Die Regierung unterstützt Unternehmen, die weder durch die hohen Energiekosten noch durch Konkurrenz gefährdet sind. Das vermindert Investitionen gegen den Klimawandel
Die Aktionen der „letzten Generation“ sind mir denkbar unsympathisch: Wenn Gemälde angeschüttet oder Konzerte gestört werden, wird das Beste entwertet, was die Menschheit geschaffen hat: Kunst. Gleichzeitig habe ich für diese Aktionen größtes Verständnis: Zehn Minuten Unterbrechung des Neujahrskonzerts wären keine Katastrophe gewesen – die Klimakatastrophe kostete Millionen Menschen das Leben. Sie zu verhindern ist die mit Abstand wichtigste Aufgabe unserer Generation und wir sind damit dramatisch im Rückstand: Ohne Lockdowns hätte sich der CO2-Ausstoß der EU um nichts verringert – in Österreichs ist er sogar gestiegen.
Meines Erachtens bestünde die wirksamste Gegenmaßnahme darin, die Chinesen bei der Errichtung eines Mega-Solarparks in der Wüste Gobi zu unterstützen, mit dessen grünem Wasserstoff sie den CO2-Ausstoß ihrer gigantischen Stahlproduktion verringern könnten. Dass die von der EU mit dem Programm „Fit for 55“ ergriffenen Maßnahmen ihren CO2-Ausstoß ausreichend verringern, bezweifle ich: Die Investitionen in grüne Energie sind weiterhin zu niedrig, die CO2-Steuern nicht hoch genug. Auch der Erfolge der aktuell prominentesten Maßnahme, die sündteure Förderung der E- Mobilität scheint mir unverändert problematisch: Mit dem Professor der TU Graz Georg Brasseur fürchte ich, dass der für Millionen E- Autos zusätzlich benötigte Strom in den meisten Ländern noch lange mittels Kohle hergestellt werden muss. Denn zusätzlichen grüner Strom verbrauchten künftig ja auch Millionen Wärmepumpen, die großen Stahlschmelzen, vor allem aber alle Produktionsanlagen die bisher mit fossiler Energie betrieben wurden und „grün“ werden sollen. Zwar hat Österreichs Regierung die Förderung betrieblich genutzter E-Fahrzeuge heuer etwas reduziert, aber das reduziert einen meines Erachtens grundsätzlichen Fehler nur marginal.
Dennoch musste ich der Regierung einen bisher vernünftigen Umgang mit verteuerter Energie bescheinigen: Sie hat begriffen, dass der Staat nicht Jedem finanziell beistehen, sondern nur die Schwachen unterstützen kann. Mindestens die Hälfte der Österreicher kann die höheren Benzin- Gas- Strom- oder Nahrungsmittelpreise, wenn auch verärgert, stemmen. Sie mit Steuergeld zu unterstützen, hieße, Ihnen Geld zu geben, das ihnen als Steuerzahler gleich wieder abgenommen werden müsste. Als besonders dumm hat sich die „Deckelung“ durch Abschaffen einer Steuer erwiesen. Dass Deutschlands Finanzminister die Mehrwertsteuer auf Treibstoff senkte hat den Staat rund drei Milliarden Euro Steuereinnahmen gekostet und den Preis von Treibstoff kaum gesenkt – nur die Gewinne der Unternehmen erhöht, die damit handeln. Das gilt im Prinzip auch für die von der SPÖ unverdrossen geforderte Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Der mögliche Steuerausfall wäre aber so gering, dass man diese Maßnahme, um ihrer Popularität willen, riskieren kann: vielleicht reagiert der Lebensmittelhandel nicht ganz wie der Treibstoffhandel. Normalerweise ist es immer kostengünstiger, die Beihilfen für die wirklich sozial Schwachen deutlich zu erhöhen, wie das die Regierung getan hat, und der Gesamtbevölkerung nur gewisse Mindestkontingente an Energie verbilligt zur Verfügung zu stellen. Die Treffsicherheit war damit nicht optimal – aber das war sie nirgends.
Jetzt aber geht es um die noch viel schwierigere Unterstützung der Industrie. Anders als bei den Bürgern muss ihre Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Deutschland hat zu diesem Zweck große Beträge lockergemacht, obwohl das nicht automatisch einleuchtet: Die Verteuerung der Energie hat ja selbst die USA oder China nicht viel anders als die EU getroffen, so dass sich an den Konkurrenzverhältnissen nicht so viel geändert haben sollte – schon gar nicht innerhalb der EU oder innerhalb Österreichs. Aber wenn Deutschland „wummst“, müssen wir als wichtigster Handelspartner nachziehen. Freilich nur bei den Unternehmen, die mit deutschen Unternehmen in Konkurrenz stehen und denen die hohen Energiepreise auch ernsthaft schaden. Bisher hat man diesbezüglich unterschieden- jetzt hat die ÖVP durchgesetzt, dass es kaum mehr Unterscheidungen gibt: Auch Unternehmen ohne jede deutsche Konkurrenz und ohne übermäßige Energiekosten- etwa Hotels- erhalten gewaltige Unterstützung. Dürften einem Unternehmen im deutschen Modell heuer 14 Prozent der Energiekosten ersetzt werden, so dürften es im österreichischen Modell 45 Prozent sein.
Zwar hat Österreich gemäß EU-Vorgabe wie Deutschland fünf Förderstufen, in denen mit der Höhe der Förderung und deren Länge auch immer strengere Bedingungen erfüllt sein müssen, aber in Österreichs unterster Förderstufe ist sind Unternehmen nicht gezwungen, eine gewisse Mindest- Energie-Intensität nachzuweisen. Damit steigt die für Unternehmensförderung vorgesehene Summe von 1,5 auf fünf bis zu neun Milliarden.
Gleichzeitig wird die Körperschaftssteuer von 25 Prozent auf 23 Prozent im Jahr 2024 gesenkt, weil das angeblich die Investitionen fördert. Die Realität: in den letzten Jahrzehnten wurden die ursprünglich auf Unternehmensgewinne entfallenden Steuern halbiert und die Investitionen sind so gering wie nie zuvor, weil sie von ganz anderen Kriterien abhängen. In Summe erfüllt die grün-schwarze Regierung damit unnötig Forderungen schwarzer Klientel – das kostet den Staat Geld für nötige Investitionen in grüne Energie.