Schuldengebremst tiefer in die Rezession

Die Regierung Scholz hält die Schuldenbremse nicht ein. 2024 beharrt Friedrich Merz (CDU) auf ihr. Deutschland fehlen Milliarden. Trotz Rezession ist reine Vernunft chancenlos.

Einen “Tsunami” nennen deutsche Politiker das Urteil, mit dem ihr Verfassungsgerichtshof den Nachtragshaushalt 2021 der Regierung Olav Scholz` als verfassungswidrige Umgehung der Schuldenbremse brandmarkte. Bekanntlich hat Finanzminister Christian Lindner einen 60 Milliarden-Kredit, den der Bundestag bewilligte, weil die “Corona”-Notlage das Aussetzen der Schuldenbremse erlaubte, dazu verwendet, in “Klimaschutz” zu investieren. Geld darf nur ausgegeben werden, wofür es bewilligt wurde, klärte der VfGH. So offenkundig das juridisch ist, so wenig hatte Lindner es gesehen: Indem er die 60 Milliarden für den Kampf gegen den Klimawandel verwendete, half er ein Wahlversprechen der Grünen einzuhalten, weil nicht nur sie in Glashauseffekt die größte Gefahr für den Erdball sehen.

Entsprechend kritisch sind die Konsequenzen des Urteils: Der Regierung, die Teile der 60 Milliarden schon ausgegeben hat, fehlt dafür die gesetzliche Deckung und das gilt wohl auch für 200 Milliarden eines gleichgelagerten “Wirtschaftsstabilisierungsfonds”. Der grüne Klimaschutzministers Robert Habeck beschrieb die entstandene Lage so: “Ich soll einen Boxkampf mit am Rücken gefesselten Händen gewinnen”. Denn natürlich respektiert Scholz das Urteil nicht bloß, weil Friedrich Merz (CDU) es fordert. Nur wäre es unter vernünftigen Menschen Anlass, die “Staatsschuldenbremse” zu diskutieren: Auch wenn man sie nicht, wie ich, für unsinnig hält, könnte man sie so reformieren, dass dringende Investitionen zulässig sind, auch wenn sie die Schuldengrenze überschreiten.

Jetzt belässt Scholz zwar die Investitionen in den Klimaschutz wie geplant, aber Lindner hat eine Haushaltsperre verhängt, der bisher Strom- und Gaspreisbremse zum Opfer fielen. Für das Budget 2023 wird er die Schuldenbremse neuerlich aussetzen und das mit Ukrainekrieg, Inflation und Überflutung in Nordrhein Westfahlen begründen, obwohl das nicht so leicht ist, denn Krieg und Inflation gibt es schon lange. Wahrer Grund der aktuellen Notlage ist das Urteil des VfGH – nur dass er das wohl kaum gelten ließe. Die Regierung Scholz´ wird Lindners Budget trotz des Risikos neuerlicher Aufhebung beschließen, denn die CDU dürfte diesmal nicht klagen, hat aber angekündigt, es zu tun, falls die Schuldenbremse 2024 neuerlich ausgesetzt werden sollte. Damit muss die Regierung ab sofort drastisch sparen – für Merz am besten, indem sie geplante Milliardeninvestitionen in den Sozialstaat unterlässt. Dass unterlassene Investitionen aus saldenmechanischen Gründen zwingend die aktuelle Rezession vertiefen, werden Deutsche damit erstmals vor der eigenen Haustür erleben.

Trotzdem wollen sie sich weiter nicht rational mit der Schuldenbremse auseinandersetzen, haben Angela Merkel, Olaf Scholz oder Christian Lindner sie doch wie eine Monstranz vor sich hergetragen und Wirtschaftsforscher, Wirtschaftsweise oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung ihr täglich gehuldigt: 60 Prozent der Deutschen hält die Schuldenbremse für die unverzichtbare Basis ihres Wohlstands, auch wenn alle Zahlen- vom Wirtschaftswachstum bis zur Arbeitslosigkeit- zeigen, um wie viel besser als die EU die USA ohne Schuldenbremse fahren.

Stifter des Spar-Glaubens war der Ökonom Kenneth Rogoff, der aus den Daten von 200 Volkswirtschaften ermittelt haben will, dass Staatschuldenquoten über 100 Prozent zunehmend Wachstum kosten. Ihm wurde nicht nur nachgewiesen, dass er Volkswirtschaften, die dieser These widersprechen, nicht berücksichtigt hat, sondern auch, dass ihm ein simpler Rechenfahler unterlaufen ist. Dennoch hat die EU sich seine These mit den Maastricht-Kriterien zu Eigen gemacht und dort sogar 60 Prozent Schuldenquote als Grenze festgelegt. Dass jemand, der 5000 Euro monatlich verdient, unter dieser Voraussetzung keinen ausreichenden Kredit für einen Wohnungskauf aufnehmen könnte, irritiert zuständige Ökonomen so wenig wie die empirische Erfahrung, dass Japan mit 260 Prozent oder die USA mit 123 Prozent Schuldenquote ausreichendes Wirtschaftswachstum verzeichnen, während Bulgarien mit der Traumquote von 21 Prozent eher kein Traumstaat ist. Nur das faktische wirtschaftliche Funktionieren ist von Bedeutung – die Quote gibt allenfalls dann Anlass zur Sorge, wenn sie wie 2011in Griechenland, drastisch ansteigt und das mit offenkundigem Nichtfunktionieren gepaart ist. Dennoch wäre es zu keiner Krise gekommen, wenn Spekulanten nicht angenommen hätten, dass die EZB nicht mehr hinter Griechenland steht. Als Mario Draghi dieser Annahme den Boden entzog, waren Euro und Griechenland gerettet – nur das von Merkel verordnete drastische Sparprogramm hat es fast noch ruiniert. Aber auch das beeindruckte deutsche Ökonomen so wenig wie eine Untersuchung des Internationalen Währungsfonds, wonach Merkels Spar- Pakt der EU “mehr schlecht als gut” getan hat.

Gegen die deutsche Verwechslung von Schulden mit Schuld, von Sparen mit Sparsamkeit und Volkswirtschaft mit Hauswirtschaft (wo “Sparen” eine Tugend ist) haben Mathematik und empirische Erfahrung keine Chance: Die Weltwirtschaftskrise (und Adolf Hitler) wurden überwunden, indem die USA etwas aus der aktuellen Sicht deutscher Ökonomen Ruinöses taten: Obwohl sie durch den “New Deal” bereits hoch verschuldet waren, druckten sie weiter Geld, um aufzurüsten und bescherten ihrer Wirtschaft damit zweistellige Wachstumsraten. Aber was ist schon Empirie gegen den Glauben deutscher Ökonomen.

4 Kommentare

  1. Warum machen Komiker* Politik und Medienarbeit? Weil sie wahrscheinlich nicht mehr ernst genommen werden wollen und scheinbar keinerlei Verantwortung tragen müssen! Die Maastrichtkriterien wären ein durchdachter Leitfaden um der Nachwelt einen gesicherten Haushalt übergeben zu können. Die Charta der Vereinten Nationen würde die Menschenrechte sichern. Unsere Regierungen machen mutwillig einen Scherbenhaufen daraus und pfeifen auf rechtsgültige Vorgaben. Erfinden Notlage um Notlage, koste es was es wolle, um die Bankenabhängikiet ins unendliche zu steigern. Die aktuelle Notlage “Klimakatastrophe” erlaubt zwar Kriege mit unendlicher Energieverschwendung und Ressourcenvernichtung aller Art. Uns gehorsamen Hilfsorganen werden vielleicht Waschlappen beim Duschen per gesetzeswidriger Verordnung erlassen. Gibt es etwa Zusammenhänge? Die angeordneten Blödheiten müssen die Steuerzahler* ungefragt auch noch berappen. Schulden schaffen Abhängigkeiten. Juhu! Souveräne, unabhängige Staaten geben weniger “Milch” in den globalen Finanzkomplex. Pfui! Die müssen mit allen Mitteln neutralisiert und diffamiert werden.
    Die saisonalen Erkältungswellen sind und waren für die Ärzte, Krankenhäuser und Bestattungsunternehmen berechenbare Notsituationen. Durch die unsägliche Menschenrechte verachtende Genspritzenaktion haben sich neue Krankheitbilder ergeben und die enormen Sondervermögen für giftige Tests und immunsystembelastende Injektionen belasten die belastbaren Steuerzahler. Die im Gleichschritt mit der Besatzungsmacht Deutschlands verordneten Wirtschaftssanktionen gegenüber einem verlässlichen Handelspartner und Energielieferanten verschlingen auch immenses Sondervermögen. Der Bevölkerung geht der Humor aus und hofft auf Widergutmachung. Da muss womöglich wieder Sondervermögen bereitgestellt werden. Es könnte ja sein, dass die am 10. 12. 2023 gegen 584 Politiker, Staatsanwälte, Richter Ärzte und andere Impfpflichtbefürworter in Karlsruhe eingebrachten Anklagen, die Verantwortlichkeiten aufzeigen. Vielleicht wird die Schuldenbremse dann gelockert. Die Schäden sind enorm.

  2. Die “Umwelt” wird durch den Klimawandel – die “Erderhitzung” – in “unseren Breiten” in 100 Jahren (oder gar später) beeinträchtigt werden.
    Aber wenn die Wirtschaft vor die Hunde geht, kann es schon in einigen Jahren zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen. da brauchen “wir” – die EU – die Ukraine gar nicht aufnehmen … Hr. Lingens, auch das werden Sie noch erleben, wenn Europa – vor allem Deutschland – weiter von Idioten regiert wird.

  3. Dazu fällt mir ein Statement ein, das Ihnen, s.g. Hr. Lingens, nicht gefallen wird.
    “Das Recht hat der Politik zu folgen und nicht die Politik dem Recht”
    Leider ist auch das ein Beispiel, wo Kickl nicht ganz unrecht hat – aber nur verdammt wird, weil es “von rechts” kommt.

  4. Hr. Lingens, gibt es Ihrer Meinung nach irgendeine Grenze der Staatsverschuldung? Was hat Argentinien falsch gemacht? Die USA drucken ihr Geld solange es den Status einer Welt Reservewährung hat. Die Euro Staaten können nicht selbst drucken, das macht die EZB. Japan ist ein kultureller Sonderfall, der anderswo nicht einfach umgesetzt werden kann. Und die Zinsen, die über 30 Jahre nur eine Richtung nach unten kannten, gehen hinauf. Oder rechnen Sie damit, dass die Nullzinsen bald wieder zurück sein werden?

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