorangetrieben, die die ÖVP belasteten: Ein Straßenbauskandal im Bauten -Ministerium und ein Korruptionsskandal um Niederösterreichs Landeshauptmann Viktor Müllner. Beides wurde vom parteiunabhängigen Rechtsgelehrten Hans Klecatsky als Justizminister gegen heftigen VP-internen Widerstand zur Anklage gebracht – und trug prompt wesentlich zur Wahlniederlage der ÖVP im Jahr 1970 bei, weil die Öffentlichkeit zwar den schwarzen Sumpf, nicht aber Klecatskys Leistung zu würdigen wusste.

Vielleicht, dass unter Alma Zadic eine sachliche Diskussion gelingt, wer an der Spitze der Staatsanwaltschaft stehen soll? Ob dort zum Beispiel an Stelle des Justizministers nicht auch jemand stehen könnte, den Richter und Staatsanwälte aus den eigenen Reihen für eine festzulegende Amtszeit in diese Funktion wählen?

 

 

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Sebastian Kurz – perfekter Promotor falscher Thesen

Wenn ich mich nach den zahllosen TV-Duellen, Sommergesprächen und Pressestunden der letzten Wochen frage, wer seinen Standpunkt am besten vertreten hat, komme ich zu einem für mich überraschenden Ergebnis: Mit deutlichem Abstand Sebastian Kurz.

Er vermochte wirtschaftlich in meinen Augen grundfalsche und international zumindest höchst umstrittene Thesen – Nulldefizit, Ausgabenbremse, Verzicht auf CO2-Steuer, Verzicht auf Erbschaftssteuer- ohne den kleinsten Kratzer über die Rampe zu bringen. Nicht ein einziges Mal kam es so weit, dass er gezwungen gewesen wäre, zu erklären, warum er so sehr an „Austerity“ festhält, obwohl nicht nur Wirtschaftsnobelpreisträger wie Paul Krugman, „Wirtschaftsweise“ wie Bert Rürup, Thinktanks wie IIF oder Wirtschaftsorganisationen wie der IWF ihr „mehr Schaden als Nutzen“ bescheinigen und mittlerweile sogar deutsche Arbeitgeber davon abrücken.

Ich bescheinige Kurz neidlos eine argumentative Meisterleistung – dank stets perfekter Vorbereitung, der Fähigkeit langsam, einfach und volksnah zu sprechen und dabei dennoch stets als Staatsmann zu wirken, der über kleinlichen Zwist erhaben ist.

Kraft-und saftlose Gegenspieler

Dass er das so perfekt auf die Bühne zu bringen vermochte, lag freilich auch an der eklatanten Schwäche seiner jeweiligen Gegenüber, insbesondre auch der interviewenden Journalisten, sobald es um wirtschaftliche Fragen ging. Um es an einem Beispiel aus der letzten Pressestunde zu illustrieren: Um seinen Verzicht auf eine CO2-Steuer zu rechtfertigen, argumentierte Kurz fürs Publikum sicher erfolgreich, dass er die VOEST nicht durch eine solche Steuer aus dem Land treiben wolle und lieber darauf setze, dass sie ihren CO2-Ausstoß mittels Wasserstofftechnologie in den Griff bekäme.

Keiner seiner Interviewer kam auf die Idee, einzuwenden, dass Schweden, das über die stärkste Bergbauindustrie Europas und die weltgrößten Eisenerzvorkommen verfügt, sehr wohl mit Erfolg, und ohne dass diese Industrie ausgewandert wäre, eine CO2-Steuer eingeführt hat.

Ähnlich unwidersprochen blieb seine wohlklingende Behauptung, dass er eben skeptisch gegen die Annahme sei, dass man das CO2 -Problem mit einer einzigen Maßnahme – eben der CO2-Steuer – in den Griff bekäme. Obwohl nicht ein Verfechter der CO2-Steuer – von Werner Kogler über Beate Meinl-Reisinger bis Peter Pilz – diese Meinung vertreten hat, weil natürlich jeder von ihnen weiß, dass es selbstverständlich auch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, einer Umstellung der Landwirtschaft oder des Handels mit CO2-Zertifikaten bedarf. Es sind nur alle befassten Fachleute darin einig, dass die CO2 -Steuer innerhalb dieses Mix unverzichtbar ist.

Peter Pilz hängt am Umfrage-Galgen

PS: Wenn man mich danach fragte, wer von den Beteiligten nach Sebastian Kurz am besten argumentiert hat, ist meine Antwort wieder eindeutig: Mit Ausnahme eines einzigen Durchhängers war das Peter Pilz. Nur er vermochte seinen jeweiligen Standpunkt so klar, so einfach und auch immer so langsam und eindringlich vorzutragen, dass auch zuhörende Laien sofort mitkamen.

Wenn er, wie es aussieht, nicht mehr ins Parlament kommt, wird er dort ob dieser Fähigkeit in hohem Ausmaß fehlen. Denn er war, zumindest im Fernsehen, mehr und wirksamere Opposition als alle anderen Oppositionsführer zusammen. Wenn die Zuseher, die nach seinen jeweiligen Auftritten einen ähnlichen Eindruck hatten., ihn trotz der vernichtenden Umfragewerte dennoch wählten, steht zu fürchten, dass sie ihre Stimme vergeuden, käme er mit einiger Wahrscheinlichkeit doch ins Parlament.

Insofern bewirken die Umfragen das Ergebnis, das sie prophezeien.

 

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Ein Fenster für die Wirtschaft der EU

Ein geregelter Abschied der Briten und der vorläufige Abschied Matteo Salvinis gäben der EU die Chance ihr Wirtschaftspolitik zu überdenken

Der ungeregelte Brexit scheint vom Tisch aber der geregelte steht vor der Tür. Sein Schaden ist für beide Seiten groß: Die EU verliert ihre zweitstärkste Volkswirtschaft, das United Kingdom seinen zweitgrößten Markt. Aber man könnte auch die aus seinem Abschied erwachsende Chance sehen: Der ständige britische Widerstand gegen die Vertiefung der EU ist vom Tisch. Wobei Vertiefung nicht heißt, Mitgliedern bestimmte Glühbirnen vorzuschreiben, sondern die zentrale Forderung einer freien Marktwirtschaft zu erfüllen: Sicherzustellen, dass wirklich die effizientesten und innovativsten Unternehmen im Wettkampf um den Kunden den Sieg davontragen.

Dem steht zum Beispiel steuerliche Ungleichbehandlung extrem entgegen. Körperschaftssteuern für Unternehmen gehören einander deutlich angenähert, Steueroasen dringend geschlossen. Die City of London ist vor Irland, Malta oder Holland deren größte: Der Brexit birgt die Gefahr, dass London diesen Vorsprung noch ausbaut, um Austrittsverluste zu kompensieren. Die Chance der EU besteht darin, sich ihrer Marktmacht zu entsinnen: Sie kann beschließen allen Unternehmen, die ihre in der EU erzielten Gewinne nicht korrekt in der EU versteuern den Vertrieb dieser Produkte innerhalb der EU zu untersagen – nur muss sie „Steuern“ zuvor zu ihrer Kompetenz machen.

Deutschlands Zentralorgan des Neoliberalismus, die Frankfurter Allgemeine Zeitung bedauert den Brexit nicht zuletzt weil die Briten den Deutschen bei ihrem Widerstand gegen solche Vertiefungen der EU stets zur Seite gestanden sind. Nähme man zum Beispiel ernst, dass sich die innovativsten, effizientesten Unternehmen im Konkurrenzkampf durchsetzen sollen, so wäre ausgeschlossen, dass Deutschland seine Löhne nicht mehr gemäß seinem Produktivitätsfortschritt erhöht. Denn damit erreichen seine Unternehmen zu Lasten ihrer Angestellten einen Lohnstückkosten-Vorteil, der nicht das Geringste mit Innovation und Effizienz zu tun hat.

Am meisten hat darunter Italien gelitten indem es ständig Marktanteile an Deutschland verloren hat. Das daraus erwachsene Problem für die Auslastung seiner Unternehmen wurde durch den Spar-Pakt existentiell verschärft: in allen sparenden Staaten, voran beim großen deutschen Nachbarn sind italienische Produkte mit höheren als deutschen Lohnstückkosten kaum abzusetzen.

Das hat die EU-kritische Haltung der Fünf Sterne wie der Lega Matteo Salvinis herbeigeführt – beide haben den Aufstand geübt. Die eben neu gebildete italienische Regierung ist diesbezüglich zahmer – aber wenn die EU sie zwingen sollte, ihre Schulden zu reduzieren, statt kräftig zu investieren, wird das Italiens Rezession in einem Ausmaß vertiefen, das die Bevölkerung zum Aufstand zwingt: Sie wird Salvini bei vorzeitigen Neuwahlen eine absolute Mehrheit bescheren.

Vielleicht kommt die EU dem doch zuvor, indem sie ihre deutschnational-neoliberale Wirtschaftspolitik in der Atempause zwischen Brexit und Italien-Krise zu diskutieren beginnt.

PS: Sebastian Kurz und Hartwig Löger werden gefeiert, weil sie das deutsche „Nulldefizit“ auf Österreich übertragen haben und mit den NEOS die „Ausgabenbremse“ in der Verfassung verankern wollen. Für genervte Leser die meine ständigen Einwände gegen Sparen des Staates und „deutsche“ Wirtschaftspolitik für eine persönliche Obsession halten, möchte ich daher einen Kommentar des Wirtschaftsnobelpreisträgers Paul Krugman zitieren, der kürzlich in der NY-Times erschienen ist. Titel: „Die Welt hat ein Deutschlandproblem.“ Untertitel: „Deutschlands Spar-Besessenheit frisst die Wirtschaft auf“. Danach heißt es (in loser Übersetzung):

„Sie mögen meinen, dass die gegenwärtigen Ereignisse -Börsenturbulenzen, Wachstumsschwäche, sinkende Industrieproduktion – etwas mit Donald Trumps …Handelskriegen zu tun haben. (Doch) das Seltsame ist, dass es Aspekte der europäischen, speziell der deutschen Wirtschaftspolitik sind, die die Weltwirtschaft bedrohen… (Indem) die Europäer, insbesondere die Deutschen (Staats)Schulden energisch ablehnen und Ausgabenkürzungen, wie sie in einer schwachen Wirtschaft beispiellos sind, vorgenommen haben, verzögern sie Europas Erholung und die Rückkehr zu Vollbeschäftigung. Diese Spar-Besessenheit strahlt auf die gesamte Weltwirtschaft aus… Aber Deutschland hat Austerity vor allem auch sich selbst verordnet. Der größte Teil der Kosten (dieser Politik) entfällt (daher) auf Deutschland und seine Nachbarn…

Europa leidet unter einem chronischen Nachfragemangel…Die EZB versucht, dem mit extrem niedrigen Zinsen zu begegnen…aber das hat seine Grenzen erreicht… Die offenkundige Lösung lautet: Europas Regierungen, insbesondere die deutsche Regierung, müssen die Wirtschaft stimulieren, indem sie Schulden machen und Geld ausgeben…Deutschlands Infrastruktur kann diese Investitionen nur zu gut brauchen.“ (Zitat Ende)

Es gibt wenig in diesem Text, was man nicht seit langem im Falter und zuletzt in Buchform ausführlich lesen konnte. So wenig ich erwarte, dass meine Texte in der EU gelesen werden – die Krugmans, die der Ökonomen von „Oxford Economy“ des IWS, der OECD, oder des weltgrößten Finanz-Thinktanks IIF, die zu den gleichen Schlüssen kommen, sollten eigentlich doch gelesen und ernstgenommen werden.

Aber sie werden nicht einmal diskutiert. Weder in Österreich noch in der EU. Obwohl die herrschende Mischung aus deutscher Spar-Besessenheit und Neoliberalismus nicht nur der ideale Nährboden für die erneute Rezession sondern auch für die faschistoide „Reaktion“ ist.

 

 

 

 

 

 

 

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Erste ORF Duell-Runde: Rendi-Wagner punktet

Pamela Rendi-Wagner war für mich die Überraschung der ersten Runde der Fernsehduelle. Sie hat ihre Standpunkt überall erfolgreich vertreten- selbst dort wo sie, wie bei der CO2 -Steuer sachlich im Unrecht war: Schweden führt vor, dass man diese Steuer sehr wohl sozial – unter Wahrung der Interessen der Pendler- gestalten kann. Dass Benzin für sie teurer wird, können sie verschmerzen, wenn sie gleichzeitig entsprechend weniger andere Steuern zahlen.

Dagegen war Peter Pilz, dessen präzise Argumentation ich eben erst gelobt habe für mich eine einzige Enttäuschung. Unpräzise und öfter untergriffig. Es geht einfach nicht an, die Kurz-ÖVP und die Strache-FPÖ in Sachen Korruption auf eine Stufe zu stellen. Karoline Edtstadler war durch Pilz in keiner Weise gefordert.

Beate Meinl-Reisinger war sympathisch wie immer. In der Frage der Pensionen war sie allerdings nicht in der Lage, zuzugestehen, dass die „Zweite Säule“, in der eine Absicherung durch Aktien stattfinden sollte wie Pilz behauptete, sich tatsächlich als großes – verlustreiches- Problem erwiesen hat. Umgekehrt war Pilz nicht in der Lage zuzugestehen, dass die Diskrepanz von steigender Lebenserwartung und Pensionsantrittsalter ein reales Problem für das Pensionssystem darstellt. Und manchmal hätte man Meinl Reisinger eine bessere Vorbereitung gewünscht. Pilz Vorwurf, dass sich Hans Peter Haselsteiner durch seine Spenden an die NEOS eine bessere Behandlung von Vermögen erkaufe, wäre denkbar einfach damit zu entkräften gewesen, dass Haselsteiner immer für vermögensbezogene Steuern -inklusive Erbschaftssteuer- eingetreten ist.

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Elefantenrunde: Schade um Peter Pilz

Die erste „Elefantenrunde“ des ORF hat für mich wenig neue Erkenntnisse gebracht.

Ich kann unverändert nicht verstehen, dass sich Sebastian Kurz und Pamela Rendi-Wagner gegen eine CO2 -Steuer aussprechen, denn sie ist die einzige Möglichkeit, den CO2-Ausstoß wirtschaftlich zu vermindern, weil die Verringerung dort stattfindet, wo sie am einfachsten und kostengünstigsten ist. Dass man damit die VOEST gefährdete oder die Landbevölkerung benachteiligte, wird durch Schweden mit seiner großen Stahlindustrie und den noch viel geringeren Zugang seine Landbevölkerung zu öffentlichen Verkehrsmitteln widerlegt. Alle Einnahmen aus der die CO2 -Steuer werden der Industrie rückerstattet beziehungsweise erhöhen die Einkommen der betroffenen Bevölkerung. Genau so funktioniert das in der Schweiz.

PS: Mir ist leid um den Abgeordneten Peter Pilz. Von allen Teilnehmern der Runde hat er seine Anliegen meines Erachtens am Klarsten formuliert. Schade, dass eine Einigung mit den Grünen nicht zustande kam, die auch in Maria Stern einen personellen Zugewinn verbucht hätte

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ORF Sommergespräch: Ein ungestörtes Kurz-Solo

Obwohl ihm Peter Filzmaier und Petra Stuiber schwache Antworten in Bezug auf Parteispenden und die CO2 Steuer attestierten, bin ich überzeugt, dass Sebastian Kurz beim letzten Sommergespräch Stimmen hinzugewonnen hat: Der geborene Staatsführer, dem eigentlich nichts vorzuwerfen ist.

Das lag an der Gesprächsführung durch Tobias Pötzelsberger. So sympathisch es ist, dass er nicht (wie manchmal Armin Wolf) ausschließlich den Inquisitor gibt, so unhaltbar ist es, dass er kritische Fragen fast durchwegs vermeidet.

So wurde Kurz nicht gefragt:

  • warum er vermögensbezogene Steuern unverändert ablehnt obwohl es auf Erden keinen ökonomischen Thinktank gibt, der Österreich das nicht seit Jahren nahelegt, um im Gegenzug Lohnsteuern zu senken.
  • warum er die „Ausgabenbremse“ in der Verfassung verankern will, obwohl sie mittlerweile selbst in Deutschland von führenden Vertretern der Wirtschaft in Frage gestellt wird. Obwohl die Ökonomen des IWF und der OECD meinen, dass Sparen des Staates mehr Schaden als Nutzen erbringt. Obwohl der bedeutendste Thinktank der Finanzindustrie IIF, die Ökonomen von Oxford oder der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman es für die einsetzende Rezession verantwortlich machen.

CO2 -Steuer : Schweden mit keinem Wort erwähnt

Bei Fragen zur CO2- Steuer wies Pötzelsberger zwar immerhin darauf hin, dass alle Fachleute sie befürworten, gab sich aber sofort damit zufrieden, dass Kurz auf die Probleme der Landbevölkerung hinwies, für das Pendeln dann angeblich unerschwinglich würde, oder einwendete, dass die VOEST dann abwanderte. Obwohl mittlerweile jeder Journalist weiß, dass Schweden erfolgreich eine CO2- Steuer implementiert hat, obwohl seiner Landbevölkerung noch viel weniger öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen und es eine Österreich vergleichbare Stahlproduktion betreibt.

Einen so schwachen Widerpart haben Österreichs Parteichefs noch nie gehabt und verdienen die Fernseher nicht.

PS: Das soll keine grundsätzliche ORF-Schelte sein. In ihrer Gesamtheit funktioniert die Wahlberichterstattung; und wie der ORF derzeit den zweiten Weltkrieg abhandelt ist vorbildlich.

 

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Sommergespräche: Der entmündigte Zuseher

Beate Meinl Reisinger hat ihr „Sommergespräch“ im ORF in gewohnt gekonnter Weise absolviert. Ihre Abneigung gegen die Keller-Nazis der FPÖ ist beruhigend und herzerfrischend. Sie wirkt sympathisch, ehrlich und in der so wichtigen Frage der CO2 -Steuer durchaus kompetent.

Aber so wohltuend es ist, dass Moderator Tobias Pötzelsberger im Umgang mit den Interviewten nicht wie ein Inquisitor agiert, wünscht man ihm doch manchmal etwas von der Aggressivität und Akribie Armin Wolfs. So fragte er etwa nicht danach, ob es wirklich so unproblematisch ist, wenn Hans Peter Haselsteiner den NEOS am letzten Tag vor einem gesetzlichen Verbot noch 300.000 Euro spendete. Damit wurde die Chance vergeben, den Österreichern den gewaltigen Unterschied zwischen privaten Spenden an eine Partei in Gründung und eine Parlamentspartei klar zu machen: Spenden an eine Partei in Gründung sind unerlässlich weil sie sonst unmöglich überleben könnte – Spenden Großindustrieller an eine Partei die bereits im Parlament sitzt sind selbst bei größter Transparenz problematisch denn ihr Überleben ist durch die gesetzliche Parteienfinanzierung abgesichert und es besteht zumindest die Gefahr, dass sie in parlamentarischen Abstimmungen die Interessen ihres Gönners vertritt.

Die ausgesparte „Schuldenbremse“

 Restlos unverzeihlich ist eine andere unterlassene Frage: Ob die NEOS nämlich weiterhin gewillt sind, der ÖVP eine Zweidrittelmehrheit zur Verankerung der „Schuldenbremse“ in der Verfassung zu verschaffen. Mittlerweile hat nämlich selbst Deutschlands „Wirtschaft“ in Gestalt des Direktors des von Arbeitgebern finanzierten „Instituts der deutschen Wirtschaft“ Professor Michael Hüther auf ihre beträchtlichen Mängel hingewiesen und dringend staatliche Investitionen zur Stärkung der Konjunktur gefordert. Die Verankerung der „Schuldenbremse“ in der Verfassung stellte in meinen Augen die größtmögliche Gefährdung der vorerst noch passablen österreichischen Konjunktur dar. (Siehe auch: Warum man jetzt grün wählen soll.)

Das unzulässige Deutungsmonopol des „Professors“

 Ein spezielles Problem der „Sommergespräche“ stellt ihr jeweilige „Analyse“ durch Peter Filzmaier dar. Obwohl ihm eine Journalistin zur Seit gestellt wird besitzt er als „Professor“, der noch dazu immer als erster gefragt wird, klar die Deutungshoheit in der Beurteilung des jeweils interviewten Politikers. (Ja er besitzt sie sogar bezüglich fast aller innenpolitischen Vorgänge über die der ORF berichtet, denn er wird immer um seine „Analyse“ gebeten.) Das ist ein innerhalb eines öffentlich rechtlichen Rundfunksenders unzulässiges Monopol, obwohl Filzmaier der in meinen Augen intelligenteste, eloquenteste Politikwissenschaftler weit und breit ist und ich ihm auch nicht nachsagen könnte, eine bestimmte politische Richtung zu bevorzugen.

Im konkreten Fall hat er beispielsweise zweifellos richtig analysiert, dass Beate Meinl Reisinger den Grünen kaum mit Erfolg die Themenführerschaft in der Klima-Frage streitig machen, also kaum Grünwähler gewinnen kann – aber vielleicht kann sie es doch und dann ist diese Behauptung eine unzulässige Einflussnahme. Ebenso zutreffend war Filzmaiers Behauptung, dass sie am ehesten bisherige VP-Wähler zu den NEOS herüberziehen könne, was aber, wenn sie eine Koalition mit der ÖVP anstreben, ein unergiebiges Nullsummenspiel darstelle, weil die ÖVP verlöre was die NEOS gewinnen, so dass die Koalition sich genau so wenig ausginge. Aber vielleicht, so halte ich dem entgegen, gibt es eine Dreierkoalition und dann ist auch die relative Stärke der NEOS von erheblicher Bedeutung.

Einmal im Monat ist ein solcher Kommentar Filzmaiers wahrscheinlich gerechtfertigt – im konkreten Fall war er eine massive Einflussnahme zu Lasten Meinl Reisingers und der NEOS: Ihr einstündiges Bemühen unter den Zusehern der Sommergespräche Wähler zu gewinnen, wurde als sozusagen nutzlos abgetan. Wenn sie in dieser Stunde ein paar Wechselwähler zu sich herübergezogen hat, dann hat Filzmaier sie mit seiner „Analyse“ wissen lassen, dass sie ihre Stimme für verloren ansehen müssen. (Ganz ähnlich agierte Filzmaier übrigens auch gegenüber Maria Stern von der Liste „Jetzt“).

Das geht nicht. Es ist der vom ORF geförderte unbewusste Missbrauch eines Deutungsmonopols.

Der ORF möge die Zuseher der „Sommergespräche“ doch nicht in diesem Ausmaß entmündigen: Sie sind durchaus im Stande, sich ihr eigenes Urteil über einen interviewten Politiker zu bilden, und es muss ihnen überlassen bleiben, den Erfolg ihres Abstimmungsverhaltens einzuschätzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommissionspräsidentin aus dem Hinterzimmer

Zum ersten Mal, solange ich mich zurückerinnern kann, herrschte am „Runden Tisch“ des ORF totale Einigkeit zwischen türkis, pink, grün, blau und rot: Die Art und Weise in der Ursula von der Leyen vom Europäischen Rat als Präsidentin der EU-Kommission nominiert wurde, macht die Wahlen zum EU-Parlament zur Farce.

Denn sie wurde von keiner dort vertretenen Fraktion als Kandidatin für dieses Amt nominiert und kein Wähler konnte wissen, was sie zu den wesentlichen Herausforderungen und offenen Fragen dieses Amtes und Europas denkt. Sie wurde im Hinterzimmer des Europäischen Rates ausgemauschelt. Es ist daher fraglich, ob das Europäische Parlament ihre Kür in der notwendigen Abstimmung bestätigt.

Was spricht für, was gegen die Zustimmung des Parlaments?

Dagegen spricht, dass es sich wie die Wähler düpiert fühlen muss. Dafür spricht, dass die Nicht -Bestätigung so etwas wie eine EU-Staatskrise auslöste: Die Europäische Gemeinschaft stünde in einer denkbar kritischen Situation – der Brexit steht vor der Tür und in der Krise Italiens steht der Euro auf dem Spiel -weiterhin ohne Führungspersonal dastünde. Eher glaube ich daher, dass das Parlament Von der Leyen zähneknirschend bestätigen wird, zumal sie für sich genommen eine anständige kompetente Politikerin ist die sich auf Netzwerken versteht und damit eine wesentliche Voraussetzung für ihr neues Amt erfüllt. Gewicht dürfte auch haben, dass die anderen Kandidaten, die der Rat mit ihr zu einem Paket schnürte, durchaus qualifiziert sind. So halte ich es für einen Segen, dass Christine Lagarde und nicht der Chef der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann zum Präsidenten der EZB ausersehen wurde, denn das eröffnet zumindest die Chance eine dramatische Krise Italiens und damit des Euro abzuwehren. Hat sich der IWF, dem Lagarde vorstand, doch kritisch zum Sparpakt geäußert, der dringend aufgeschnürt werden muss, wenn Italien im Euro überleben soll.

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