Nur Staatsausgaben stoppen Rezessionen

Die Teuerung ist auch ohne erhöhte EZB- Zinsen zurückgegangen, aber sie haben der EU eine überflüssige Rezession beschert, die dringend höhere Staatsausgaben erfordert.

Mittlerweile ist klar, dass die Wirtschaft der EU, Österreichs und voran Deutschlands weiter schrumpfen wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) geht dennoch, wie die US-Notenbank FED von weiteren Zinsanhebungen aus. Sollte die EZB sie tatsächlich durchführen, wird es die durch sie schon bisher bewirkte Rezession weiter verschärfen.

Es war nämlich immer verfehlt, die wirtschaftliche Situation der EU mit der der USA gleichzusetzen, denn dort können die massiven Lohnerhöhungen unter Trump wie Biden tatsächlich zu echter Inflation – einer sich selbst verstärkenden Abfolge von Lohn- und Preiserhöhungen -beigetragen haben. In der größtenteils “lohnzurückhaltenden” EU ist das ausgeschlossen. Es gibt in der EU keine echte, sich selbst verstärkende Inflation, sondern nur eine voran durch die Drosselung der Gasförderung seitens der OPEC und Russland bedingte temporäre Teuerung. Die aber flacht sukzessive ab, weil Russland nicht so wenig Gas lieferte, Norwegen mehr davon fördert, der Winter warm war und die EU die Photovoltaik stark ausbaute. Obwohl EZB-Chefin Christin Lagarde selbst erklärte, dass ihre Zinserhöhungen die Inflation frühestens in einem Jahr  dämpfen würden, sanken die Erzeugerpreise in Spanien oder Italien schon seit Monaten und im Juli betrugt das Minus auch in Deutschland sechs Prozent. Damit trifft exakt zu, wovon die Ökonomen Paul Schulmeister oder Heiner Flassbeck immer ausgegangen sind: Es war Unsinn anzunehmen, dass die lockere Geldpolitik der EZB, die durch zehn Jahre fast von Deflation begleitet war, plötzlich Inflation bewirkt hätte. Auch wenn es ökonomisch verfehlt ist, wenn Geld nichts kostet, weil das zu Blasen bei Aktien und Immobilien führt, muss man dieses Problem anders lösen, indem man seinen Ursprung erkennt: EZB-Chef Mario Draghi hat die nach der Finanzkrise lehrbuchmäßige massive Verbilligung des Geldes nur deshalb fortgesetzt, weil Europas Staaten, voran Deutschland, wegen der Maastricht- Kriterien ihre Staatsausgaben gedrosselt und das Wirtschaftswachstum damit gefährlich gebremst haben. Die EU wird die aktuelle Rezession daher nur dann in absehbarer Zeit überwinden, wenn sie die Staatsausgaben deutlich erhöht – nur dann werden die erhöhten EZB -Zinsen nicht jedes Wirtschaftswachstum ersticken. Leider plant Deutschlands Finanzminister Christian Lindner im Gegenteil ein Sparbudget.

Grüner Strom

Als ich im Dezember 2022 schrieb, die Erzeugung grünen Stroms in der Wüste könnte wesentlich zur Lösung des CO2-Problems beitragen, wussten ein Leser und ein Kollege ganz sicher, dass das verfehlt ist, weil die Übertragungsverluste durch tausende Kilometer lange Leitungen viel zu groß wären. Mittlerweile wurden die Arbeiten an einer Leitung von Wüstenstrom aus Australien nach Singapur begonnen und wird in China eine Leitung demnächst fertiggestellt, die Strom über 2000 Kilometer nach Shanghai transportiert. “Hochspannungsgleichstromübertragung” (HGÜ) ist laut Asea Brown Boveri, das diesbezüglich führendend ist, ein technologisch gelöstes Problem.

Derzeit wissen einige Leser ganz sicher, dass jeder Zweifel an der Überlegenheit der E-Mobilität verfehlt ist und der Falter hat ihrer Kritik zu Recht viel Platz eingeräumt. Ich kann unmöglich auf alle vorgebrachten Argumente eingehen, obwohl ich mich eingehend mit ihnen befasst habe, möchte meine Haltung zur E- Mobilität aber ein letztes Mal präzisieren, um offenkundige Missverständnisse abzubauen: Ich bin nicht gegen E- Autos. Ich habe nie daran gezweifelt, dass E -Motoren einen optimalen Wirkungsgrad besitzen und dass E-Autos dann einen großen Beitrag zur CO2-Minderung leisten, wenn ihre Batterien mit weitgehend “grünem” Strom” geladen werden. Meine Zweifel beziehen sich ausschließlich darauf, ob das möglich ist. Denn dieser Strom (und der Strom für immer mehr Wärmepumpen) muss über den laufenden Bedarf hinaus erzeugt werden, und solange wir keinen Wüstenstrom haben, halte ich die Gefahr, dass das mittels Kohlekraftwerken geschieht, für relativ groß. Denn schon jetzt wird der Bedarf bei wetterbedingt verringerter Stromerzeugung durch Sonne, Wind und Wasser selbst in Österreich mittels kalorischer Kraftwerke gedeckt.

Österreich hat dank vieler Wasserkraft die vergleichsweise besten Chancen, seine Photovoltaik so rasch auszubauen, dass sie mit der Zunahme der E-Autos Schritt hält, zumal die sich stark verlangsamt hat. Dennoch bewundere ich jeden, der dessen so sicher wie Leonore Gewessler ist. Viele Länder verfügen aber über viel weniger Wasserkraft als Österreich, daher bin ich in seltener Übereinstimmung mit dem Ex-Chef des deutschen IFO – Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn,  nicht so sicher, dass die CO2- Gesamtbilanz der E- Mobilität eine so perfekte sein wird. Das wieder ist der Grund dafür, dass ich in ebenso seltener Übereinstimmung mit Karl Nehammer für Technik-Offenheit plädiere: Sollte es möglich sein, einen Verbrenner-Motor zu bauen, der nur ein Liter E-Fuel auf 100 Kilometer verbraucht, so böte der E-Motoren Paroli. Noch gibt es diesen Motor nicht und vielleicht wird es ihn auch nie geben- aber ihn zu verbieten wäre mir als leninistische Planwirtschaft erschienen. Im Gegensatz zur herrschenden Meinung zweifle ich auch am Sinn der Fördermilliarden für E-Autos: Mit diesem Geld in der Wüste Spaniens grüne Energie für Europa zu erzeugen, erschiene mir effizienter.

2 Kommentare

  1. Ich halte diese Perspektive für zu verzerrt. Es ist richtig, dass die Inflation in Europa ursprünglich eine Kosteninflation war, wo die Notenbankinstrumente nur schwach und mit großer Verzögerung wirken. Inzwischen ist aber die Rolle der Nachfrageinflation gestiegen: Die Kerninflation (Inflation ohne Entwicklung der Energie und Lebensmittelpreise) ist jetzt dominant. Daher ist die EZB Zinserhöhung meines Erachtens richtig – hat aber negative Wachstumseffekte. Da die Wachstumseffekte einer Zinserhöhung rascher wirken als die Preiseffekte entsteht damit das Problem einer Stagflation. Das ist bis zu einem gewissen Grad nicht vermeidbar, es wäre aber klug, jetzt einmal die Effekte abzuwarten und keine weiteren Zinsschritte vorzunehmen. Dann kann vielleicht doch noch ein „soft landing“ gelingen, wie es in den USA der Fall sein dürfte.

  2. Ja, fühle mich durch ihren Artikel wieder einmal gut informiert. Mein Gott, was vermisse ich Leute wie sie im profil. Die Presse hat früher auch einmal die Anneliese R. zurückgeholt : )

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