Türkis-Blau im Glück

Die Regierung kann beim Budget unmöglich so viel falsch machen, dass sie nicht noch viele erfolgreiche Jahre erlebt.

Golf und Audi A80, die Erfolgsmodelle der Volkswagen-AG, wurden ab 1968 unter Kurt Lotz und ab 1971 unter Rudolf Leiding entwickelt. Beide mussten gehen, weil ihnen zu spät eingestellte Modelle vor ihrer Zeit und hohe Entwicklungskosten Verluste bescherten. Erst Toni Schmücker, der mit beiden Top-Modellen nichts zu tun hatte, durfte sich als Vorstandsvorsitzender im Erfolg der mit ihnen erzielten Milliardengewinne sonnen.

Sebastian Kurz und H.C. Strache geht es ähnlich: Jeden Tag werden die Arbeitslosenzahlen nach unten, die Wachstumszahlen nach oben revidiert, obwohl sie daran nicht den geringsten Anteil haben.

 Das reiche Erbe Androschs und der Sozialpartner

 Grundgelegt wurden Österreichs gute Zahlen durch Hannes Androsch, der den Schilling gegen Bruno Kreisky und die Industriellenvereinigung fortgesetzt an die D-Mark koppelte und die Betriebe damit zwang, Innovation und Effizienz zu steigern, um trotz dieses „teuren“ Schillings erfolgreich zu exportieren. Unterstützt wurden sie dabei von der aktuell so in Frage gestellten Sozialpartnerschaft, die durch einvernehmliche „Kollektivverträge“ an Stelle von Streiks langfristige Planung ermöglichte und gleichzeitig für steigende Binnen-Kaufkraft sorgte, indem die Löhne jeweils im Ausmaß von Produktivitätsfortschritt + Inflation stiegen.

Auch Österreich betreibt erfolgreich „Lohn-Dumping“

 Davon ist Österreich (Holland und der Schweiz folgend) aus komplexen Gründen Ende der 90er Jahre abgegangen. Als Gerhard Schröder die „Lohnzurückhaltung“ 2000 zur deutschen Staatsdoktrin machte, blieb sie das zwingend auch für uns, denn Deutschland ist unser größter Handelspartner. Wir genießen also fast so große „Lohndumping“-Vorteile im Export wie ich sie zuletzt gegenüber Italien bzw. Frankreich aufgezeigt habe- kombiniert mit den gleichen Nachteilen sinkender Reallöhne „abgehängter“ Sozialschichten.

Bis auf weiteres überwiegen die Vorteile. Zwar steht dem Export-Boom im „Norden“ der EU zwingend der Abstieg ihres „Südens“ gegenüber, wo sich Arbeitslosigkeit und Schulden verfestigten; aber dieses Ungleichgewicht hat -bisher- noch zu keiner kritischen Kippreaktion geführt.

2009 waren es abermals die Sozialpartner, die Österreichs hervorragend aufgestellte Wirtschaft unter Faymann & Pröll mit erstaunlichem Erfolg (relativ wenig Verlust an Wachstum und Zuwachs an Schulden) über die Krise hievten, so dass Kern & Mitterlehner ihn fortschreiben konnten.

Nur Rot-Schwarz verantwortete die aktuellen guten Zahlen

Christoph Leitls „abgesandelt“ war mit Sicherheit die unseriöseste Aussage, die je über einen Wirtschaftsstandort gemacht wurde, aber von der ÖVP unwidersprochen und von der FPÖ getrommelt, trug sie wesentlich zur Abwahl dieser letzten Repräsentanten der rot-schwarzen Koalition bei. Es nutzt ihr nichts, dass sie selbstverständlich auch für alle Erfolgsmeldungen der Gegenwart verantwortlich ist. Wirtschaftlicher Erfolg, so weiß jeder Ökonom, basiert immer auf Leistungen, die viele Jahre zurückliegen. Aber die Bevölkerung weiß es nicht und straft die Falschen aus den falschen Gründen ab, so wie sie die aktuelle Regierung aus den falschen Gründen bewundert.

Das Null-Defizit ist fast unvermeidbar

 Die ist stolz, ein „Nulldefizit“ anzupeilen, weil der Staat „endlich spart“. Das gefällt den meisten Leuten, weil sie vom Staat wenig halten und im „Sparen“ (statt in „Sparsamkeit“) eine Tugend sehen. (Deshalb segnet es auch Christoph Schönborn, zumal der Papst Sebastian Kurz die Hand schütteln durfte.)

Damit man auf keinen Fall sieht, dass es die Wirtschaft mehr bremst als befördert, hat Kurz seinen Finanzminister bekanntlich angewiesen, bei der Budgetrede zu betonen, dass „die Altlasten, die wir von der vorigen Regierung übernehmen, nicht von heute auf morgen egalisiert werden können.“ Angeblich ist man beim „Kassasturz“ auf ein Budgetloch gestoßen, das 1,4 Milliarden höher als bisher gedacht ist.

Dabei erklärt Andreas Schnauder im „Standard“ eingehend, warum beim Budget nichts schiefgehen kann: Alle Wirtschaftsforscher kalkulieren für Österreich mittlerweile ein Wachstum von über drei Prozent. Das bedingt automatisch mehr Steuereinnahmen bei gleichzeitig weniger Ausgaben für Arbeitslose. Die OECD erwartet daher für 2019 sogar einen Budgetüberschuss.

Da wäre es schon eine Leistung, das Nulldefizit zu verpassen.

Die kann die Regierung nur erbringen, wenn sie den Staat aufs Blödsinnigste sparen lässt. (Ich wiederhole, um die Nerven meiner Leser zu schonen, nur in Klammern, dass die „Einkäufe“ des Staates nicht deutlich zurückgehen dürfen, solange die Einkäufe von Konsumenten und Unternehmen nicht deutlich steigen.)

Nun erhöht Hartwig Löger zwar die Kaufkraft der Konsumenten, indem er deren Steuerlast voran durch den Kinderbonus verringert, aber das geschieht voran zu Gunsten von „Besserverdienern“, die nicht zwingend mehr konsumieren, sondern vielleicht lieber Wertpapiere aufs Depot legen. Vor allem aber erhöht es ihre Einkommen zu Lasten der Steuermittel, die der Staat sonst voll in die Wirtschaft pumpen könnte. Es hat damit ökonomisch den schlechteren Wirkungsgrad, der noch einmal sinkt, wenn der Staat insgesamt „spart“ (= weniger einkauft).

Aber der Unterschied ist vorerst nicht so gravierend, dass er sich rasch negativ bemerkbar machen wird.

Jedenfalls, darin bin ich mit allen Kollegen einig, hat die SPÖ auf Jahre hinaus keine Chance, Türkis-Blau aus wirtschaftlichen Gründen zu stürzen – dazu hat sie eine zu gut funktionierende Wirtschaft hinterlassen.

Toni Schmücker trat bei VW erst mit Erreichen der Altersgrenze ab.

 

 

 

4 Kommentare

  1. Weshalb diese Regierung trotzdem scheitern wird:
    ÖVP und FPÖ repräsentieren relativ privilegierte gesellschaftliche Gruppen. Die ÖVP repräsentiert Erben, Beschäftigte in geschützten Bereichen und Bauern (Subventionsempfänger), die FPÖ repräsentiert Freiberufler und hohe Beamte. Die eigentlichen Leistungsträger dieses Landes, die jetzt schon unterprivilegiert sind, sind die Beschäftigten der Privatwirtschaft. Die wenigen konkreten Maßnahmen, die bisher bekannt wurden, gehen voll zu Lasten dieser großen Gruppe: Zwölfstundentag, Verschlechterung bei der Altersteilzeit und der Arbeitslosenversicherung. Die von ÖVP und FPÖ repräsentierten Gruppen mussten bisher keinen Beitrag leisten. Auf Dauer kann das nicht gut gehen.

  2. „Christoph Leitls “abgesandelt” war mit Sicherheit die unseriöseste Aussage, die je über einen Wirtschaftsstandort gemacht wurde, aber von der ÖVP unwidersprochen und von der FPÖ getrommelt, trug sie wesentlich zur Abwahl dieser letzten Repräsentanten der rot-schwarzen Koalition bei.“
    Widerspruch.
    Bei der letzten Nationalratswahl gab es nur ein Thema: Die massenhafte Immigration hauptsächlich junger muslimischer Männer. Um diese Einwanderung zu stoppen, würden viele Österreicher viele Nachteile in Kauf nehmen. Faymann hat einen kapitalen Fehler gemacht.

    PS: Interessant finde ich, dass unser Kanzler als Balkanrouten-Schließer durchkommt. Die Balkanroute hätten die südosteuropäischen Staaten auch ohne Kurz geschlossen. Kurz ist da nur als Trittbrettfahrer dabei gewesen.

  3. Sehr treffsicherer Text ,hoffentlich liest das auch der Ex „Manager“ Kanzler Kern & seine eher betrübten Mitstreiter im „hohen Haus“ & auch „außerhalb“!

  4. Kleine Ergänzung: Bei „anderen Themen“ (Zuwanderung / Flüchtlingen / …) wird die SPÖ auf Jahrzehnte kein Leiberl reißen. Und die GrünInnen sind ohnehin schon weg vom Fenster.
    Das Leben kann schon ungerecht sein …

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