Die EZB hat die Rezession geschafft

Die raschen, massiven Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank verringern die Teuerung weit weniger als sie die Rezession befördert haben.

Die von mir ob der Zinspolitik der EZB prophezeite Rezession hat nach Deutschland auch Österreich erreicht. Ausgangspunkt des Übels waren die Maastricht-Kriterien, die den Ausgaben des Staates und damit auch seinen Investitionen in die Wirtschaft wachstumsfeindliche Grenzen setzen. Um dieses Manko zu lindern, fuhr die EZB eine Politik billigen Geldes und verstärkte sie in der Finanz- und der Corona-Krise mit Erfolg durch “Quantitative Easing” (QE): Strafzinsen zwangen Banken, rasch günstige Kredite zu gewähren. “Inflation” erzeugte QE durch zehn Jahre nie, weil es den von Milton Friedman behaupteten Zusammenhang zwischen ihr und erhöhter Geldmenge in dieser Form nicht gibt. Die Eurozone erholte sich von beiden Krisen solange kräftig, bis der “Maastricht” verschärfende Spar-Pakt die Erholung kräftig bremste. Als Russland Geld für den geplanten Ukraine-Krieg brauchte und sich 2020 mit der OPEC auf eine massive Drosselung der Ölförderung einigte, kam es jedoch zu der Verteuerung aller Güter mit der wir bis heute kämpfen. Eine Untersuchung des Internationalen Währungsfonds (IWF) weist nach, dass Unternehmen die Preise darüber hinaus zusätzlich erhöhten, um ihre Gewinnmargen zu wahren, oft auch kräftig auszuweiten.

EZB -Chefin Christin Lagarde fuhr die lockere Geldpolitik angesichts ihrer relativen Problemlosigkeit (dass sie die Preise von Gold, Aktien und City-Baugrund hochtrieb war ein tragbarer Nachteil) ursprünglich nur sehr vorsichtig zurück – noch 2021 warnte sie vor “Inflationspanik”. Doch Mitglieder des Direktoriums, voran aus Deutschland, und entsprechender medialer Druck verunsicherten sie derart, dass sie schließlich die Sicht ihrer Kritiker übernahm und sich von der geldpolitischen Taube zum Falken wandelte: sie hob die Zinsen rasch und deutlich an, obwohl rätselhaft ist, warum eine Geldpolitik, die durch zehn Jahre fast mit Deflation verbunden war, Inflation verursacht haben soll.

Doch die Kritik an Lagarde strapaziert mit Erfolg ein unbrauchbares Beispiel: Die US-Notenbank FED, die drei Jahre vor der EZB mit QE begann, fuhr diese Geldpolitik schon 2017 in kleinen Schritten zurück, denen 2020 große folgten. Nur dass man USA und Eurozone nicht vergleichen kann: im Gegensatz zur Eurozone haben die USA die Wirtschaftseinbrüche durch Finanz- und Corona-Krise restlos verdaut, ihre Wirtschaft boomte und vor allem die Löhne waren unter Donald Trump und Joe Biden massiv gestiegen – das mag tatsächlich Mit-Ursache der US- Inflation sein und wird laut Lehrbuch mit erhöhten Zinsen bekämpft, weil sie die Arbeitslosigkeit steigern und damit Lohnforderungen erschweren. In der Eurozone hingegen sind die Löhne dank deutscher “Lohnzurückhaltung” mehrheitlich zurückgeblieben und konnten daher unmöglich Motor einer Inflation sein. Dass die EZB die Zinsen sowohl unter einer falschen theoretischen Annahme, wie unter Voraussetzungen die sich von denen der USA total unterschieden, kräftig anhob, musste zu Rezession führen.

Unter dem Titel ” Die EZB fährt die Wirtschaft an die Wand”, beschreibt der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck Deutschlands aktuelle Lage so: “Es gibt Indikatoren, die der deutschen Industrie ein ähnlich verheerendes Szenario wie zu Zeiten der Finanzkrise oder des Corona-Schocks vorhersagen. Der Bericht der EZB über die Kreditvergabe der Banken zeigt, wie rasant die Vergabe an Unternehmen sinkt. Doch die Verantwortlichen in Regierung und Zentralbank wollen nicht wahrhaben, wie fundamental sie mit ihren Prognosen daneben lagen.” In Österreich, das Deutschland zum größten Handelspartner hat, sieht die Industriellenvereinigung die wirtschaftliche Lage nicht anders. Gleichzeitig kritisiert nur Stephan Schulmeister die verfehlte Politik der EZB; wie Deutschlands Finanzminister Christian Lindner will Magnus Brunner nicht von der “Schuldenbremse” steigen; und hier wie dort träumen Wirtschaftsforscher grundlos von einer Erholung 2024: die USA werden mit erhöhten Zinsen keine Konjunkturlokomotive sein; China kämpft mit den Folgen der Corona-Politik Xi Jinpings; und in der EU wurde der Spar-Pakt nur insofern gelockert, als die Mitglieder ihr Sparziel nicht so schnell erreichen müssen. Nach Mega-Investitionen, wie Joe Biden sie zumindest teilweise durchsetzte, sieht das nicht aus.

Im ihrem neuen Irrglauben, nicht Russland- bedingte “Teuerung”, sondern echte Inflation, wie überhöhte Löhne sie verselbständigen, zu bekämpfen, erklärte Christine Lagarde im März, dass die von den Arbeitnehmern geforderten Lohnerhöhungen den Inflationsdruck erhöhten und sie zwingen könnten, die Zinsen weiter anzuheben – was sie soeben getan hat. Die gleiche Position vertrat der IWF, auch wenn der wusste, dass nur erhöhte Gewinne die EU-Teuerung verstärkten. Unter diesen Vorzeichen stehen die aktuellen Lohnverhandlungen. Unsere Gewerkschaften vermochten durch zwei Jahrzehnte keine adäquaten Löhne durchzusetzen, weil das lohnzurückhaltende Deutschland unser größter Handelspartner ist. Das ist es auch weiterhin, sodass WIFO -Chef Gabriel Felbermayr nicht Unrecht hat, wenn er meint, dass Deutschlands Lohnerhöhungen den unseren Grenzen setzen. Sie fallen dort derzeit im Verhältnis zur Vergangenheit relativ kräftig aus und vermeiden ein allfälliges Risiko Inflationsdruck zu erzeugen mittels zusätzlicher hoher Einmalzahlungen. Bei uns kann das kaum anders sein.

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