Nur modernste Waffen retten die Ukraine

Die Ukraine braucht Marschflugkörper, Kampfjets und Munition, wenn sie den Abnutzungskrieg nicht verlieren soll. Noch kann ihr der Verzicht auf die Krim Frieden bringen.

Krieg kann man nicht emotionslos kommentieren. Es kann nur manchmal hinzutreten, dass Fernsehbilder vom Kriegsschauplatz einem die Tränen in die Augen treiben. Für mich waren es Bilder aus einer Sendung des „Weltjournal“, die eigentlich Ukrainerinnen galt, die Minen räumen und nur zur Illustration auch ein Minen-Opfer zeigte: Erst sieht man nur Gesicht und Oberkörper einer jungen Frau, dann, nach einem winzigen Schwenk, die beiden keine zwanzig  Zentimeter langen  Stümpfe ihrer Oberschenkel. „Ich wollte mich umbringen, als ich mich erstmals so gesehen habe“, sagte sie – und man versteht sie. Auch für mich war dieser Anblick schlimmer als der jeder Leiche. Denn Leichen leiden nicht mehr- Krüppel aber spiegeln das ganze Leid eines Krieges.

Wenn man Wladimir Putin wegen dieses Krieges verurteilt, müsste ein Projektor lebenslang Bilder wie dieses an die Wand seiner Zelle projizieren.

Die junge Frau hat sich nicht umgebracht -sie will für ihre beiden kleinen Kinder weiterleben, ihr Mann steht zu ihr und wird weiter gegen Russland kämpfen. Ukrainer sind ungemein starke Menschen – ich erinnere mich der Erzählung meiner Mutter, wonach sie auch Auschwitz besser als die Häftlinge anderer Nationen überlebten. Insofern hinterließ die Sendung am Ende auch  positive Gefühle. Damit kann ich endlich die übliche Aufgabe eines Kommentators erfüllen: Die freie Welt darf nicht zulassen, dass die Ukraine diesen Krieg verliert. Und sie verliert ihn, weil sie nur 43,8 Millionen, Russland aber 143,4 Millionen Einwohner hat. Bisher sind 200.000 ukrainische und 300.000 russische Soldaten gefallen, aber wenn es zwei Millionen ukrainische und drei Millionen russische Soldaten sein werden, wird Wolodymyr Selenskyj unlösbare Probleme haben, seine Truppen zu ergänzen – Wladimir Putin nicht. Den aktuellen „Abnutzungskrieg“, bei dem er nur einfach die lebensnotwendige Infrastruktur der Ukraine zerbombt, gewinnt er. Solange der Krieg so wie jetzt verläuft, hat er keinen Grund über Frieden zu verhandeln.

Das ist nur zu ändern, wenn die freie Welt Selenskyj endlich so schnell wie möglich mit all ihrer Wirtschaftskraft unterstützt, indem sie ihm Munition und modernste Waffen liefert: Er braucht so viele F16 Kampfjets als er Piloten hat, die sie fliegen können, er baucht die besten Raketen Abwehrsysteme und die die besten Marschflugköper.

Es tut mir leid, wenn meine Kritik schon wieder bei Deutschland beginnt: Es ist absurd, dass Olav Scholz der Ukraine noch immer keine Taurus-Marschflugkörper liefert. Begreift er denn nicht, was sein Zögern schon bisher angerichtet hat: Es könnte schon Verhandlungen geben, wenn er von Beginn an schwerste Geschütze und Panzer geliefert hätte, denn Russlands Armee hätte dann nicht die Zeit gehabt, die Frontlinie so massiv zu befestigen, dass die Ukraine sie bei ihrer Offensive nicht zu durchbrechen und Putin damit zu Verhandlungen zu zwingen vermochte. Dieses zentrale Versagen bleibt bestehen, auch wenn Deutschland mittlerweile größter Waffenlieferant der Ukraine ist.

Am dringendste braucht Selenskyj Munition und die könnte nur die Schweiz sofort liefern, tut es aber ihrer Neutralität wegen nicht. Das erinnert an ihre Weigerung, in der NS- Zeit fliehende Juden aufzunehmen.

Dass Ungarns Viktor Orban durch Monate einen der Ukraine zugesagten Kredit von 50 Milliarden blockierte, endete vergangene Woche überraschend, weil die EU- Mitglieder ihn sonst eben ohne Ungarn gewährt hätten. Dafür erreichte Donald Trump, dass die Republikaner einen bereits ausgehandelten Kompromiss über einen zugesagten 70 Milliarden-Kredit der USA platzen ließen. (Am Rande: was soll man zu einem Land sagen, in dem eine FPÖ 30 Prozent Zustimmung hat, obwohl sie Sanktionen gegen Russland ablehnt.)

Dass selbst Joe Biden und schon gar Olaf Scholz nie ausreichend schnell und ausrechend energisch gehandelt haben, beruht unter anderem auf einem Gedankenfehler: Dem Irrglauben, dass mehr Waffen den Frieden gefährden – Putin hätte die Ukraine nie angegriffen, wenn er auf eine Ukraine getroffen wäre, die als Nato-Mitglied über jede Menge Waffenhilfe verfügt hätte. Bidens Zurückhaltung war nur insofern berechtigt, als er keinen Weltkrieg riskieren wollte und den riskierte man zwar nicht wahrscheinlicher, wohl aber möglicher Weise dann, wenn man Putin keine Chance zu einem gesichtswahrenden Frieden ließe – aber die lässt man ihm: Die Ukraine muss zwar so schnell wie möglich die größtmögliche Menge modernster Waffen geliefert bekommen- aber gleichzeitig muss man Putin unmissverständlich versichern, dass man die Zugehörigkeit der Krim zu Russland akzeptiert und nicht weiter mit Sanktionen belegt, wenn er sich aus der restlichen Ukraine zurückzieht. Die dann auch nicht der Nato beitritt, deren territoriale Integrität aber unmissverständlich von mehreren großen Nato-Staaten garantiert wird. Das kann er zu Hause als Erfolg seiner „Spezialoperation“ verkaufen und Wolodymyr Selenskij kann gegenüber seiner Bevölkerung erklären, dass er dem Verlust der Krim und der theoretischen „Neutralität“ der Ukraine zustimmen musste, weil sie die Voraussetzung für Waffenlieferungen war und ist. Das wäre zwar kein gerechter Friede – aber es wäre Friede, der mehr und mehr Krüppel mit Beinstümpfen ersparte. Nach Putins Tod kann man über eine Volksabstimmung in der Krim verhandeln.

 

6 Kommentare

  1. Zustimmung!
    In diesem Zusammenhang möchte ich die großartige “Rede an die Freiheit” der großartigen estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas vom 08.02.24 im österr. Parlament empfehlen:

    https://www.youtube.com/watch?v=9DqanbEHR0o

    “Europe has to be able to defend itself and support Ukraine in its fight for freedom. Everyone wants peace, but not every peace treaty secures a lasting peace. The EU must continue to isolate Russia, there should be no business with war criminals. You have to fight for freedom, whatever the odds!”

  2. Lingens als Kriegstreiber! Das hätte ich mir nie gedacht, wie ich ihn vor vielen Jahrzehnten als Profil-Leser aufmerksam gelesen habe.
    Lingens verdrängt – sicher nicht aus Unkenntnis – was die Amis 2014 in der Ukraine “veranstaltet” haben und was von der EU namens von der Leyen in diesen Zeiten fortgesetzt wird.

    1. Herr Langer ich stimme ihnen vollkommen zu. Ich hatte vor vielen Jahren auch das Profil wegen der guten journalistischen Recherche aboniert. Leider verdirbt Geld den Charakter.

  3. Lingens als Kriegstreiber! Das hätte ich mir nie gedacht, wie ich ihn vor vielen Jahrzehnten als Profil-Leser aufmerksam gelesen habe.
    Lingens verdrängt – sicher nicht aus Unkenntnis – was die Amis 2014 in der Ukraine “veranstaltet” haben und was von der EU namens von der Leyen in diesen Zeiten fortgesetzt wird.

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